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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    11 Musterfälle zur Einkünftekorrektur ‒ Teil 2: Das Verhältnis zur Hinzurechnungsbesteuerung

    von Univ.-Prof. Dr. Stephan Kudert und B. Sc. Yulian Strus, Frankfurt (Oder)

    | Mit seinen neuen Verwaltungsgrundsätzen (VWG) Verrechnungspreise 2023 (BMF 6.6.23, IV B 5 ‒ S 1341/19/10017, BStBl I 23, 1093) hat das BMF seine Sicht zu den Grundsätzen der Einkünftekorrektur überarbeitet. Nachdem im ersten Teil dieser zweiteiligen Beitragsreihe das Verhältnis des § 1 AStG zur vGA bzw. vE beleuchtet wurde, bezieht der zweite Teil die Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG ein. Ausgangspunkt sind dabei wieder die Regelungen zur vGA und vE, dann § 1 AStG als weitere Einkommenskorrekturvorschrift, während die Hinzurechnungsbesteuerung eine Einkommenszurechnungsnorm darstellt. |

    1. Zusammenspiel zwischen Fremdvergleichspreis und Hinzurechnungsbesteuerung

    Das Grundproblem beim Zusammenspiel der Normen besteht darin, dass zunächst eine Einkommenserhöhung aufgrund einer unangemessenen schuldrechtlichen Beziehung bei der deutschen Gesellschaft aufgrund einer vGA oder des Fremdvergleichs aus ökonomischer Perspektive eigentlich zu einer korrespondierenden Einkommensminderung (Gegenkorrektur) bei der Zwischengesellschaft führen müsste. Erfolgt diese nicht, würde durch den Hinzurechnungsbetrag (HZB) der deutschen Gesellschaft das nicht geminderte Einkommen der Zwischengesellschaft hinzugerechnet. Das würde eine nicht sachgerechte Doppelbesteuerung in Deutschland zur Folge haben, weil zunächst das Einkommen des deutschen Gesellschafters aufgrund der Einkommenskorrektur erhöht würde und dann aufgrund des nicht geminderten HZB noch ein zweites Mal.

     

    • Fall 7 (in Anlehnung an Tz. 1.8 BMF-Schreiben)

    Die A-GmbH (Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland) ist an der B-S. a r. l. (Sitz und Geschäftsleitung in Luxemburg) zu 100 % beteiligt. Die B-S. a r. l. sei eine Zwischengesellschaft, deren Einkünfte bei der A-GmbH der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Die B-S. a r. l. erhält von der A-GmbH ein Darlehen. Die Zinsen belaufen sich auf 5 % p. a.; angemessen wären 10 %.

     

    Die Tochter (B-S. a r. l.) erhält von der Mutter (A-GmbH) einen bloßen Nutzungsvorteil, auf den die Regelungen zur vE nicht anwendbar sind. Daher ist zunächst auf die Geschäftsbeziehung § 1 Abs. 1 AStG anzuwenden und damit das Einkommen der A-GmbH zu erhöhen. Würde anschließend das (nicht korrespondierend geminderte) Einkommen der B-S. a r. l. im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung der A-GmbH hinzugerechnet, läge in Deutschland eine Doppelbesteuerung in Höhe des unangemessenen Teils der Zinsen vor. Nach Ansicht des BFH (19.3.02, I R 4/01, BStBl II 02, 644) und der Finanzverwaltung (BMF 6.6.23, IV B 5 - S 1341/19/10017, Tz. 1.8) ist diese Doppelbesteuerung im Rahmen einer Gegenberichtigung bei der Ermittlung der hinzurechnungspflichtigen Einkünfte aufzulösen (§ 10 Abs. 3 AStG). Die Zwischeneinkünfte der B-S. a r. l., die bei der A-GmbH der Hinzurechnung unterliegen, sind folglich um den nach § 1 AStG bei der A-GmbH erhöhten Betrag zu vermindern. Damit folgt die Finanzverwaltung, ökonomisch überzeugend, der Rechtsprechung des BFH.

     

    Wenn Deutschland eine Berichtigung nach § 1 AStG im Einklang mit Art. 9 Abs. 1 DBA D/LUX vornimmt, sollte Luxemburg eine Gegenberichtigung nach Art. 9 Abs. 2 vornehmen. Dann bestünde eine korrespondierende Entlastung des Konzerns, indem der Zinsaufwand in Luxemburg erhöht wird. Unseres Erachtens kann dies jedoch nichts an der Gegenberichtigung im HZB ändern, da die Besteuerung im Ausland für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung nur bei der Ermittlung des Steuersatzes (Niedrigbesteuerung) und für die anrechenbare Steuer nach § 12 AStG maßgeblich ist. Für die Ermittlung des HZB der Höhe nach ist hingegen allein das deutsche Steuerrecht maßgeblich.

     

    Beachten Sie | Die deutsche Finanzverwaltung würde im Rahmen der Anrechnung der Steuern nach § 12 AStG nur die Steuer berücksichtigen, die auf das wegen Art. 9 Abs. 2 DBA D/LUX in Luxemburg geminderte Einkommen erhoben wurde. Da ein abkommensrechtlich begründeter Ermäßigungsanspruch nach Art. 9 Abs. 2 DBA D/LUX gegenüber Luxemburg besteht, rechnet Deutschland nach § 34c Abs. 1 EStG auch nur die Steuern an, die der Ermäßigung unterlegen haben. Sonst würde Deutschland eine Steuer anrechnen, die in Luxemburg zu Unrecht erhoben würde.

     

    • Fall 8 (in Anlehnung an Tz. 1.7 BMF-Schreiben)

    Die A-GmbH (Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland) ist zu 100 % an der B-Sp. z o.o. (Sitz und Geschäftsleitung in Polen) beteiligt. Die polnische Tochter sei eine Zwischengesellschaft, deren Einkünfte bei der A-GmbH der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Die B-Sp. z o.o. gewährt der E-Co. (Sitz und Geschäftsleitung in einem anderen ausländischen Staat) ein Darlehen zu einem unangemessen niedrigen Zinssatz (1 %, fremdüblich wären 5 %).

     

    Beachten Sie | Auch dieser Fall ist (in leicht modifizierter Form) dem BMF-Schreiben entnommen. Das dortige Beispiel führt jedoch nicht aus, ob die E-Co. eine nahestehende Person ist. Wäre sie keine, würde es sich schlicht um ein schlechtes Geschäft der B-Sp. z o.o. handeln. Dies würde zu keiner Korrektur führen. Im Folgenden wird daher unterstellt, dass die E-Co. eine Tochter der B-Sp. z o.o. sei.

     

    Eine Korrektur über eine vE der B-Sp. z o.o. in die E-Co. würde bereits daran scheitern, dass der Nutzungsvorteil nicht einlagefähig ist. Nach Ansicht des BFH (20.4.88, I R 41/82, BStBl II 88, 868) liegt auch kein dem Beschluss des Großen Senats (BFH 26.10.87, GrS 2/86, BStBl II 88, 348) vergleichbarer Sachverhalt vor, weil keine gemeinsame Obergesellschaft besteht. Die vGA und vE scheiden daher als Korrekturregeln aus. Denkbar wäre aber eine Korrektur nach § 1 AStG. Dem hat aber der BFH in diesem Urteil einen Riegel vorgeschoben. § 1 Abs. 1 S. 1 spricht explizit von einer Geschäftsbeziehung „zum Ausland“ und nicht von einer Geschäftsbeziehung im Ausland (zwischen B-Sp. z o.o. und E-Co.). Der BFH schließt daraus, dass § 1 AStG nicht auf reine Auslandssachverhalte anzuwenden ist. Mit dem Beispielsfall in Tz. 1.7 hat sich das BMF dieser Ansicht angeschlossen.

     

    Vor der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung wird folglich bei der B-Sp. z o.o. keine Einkommenserhöhung vorgenommen. Daher werden bei der A-GmbH nur die unangemessen niedrigen Zinsen hinzugerechnet. Dieses Ergebnis mag ökonomisch verwundern, ist aber aus rechtlicher Sicht folgerichtig, weil keine deutsche Korrekturvorschrift greift.

     

    • Fall 9 (in Anlehnung an Tz. 1.8 BMF-Schreiben)

    Die A-AG (Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland) ist zu 100 % an der B-Sp. z o.o. (Sitz und Geschäftsleitung in Polen) beteiligt. Die polnische Tochter sei eine Zwischengesellschaft, deren Einkünfte bei der A-AG der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Die A-AG überträgt unentgeltlich ein Wirtschaftsgut mit einem Teilwert i. H. v. 900.000 EUR an die B-Sp. z o.o. Der Fremdvergleichspreis beträgt 1 Mio. EUR. Bei der B-Sp. z o.o. wird das Wirtschaftsgut erfolgsneutral mit 900.000 EUR aktiviert und über zehn Jahre linear abgeschrieben.

     

    Zunächst liegt eine vE in Höhe des Teilwerts vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG). Die Beteiligung der A-AG an der B-Sp. z o.o. wird in der Steuerbilanz der A-AG entsprechend erhöht (§ 6 Abs. 6 S. 2 EStG). Anschließend erfolgt bei der A-AG eine weitergehende Korrektur (Einkommenserhöhung) um 100.000 EUR auf den Fremdvergleichspreis (§ 1 AStG). Da das Wirtschaftsgut bei der B-Sp. z o.o. mit 900.000 EUR aktiviert wurde, betragen deren kumulierte Abschreibungen auch nur 900.000 EUR und nicht 1 Mio. EUR. Damit läge bezüglich der Korrektur um 100.000 EUR eine Doppelbesteuerung in Deutschland vor, wenn das Einkommen der B-Sp. z o.o. bei der A-AG ohne vorherige Gegenkorrektur der Hinzurechnungsbesteuerung unterläge.

     

    Um diese Doppelbesteuerung zu vermeiden, gestattet die Finanzverwaltung, die Abschreibungen bei der Ermittlung des HZB von 90.000 EUR auf 100.000 EUR p. a. zu erhöhen. Die nach § 12 AStG anrechenbare ausländische Steuer ist entsprechend zu kürzen, auch wenn im Ausland keine Gegenberichtigung stattfindet. Grund dafür ist, dass das hinzugerechnete Einkommen von der B-Sp. z o.o. bei der A-AG, deren Doppelbesteuerung zu vermeiden ist, um die angepasste AfA von 10.000 EUR p. a. geringer ausfällt. Somit mindert sich die nach § 34c Abs. 1 EStG anzurechnende ausländische Steuer auf dieses Einkommen (Anrechnungshöchstbetrag).

    2. Zusammenspiel zwischen vGA/vE im Ausland und der Hinzurechnungsbesteuerung

    Dividenden, die eine ausländische Gesellschaft erhält, sind gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG grundsätzlich aktive Einkünfte, sofern die Beteiligung der deutschen Gesellschaft mindestens 10 % beträgt (Grundsatz). Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen und wiederum Rückausnahmen:

     

    • Ausnahme (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG: Passive Einkünfte liegen vor, sofern die Dividenden bei der ausschüttenden Gesellschaft deren Einkommen gemindert haben. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Enkeltochter an die ausländische Gesellschaft eine vGA geleistet hat, die bei der Enkeltochter nicht korrigiert wurde.

     

    • Rückausnahme 1 (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) AStG): Sofern die Enkeltochter bezüglich der Einkünfte, aus denen die Dividenden gespeist werden, selbst Zwischengesellschaft ist, sind die Dividenden aktiv, weil diese originären Einkünfte der Enkeltochter selbst der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Würde man die Dividende dann ebenfalls der Hinzurechnungsbesteuerung unterwerfen, läge eine nicht gewollte wirtschaftliche Doppelbesteuerung vor.

     

    • Rückausnahme 2 (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) AStG: Die Dividenden sind außerdem aktiv, sofern sie das Einkommen der ausländischen, die Dividende empfangenden Gesellschaft oder das Einkommen einer ihr nahestehenden Person erhöht haben und zudem dieses Einkommen keiner Niedrigbesteuerung i. S. v. § 8 Abs. 5 AStG unterliegt. In diesem Fall verzichtet Deutschland auf die Hinzurechnungsbesteuerung, weil die Einkünfte bereits in einem anderen Staat einer aus deutscher Sicht angemessenen Steuerbelastung unterliegen.

     

    • Fall 10

    Die A-AG (Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland) ist zu 100 % an der B-Sp. z o.o. (Sitz und Geschäftsleitung in Polen) beteiligt. Die polnische Tochter geht einer aktiven Tätigkeit i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG nach, ist aber substanzlos. Die B-Sp. z o.o. ist zu 100 % an einer Kapitalgesellschaft in einem Drittstaat, der C-Co. beteiligt, die gegenüber der B-Sp. z o.o. Dienstleistungen gegen 1 Mio. EUR Vergütung erbringt. Angemessen wären 1,2 Mio. EUR. Auch die C-Co. erzielt aktive Einkünfte.

     

    Der Sachverhalt betrifft zunächst nur die ausländischen Gesellschaften. Zwar liegt aus deutscher Perspektive eine vGA zwischen der C-Co. und der B-Sp. z o.o. vor, dies führt aber nicht zu Korrekturen nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, weil ein reiner Auslandssachverhalt vorliegt. Auch für eine Korrektur nach § 1 AStG ist bei einem reinen Auslandssachverhalt kein Raum. Aufgrund der aktiven Tätigkeit der B-Sp. z o.o. greifen für diese auch nicht die Regeln der Hinzurechnungsbesteuerung. Es bleibt aber zu prüfen, ob aufgrund der vGA von der C-Co. an die B-Sp. z o.o. eine Hinzurechnungsbesteuerung bei der A-AG ausgelöst wird.

     

    Die B-Sp. z o.o. erhält damit aus deutscher Perspektive (neben ihren originären aktiven Einkünften) Dividendeneinkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG. Dividenden sind grundsätzlich aktiv (Grundsatz). Dies gilt aber gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG nicht, wenn die Bezüge das Einkommen der C-Co. gemindert haben (Ausnahme). Eine Einkommensminderung liegt nach h. M. auch dann vor, wenn eine verhinderte Vermögensmehrung (bei der C-Co.) besteht und diese im Ausland bei der C-Co. nicht korrigiert wird (Binder/Graßl, IStR 21, 865). Diese verhinderte Vermögensmehrung ist hinsichtlich der 200.000 EUR entgangenen Betriebseinnahmen der C-Co. erfüllt. Aufgrund der vGA zwischen der C-Co. und der B-Sp. z o.o. liegen daher bei der B-Sp. z o.o. passive Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG vor und es kommt zu einer Hinzurechnungsbesteuerung bei der A-AG in Deutschland. Hier sieht der Gesetzgeber aber wiederum die zwei oben genannten Rückausnahmen vor.

     

    • Liegt eine vGA vor, die bei der ausländischen Gesellschaft (hier: B-Sp. z o.o.) oder bei einer ihr nahestehenden Person (hier: C-Co.) zu einer Einkommenserhöhung geführt hat (gemeint ist: weil bei der B-Sp. z o.o. keine einkommensmindernde Korrektur erfolgt), ist auch die vGA gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) AStG aktiv (Rückausnahme 2), soweit dieses Einkommen keiner niedrigen Besteuerung unterlegen hat. Wenn in Polen das um 200.000 EUR zu geringe Entgelt bei der B-Sp. z o.o. nicht korrigiert wird, liegt bei ihr insoweit eine Einkommenserhöhung vor. Da Polen darauf 19 % KSt erhebt, liegt in 2023 eine Niedrigbesteuerung vor, seit 2024 hingegen nicht (§ 8 Abs. 5 AStG a. F. und n. F.). Damit greift die Rückausnahme 2 im VZ 2023 nicht und die 200.000 EUR unterliegen in Deutschland der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) S. 2 Doppelbuchst. bb) AStG) bei der A-AG. Die polnische KSt wird dabei nach § 12 AStG auf die deutsche KSt angerechnet. Im Ergebnis würde aufgrund der Steueranrechnung keine KSt (und damit auch kein SolZ) anfallen, aber aufgrund des § 7 S. 7 GewStG deutsche GewSt.

     

    • Die Rückausnahme 1 nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) AStG bestünde, soweit die A-AG mit den Einkünften der C-Co. der mittelbaren Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Abs. 1 S. 1, 2 i. V. m. Abs. 2 AStG unterliegen würde. Dienstleistungseinkünfte sind grundsätzlich nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 AStG aktiv. Da die Einkünfte der C-Co. laut Sachverhalt als aktiv einzustufen sind, greift die mittelbare Hinzurechnungsbesteuerung hinsichtlich der C-Co. nicht, sondern in 2023 die unmittelbare hinsichtlich der B-Sp. z o.o. als Zwischengesellschaft, weil weder die Rückausnahme 1 noch die Rückausnahme 2 greift.

     

    Im Ergebnis muss die A-AG im Rahmen ihrer erweiterten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten nachweisen, dass die vGA zwischen der C-Co. und der B-Sp. z o.o. entweder bei der C-Co. (nur) einkommenserhöhend korrigiert oder bei der B-Sp. z o.o. korrigiert und nicht niedrig besteuert wurde (bb) oder bereits der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung (aa) unterliegt. Gelingt ihr dies nicht, werden insoweit die Dividendeneinkünfte der B-Sp. z o.o. (hier: 200.000 EUR) bei der A-AG der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen.

     

    Polen selbst würde keinen Fall der Hinzurechnungsbesteuerung sehen, weil die C-Co. originär aktive Einkünfte erzielt. Auch eine Korrektur aufgrund des Fremdvergleichs (Art. 11 KStG-PL) würde nicht erfolgen, weil die Einkünfte der B nicht durch die Geschäftsbeziehung gemindert, sondern erhöht wurden.

     

    • Fall 11

    Die A-AG (Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland) ist zu 100 % an der B-Sp. z o.o. (Sitz und Geschäftsleitung in Polen) beteiligt. Die polnische Tochter geht einer aktiven Tätigkeit i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG nach, kann aber den Substanznachweis nach § 8 Abs. 2 AStG nicht erbringen. Die B-Sp. z o.o. ist zu jeweils 100 % an den Kapitalgesellschaften C-Co. und D-Co. in Drittstaaten beteiligt. Die C-Co. gewährt der D-Co. ein zinsloses Darlehen. Angemessen wären 5 % Zinsen.

     

    Auch dieser Sachverhalt betrifft zunächst nur die ausländischen Gesellschaften und führt damit zu keiner Einkünftekorrektur in Deutschland. Nach der in Fall 4 (s. Teil 1, PIStB 23, 342) erläuterten Rechtsprechung des BFH (26.10.87, GrS 2/86, BStBl II 88, 348) liegt im Ausland eine vGA von der C-Co. an die B-Sp. z o.o. vor, aber keine vE der B-Sp. z o.o. an die D-Co. Dafür ist aus deutscher Perspektive bei der B-Sp. z o.o. der Grundsatz des Vorteilsverbrauchs im Dreieckssachverhalt anzuwenden.

     

    Aus deutscher Sicht müsste die vGA das Einkommen der C-Co. oder der B-Sp. z o.o. erhöhen. Die vGA der C-Co. an die B-Sp. z o.o. führt danach zu einem Beteiligungsertrag sowie zu einem Vorteilsverbrauch bei der Muttergesellschaft (hier B-Sp. z o.o.). Ist die Einkommenskorrektur im Ausland (bei der C-Co.) nicht erfolgt und unterliegt der Beteiligungsertrag im Ausland (bei der B-Sp. z o.o.) einer niedrigen Besteuerung, greift in Deutschland für die vGA insoweit die Hinzurechnungsbesteuerung hinsichtlich der B-Sp. z o.o. als Zwischengesellschaft, weil bei der B-Sp. z o.o. passive Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG vorliegen (vgl. Fall 10). Die Rückausnahme 2 nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) AStG kann dann greifen, wenn eine Einkommenserhöhung bei einer nahestehenden Person vorliegt. Diese Voraussetzung kann hinsichtlich der ersparten Zinsaufwendungen bei der D-Co. erfüllt sein. Wenn aber der Staat der D-Co. ein niedrig besteuerndes Ausland ist, ist die Rückausnahme 2 nicht erfüllt und die B-Sp. z o.o. erzielt insoweit passive Einkünfte.

     

    Beachten Sie | Die B-Sp. z o.o. dürfte den Vorteilsverbrauch bei der Ermittlung des HZB berücksichtigen. Die Erfassung dieses Aufwands ist nach § 10 Abs. 4 AStG zulässig, da ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Erträgen und dem Aufwand vorliegt. Im Ergebnis würden sich der Beteiligungsertrag der B-Sp. z o.o. und ihr Vorteilsverbrauch bei der Ermittlung des HZB neutralisieren.

     

    Dagegen könnte die C-Co., weil sie Einkünfte aus Finanzierungsgeschäften erzielt, selbst Zwischengesellschaft sein. Die C-Co. müsste die Zinsen so ansetzen und unter den Katalog der Einkünfte nach § 8 Abs. 1 AStG subsumieren, als würde sie ein fremdübliches Darlehen gewähren und diese Einkünfte tatsächlich erzielen. Die Zinsen stellen passive Einkünfte dar. Damit würden bei der B-Sp. z o.o. Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a), Doppelbuchst. aa) AStG (Rückausnahme 1) vorliegen und die Komplexität des Falls würde zunehmen. Wenn die Rückausnahme 1 greift, liegen auf der Ebene der B-Sp. z o.o. keine passiven Einkünfte vor und der Aufwand aus dem Vorteilsverbrauch ist nicht bei der Ermittlung des HZB abziehbar (der nach § 10 Abs. 4 AStG erforderliche Zusammenhang fehlt).

     

    Beachten Sie | Es sprechen gute Argumente dafür, diese Rückausnahme nach Doppelbuchst. aa) auch dann als erfüllt anzusehen, wenn eine Hinzurechnungsbesteuerung in einem anderen Staat ausgelöst wird (im vorliegenden Fall: Polen) und es im Ergebnis nur wegen § 7 Abs. 1 S. 2 AStG zu keiner HZB in Deutschland kommt.

     

    Polen selbst hat, wie alle EU-Staaten, die ATAD umgesetzt und daher eine eigene Hinzurechnungsbesteuerung für passive Einkünfte, die niedrig besteuert werden (mit weniger als 75 % des normalen KSt-Satzes, § 24a Nr. 3.3c KStG-PL, also unter 14,25 %). Sofern diese greift, wenn bei der C-Co. keine Korrektur erfolgt bzw. diese niedrig besteuert ist, besteuert Polen die passiven Einkünfte der C-Co. durch einen HZB bei der B-Sp. z o.o. Die reguläre polnische KSt beträgt 19 %.

     

    Bezüglich der Zinserträge aus Finanzierungsgeschäften würde aufgrund der mittelbaren Beteiligung der A-AG an der C-Co. nach § 7 Abs. 1 S. 1 AStG in Deutschland ebenfalls die Hinzurechnungsbesteuerung ausgelöst werden. Wegen § 7 Abs. 1 S. 2 AStG würde, weil Polen die Besteuerung der Zinseinkünfte nur auf 19 % (und nicht auf 25 %) heraufschleust, im Jahr 2023 die Hinzurechnungsbesteuerung nochmals greifen, wobei die polnische KSt auf den HZB auf die deutsche KSt anzurechnen wäre (§ 12 Abs. 2 AStG).

     

    Im Ergebnis würden in 2023 auf den Korrekturbetrag (also die 5 % Zinsen) 19 % polnische KSt (ggf. unter Anrechnung einer Steuer des Drittstaates) und wegen § 7 S. 7 GewStG deutsche GewSt anfallen. In 2024 beträgt die Niedrigsteuergrenze in Deutschland nur noch 15 %. Daher würde es aufgrund der Vorbelastung in Polen zu keiner mittelbaren Hinzurechnungsbesteuerung in Deutschland kommen. Wurde hingegen eine Korrektur im Ausland (bei der C-Co.) vorgenommen und der Korrekturbetrag (nicht niedrig) besteuert, greifen weder die polnische noch die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung.

    3. Ergebnis

    Teil 2 der Ausführungen dokumentiert das komplexe Zusammenspiel zwischen den Einkünftekorrekturnormen (vGA/vE bzw. Fremdvergleichspreis) und der Hinzurechnungsbesteuerung. Erfolgt aufgrund der Einkünftekorrekturnormen eine Einkommenserhöhung in Deutschland, ist diese ggf. bei der Ermittlung des HZB einkommensmindernd zu berücksichtigen. Aufgrund der Hinzurechnungsbesteuerung bei mittelbaren Beteiligungen sind aber auch die Geschäftsbeziehungen der ausländischen Gesellschaften zueinander sowie die Einkünftekorrekturen und die Hinzurechnungsbesteuerung im Ausland für die steuerliche Würdigung in Deutschland zu berücksichtigen.

     

    FAZIT | Die Ausführungen sollten Fallstricke in der Praxis erläutern, die bestehen, wenn aufgrund von vGA und vE bzw. des Fremdvergleichsgrundsatzes und der Hinzurechnungsbesteuerung das Einkommen korrigiert wird. Dabei stehen vGA/vE zu § 1 AStG in einer Idealkonkurrenz, sodass die Finanzverwaltung mit der vGA bzw. vE beginnt, und dann die weitestgehende Einkünfteerhöhung vornimmt (vgl. Teil 1, PIStB 23, 342). Bezüglich der Hinzurechnungsbesteuerung orientiert sich die Finanzverwaltung an der BFH-Rechtsprechung, um eine doppelte Erfassung nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Änderung der §§ 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AStG durch das ATADUmsG erhöhen bei mittelbaren Beteiligungen und verdeckten Gewinnausschüttungen im Ausland die Komplexität deutlich. Dies betrifft nicht nur die steuerliche Würdigung, sondern bereits die Sachverhaltsermittlung.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 17 | ID 49812214