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  • 09.06.2009 | Vermeidung der Doppelbesteuerung

    Internationale Verständigungsverfahren - Vorsicht bei Steuervergehen

    von RA StB Dipl.-Jur. Tim Lühn und Dipl.-Kffr. Imke Siemers, Düsseldorf*

    Bei einer abkommenswidrigen Doppelbesteuerung kann der Betroffene ein Verständigungsverfahren nach einer Art. 25 OECD-MA entsprechenden Regelung beantragen und im Bereich der Verrechnungspreise zudem einen Antrag auf ein Verständigungs-/Schiedsverfahren nach Art. 6 EU-Schiedskonvention (90/436/EWG 23.7.90, BStBl I 93, 819) stellen. Da beide Regelungen gleichrangig nebeneinander stehen sollen, wird im Folgenden untersucht, auf welche Rechtsgrundlage der Steuerpflichtige sein Verständigungs-/Schiedsverfahren stützen sollte.  

    1. Verständigungsverfahren nach EU-Schiedskonvention

    Nach Art. 6 EU-Schiedskonvention kann ein Verständigungs-/Schiedsverfahren durchgeführt werden, um eine Doppelbesteuerung von Gewinnberichtigungen bei verbundenen Unternehmen in Verrechnungspreisfällen (Art. 9 OECD-MA) oder bei der Gewinnzurechnung von Stammhaus und Betriebstätten (Art. 7 OECD-MA) zu beseitigen. Die zuständigen Finanzbehörden sind danach verpflichtet, eine Einigung zu erzielen. Die EU-Schiedskonvention ist allein anwendbar für Unternehmen, die in einem Mitgliedsstaat der EU ansässig sind.  

     

    Das Verständigungs-/Schiedsverfahren kann nach Art. 8 Abs. 2 EU-Schiedskonvention ausgesetzt werden, wenn ein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren anhängig ist, durch das festgestellt werden soll, ob eines der Unternehmen einen „empfindlichen Verstoß gegen steuerliche Vorschriften“ begangen hat. Wenn eine endgültige Entscheidung durch das Gerichts- oder Verwaltungsverfahren erfolgt ist, kann das Verständigungs-/Schiedsverfahren nach Art. 8 Abs. 1 EU-Schiedskonvention ganz ausgeschlossen werden. Sinn und Zweck dieser Regelung ist die Versagung der garantierten Einigung, wenn eine Gewinnberichtigung aus einem Steuervergehen resultiert. Dies soll auch dann der Fall sein, wenn nur der Verdacht einer Straftat vorliegt.  

     

    Wann ein „empfindlicher Verstoß gegen steuerliche Vorschriften“ vorliegt, ist allerdings nicht in der EU-Schiedskonvention geregelt und muss durch Auslegung ermittelt werden. Auch um rechtsstaatlichen Erfordernissen Genüge zu tun, haben daher die EU-Mitgliedsstaaten diesen Begriff in einer einseitigen Erklärung zu Art. 8 EU-Schiedskonvention näher bestimmt (BGBl II 93, 1308 ff.). In Deutschland gilt „jeder Verstoß gegen die Steuergesetze, der mit Freiheitsstrafe, Geldstrafe oder Bußgeld geahndet wird, als „empfindlicher Verstoß“ im Sinne von Art. 8 EU-Schiedskonvention. Auch alle Ordnungswidrigkeiten (§§ 369 bis 384 AO), die durch eine Geld­buße (unabhängig ihrer Höhe) geahndet werden können, fallen darunter. Beispiele sind: