· Fachbeitrag · Betriebsausgabenabzug
Entwurf von Anti-Hybrid-Regeln durch das ATAD-Umsetzungsgesetz
von StB Dr. Thomas Loose, International Tax Partner bei der PwC GmbH WPG auf Entsendung in New York
| Der Referentenentwurf des BMF für ein Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATADUmsG) wurde am 10.12.19 veröffentlicht. Ein Kernelement der Entwurfsfassung ist die Einführung eines Betriebsausgabenabzugsverbots für hybride Gestaltungen. Die in § 4k EStG-E verortete Vorschrift ist durch den Verweis in § 9 Abs. 5 S. 2 EStG-E nicht nur im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung, sondern auch bei der Berechnung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Einführung der generellen Anti-Hybrid-Regeln geht auf die ATAD zurück, die in der EU diesbezüglich einen Mindeststandard vorschreibt. |
1. Einführung von generellen Anti-Hybrid-Vorschriften
Durch die ATAD sollen in Europa zentrale BEPS-Maßnahmen der OECD zeitnah und möglichst konsistent umgesetzt werden. Ein zentraler Aspekt ist hierbei die Einführung von generellen Anti-Hybrid-Vorschriften, die grundsätzlich zum 1.1.20 in das jeweilige nationale Recht aufzunehmen sind. Mit dem Referentenentwurf für ein ATAD-Umsetzungsgesetz hat das BMF im Dezember 2019 einen Vorschlag zur Einführung der Norm des § 4k EStG in Deutschland unterbreitet. Die Vorschrift umfasst sieben Absätze und ist als „Betriebsausgabenabzug bei hybriden Gestaltungen“ tituliert. Sie ist gemäß § 52 Abs. 8b EStG-E erstmals für nach dem 31.12.19 entstehende Aufwendungen anwendbar. Bei von dem Kalenderjahr abweichenden und im Veranlagungszeitraum 2020 endenden Wirtschaftsjahren ist die Abzugsbeschränkung damit (nur) für die im Jahre 2020 entstehenden Aufwendungen zu beachten.
Ein offizieller Kabinettsbeschluss steht zwar noch aus, mit ihm dürfte aber in Kürze zu rechnen sein. Auch wenn sich im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsprozesses noch inhaltliche Änderungen ergeben können, zeichnen sich die Kernelemente der generellen Anti-Hybrid-Regeln bereits klar ab; und mit einer (rückwirkenden) Anwendung ab dem 1.1.20 ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ATAD zu rechnen.
Beachten Sie | Die bereits nach aktueller Rechtslage bestehenden Anti-Hybrid-Vorschriften sollen künftig weiterhin gelten. Ein Beispiel ist die Norm des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG, deren Reichweite teilweise nicht nur über die ATAD, sondern auch über den Anwendungsbereich des § 4k EStG-E hinauszugehen droht (Stichwort: fehlende Dual-Inclusion-Ausnahme).
Nachfolgend werden ausschließlich für Inbound-Konzernstrukturen anhand von ausgewählten Beispielsfällen wesentliche Aspekte der durch ihren Abs. 7 als Treaty Override ausgestalteten Vorschrift des § 4k EStG-E erläutert. Es handelt sich dabei lediglich um einen ersten Überblick und nicht zuletzt wegen des bisweilen unklaren als auch potenziell sehr weit gefassten Gesetzeswortlauts insbesondere nicht um eine abschließende Auflistung von erfassten Sachverhalten. Zur Umsetzung der ATAD-Vorgaben werden im Gesetzentwurf des BMF in den nachfolgend nicht näher thematisierten Outbound-Sachverhalten über den § 4k EStG-E hinaus auch eine Änderung des § 8b Abs. 1 S. 3 KStG sowie Ergänzungen in Form eines § 3 Nr. 40d S. 3 EStG-E und eines § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 3 EStG-E angestrebt.
2. Hybride Finanzinstrumente (§ 4k Abs. 1 EStG-E)
Der erste Absatz des § 4k EStG-E ist eine Vorschrift zu sog. Deduction/No- Inclusion-Inkongruenzen (kurz: D/NI). Diese betreffen die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen, bei denen keine Besteuerung der korrespondierenden Erträge erfolgt. Durch § 4k Abs. 1 EStG-E wird ausweislich der Gesetzesbegründung Art. 9 Abs. 2 Buchst. a) i. V. m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. a) der ATAD umgesetzt ‒ das ATAD-Mindestschutzniveau wird aber sogar (weit) überschritten. Erfasst werden sollen die nachfolgend ausschließlich betrachteten hybriden Finanzinstrumente und darüber hinaus in Konzernstrukturen nur in Spezialfällen anzutreffende hybride Übertragungen. Letztere sollen vorliegen, wenn der Ertrag eines übertragenen Kapitalvermögens wirtschaftlich mehr als einer an der Übertragung beteiligten Person zuzurechnen ist, etwa im Falle von Kauf- und Rückkaufsvereinbarungen (sog. Repo-Geschäfte) oder bei grenzüberschreitenden Wertpapierleihen.
|
Die D-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland ist eine 100%ige Tochtergesellschaft einer im Staat A steuerlich ansässigen Gesellschaft (ForCo). Die ForCo hat ein hybrides Finanzinstrument an die D-GmbH ausgereicht, das aus deutscher steuerlicher Sicht als Fremdkapital einzustufen ist; im Staat A wird es hingegen als Eigenkapital angesehen mit der Folge, dass die Erträge aufgrund eines Dividendenfreistellungssystems dort nicht besteuert werden. |
Nach aktueller Rechtslage sind die auf das hybride Finanzinstrument zu leistenden Zahlungen auf Ebene der D-GmbH als Zinsaufwand grundsätzlich steuerlich abzugsfähig. Der Fremdvergleichsgrundsatz sowie die spezifischen Zinsabzugsbeschränkungen sind zu beachten, vornehmlich die Zinsschranke nach § 4h EStG sowie die anteilige gewerbesteuerliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG. Insbesondere greifen aber nicht die Anti-Hybrid-Vorschriften des § 4i EStG (weil bereits keine Personengesellschaft vorliegt) sowie des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG (weil bereits keine Organschaft besteht).
Nach § 4k Abs. 1 S. 1 EStG-E sind die Aufwendungen auf Ebene der D-GmbH aus dem zwischen nahestehenden Personen i. S. d. § 4k Abs. 6 S. 1 EStG-E begebenen hybriden Finanzinstrument nicht mehr steuerlich abzugsfähig. Ursächlich hierfür ist, dass die den „Aufwendungen für die Nutzung oder im Zusammenhang mit der Übertragung von Kapitalvermögen“ entsprechenden Erträge auf Ebene der ForCo „aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Qualifikation oder Zurechnung des Kapitalvermögens nicht oder niedriger als bei dem deutschen Recht entsprechender Qualifikation oder Zurechnung besteuert werden (Steuervergünstigung).“
- Unstreitig liegen Zinsaufwendungen vor und nicht z. B. von § 4k Abs. 1 EStG-E bereits dem Grunde nach nicht erfasste Lizenzaufwendungen.
- Bei der ForCo ergibt sich eine Steuervergünstigung, und zwar in Form einer Nichtbesteuerung der den Aufwendungen entsprechenden Erträge. Zu hoffen ist, dass im weiteren Gesetzgebungsverlauf das Abstellen auch auf eine bloß niedrigere Besteuerung gestrichen wird.
- Diese Steuervergünstigung wird durch eine in Staat A von der deutschen Sichtweise abweichende steuerliche Qualifikation des Kapitalvermögens verursacht (Eigen- vs. Fremdkapital). Eine Nicht- bzw. Niedrigbesteuerung, die nicht Folge einer Hybridität ist, würde hingegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm nicht erfüllen ‒ diesbezüglich sind aber die künftigen Entwicklungen zu den GloBE-Vorschlägen der OECD in Form der Undertaxed Payments Rule sowie der Subject to Tax Rule aufmerksam zu beobachten (vgl. hierzu Loose, PIStB 19, 259 ff.).
Infolge einer „Insoweit“-Verknüpfung im Gesetzeswortlaut kommt es für die D-GmbH zur vollständigen steuerlichen Nichtabzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen. Falls hingegen die Erträge bei der ForCo nur teilweise steuerfreigestellt wären, käme es im Inland entsprechend auch nur zu einer partiellen außerbilanziellen Hinzurechnung der Zinsaufwendungen.
3. Hybride Rechtsträger (§ 4k Abs. 2 und Abs. 3 EStG-E)
Auch bei dem zweiten und dritten Absatz des § 4k EStG-E handelt es sich um D/NI-Regelungen, wobei der dritte Absatz gegenüber dem zweiten nachrangig ist und der zweite wiederum gegenüber dem ersten. Dabei werden ‒ abweichend von Abs. 1 ‒ sämtliche Aufwendungen erfasst und damit z. B. Zinsen, Lizenzentgelte, Dienstleistungsvergütungen, aus Abschreibungen resultierende Aufwendungen oder sogar fiktive Aufwendungen. Nach der Gesetzesbegründung werden durch die beiden Vorschriften Art. 9 Abs. 2 Buchst. a) i. V. m. Art. 2 Abs. 9 Buchst. e) und f) bzw. die Buchstaben b), c) und d) der ATAD umgesetzt. So wird der Betriebsausgabenabzug für die nachfolgend ausschließlich betrachteten Leistungsbeziehungen unter Einbezug (umgekehrt) hybrider Rechtsträger versagt ‒ in Mehrstaatensachverhalten könnten gewisse hybride Rechtsträger allerdings auch bereits die Anwendung des § 4k Abs. 1 EStG-E bewirken. Ferner betrifft dies (fiktive) Leistungsbeziehungen im Falle von Betriebsstätten (vgl. hierzu 4.) Zudem ist in § 4k Abs. 2 S. 2 EStG-E eine Sonderregelung enthalten, die auf bestimmte Outbound-Fälle mit ausländischen vermögensverwaltenden Personengesellschaften abzielt.
|
Wie in Beispiel 1 ist die D-GmbH eine 100%ige Tochtergesellschaft der im Staat A steuerlich ansässigen ForCo. Nunmehr hat die ForCo an die D-GmbH ein Darlehen ausgereicht, das von Staat A ebenso wie aus deutscher steuerlicher Sicht als Fremdkapital eingestuft wird. Die D-GmbH wird allerdings aus steuerlicher Sicht des Staates A nicht mehr einheitlich mit der deutschen Sichtweise als Kapitalgesellschaft angesehen, sondern vielmehr als ein transparentes Rechtsgebilde. Aus der Perspektive der ForCo existiert das Darlehen demzufolge steuerlich gar nicht, weshalb die Zinserträge in Staat A keiner Besteuerung unterliegen. |
Erneut ist nach aktueller Rechtslage keine Anti-Hybrid-Vorschrift einschlägig, die den steuerlichen Abzug der Zinsaufwendungen auf Ebene der D-GmbH untersagt. Durch § 4k EStG-E kann sich dies jedoch ändern. Es ist unklar, ob Abs. 1 von § 4k EStG-E greift, da die Nichtbesteuerung der Erträge nicht durch eine vom deutschen Recht abweichende steuerliche Qualifikation oder Zurechnung des Kapitalvermögens verursacht sein könnte. Denn aus Sicht des Staates A besteht steuerlich (erst) gar kein Kapitalvermögen,welches (anschließend) abweichend qualifiziert oder zugerechnet wird.
Nachrangig droht aber § 4k Abs. 2 EStG-E Anwendung zu finden und die steuerliche Abzugsfähigkeit vollständig auszuschließen. Denn die aus dem zwischen nahestehenden Personen i. S. d. § 4k Abs. 6 S. 1 EStG-E vereinbarten Darlehen generierten Zinserträge der ForCo werden „aufgrund der vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung des Steuerpflichtigen im Staat des Gläubigers der Erträge […] in keinem Staat einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen.“
- Weder in Staat A noch in Deutschland werden die Zinserträge tatsächlich besteuert. Abweichend von Abs. 1 wird nicht auf eine bloße Steuervergünstigung abgestellt, sondern tatbestandlich eine tatsächliche Nichtbesteuerung, und zwar in keinem Staat, erfordert. Als tatsächliche Besteuerung würde dabei nach der Gesetzesbegründung auch eine gleichwertige Besteuerung im Rahmen einer Hinzurechnungsbesteuerung gelten.
- Die tatsächliche Nichtbesteuerung ist die Folge der von der deutschen Steuerperspektive abweichenden steuerlichen Behandlung der D-GmbH in Staat A (transparente vs. intransparente Sichtweise). Denn bei einheitlicher Betrachtung als Kapitalgesellschaft wären die Zinserträge von der ForCo in Staat A zu versteuern.
Die in § 4k Abs. 2 S. 3 EStG-E enthaltene Ausnahme vom Abzugsverbot ist zu prüfen. Demnach findet S. 1 keine Anwendung, „soweit die Aufwendungen mit Erträgen desselben Steuerpflichtigen verrechnet werden, die der inländischen und nachweislich auch in dem Staat des Gläubigers […] einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen und die Doppelbesteuerung nicht durch Anrechnung vermieden wird“. Wenn die D-GmbH Erträge erzielt, werden diese nicht nur in Deutschland, sondern ob der in Staat A maßgeblichen transparenten Sichtweise im Regelfall auch dort tatsächlich besteuert. Entscheidend ist dann, inwieweit die Erträge die Aufwendungen in Deutschland ausgleichen und für die doppelt besteuerten Erträge in Staat A eine Anrechnung erfolgt. Insoweit § 4k Abs. 2 EStG-E im Ergebnis keine Anwendung findet, droht eine Nichtabziehbarkeit noch aus dem nachfolgend erläuterten § 4k Abs. 3 EStG-E.
Die Abzugsbeschränkung des § 4k EStG-E ist nicht nur bei Zahlungen von hybriden Rechtsträgern zu beachten, sondern insbesondere auch, wenn die Zahlung an hybride Rechtsträger erfolgt.
|
Die D-GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der in Staat B registrierten ForCo 2, die wiederum eine 100%ige Tochtergesellschaft der in Staat A ansässigen ForCo 1 ist. Staat A stuft alle Gesellschaften als Kapitalgesellschaften ein. In Deutschland und in Staat B wird die ForCo 2 hingegen als transparentes Rechtsgebilde angesehen und die ForCo 1 sowie die D-GmbH als Kapitalgesellschaften. ForCo 2 erbringt an die D-GmbH eine Dienstleistung. |
Die nach aktueller Rechtslage unter Berücksichtigung des Fremdvergleichsgrundsatzes steuerlich grundsätzlich mögliche Abziehbarkeit der Dienstleistungsaufwendungen könnte durch die Einführung des § 4k EStG-E versagt werden.
Absatz 1 greift aber nicht, weil Dienstleistungsentgelte und mithin keine Aufwendungen für die Nutzung bzw. Übertragung von Kapitalvermögen vorliegen. Bei Absatz 2 ist das Tatbestandsmerkmal der abweichenden steuerlichen Behandlung des Steuerpflichtigen, der D-GmbH, nicht erfüllt. Allerdings kann Absatz 3 zur Anwendung kommen, da die Dienstleistungserträge „aufgrund deren vom deutschen Recht abweichender steuerlicher Zuordnung oder Zurechnung nach den Rechtsvorschriften anderer Staaten in keinem Staat einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen“:
- Unter der Annahme, dass Staat A keine Regeln für eine Hinzurechnungsbesteuerung aufweist, erfolgt in keinem Staat eine tatsächliche Besteuerung der Dienstleistungserträge der ForCo 2: Staat A rechnet die Einkünfte der ForCo 2 zu und Staat B der ForCo 1; eine Quellensteuer wird in Deutschland auf Dienstleistungen nicht erhoben.
- Entscheidend ist somit, ob die Nichtbesteuerung durch das tatbestandliche Hybriditätserfordernis ausgelöst wird. Zwischen den Staaten A und B ist eine abweichende Zurechnung in voller Höhe gegeben. Allerdings divergiert nur die Sichtweise in Staat A von der deutschen, nicht aber jene in Staat B ‒ zumindest nach der Gesetzesbegründung soll aber § 4k Abs. 3 EStG-E Zahlungen an umgekehrt hybride Rechtsträger (sog. reverse hybrids) gerade erfassen.
4. Betriebsstätten (§ 4k Abs. 2 und Abs. 3 EStG-E)
Die Vorschriften zu § 4k Abs. 2 und Abs. 3 EStG-E erfassen insbesondere auch D/NI-Inkongruenzen im Zusammenhang mit Betriebsstätten. Entsprechend regelt § 4k Abs. 6 EStG-E, dass die Abs. 1 ‒ 5 auch Anwendung finden, wenn der jeweilige Tatbestand zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte verwirklicht wird.
|
Nach § 4k Abs. 6 S. 1 EStG-E muss die hybride Gestaltung zwischen nahestehenden Personen oder zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte bestehen oder es muss eine strukturierte Gestaltung vorliegen. Für die Definition nahestehender Personen wird auf § 1 Abs. 2 AStG-E abgestellt und in § 4k Abs. 6 S. 2 EStG-E wird eine Erweiterung für Fälle abgestimmten Verhaltens vorgenommen. Eine „strukturierte Gestaltung“ liegt entsprechend § 4k Abs. 6 S. 3 EStG-E vor, wenn der steuerliche Vorteil zumindest teilweise in die Vertragsbedingungen eingerechnet wurde oder die Vertragsbedingungen bzw. Umstände darauf schließen lassen, dass die Beteiligten den Steuervorteil erwarten konnten. Eine Ausnahmeregelung ist in § 4k Abs. 6 S. 4 EStG-E enthalten: Wenn nicht davon auszugehen ist, dass dem Steuerpflichtigen der steuerliche Vorteil bekannt war und er nachweisen kann, dass er auch nicht profitiert hat. |
Das auf Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c) i. V. m. Art. 2 Abs. 11 der ATAD zurückzuführende Abstellen auch auf strukturierte Gestaltungen wird in der Praxis Fragen aufwerfen. Beispielsweise ist unklar, wie zu ermitteln ist, ob eine Besteuerungsinkongruenz in einen Preis eingerechnet wurde, wann ein steuerlicher Vorteil zu erwarten bzw. bekannt war und wie der Nachweis der Nichtbeteiligung an einem Steuervorteil zu führen ist.
|
Die ForCo in Staat A hat eine 100 %-Beteiligung an der inländischen D-GmbH. Auf Basis eines fremdvergleichskonformen Service Agreements erbringt die ForCo gegenüber der D-GmbH eine Dienstleistung. An der Erbringung der Dienstleistung sind Arbeitnehmer der ForCo beteiligt, die sich nicht ausschließlich in Staat A, sondern zeitweise auch in Staat B aufhalten. Aus Sicht von Staat A unterhält die ForCo in Staat B eine Betriebsstätte, der die Dienstleistungserträge zuzuordnen sind mit der Folge einer (abkommensrechtlichen) Freistellung in Staat A. Aus Sicht des Staates B sind die Voraussetzungen einer Betriebsstätte hingegen nicht erfüllt bzw. die Dienstleistungserträge werden einer Betriebsstätte nicht zugerechnet, sodass in Staat B keine Beteuerung erfolgt. |
Die steuerliche Abziehbarkeit der Dienstleistungsvergütungen der D-GmbH könnte künftig durch § 4k Abs. 3 EStG-E ausgeschlossen werden. Bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4k Abs. 3 EStG-E ist die entscheidende Frage, ob die tatsächliche Nichtbesteuerung (weder Deutschland noch Staat A oder B unterziehen die Dienstleistungserträge einer Besteuerung) durch eine vom deutschen Recht abweichende steuerliche Zuordnung bzw. Zurechnung nach den Rechtsvorschriften anderer Staaten verursacht wird. Unstreitig liegt eine abweichende Zuordnung/Zurechnung zwischen den Staaten A und B vor und zwar unabhängig davon, ob Staat B gar keine Betriebsstätte annimmt oder einer solchen nur die Erträge nicht zurechnet ‒ von der deutschen Sichtweise kann aber nur einer der beiden Staaten abweichen. Zumindest nach der Gesetzesbegründung dürfte § 4k Abs. 3 EStG-E den Beispielsfall erfassen. Es droht der vollständige Ausschluss der Abziehbarkeit der Aufwendungen, da sämtliche Erträge hybridbedingt nicht tatsächlich besteuert werden.
5. Doppelte Abzüge (§ 4k Abs. 4 EStG-E)
§ 4k Abs. 4 EStG-E betrifft doppelte steuerliche Abzüge, mithin sog. Double Deductions (kurz: DD), für Aufwendungen jeglicher Art. Entsprechende Gestaltungen sollen verhindert und damit Art. 9 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. g sowie Art. 9b der ATAD umgesetzt werden. Auch Outbound-Fälle werden erfasst (siehe bspw. die diesbezügliche Sonderregel des § 4k Abs. 4 S. 4 EStG-E), die vorliegend wegen des Fokus auf Inbound-Konzernstrukturen aber nicht thematisiert werden.
|
Die in Staat A ansässige ForCo unterhält in Deutschland eine Betriebsstätte. Die ForCo wird von Deutschland und Staat A einheitlich als Kapitalgesellschaft eingestuft und auch die Existenz der Betriebsstätte, einschließlich der diesbezüglichen Gewinnaufteilung, wird von den Staaten nicht abweichend voneinander beurteilt. Teil des Betriebsstättenergebnisses sind Lizenzaufwendungen gegenüber einem fremden Dritten, die sowohl in Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht der ForCo als auch in Staat A bei der unbeschränkten Steuerpflicht der ForCo angesetzt werden. |
Die vorrangigen D/NI-Regelungen (§ 4k Abs. 1 ‒ 3 EStG-E) sind unter anderem bereits deshalb nicht einschlägig, da die Lizenzerträge bei dem fremden Dritten annahmegemäß regulär besteuert werden. Es liegt aber ein Fall des § 4k Abs. 4 S. 1 EStG-E vor, da die aus der Lizenz stammenden „Aufwendungen auch in einem anderen Staat berücksichtigt werden“; eine spezielle Hybridität als Ursache für den doppelten steuerlichen Abzug wird tatbestandsseitig nicht vorausgesetzt. Als Rechtsfolge der Norm wird der Betriebsausgabenabzug insoweit grundsätzlich versagt.
§ 4k Abs. 4 S. 2 EStG-E koordiniert (nur) für unbeschränkt Steuerpflichtige das Zusammenspiel mit DD-Vorschriften anderer Staaten. Im Beispielsfall greift diese Regelung nicht, da die ForCo in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig ist. In Übereinstimmung mit der ATAD erkennt sie aber den Vorrang des Ansässigkeitsstaats der Muttergesellschaft, des Investorstaates, generell an: Falls in Staat A der Betriebsausgabenabzug versagt wird (insbesondere infolge einer dort geltenden DD-Regelung), findet § 4k Abs. 4 EStG-E in Deutschland mangels eines doppelten steuerlichen Abzugs bereits dem Grunde nach keine Anwendung.
Eine Ausnahmeregelung ist in § 4k Abs. 4 S. 3 EStG-E enthalten. Demnach wird S. 1 suspendiert und der Betriebsausgabenabzug daher doch gestattet, soweit den „Aufwendungen nachweislich Erträge desselben Steuerpflichtigen gegenüberstehen, die sowohl im Inland als auch in dem anderen Staat einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen“. Falls durch die Betriebsstätte auch operative Erträge erwirtschaftet würden, deren Höhe die Aufwendungen überstiegen und die sowohl in Deutschland als auch in Staat A tatsächlich besteuert würden, käme die Vorschrift des § 4k Abs. 4 EStG-E im Ergebnis nicht zur Anwendung, was auch sachgerecht wäre; Zweifelsfragen entstehen insbesondere in Verlustsituationen und bei ausländischen Gruppenbesteuerungssystemen. Eine tatsächliche Besteuerung sollte dabei insbesondere ungeachtet einer Verlustverrechnung oder einer in Staat A gewährten Steueranrechnung vorliegen.
6. Importierte Hybriditäten (§ 4k Abs. 5 EStG-E)
Zur Vermeidung des Imports von Besteuerungsinkongruenzen ordnet § 4k Abs. 5 EStG-E auf Basis von Art. 9 Abs. 3 der ATAD eine entsprechende Regelung an. Importierte Besteuerungsinkongruenzen liegen grundsätzlich vor, wenn eine zwischen anderen Staaten verwirklichte und dort nicht eliminierte Besteuerungsinkongruenz ganz oder teilweise ins Inland transferiert wird.
|
Die in Staat A ansässige ForCo 1 ist alleinige Muttergesellschaft der in Staat B ansässigen ForCo 2, die wiederum sämtliche Anteile der inländischen D-GmbH innehat; alle Rechtsträger werden einheitlich als Kapitalgesellschaften eingestuft. Vorschriften für eine Hinzurechnungsbesteuerung bestehen in Staat A nicht. ForCo 1 reicht an ForCo 2 ein hybrides Finanzinstrument aus, das aus Sicht des Staates A als Eigenkapital zu klassifizieren ist und aus Sicht des Staates B sowie von Deutschland als Fremdkapital. Weder Staat A noch Staat B weisen Anti-Hybrid-Vorschriften auf mit der Folge, dass die Erträge der ForCo 1 vollständig steuerbefreit werden und die ForCo 2 einen Zinsabzug geltend machen kann. ForCo 2 reicht die durch das hybride Finanzinstrument erhaltenen Mittel in Form eines Darlehens an die D-GmbH weiter, insoweit sei einheitlich von Fremdkapital auszugehen. |
Eine Anwendung der Absätze 1 bis 4 des § 4k EStG-E scheidet aus: Es liegt weder ein D/NI-Ergebnis vor (die Erträge aus dem Darlehen werden von ForCo 2 regulär versteuert) noch ein DD-Ergebnis (der Zinsaufwand wird nur bei der D-GmbH berücksichtigt). Die durch das Back-to-Back-Darlehen importierte Besteuerungsinkongruenz (hier in Form einer D/NI zwischen den Staaten A und B) wird allerdings von § 4k Abs. 5 S. 1 EStG-E erfasst. Danach scheidet ein Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen jeglicher Natur aus, insoweit „den aus diesen Aufwendungen unmittelbar oder mittelbar resultierenden Erträgen Aufwendungen (hybride Aufwendungen) gegenüberstehen, deren Abzug beim Gläubiger […] nach diesem Abs. oder einem der vorstehenden Abs. versagt worden wäre, wenn der Gläubiger […] einer inländischen unbeschränkten Steuerpflicht unterlegen hätte.“
- Die Zinserträge der ForCo 2 werden durch hybride Aufwendungen ausgeglichen. Wenn die Aufwendungen der ForCo 2 aus dem hybriden Finanzinstrument betragsmäßig der Höhe der Zinserträge der ForCo 2 entsprechen, ergibt sich eine vollständige Nichtabziehbarkeit auf Ebene der D-GmbH.
- Denn die Aufwendungen aus dem hybriden Finanzinstrument wären steuerlich nach § 4k Abs. 1 EStG-E nicht abziehbar, wenn die ForCo 2 der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterläge.
- Und die Zinsaufwendungen der D-GmbH sind mit den hybriden Aufwendungen der ForCo 2 verkettet, da es sich um eine Refinanzierung handelt. Laut der Gesetzesbegründung ist für eine „Verkettung“ ohnehin nur auf die Beträge abzustellen, ein wirtschaftlicher Zusammenhang soll hingegen nicht bestehen müssen. Zu hoffen ist, dass im weiteren Gesetzgebungsprozess noch eine Einschränkung auf ein sinnvolles Maß erfolgen wird.
- Schließlich läuft die Ausnahme- bzw. Vorfahrtsregelung des § 4k Abs. 5 S. 2 EStG-E ins Leere, da die Besteuerungsinkongruenz weder bei der ForCo 2 noch bei der ForCo 1 bereits eliminiert wurde.
Infolge des Abstellens auch auf mittelbare Strukturen und der Erfassung jeglicher Aufwendungen sind in Konzernen grundsätzlich sämtliche direkten und indirekten Finanz-, Lizenz- und Leistungsströme im Hinblick auf etwaige (importierte) D/NI bzw. DD zu untersuchen. Dies wird in der Praxis zu erheblichem Bürokratieaufwand führen und oft faktisch gar nicht möglich sein.
FAZIT | Für ab dem 1.1.20 entstehende Aufwendungen kann die Anti-Hybrid-Vorschrift des § 4k EStG-E den Betriebsausgabenabzug ausschließen. Die Vorschrift umfasst zum Teil komplex formulierte Regeln zu D/NI-Inkongruenzen (Abs. 1 ‒ 3), doppelten steuerlichen Abzügen (Abs. 4) sowie importierten Besteuerungsinkongruenzen (Abs. 5), die Steuerpflichtige im Wege einer Einzelfallprüfung genau analysieren sollten. Zu hoffen ist, dass im Verlauf des weiteren Gesetzgebungsprozesses, auch zwecks inhaltlicher Klarstellungen, noch Änderungen des Gesetzeswortlauts erfolgen und insbesondere die Ausnahmeregelungen weiter gefasst werden, um sachgerechte Ergebnisse zu erreichen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der entsprechenden Ausgestaltung der nationalen Vorschriften in den meisten anderen EU-Staaten sollte idealerweise auch in Deutschland eine das Mindestschutzniveau nicht übersteigende ATAD-konforme Umsetzung angestrebt werden. |