· Fachbeitrag · Körperschaftsteuer
Einlagenrückgewähr aus Drittstaatengesellschaften ‒ Entscheidung zugunsten des Steuerpflichtigen
von Prof. Dr. Stephan Kudert und M.Sc. Mathis Schuh, beide Frankfurt (Oder)
| Der BFH bestätigt die durch ständige Rechtsprechung ( BFH 13.7.16, VIII R 47/13, DStR 16, 2395) entwickelten Grundsätze zur Qualifikation der Einlagenrückgewähr im Drittstaatenkontext: Leistungen aus dem Vermögen von in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaften, für die kein steuerliches Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG geführt wird, können auch nach der ab 2006 geltenden Rechtslage als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein. Damit widerspricht der BFH zum wiederholten Mal der Auffassung der Finanzverwaltung. Zudem erweitert der BFH diese Grundsätze im Bereich des Verfahrens zur Herleitung der Einlagenrückgewähr (BFH 10.4.19, I R 15/16, DStR 19, 1917). |
1. Sachverhalt
Die Klägerin ist eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft (M-AG) und zu 100 % an der US-amerikanischen B Inc. beteiligt. Zwischen 1975 und 2004 tätigte die M-AG insgesamt Einlagen i. H. v. 7.885.998 USD, ohne das Nennkapital aufzustocken. Im Jahr 2008 erhielt die M-AG von der B Inc. Zahlungen i. H. v. 1.000.000 USD, die den Streitgegenstand zwischen den Beteiligten darstellen.
Das Finanzamt (FA) qualifizierte diese Leistung als Gewinnanteil i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG, obwohl die M-AG nachgewiesen hatte, dass es sich um eine Kapitalrückzahlung handelte. Dies war in der mündlichen Verhandlung vor dem FG Münster (FG Münster 19.11.15, 9 K 1900/12 K, EFG 16, 756) auch nicht strittig. Das Erbringen einer steuerneutralen Leistung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG an ihre inländische Gesellschafterin sei einer Drittstaatengesellschaft, so die Ansicht des FA, nicht möglich. Die Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG könne nur zu einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr führen, wenn es sich um einen EU-Sachverhalt handeln würde. Das FA legt § 27 Abs. 8 EStG damit einschränkend nach dem Wortlaut aus. Dementsprechend qualifizierte das FA die Bezüge als Gewinnanteil gemäß § 8b Abs. 1 S. 1 KStG und stellte sie steuerfrei, rechnete aber nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG 5 % dieser Zahlung als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe gewinnerhöhend hinzu und erhob darauf Steuern. Die auf den erfolglosen Einspruch erhobene Klage vor dem FG Münster hatte Erfolg, woraufhin das FA in die Revision ging.
2. Entscheidungsgründe des BFH
Der BFH folgte der Entscheidung des FG Münsters im Ergebnis, hob das FG-Urteil allerdings aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Trotz des Verfahrensmangels bilden die Feststellungen des FG die Grundlage für die Entscheidung des BFH (10.4.19, I R 15/16, DStR 19, 1917, Tz. 11).
2.1 Grundsätze der steuerneutralen Einlagenrückgewähr
Grundsätzlich sind Gewinnanteile nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG gemäß § 8b Abs. 1 KStG von der steuerlichen Bemessungsgrundlage freizustellen, sofern die Empfängerin ein Körperschaftsteuersubjekt ist und es sich um eine Schachteldividende handelt. Dafür werden nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG 5 % der Gewinnanteile als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe zur Bemessungsgrundlage hinzugerechnet. Dies gilt allerdings nicht für Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG, die eine Rückgewähr aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß § 27 Abs. 1 KStG darstellen und somit nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, auch wenn die Kapitalrückzahlung nicht durch das Nennkapital gedeckt ist.
Eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft hat dafür nach § 27 Abs. 1 S. 1 und 2 KStG ihre nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss des Wirtschaftsjahres im steuerlichen Einlagekonto auszuweisen und diese durch Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben. Mit Ausnahme von Rückzahlungen i. S. d. § 28 Abs. 2 S. 2 und 3 KStG mindern Zahlungen einer Kapitalgesellschaft das steuerliche Einlagekonto nur, wenn sie den zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen (Einlagenrückgewähr § 27 Abs. 1 S. 3 KStG). Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach Aufnahme der Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs ist gemäß § 27 Abs. 2 S. 1 KStG gesondert festzustellen. Das steuerliche Einlagenkonto ist, darauf weist auch das FG Münster explizit in erster Instanz hin, eine Fortführung des alten EK04-Kontos, aus dem selbstverständlich steuerneutrale Zahlungen geleistet wurden.
2.2 Einlagenrückgewähr von ausländischen Körperschaften
Seit der Einführung des § 27 Abs. 8 KStG im Jahr 2006, durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7.12.06 (BGBl I 06, 2782), kann eine Einlagenrückgewähr ebenfalls von in der EU unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften durchgeführt werden. Bei strenger Auslegung des § 27 Abs. 8 KStG am Wortlaut ist, so die Finanzverwaltung, eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr ausschließlich bei Inlands- und EU-Sachverhalten möglich. Eine Anwendung für die im Drittstaat (USA) unbeschränkt steuerpflichtige B Inc. i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG würde ausscheiden, sodass die Bezüge bei der Empfängerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit entsprechenden steuerlichen Folgen nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG zu qualifizieren wären.
Für einen Sachverhalt aus dem Streitjahr 1998, also vor dem körperschaftsteuerlichen Systemwechsel 2001/2002, entschied der BFH, dass eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr von einer Drittstaatenkapitalgesellschaft zu einem inländischen Gesellschafter möglich ist, wenn nach ausländischem Handels- und Gesellschaftsrecht eine Rückzahlung einer Kapitalrücklage vorliegt (BFH 20.10.10, I R 117/08, DStRE 11, 412, Tz. 15). Nach Auffassung des VIII. Senats zu einem Sachverhalt aus dem Streitjahr 2008 soll dieser Grundsatz auch nach der körperschaftsteuerlichen Systemumstellung 2001/2002 weiterhin Bestand haben (BFH 13.7.16, VIII R 47/13, DStR 16, 2395, Tz. 18). Der I. Senat führt dazu im vorliegenden Besprechungsurteil Folgendes aus:
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„Wenngleich die Bundesregierung bei der Einführung des § 27 Abs. 8 KStG die Empfehlung des Bundesrats, die Rechtsprechung zur Behandlung von Einlagenrückzahlungen im Drittstaatenkontext weiterhin anzuwenden (BR-Drs 542/1/06, S. 3), nicht übernahm (BT-Drs. 16/2710, S. 32), sei nicht die Absicht des Gesetzgebers ersichtlich, Drittstaatengesellschaften von einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr auszuschließen.“ |
Ungeachtet dessen muss einer Drittstaatengesellschaft ermöglicht werden, einen Nachweis über die Einlagenrückgewähr zu erbringen, um der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV (für das Streitjahr Art. 56 EG) Rechnung zu tragen. Bei einem direkten Ausschluss der Drittstaatenkörperschaften von einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr wären ihre Gesellschafter im Vergleich zu rein inländischen und EU-ausländischen Sachverhalten benachteiligt. Ein Rechtfertigungsgrund für eine Beschränkung ohne jegliche Nachweismöglichkeit ist zudem nicht ersichtlich, da gemäß Art. 26 Abs. 1 DBA D/USA ein ausreichender Informationsaustausch zwischen den Behörden besteht.
Beachten Sie | Aufgrund des Fehlens einer solchen Beschränkung zum Stichtag 31.12.93, greift die Stand-Still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV (im Streitjahr Art. 56 Abs. 1 EG) nicht (s. auch BFH 13.7.16, VIII R 47/13, DStR 16, 2395, in dem der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit und die fehlende Einschlägigkeit von Rechtfertigungsgründen für eine Beschränkung ausführlich dargestellt werden). Dementsprechend ist § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG i. V. m. § 27 KStG im Ergebnis geltungserhaltend auszulegen, also auch auf Drittstaatengesellschaften anzuwenden.
Um eine Schlechter- oder Besserbehandlung der Gesellschafter einer Drittstaatengesellschaft zu verhindern, ist neben der Bestimmung der Höhe des ausschüttbaren Gewinns nach ausländischem Recht die Herleitung der Einlagenrückgewähr dem Grunde nach im Rahmen der Verwendungsreihenfolge der ausgeschütteten Beträge nach den Grundsätzen der Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 S. 3 und 5 KStG zu bestimmen. Die durch § 27 Abs. 2 S. 1 KStG erforderliche gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos ist hingegen nicht notwendig, da aus dem Gesetz keine entsprechenden verfahrensrechtlichen Regelungen für Drittstaatengesellschaften hervorgehen (BFH I R 15/16, DStR 19, 1917, Tz. 27 und 28).
Aufgrund der Feststellungen des FG Münsters hinsichtlich der geleisteten Zahlung der B Inc. an ihre deutsche Gesellschafterin entschied der BFH im Ergebnis, dass trotz der Drittstaatenzugehörigkeit der Gesellschaft eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr und keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlagen.
3. Anmerkungen zu den Sichtweisen
Mit den vorangegangenen Entscheidungen zur Einlagenrückgewähr entwickelte der BFH eigenständiges vom Wortlaut des § 27 KStG abweichendes Richterrecht (Benecke/Staats, IStR 16, 897). Mit dem aktuellen Urteil bestätigt der BFH also die Linie der in der ständigen BFH-Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze und sorgt zudem für eine Rechtsfortbildung in Bezug auf die Herleitung des Vorliegens einer Einlagenrückgewähr.
3.1 Sichtweise der Finanzverwaltung
Entgegen den Ausführungen des BFH hielt das BMF das grundlegende BFH-Urteil I R 117/08 für eine „unzulässige Rechtsfortbildung“ und eine Übernahme der Grundsätze in das Urteil VIII R 47/13 für unrichtig. Zudem seien die Grundsätze aus dem Urteil I R 117/08 aufgrund der Neuschaffung des § 27 Abs. 8 KStG ohnehin veraltet.
Des Weiteren sei weder ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit noch gegen das Verfassungsrecht gegeben. Eine Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG und damit auch eine grundsätzliche steuerneutrale Einlagenrückgewähr sei für Drittstaatengesellschaften aus diesem Grund nicht möglich.
3.2 Sichtweise des BFH
Sowohl der I. Senat des BFH im vorliegenden Besprechungsurteil als auch der VIII. Senat im Urteil VIII R 47/13 diskutieren die Anwendungsmöglichkeit einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr für Drittstaatengesellschaften anhand von zwei Argumentationssträngen, die auch in der Literatur ihre Berücksichtigung finden (Niedermaier, DStR 17, 1011 m. w. N.):
- Die Rechtfertigung für eine Übernahme der Grundsätze aus dem BFH-Urteil vom 20.10.10 (I R 117/08, DStRE 11, 412) könne sich schon aus dem Gesetzgebungsprozess bei der Neueinführung des § 27 Abs. 8 KStG ergeben. Denn dieser weist keinen erkennbaren Willen der Legislative auf, Drittstaatengesellschaften von der steuerneutralen Einlagenrückgewähr auszuschließen (BFH 10.4.19, I R 15/16, DStR 19, 1917, Tz. 21; ebenfalls BFH 13.7.16, VIII R 47/13, DStR 16, 2395, Tz. 16), sondern ermöglicht EU-Kapitalgesellschaften die Einlagenrückgewehr auf „technisch etwas abweichendem Wege“ (FG Münster 19.11.15, 9 K 1900/12 K, EFG 16, 756).
- Eine Beschränkung der steuerneutralen Einlagenrückgewähr auf die Fälle des § 27 Abs. 8 KStG wäre ein Verstoß gegen die auch im Drittstaatenkontext geltende Kapitalverkehrsfreiheit, da Drittstaatengesellschafter gegenüber inländischen und EU-Gesellschaftern benachteiligt wären. Ein im Urteil VIII R 47/13 festgestellter Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. GG wird im Besprechungsurteil nicht angeführt.
Wie in den bisherigen Urteilen kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr auch für Drittstaatengesellschaften möglich sein muss. Dabei ist unbedeutend, ob der Gesetzgeber mit der Einführung des § 27 Abs. 8 KStG ggf. bezweckte, dies zu verwehren. Vielmehr muss ohnehin der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV Rechnung getragen werden, was zur Notwendigkeit einer geltungserhaltenden Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG i. V. m. § 27 KStG führt.
Beachten Sie | Anders als in den vorher ergangenen Urteilen legte sich der BFH nun auch darauf fest, wie die Herleitung der steuerneutralen Einlagenrückgewähr umzusetzen ist. Wurde durch den VIII. Senat des BFH lediglich entschieden, dass für eine Drittstaatengesellschaft die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos nicht notwendig ist (BFH 13.7.16, VIII R 47/13, DStR 16, 2395 Tz. 28), legte der I. Senat zusätzlich fest, dass sich eine Drittstaatengesellschaft für die Einlagenrückgewähr ebenfalls an die Verwendungsreihenfolge des § 27 Abs. 1 S. 3 bis 5 KStG zu halten hat.
Der Rückgriff auf das ausländische Handels- und Gesellschaftsrecht soll nun nur noch zur Ermittlung der Höhe des ausschüttbaren Gewinns im Drittstaat dienen. Diese durch das Urteil vorgenommene Rechtsfortbildung ist zu begrüßen, da die Möglichkeit der Schlechter- sowie Besserbehandlung des Gesellschafters der Drittstaatengesellschaft somit minimiert wird und bestehende Unklarheiten beseitigt werden.
Durch das Urteil ungeklärt bleibt hingegen weiterhin die Einordnung von reinen EWR-Sachverhalten (Norwegen, Island, Liechtenstein), über die auch in der Literatur Uneinigkeit herrscht (Gassmann/Welling, PIStB 17, 253 m. w. N.). Ob diese trotz anders lautenden Wortlauts unter dem Anwendungsbereich des § 27 Abs. 8 KStG zu subsumieren sind oder eine Behandlung wie für Drittstaatengesellschaften umgesetzt wird, bleibt zwar richterlich ungeklärt. U. E. kann aber auch bei diesen nichts anderes gelten.
3.3 Betriebswirtschaftliche Sichtweise
Vorab ist festzuhalten, dass dieser fortwährende Dissens zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen nunmehr seit Jahren vom BFH zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden wird. Das ist richtig und gut. Gut ist aber nicht, dass sich die Steuerpflichtigen immer wieder durch das außergerichtliche und gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren arbeiten müssen, um das zu erhalten, was aus ökonomischer Sicht selbstverständlich ist.
Daher sollte die Diskussion eine Stufe früher ansetzen und nach Ansicht der Autoren einige Selbstverständlichkeiten berücksichtigen:
- Eine Einlage der Gesellschafter in die Kapitalgesellschaft erhöht den Kapitalstock, aus dem Dividenden generiert werden. Wird diese Einlage rückgewährt, liegt keine Dividende vor und es ist ökonomisch absurd, diese Einlagenrückgewähr zu besteuern. Dies wäre vergleichbar mit Einzahlungen auf ein Sparbuch und einer Besteuerung, wenn diese Einzahlungen wieder entnommen werden. Zu Recht spricht das FG Münster daher auch von „einer systemwidrigen Besteuerung von zurückgezahlten Einlagen“, wenn man die Norm ausschließlich nach dem Wortlaut auslegen würde (FG Münster 19.11.15, 9 K 1900/12 K, EFG 16, 756).
- Bilanziell stellt die Einlagenrückgewähr eine erfolgsneutrale Minderung des Buchwertes der Beteiligung dar. Dies gilt handels- und aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips auch steuerrechtlich.
- Damit stellt die Einlagenrückgewähr grundsätzlich keinen Vorgang dar, der beim Empfänger unmittelbar zu Einnahmen bzw. Betriebseinnahmen führen kann. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG ist bei wirtschaftlicher Auslegung damit auf die Einlagenrückgewähr gar nicht anwendbar und § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG hat nur administrative Bedeutung.
- Im Ergebnis würde sich, wenn es sich sicher um eine Kapitalrückzahlung handelt, somit überhaupt nicht die Frage stellen, ob § 8b Abs. 5 KStG Anwendung finden kann.
In der juristischen Methodenlehre gibt es jedoch keine betriebswirtschaftliche Auslegung. Daher würden Vertreter des BMF dieser hier vertretenen Ansicht auch umgehend vehement widersprechen. Allerdings wird die Finanzverwaltung nicht daran gehindert, im Rahmen der teleologischen Auslegung der Norm wirtschaftlichen Sachverstand zu berücksichtigen und diesen mit europarechtlichen Notwendigkeiten zu kombinieren. Daher sollte die grundsätzliche Blockadehaltung aufgegeben und der Kern des Problems in den Fokus gestellt werden:
Beachten Sie | Die zentrale Frage ist nicht, ob eine Einlagenrückgewähr besteuert wird, sondern wie eine steuerfreie Einlagenrückgewähr von einer Dividende abgegrenzt werden kann.
Über das Konstrukt des steuerlichen Einlagekontos ist es möglich, eine Abgrenzung zwischen steuerlich relevanten Dividenden und einer steuerlich irrelevanten Einlagenrückgewähr vorzunehmen. Diese Abgrenzung ist somit für die Exekutive von zentraler Bedeutung. Durch die Auslegung des § 27 Abs. 8 KStG allein am Wortlaut wird aber unterstellt, dass alle Bezüge, also auch jede Einlagenrückgewähr, von Nicht-EU-Gesellschaften steuerlich relevant seien.
FAZIT | Dem BFH ist es zu danken, dass sich die Diskussion auf die administrative Frage konzentrieren kann, wie der Steuerpflichtige nachweist, dass es sich bei der nämlichen Zahlung tatsächlich um eine (steuerlich irrelevante) Einlagenrückgewähr handelt. Gelingt ihm dies, gibt es keinen Grund, die Einlagenrückgewähr zu besteuern; dies sieht der BFH in ständiger Rechtsprechung genauso. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich zurechnen lassen, dass die Finanzverwaltung im Zweifel eher von einem steuerlich relevanten als von einem steuerneutralen Bezug ausgeht.
Der BFH reicht in dem aktuellen Urteil der Finanzverwaltung die Hand, indem er nunmehr die Verwendungsreihenfolge des § 27 Abs. 1 S. 3 bis 5 KStG auch bei Drittstaatengesellschaften fordert. Das Urteil ist somit hinsichtlich der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit sehr zu begrüßen und sollte u. E. Leitlinie für den zweiten Rechtsgang im BFH-Verfahren VIII R 47/13 zur Einlagenrückgewähr sein. |