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  • · Fachbeitrag · Gewerbesteuer

    No-PE-Struktur bei Immobiliengesellschaften ‒ ein Leitfaden

    von StB Marc Oppermann, Düsseldorf

    | Die Frage der Gewerbesteuerpflicht bei Einkünften aus der Vermietung inländischen Grundbesitzes steht immer wieder im Fokus von Betriebsprüfungen. Anknüpfungspunkt der Gewerbesteuer ist ‒ auch im Falle einer Vermietungstätigkeit durch eine in- oder ausländische Kapitalgesellschaft ‒ das Bestehen einer inländischen Betriebsstätte (Permanent Establishment, PE). Die Rechtsprechung zu den Anwendungsvoraussetzungen der erweiterten Grundbesitzkürzung in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, wonach die Vermietungseinkünfte nur der Körperschaftsteuer von 15,825 % unterliegen, ist sehr restriktiv. In der Beraterpraxis werden daher sog. No-PE-Strukturen eingesetzt. |

    1. Musterfall

     

    Eine deutsche Erwerbergruppe beabsichtigt die Akquisition der luxemburgischen PropCo Sarl, welche Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses in Deutschland ist, aus welchem sie Mieterträge generiert. Der Verkäufer ist nur zu einem 100 % steuerfreien Share Deal bereit, sodass ein Direkterwerb der Immobilie ausscheidet und stattdessen eine deutsche Holding-GmbH als Akquisitionsgesellschaft die PropCo Sarl erwerben soll.

     

    Die PropCo Sarl verfügt derzeit über einen lokalen ‒ d. h. in Luxemburg ansässigen ‒ Geschäftsführer, welcher aus dem Homeoffice tätig ist, da die PropCo Sarl bislang keine eigenen Geschäftsräume bezogen hat. Durch Einschaltung einer inländischen Managementgesellschaft, die mit einer weitreichenden Handlungsvollmacht ausgestattet ist, wird die Immobilie vermarktet. In der Vollmacht heißt es in Anlehnung an das Urteil des FG Berlin-Brandenburg (28.6.23, 11 K 11108/17, Rz. 6 bis 15) u. a.:

     

    • Handlungsvollmacht

    „Die Eigentümerin bevollmächtigt die Verwalterin unter ausdrücklicher Befreiung von den Vorschriften des § 181 BGB, alle Rechtsgeschäfte für sie abzuschließen und verbindliche Erklärungen abzugeben, die das Verwaltungsobjekt betreffen. Die Verwalterin vertritt die Eigentümerin gegenüber Arbeitnehmern, Mietern, Behörden und sonstigen dritten Personen und Beteiligten, soweit geltend zu machende Ansprüche das Verwaltungsobjekt betreffen. Diese Vollmacht erstreckt sich auf die Vornahme einseitiger Rechtsgeschäfte nach § 174 BGB, insbesondere auf die Anmahnung und juristische Durchsetzung rückständiger Mieten und Umlagen. Die Vollmacht umfasst insbesondere auch:

     

    • 1. sämtliche Rechte und Pflichten aus bestehenden oder neuen Miet- und Pachtverhältnissen, einschließlich des Neuabschlusses, der Kündigung, der Stellung von Mieterhöhungsverlangen und Abgabe aller anderer, auch einseitig empfangsbedürftiger Willenserklärungen wie Kündigungen

     

    • 2. den Abschluss und die Kündigung von Versicherungsverträgen und die Geltendmachung der Rechte und Ansprüche aus solchen Verträgen

     

    • 3. den Abschluss und die Kündigung von Dienst- und Werkverträgen, z. B. über Hausmeistertätigkeiten, Reinigungsarbeiten, Reparaturen o. Ä.

     

    • 4. die Erteilung von Aufträgen an Handwerker, Baufirmen o. Ä., einschließlich der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen, Zurückbehaltungsrechten o. Ä.

     

    • 5. alle Anordnungen und Rechtshandlungen vorzunehmen, die sich auf die Instandsetzung und Instandhaltung des Objekts beziehen

     

    • 6. die Vertretung gegenüber Dienstleistungsunternehmen, Kreditinstituten, Finanzämtern, Behörden, Gerichten und sonstigen Institutionen

     

    • 7. die Berechtigung, Einblick in alle das Verwaltungsobjekt betreffenden Akten, insbesondere bei den Baubehörden, Grundbuchämtern und in Schuldurkunden zu nehmen

     

    • 8. die Beauftragung von Rechtsanwälten namens und im Auftrag der Eigentümerin

     

    • 9. die Geltendmachung und Beitreibung von allen das verwaltete Objekt betreffenden Zahlungsansprüchen.“
     

    Abschließend sei darauf hingewiesen, dass in Anlehnung an den o. g. Fall des FG Berlin-Brandenburg keine Identität der Leitungsorgane der PropCo Sarl und Managementgesellschaft vorliegt, keine Überwachung des Dienstleisters vor Ort in Deutschland erfolgt und kein Nachweis von geschäftsleitenden Entscheidungen durch den in Luxemburg ansässigen Geschäftsführer z. B. in Form von E-Mails, SMS-Nachrichten, WhatsApp-Nachrichten, Briefen oder Faxnachrichten vorgelegt werden kann.

     

    Im Rahmen einer Tax Due Diligence stellt sich für den Erwerber die Frage, ob vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung (FG Berlin-Brandenburg 28.6.23, 11 K 11108/17) die gewerbesteuerfreie Vereinnahmung der Mieterträge ‒ aufgrund der vom Veräußerer vertretenen Auffassung, dass in Deutschland keine Betriebsstätte vorhanden ist ‒ sachgerecht ist.

     

    Konkret stellt sich das Management der deutschen Erwerbergruppe folgende Fragen:

     

    • Welche Rechtsprechungsgrundsätze zum Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte sind für den hier vorliegenden Fall der Einschaltung einer Managementgesellschaft zu beachten und welche Konsequenz ergibt sich hieraus für den Musterfall?

     

    • Gibt es allgemeine Leitlinien für eine sichere No-PE-Struktur, die im Rahmen einer ggf. anvisierten Änderung des aktuellen Geschäftsmodells Berücksichtigung finden sollten?

     

    • Kann eine Umstellung des Geschäftsmodells ohne Exit Tax / Steuerentstrickung erfolgen?

     

    • Gibt es sonstige „Fallstricke“, die es zu beachten gilt?

     

    1.1 Rechtsprechungsgrundsätze

    Nachdem das FG Berlin-Brandenburg im Jahre 2019 (21.11.19, 9 K 11108/17) für einige Unsicherheiten im Umgang mit No-PE-Strukturen bei Einschaltung einer Managementgesellschaft gesorgt hatte, hat der BFH im Jahre 2022 folgende Prüfungspunkte für den zweiten Rechtsgang des Finanzgerichts an die Hand gegeben (BFH 23.3.22, III R 35/20, PIStB 22, 302; Töben/Schrepp, DStR 23, 305 ff.):

     

     

    Die Prüfungspunkte betreffen die Frage, ob die PropCo Sarl über eine inländische Betriebsstätte verfügt. Hintergrund dieser Frage ist der im Inland betriebene Gewerbebetrieb als Anknüpfungspunkt der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 GewStG). Gemäß § 12 S. 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient.

     

    • Prüfschritt 1: Vermietetes Objekt als Betriebsstätte: Der BFH führt in seinem Urteil vom 23.3.22 (III R 35/20, Rz. 16 ff. m. w. N.) aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung die Annahme einer Betriebsstätte gemäß § 12 S. 1 AO eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraussetzt, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat:

     

      • Für die nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht ist es grds. erforderlich, dass der Unternehmer eine Rechtsposition innehat, die ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann. Es reichen weder eine tatsächliche Mitbenutzung noch die bloße Berechtigung der Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit aus.

     

      • Weiter muss die Einrichtung oder Anlage der Tätigkeit unmittelbar dienen. Für die Annahme eines unmittelbaren „Dienens“ der Geschäftsanlage oder Einrichtung genügt daher nicht das Eigentum oder der Besitz eines Grundstücks. Gebäude, die lediglich einem Dritten überlassen werden (z. B. Vermietung/Verpachtung), begründen deshalb keine Betriebsstätte des Überlassenden; dies gilt selbst dann, wenn der Zweck des Geschäfts gerade in der Vermietung oder Verpachtung besteht.

     

      • Erforderlich ist vielmehr, dass in dem vermieteten Objekt eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird. In der Bindung muss sich eine gewisse „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrücken.

     

    • Prüfschritt 2: Betriebsstätte in Räumlichkeiten eines Dritten (bei Verfügungsmacht; Rz. 19): Eine Betriebsstätte kann aber auch in der Betriebsstätte eines Dritten begründet werden, wenn der Unternehmer rechtlich befugt ist, die Einrichtung oder Anlagen nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen und wenn er eigene oder ihm überlassene, seinen Weisungen unterliegende Arbeitnehmer beschäftigt oder Subunternehmer dort tätig werden.

     

    • Prüfschritt 3: Betriebsstätten durch Beauftragung einer Managementgesellschaft (ohne Verfügungsmacht über deren Räumlichkeiten; Rz. 20 bis 27): In besonderen Konstellationen kann auch durch die Beauftragung einer Managementgesellschaft ohne Verfügungsrecht über deren Räumlichkeiten eine Betriebsstätte des beauftragenden Unternehmens entstehen. Hierzu ist Voraussetzung, dass die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage durch andere Umstände (Berechtigung und tatsächliche Durchführung eigener betrieblicher Handlungen des Auftraggebers in den Räumen des Auftragnehmers) ersetzt wird. Allein die ‒ auch umfassende ‒ Übertragung der Aufgaben auf einen selbstständigen Dritten reicht somit aber nicht aus, um eine Betriebsstätte in den Räumen des Dritten zu begründen, so der BFH.

     

    • Sollte eine Personalunion zwischen dem Auftraggeber sowie der Managementgesellschaft bestehen, kann davon ausgegangen werden, dass eine eigene betriebliche Tätigkeit des Auftraggebers am Ort der Managementgesellschaft ausgeübt wird. Liegt keine Personalunion vor, können die für die Begründung einer Betriebsstätte erforderlichen Handlungen z. B. in der nachhaltigen Überwachung der Managementgesellschaft vor Ort ‒ also in den Räumlichkeiten des Auftragnehmers und nicht als Fernüberwachung aus dem Ausland ‒ bestehen.

     

    • Beachten Sie | Hier hat der BFH für mehr Rechtssicherheit gesorgt. Entgegen der Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg 21.11.19, 9 K 11108/17) genügt nach Auffassung des BFH weder die reine Möglichkeit der Überwachung noch eine Fernüberwachung aus dem Ausland (per E-Mail und Telefon) für eine Betriebsstättenbegründung. Das reicht auch dann nicht, wenn zwischen der PropCo Sarl und der Managementgesellschaft eine „enge wirtschaftliche Verflechtung“ und „mehrjährige Geschäftsbeziehungen“ bestehen. Vielmehr müssen ‒ wenn nicht ausnahmsweise eine Personalunion der Leitungsorgane vorliegt, die eine Überwachung ersetzt ‒ eigene nachhaltige (Überwachungs- oder sonstige) Tätigkeiten vor Ort in Deutschland ausgeübt werden.

     

    • Prüfschritt 4: Geschäftsleitungs-Betriebsstätte an dem Ort, an dem die laufende Geschäftsführung („Tagesgeschäfte“) ausgeübt wird (Rz. 34 bis 37): Lässt sich keine (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte i. S. v. § 12 S. 1 AO anhand der vorstehenden Prüfschritte 1 bis 3 feststellen, wird die inländische Stätte der Geschäftsleitung gemäß § 12 S. 2 Nr. 1 AO i. V. m. § 10 AO dort zu verorten sein, wo die sog. Tagesgeschäfte tatsächlich vorgenommen worden sind. Dies kann entweder

     

      • der Ort sein, an dem der ausländische Geschäftsführer der PropCo Sarl Geschäftsleitungsaufgaben ausgeführt hat (Regelfall bei guter Strukturierung) oder

     

      • der Ort, an dem die inländische Managementgesellschaft aufgrund ihrer umfassenden Vollmacht tatsächlich die ihr übertragenen Geschäftsleitungsaufgaben ausgeführt hat.

     

    • Liegen danach Anknüpfungspunkte für mehrere potenzielle Geschäftsleitungsbetriebsstätten vor, wäre zudem der Ort der geschäftlichen Oberleitung (§ 10 AO) auf Basis einer Gewichtung der in den einzelnen Betriebsstätten durchgeführten Maßnahmen nach ihrer Bedeutung zu bestimmen; außerdem wäre ein Betriebsstättenergebnis, soweit es auf eine ausländische Betriebsstätte entfällt, für Gewerbesteuerzwecke nach § 9 Nr. 3 AO zu kürzen.

     

    1.2 Lösungshinweise zum Musterfall

    Für den hier vorliegenden Musterfall wird eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte begründet, da aufgrund der weitreichenden Vollmacht die Tagesgeschäfte tatsächlich vom Inland aus ausgeführt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn tatsächlich nur bestimmte, außerordentliche Vorgänge ‒ z. B. fristlose Kündigungen ‒ von der Managementgesellschaft mit dem Geschäftsführer der PropCo abgesprochen werden müssen (vgl. zu diesem überzeugenden Ergebnis des FG Berlin-Brandenburg 28.6.23, 11 K 11108/17 bspw. Töben/Schrepp, DStR 23, 2708 f.)

     

    MERKE | Für die Vermeidung einer inländischen Betriebsstätte durch Einschaltung einer Managementgesellschaft sind drei Aspekte von besonderer Bedeutung:

     

    • 1. Eine Identität der Leitungsorgane ist zu vermeiden.

     

    • 2. Nachhaltige Überwachungsmaßnahmen vor Ort sind zu vermeiden.

     

    • 3. Leistungskataloge für Dienstleistungsverträge sowie die in diesem Zusammenhang erteilten Vollmachten sind sorgfältig auszugestalten. Entscheidungen, die das „Tagesgeschäft“ betreffen, dürfen nicht vom im Inland ansässigen Dienstleister getroffen werden. Je umfangreicher die Vollmacht ist, desto höhere Anforderungen gelten für den Nachweis, dass die Tagesgeschäfte tatsächlich durch die ausländischen lokalen Geschäftsführer ‒ aus dem Ausland ‒ ausgeführt werden (bspw. in Form von E-Mails, SMS- oder WhatsApp-Nachrichten, Briefen oder Faxnachrichten).
     

    2. Leitlinien zur Vermeidung einer inländischen Betriebsstätte

    Neben den konkreten Handlungsempfehlungen zur Vermeidung einer Betriebsstätte durch Einschaltung einer Managementgesellschaft unter 1.2 empfehlen sich in der Praxis nachfolgende konservative ‒ d. h. nicht an den Grenzen des Möglichen ausgerichtete ‒ Leitlinien für eine sichere No-PE-Struktur.

     

    2.1 Ausländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte

    Eine deutsche Betriebsstätte wird begründet, wenn die laufende Geschäftsführung im Inland wahrgenommen wird. Daher muss sichergestellt sein, dass das effektive Management außerhalb Deutschlands stattfindet. Dies beinhaltet neben den im Ausland geführten Tagesgeschäften das Abhalten von Gesellschafterversammlungen mit der Annahme von Gesellschafterbeschlüssen im Ausland sowie eine fortlaufende ordentliche Dokumentation von (im Ausland) vorgenommenen Managemententscheidungen. Vereinzelte gelegentliche „Besuche“ in Deutschland sind erlaubt, allerdings müssen wesentliche Entscheidungen des Managements außerhalb von Deutschland getroffen werden.

     

    PRAXISTIPP | Gesellschafterversammlungen sollten „physisch“ im Ausland abgehalten werden. Aus Gründen der Beweisvorsorge sollten hierzu Belege über Hotelrechnungen, Flüge, Bahntickets, die das Abhalten von Versammlungen sowie die Anwesenheit der Personen im Ausland dokumentieren, gesammelt und außerhalb Deutschlands aufbewahrt werden.

     

    Des Weiteren sollten wesentliche Verträge (mit Mietern, Banken, Managementgesellschaften, etc.) grundsätzlich nie in Deutschland unterzeichnet werden. Soweit Dokumente in Deutschland ‒ insbesondere vor einem deutschen Notar ‒ unterzeichnet werden müssen, sollten die zugrunde liegenden Entscheidungen ‒ sicherheitshalber auch zum Erwerb einer Immobilie ‒ vorher im Ausland getroffen und dokumentiert worden sein.

     

    Idealerweise sollten nur im Ausland ansässige Geschäftsführer für die ausländische PropCo aktiv werden. Zumindest sollte immer die Mehrheit der Geschäftsführer der ausländischen PropCo im Ausland ansässig sein, wobei sich bei Einsatz eines in Deutschland ansässigen Geschäftsführers sicherheitshalber ein sog. „Letztentscheidungsrecht“ zugunsten eines im Ausland ansässigen Geschäftsführers anbietet, welches dann auch in der Praxis gelebt wird und nachgewiesen werden kann (vgl. zum Letztentscheidungsrecht Ungemach/Stefaner, PIStB 22, 88 ff.).

     

    Vollmachten, z. B. an Rechtsanwälte, können erteilt werden. Allerdings muss dokumentiert werden, dass die Entscheidungen aus dem Ausland getroffen wurden, bevor der Bevollmächtigte Unterschriften leistet. Außerdem sollte klarstellend explizit festgehalten werden, dass der Bevollmächtigte keinerlei Befugnis hat, Vertragsdetails eigenmächtig (neu) zu verhandeln. Besonders kritisch sind Entscheidungen, die das sog. Tagesgeschäft betreffen, z. B. die tatsächliche Vertretung gegenüber Kreditinstituten, Finanzämtern und sonstigen Institutionen sowie die uneingeschränkte Erlaubnis zu eigenständigen Abschlüssen und Kündigungen von Mietverträgen sowie Dienst- und Werkverträgen, Buchführung, Fertigung von Steuererklärungen und sonstige laufende Geschäftsvorfälle.

     

    Die Propco Sarl sollte ferner über Substanz im Ausland (Büroräume, Telefonanschlüsse, Arbeitnehmer) verfügen. Feste Substanzanforderungen ‒ z. B. in der Form, dass drei Mitarbeiter stets genügen ‒ existieren nicht, da dies von der Art und dem Umfang der auszuführenden Tagesgeschäfte abhängig ist.

     

    2.2 Keine Nutzung von in Deutschland belegenen Räumlichkeiten

    Arbeitnehmer der PropCo Sarl sowie deren Geschäftsführer dürfen kein Büro in dem deutschen Vermietungsobjekt oder irgendwo sonst in Deutschland haben. Auch dürfen sie über kein Nutzungsrecht bezüglich Räumlichkeiten von externen Dienstleistern in Deutschland (z. B. Hausverwalter) verfügen und sich nur gelegentlich, aber niemals nachhaltig dort aufhalten.

     

    2.3 Vorsicht beim Einsatz von „Dienstleistern“ (Managementgesellschaften, Hausverwaltern etc.)

    Die Bestellung eines ständigen Vertreters führt zur Begründung einer deutschen Betriebsstätte, wenn der Vertreter einen Standort nutzt, an dem die PropCo Sarl die Verfügungsbefugnis hat. Dies sollte der Fall sein, wenn das Nutzungsrecht an dem Standort bis zur Beendigung der Tätigkeit des Vertreters an dessen Unternehmen übergeht. Dies wäre gegeben, wenn das Unternehmen Pächter des jeweiligen Standortes ist.

     

    Eine tatsächliche Geschäftsführung durch einen Dienstleister/Dritten muss vermieden werden: Insbesondere dürfen weitreichende Vollmachten, die eigenständige Entscheidungen des Dienstleisters ermöglichen, nicht gewährt werden. Alle wesentlichen Entscheidungen müssen durch die lokalen ausländischen Geschäftsführer getroffen und entsprechend dokumentiert werden. In der Dokumentation sowie in dem Vertrag mit dem Dienstleister sollte die Rolle des externen Unternehmens als „Berater“ herausgestellt werden und ggf. auf ein „Letztentscheidungsrecht“ der ausländischen Geschäftsführer hingewiesen werden.

     

    Beachten Sie | Turnusmäßige Wartungsarbeiten sowie Erhaltungsaufwendungen können von externen Dienstleistern selbst beauftragt werden, wenn für solche Arbeiten klare betragsmäßige „Vorgaben“ von der ausländischen Geschäftsführung im Rahmen eines jährlichen Businessplans aufgestellt wurden.

    3. Umstellung des Geschäftsmodells ohne Entstrickungsbesteuerung

    Eine Umstellung des Geschäftsmodells, wodurch eine inländische (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte und damit die Gewerbesteuerpflicht entfällt, sollte keine Entstrickungsbesteuerung in Deutschland auslösen. Schließlich unterliegt die PropCo Sarl in jedem Fall immer noch der (beschränkten) Körperschaftsteuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f S. 1 und 4 EStG, die abkommensrechtlich gemäß Art. 6 sowie Art. 13 Abs. 1 DBA-Luxemburg nicht eingeschränkt wird. Das Entfallen der Gewerbesteuerpflicht sollte insoweit unschädlich sein. Schließlich enthält das GewStG selbst keine Entstrickungsregeln wie den § 4 Abs. 1 S. 3 EStG oder § 12 Abs. 1 KStG, sodass stattdessen nach § 7 S. 1 GewStG auf die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage abgestellt wird und damit eine gewerbesteuerliche Entstrickung nur vorliegen kann, wenn auch für Körperschaftsteuerzwecke eine Entstrickung vorliegt (so auch Moritz in: Schnitger/Fehrenbacher KStG, 2. Auflage 2018, § 12 Rz. 62).

    4. Sonstige Fallstricke

    Die Verwendung einer deutschen Holding GmbH anstelle der luxemburgischen Holding SARL hat folgende Nachteile:

     

    Veräußerungsgewinne der ausländischen Holding aus dem Verkauf der PropCo Sarl sind auch weiterhin nach § 8b KStG vollständig zu 100 % steuerbefreit, da die Fiktion der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben von 5 % (§ 8b Abs. 3 KStG) insoweit nicht anwendbar ist (BFH 31.5.17, I R 37/15). Das gilt auch nach der Ergänzung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) EStG um einen Doppelbuchst. cc) in Anlehnung an das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 4 des OECD-MA 2017 durch das „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vom 11.12.18. Für die deutsche Holding greift hingegen nur eine 95%ige Steuerbefreiung für Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerzwecke ein.

     

    Beachten Sie | Die Gesetzesänderung des § 49 EStG aus 2018 entfaltet für ausländische Körperschaften als Anteilseigner einer ausländischen Immobiliengesellschaft keine Wirkung. Materiell betroffen sind nur natürliche Personen ‒ bei denen das Teileinkünfteverfahren nach § 17 EStG eingreift ‒ und bestimmte Finanz- und Versicherungsunternehmen.

     

    Die Finanzverwaltung vertritt im neuen AStG-Erlass aus Dezember 2023 unter Rz. 211 die Auffassung, dass auf Ebene der deutschen Holding GmbH die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung eingreift, da die Steuerbelastung der PropCo nur 15,825 % und damit weniger als 25 % (Niedrigsteuerschwelle) betrage (BMF 22.12.23, IV B 5 - S 1340/23/10001 :001, BStBl I 23, Sondernummer 1/2023, 2). Schließlich stehe der Annahme einer niedrigen Besteuerung nicht entgegen, dass es sich um eine Belastung mit inländischer Körperschaftsteuer handelt.

     

    Anzumerken ist hierzu Folgendes: Für Wirtschaftsjahre der PropCo, die nach dem 31.12.23 enden, liegt nach § 8 Abs. 5 AStG in der ab 28.12.23 geltenden Fassung eine Niedrigbesteuerung bei weniger als 15 % (und nicht mehr weniger als 25 %) vor. Damit löst sich diese Aufgriffsanweisung in Rz. 211 zukünftig von selbst. Sollte eine Betriebsprüfung für Altjahre vor 2024 einen Aufgriff der No-PE-Struktur mit einem deutschen Anteilsinhaber über das Rechtsinstitut der Hinzurechnungsbesteuerung ins Auge fassen, ist auf den BFH-Beschluss vom 13.9.23, I B 11/22 (ADV) hinzuweisen. Hier hatte der BFH verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 7 ff. AStG jedenfalls insoweit geäußert, als die Niedrigsteuerschwelle i. S. d. § 8 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 AStG (25 %) höher ist als die niedrigste nationale Gesamtsteuerbelastung bei unbeschränkt Steuerpflichtigen i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (22,825 % unter Einbeziehung der Gewerbesteuer). Dieser Beschluss sollte konsequent gegen den Eingriff der Hinzurechnungsbesteuerung seitens der Finanzverwaltung in dem vorliegenden Fall angeführt werden. Substanzdiskussionen nach § 8 Abs. 2 AStG bedarf es daher m. E. im Grunde gar nicht mehr, um ein Eingreifen der Hinzurechnungsbesteuerung abzuwehren.

     

    FAZIT | Vermietungseinkünfte können auch bei Einschaltung von Managementgesellschaften ‒ bei entsprechender Gestaltung ‒ im Rahmen einer No-PE- Struktur (unabhängig von der Anwendbarkeit der erweiterten Grundstückskürzung) gewerbesteuerfrei vereinnahmt werden. Dies erfordert insbesondere, dass keine Identität der Leitungsorgane der PropCo und der Managementgesellschaft vorliegt, keine nachhaltigen (Überwachungs- oder sonstigen) Tätigkeiten vor Ort in Deutschland erfolgen und Geschäftsleitungsaufgaben, die das „Tagesgeschäft“ betreffen, tatsächlich aus dem Ausland wahrgenommen und nicht auf die Managementgesellschaft übertragen werden. Alternative Aufgriffsversuche der Finanzverwaltung über das Rechtsinstitut der Hinzurechnungsbesteuerung ‒ bis zum Herabsetzen der Niedrigsteuerschwelle von 25 % auf 15 % ab 2024 ‒ sollten kategorisch mit Verweis auf BFH vom 13.9.23, I B 11/22 (ADV) aufgrund verfassungs- und unionsrechtlicher Zweifel und damit der „Nichtanwendbarkeit“ zurückgewiesen werden.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2024 | Seite 142 | ID 49891504