· Fachbeitrag · Internationales Erbschaftsteuerrecht
Der deutsch-britische Erbfall - Teil 1 (Zivilrecht)
von RA FAStR Dr. Marc Jülicher, Bonn
| Deutsch-britische Erbfälle sind kompliziert: Während Deutschland zur Feststellung des internationalen Erbrechts für Sterbefälle ab dem 17.8.15 die EU-ErbVO anwendet, hat Großbritannien sie nicht gezeichnet und stellt weiter für Immobilien auf Lagerecht und für bewegliches Vermögen auf einen sehr statischen Wohnsitzbegriff ab. Die Stellung des Testamentsvollstreckers bzw. Nachlassverwalters in Großbritannien als „ legal representative“ und damit als erster Erbe wirft viele Fragen auf. Dieser Beitrag erläutert die Schwerpunkte des britischen Erbrechts und wird in einem zweiten Teil zum Erbschaftsteuerrecht Großbritanniens fortgesetzt. |
1. Erbrecht in Großbritannien
1.1 Grundzüge
Das britische Recht kennt die Unterscheidung zwischen Universalsukzession des Erben und schuldrechtlichen Ansprüchen eines Vermächtnisnehmers nicht. In Großbritannien findet kein dinglicher Vonselbsterwerb der Erben statt, sondern der Nachlass, als eigenes Rechtssubjekt, geht zunächst auf einen gewählten „Executor“ oder auf einen vom Gericht ernannten „Administrator“, jedenfalls einen „Legal Representative“ (Nachlassverwalter) über (Odersky in Süß: Erbrecht in Europa, 3. Aufl. 2015, 591, 613 f.). Er wickelt Verbindlichkeiten und Steuerschulden ab und zahlt letztlich nur den Nettoerlös an die Erben aus, sodass sich für sie unter keinen Umständen eine Erbenhaftung ergibt. Während einzelne Erwerber nur einzelne Vermächtnisse erhalten, wird in einem englischen Testament häufig ein Vermächtnis auf den Überrest ausgesetzt („Legacy in the Residue“), das dann der deutschen Erbeinsetzung zumindest wirtschaftlich entsprechen dürfte.
Gerade bei Beteiligung Minderjähriger gelten starke Restriktionen für die längerfristige Verwaltung ihres Erben. Der Nachlassverwalter verwaltet das Vermögen bis zum 18. Lebensjahr oder bis zur Heirat. Vorteil ist, dass die Begünstigten keinerlei persönlicher Haftung unterliegen. Nachteil ist, dass der Nachlassverwalter hier keinen großen Spielraum hat. Deshalb wird in diesen Fällen häufig auf die Rechtsfigur des Trusts als Nachlassgestaltungsmittel („Testamentary Trust“) ausgewichen: Denn dabei haben die Begünstigten nur eigentumsähnliche Rechtspositionen, die nicht die zivilrechtlichen Restriktionen des Minderjährigenschutzes auslösen. Anders als das deutsche Personengesellschaftsrecht lässt das britische Gesellschaftsrecht die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen uneingeschränkt zu (vgl. von Oertzen/Cornelius, ZEV 06, 106; Wälzholz, IWB 05, 425). Das nationale Erbrecht Englands (dazu Nöcker, ZErb 13, 342) als Teilrechtsordnung Großbritanniens entspricht grundsätzlich dem Common-Law.
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