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Übertragung einer wesentlichen Beteiligung kurz vor dem Wegzug ins Ausland
| Wird bei einem Steuerpflichtigen die unbeschränkte Steuerpflicht durch einen Wegzug ins Ausland beendet, so kann eine Besteuerung nach § 17 EstG auch ohne Veräußerung der wesentlichen Beteiligung nach § 6 Abs. 1 AStG i. V. m. § 17 EStG erfolgen. Mit Urteil vom 12.9.19 entschied das Schleswig-Holsteinische FG, dass es einer solchen Besteuerung nicht entgegensteht, wenn der Steuerpflichtige seine Anteile ‒ welche die wesentliche Beteiligung i.S.d. § 17 EStG begründeten ‒ kurz vor dem Wegzug im Wege eines Wertpapierdarlehens auf einen Dritten übertragen hat (FG Schleswig-Holstein 12.9.19, 4 K 113/17, Revision unter I R 52/19); s. auch Pressemitteilung des FG vom 1.4.20). |
Sachverhalt
Der Kläger hielt im VZ 2006 eine wesentliche Beteiligung i. S. d. § 17 EStG an einer AG. Aus beruflichen Gründen wollte er zum 31.12.06 seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegen. Noch am 28.12.06 schloss der Kläger bzgl. seiner Anteile an der AG mit seinem Bruder einen Wertpapierdarlehensvertrag. Dieser Vertrag sah vor, dass das Eigentum an den Aktien auf den Bruder übergehen und der Bruder für die Darlehenszeit ein entsprechendes Entgelt zahlen sollte. Das Darlehen sollte bis zum 31.12.11 laufen.Wenn das Darlehen nicht unter Einhaltung einer Frist von einem Monat schriftlich gekündigt wurde, sollte es sich jeweils um 6 Monate verlängern.
Anmerkungen
Das FG folgte zunächst der h. M., wonach allein die Übertragung der Aktien im Rahmen des Wertpapierleihvertrags noch keinen originären Vorgang i. S. d. § 17 EStG und damit keinen Realisationstatbestand begründe. Denn der Anspruch auf Rückerstattung von Wertpapieren gleicher Art, Menge und Güte (§ 607 Abs. 1 S. 2 BGB) sei regelmäßig als wirtschaftlich gleichwertiges Surrogat für die darlehensweise übertragenen Wertpapiere anzusehen. Dieser Anspruch entstehe bereits durch die Übertragung auf den Entleiher, während die Fälligkeit auf den Zeitablauf bzw. die Kündigung des Darlehens hinausgeschoben werde (§ 607 S. 2, § 608 Abs. 1 BGB).
Es wurde durch den Wegzug aber ein Tatbestand i. S. d. § 6 AStG i. V. m. § 17 EStG begründet. Der Senat hatte bereits Zweifel, ob der Kläger die Übertragung zivilrechtlich tatsächlich bereits zum 31.12.06 wirksam vollzogen hatte (die Aktien waren vinkuliert, § 68 Abs. 2 AktG). Die Zweifel konnten aber dahinstehen, weil der Kläger selbst bei einer rechtzeitigen wirksamen Übertragung eine Anwartschaft i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 3 EStG innegehabt hätte. Denn die aufgrund des Leihvertrags begründete Erwartung einer Rückübertragung der Aktien stelle eine „hinreichend gesicherte Aussicht auf den Anfall eines subjektiven Rechts“ (der Aktien) dar.
Beachten Sie | Der Senat hat die Revision (unter I R 52/19) zugelassen.