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  • · Fachbeitrag · Investmentsteuergesetz

    Die neue Wegzugsbesteuerung für (Spezial-)Investmentanteile im Privatvermögen

    von WP StB FBIStR Prof. Dr. Sebastian Mirbach, VBR Aachen, und Dipl.-Jurist Leon Wittling, Ruhr-Universität Bochum

    | Mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024; BGBl I 24, Nr. 387) hat der Gesetzgeber § 19 Abs. 3 und § 49 Abs. 5 InvStG neu eingeführt. Sie sind § 6 AStG nachgebildet und sehen mit Wirkung ab dem 1.1.25 erstmals eine Wegzugsbesteuerung für (Spezial-)Investmentanteile des Privatvermögens vor. Der Beitrag gibt einen Überblick über den Regelungsgehalt der § 19 Abs. 3 und § 49 Abs. 5 InvStG und zeigt auf, was Fondsanleger ab dem 1.1.25 zu beachten haben. |

    1. Einführung durch das JStG 2024

    Das deutsche Steuerrecht sieht verschiedene Entstrickungstatbestände im internationalen Kontext vor. Grundsätzlich sind das Tatbestände, die nicht realisierte Vermögensmehrungen der Besteuerung unterwerfen, sofern das hieran bestehende deutsche Besteuerungsrecht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Betriebliche Wirtschaftsgüter unterfallen vornehmlich § 4 Abs. 1 S. 3 u. 4, § 16 Abs. 3a EStG und bei Körperschaften § 12 KStG. Im Privatvermögen wurden bei einer Entstrickung über § 6 AStG bislang nur die stillen Reserven von Kapitalanteilen i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG (Beteiligung von mindestens 1 %) erfasst (für einen Überblick über § 6 AStG s. Oppel/Wittling, RFamU 22, 448 ff.). Dazu wird eine Veräußerung der Kapitalanteile fingiert und so werden Wertsteigerungen ohne Liquiditätszufluss besteuert. Abgemildert werden die Rechtsfolgen nur bedingt. Ausgehend vom Grundsatz des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 wird gemeinhin von der Wegzugsbesteuerung gesprochen. Die Wegzugsbesteuerung soll prinzipiell dem Verlust des deutschen Besteuerungsrechts aufgrund einer Abkommensklausel i. S. d. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA zuvorkommen.

     

    Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des JStG 2024 wies der Bundesrat darauf hin, dass § 6 AStG bei Anteilen an (Spezial-)Investmentfonds in der Rechtsform eines Sondervermögens nicht greife (s. BT-Drs. 369/1/24, 74). Bei diesen handele es sich nicht um Kapitalgesellschaften. Der Bundesrat sah die Gefahr, dass § 6 AStG mithilfe des InvStG umgangen werden könne. Zudem sei die Rechtslage unklar, wenn der Investmentfonds die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft besitze. Zur Schließung von Besteuerungslücken und zur Beseitigung von Rechtsunsicherheiten wurde eine an § 6 AStG angelehnte Regelung für (Spezial-)Investmentanteile in § 19 Abs. 3, § 49 Abs. 5 InvStG vorgeschlagen. Dem stimmte die Bundesregierung zu (BT-Drs. 20/13157, 88). Der Finanzausschuss übernahm den Vorschlag mit der Begründung des Bundesrats (BT-Drs. 20/13419, 222). Die §§ 19 Abs. 3 und 49 Abs. 5 InvStG wurden in der Folge als Teil des JStG 2024 verabschiedet. Sie gelten für Tatbestandsverwirklichungen ab dem 1.1.25 (§ 57 Abs. 10 Nr. 7 u. 8 InvStG).

    2. Regelungskonzeption

    2.1 Persönlicher Anwendungsbereich

    In persönlicher Hinsicht erfassen die §§ 19 Abs. 3 und 49 Abs. 5 InvStG natürliche Personen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre vor Tatbestandsverwirklichung insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig i. S. d. § 1 Abs. 1 EStG gewesen sind, also ihren Wohnsitz (§ 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland hatten. Das folgt aus den Verweisen in § 19 Abs. 3 S. 3 und § 49 Abs. 5 S. 3 InvStG auf § 6 Abs. 2 AStG. Die natürliche Person muss auch im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung unbeschränkt steuerpflichtig sein (vgl. § 19 Abs. 3 S. 1 1. HS, § 49 Abs. 5 S. 1 1. HS InvStG).

     

    MERKE | Auf beschränkt Steuerpflichtige finden § 19 Abs. 3 und § 49 Abs. 5 InvStG keine Anwendung.

     

    2.2 Sachlicher Anwendungsbereich

    Sachlich unterfallen § 19 Abs. 3 und § 49 Abs. 5 InvStG nur Anteile des Privatvermögens (vgl. § 19 Abs. 3 S. 1 1. HS § 49 Abs. 5 S. 1 1. HS InvStG). Bei im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen sind gegebenenfalls § 4 Abs. 1 S. 3 u. 4, § 16 Abs. 3a EStG oder § 12 KStG einschlägig (BT-Drs. 20/13419, 222). Im Übrigen ist zwischen § 19 Abs. 3 und § 49 Abs. 5 InvStG wie folgt zu differenzieren:

     

    • § 19 Abs. 3 InvStG bezieht sich auf Investmentanteile i. S. d. § 2 Abs. 4 S. 1 InvStG. Das sind Anteile an (Publikums-)Investmentfonds, die in den Anwendungsbereich des InvStG gemäß § 1 InvStG fallen und keine Spezial-Investmentfonds i. S. d. § 2 Abs. 4 S. 2 InvStG sind. Zu nennen sind beispielsweise Exchange Traded Funds (ETF). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen inländischen oder ausländischen Investmentfonds handelt oder ob die Anteile in einem inländischen oder ausländischen Depot verwahrt werden (BT-Drs. 20/13419, 222). Nach der Gesetzesbegründung sollen allerdings nur „gewichtige Fälle erfasst werden, in denen der Anleger einen ‒ mit den Fällen des § 17 EStG vergleichbaren ‒ relevanten Beteiligungsumfang besitzt“ (BT-Drs. 20/13419, 222). Entsprechend setzt § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 InvStG voraus, dass der Anleger
      • entweder innerhalb der letzten fünf Jahre vor der fiktiven Veräußerung (dazu unter 4.) unmittelbar oder mittelbar mindestens 1 % der ausgegebenen Investmentanteile gehalten hat oder
      • im Zeitpunkt der fiktiven Veräußerung unmittelbar oder mittelbar Investmentanteile an dem Investmentfonds hält, deren Anschaffungskosten mindestens 500.000 EUR betragen.

     

    • Beachten Sie | Hat der Anleger die Anteile innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworben, sind für die Prüfung der Wesentlichkeitsschwelle die Verhältnisse bei seinem Rechtsvorgänger einzubeziehen (§ 19 Abs. 3 S. 3 i. V. m. § 17 Abs. 1 S. 4 EStG).

     

    • § 49 Abs. 5 InvStG erfasst demgegenüber Spezial-Investmentanteile i. S. d. § 2 Abs. 4 S. 2 InvStG. Das sind Investmentfonds, die in den Anwendungsbereich des InvStG gemäß § 1 InvStG fallen und die umfassenden Voraussetzungen des § 26 InvStG erfüllen (u. a. jährliches Rückgaberecht, staatliche Aufsicht, Beschränkung der Investitionsgegenstände). Auch insoweit ist es irrelevant, ob es sich um einen inländischen oder ausländischen Spezial-Investmentfond handelt oder ob die Anteile in einem inländischen oder ausländischen Depot verwahrt werden (BT-Drs. 20/13419, 222). Spezial-Investmentfonds richten sich vornehmlich an institutionelle Investoren. Im Unterschied zu (Publikums-)Investmentfonds dürfen natürliche Personen nur in Sonderkonstellationen an Spezial-Investmentfonds beteiligt sein und der Anlegerkreis muss auf 100 Anleger begrenzt sein (§ 26 Nr. 8 InvStG). Der Gesetzgeber geht daher davon aus, dass bei Beteiligungen von Privatanlegern an Spezial-Investmentfonds generell ein relevanter Beteiligungsumfang vorliegt. Folglich sieht § 49 Abs. 5 InvStG anders als § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 InvStG keine Wesentlichkeitsschwelle vor.

     

    PRAXISTIPP | Praktischer Regelfall sind Anteile an Publikumsfonds i. S. d. § 2 Abs. 4 S. 1 InvStG. Maßgeblich ist dann die Wesentlichkeitsschwelle des § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 InvStG. Idealerweise wird der Anleger bereits in der Investitionsphase für eine mögliche Wegzugsbesteuerung sensibilisiert. In der Beratung geht es dann regelmäßig darum, die Anschaffungskosten pro Investmentfonds unterhalb der Grenze von 500.000 EUR zu halten. Denn die 1 %-Beteiligungsschwelle erfasst gerade bei ETF nur sehr hohe Investitionen. Beratungsstrategien konzentrieren sich so auf eine bewusste Diversifizierung der Investitionen und gegebenenfalls eine Reduzierung der Anschaffungskosten vor dem Wegzug ‒ auch unter Hinnahme einer gewissen Steuerbelastung. Nicht ausgeschlossen ist natürlich, dass der Gesetzgeber die 500.000-EUR-Grenze in Zukunft kontinuierlich absenkt.

     

    2.3 Tatbestandserfüllende Ereignisse

    Parallel zu § 6 Abs. 1 S. 1 AStG sehen die §§ 19 Abs. 3 S. 1 2. HS und 49 Abs. 5 S. 1 2. HS InvStG jeweils drei tatbestandserfüllende Ereignisse vor:

     

    • Die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht des Anlegers in Deutschland infolge der Aufgabe seines Wohnsitzes (§ 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalts (§ 9 AO) im Inland (Nr. 1)

     

    • Die unentgeltliche Übertragung (Schenkung, Erbschaft) der Investmentanteile auf eine nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Person (Nr. 2)

     

    • (Subsidiär) den Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile (Nr. 3)

     

    MERKE | Die Beeinträchtigung des deutschen Besteuerungsrechts bezüglich des Veräußerungsgewinns der Anteile ist allein für die dritte Tatbestandsvariante relevant. Umgekehrt verspricht die bloße Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes auch insoweit ‒ ebenso wie i. R. d. § 6 AStG ‒ keinen Schutz vor dem Eintreten der Rechtsfolgen.

     

    2.4 Rechtsfolgen

    Die Tatbestandsverwirklichung führt zu einer fiktiven Veräußerung der Investmentanteile. Der Veräußerungszeitpunkt richtet sich aufgrund des Verweises in § 19 Abs. 3 S. 3 und § 49 Abs. 5 S. 3 InvStG nach § 6 Abs. 1 S. 2 AStG. Die fiktive Veräußerung erfolgt so grundsätzlich im letztmöglichen Zeitpunkt der unbeschränkten Steuerpflicht des Anlegers. Der fiktive Veräußerungsgewinn ermittelt sich ausgehend vom gemeinen Wert der Anteile. Von diesem sind die Anschaffungskosten abzuziehen (§ 19 Abs. 1 S. 1, § 49 Abs. 3 S. 1 InvStG i. V. m. § 20 Abs. 4 EStG). Gleiches gilt in voller Höhe für die während der Besitzzeit angesetzten Vorabpauschalen (§ 19 Abs. 1 S. 3 u. 4 InvStG) und bei Spezial-Investmentanteilen für die bereits besteuerten Erträge (§ 49 Abs. 3 S. 2 InvStG).

     

    Beachten Sie | Für die Ermittlung der Anschaffungskosten verweisen die §§ 19 Abs. 3 S. 3 und 49 Abs. 5 S. 3 InvStG auch auf die Regelungen in § 17 Abs. 2 S. 3 bis 5 EStG. Möglich ist also ein Step-up im Falle eines vorherigen Zuzugs des Anlegers aus dem Ausland. Bei einem unentgeltlichen Erwerb der Anteile sind die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgeblich. Außerdem sind auch die bei diesem angesetzten Vorabpauschalen und die bei Spezial-Investmentanteilen bereits besteuerten Erträge einzubeziehen.

     

    Nach § 19 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und § 49 Abs. 5 S. 2 InvStG erfolgt eine fiktive Veräußerung nur im Gewinnfall. Wertminderungen können deshalb steuerlich nicht abgezogen werden. Abgestellt wird dabei nicht auf den isolierten fiktiven Veräußerungsgewinn gemäß § 19 Abs. 3, § 49 Abs. 5 InvStG. Vielmehr kommt es auf die Summe der Gewinne an, die gegebenenfalls weitere Gewinne aus fiktiven Veräußerungen nach § 22 InvStG (Veräußerungsgewinne aufgrund eines Teilfreistellungswechsels) und § 56 InvStG (fiktive Veräußerungsgewinne aus der Übergangsregelung der Investmentsteuerreform 2018) enthält.

     

    PRAXISTIPP | Bei Wertminderungen sollte vor einem Wegzug ins Ausland eine Realisation in Betracht gezogen werden.

     

    Beachten Sie | Bei einer fiktiven Veräußerung ist kein Abzug der Kapitalertragsteuer durch das depotführende Kreditinstitut vorzunehmen (§ 19 Abs. 3 S. 5, § 49 Abs. 5 S. 7 InvStG). Der Steuerpflichtige hat also die fiktiven Veräußerungsgewinne im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer zu erklären (BT-Drs. 20/13419, 225).

    3. Stundungsmöglichkeit

    Grundsätzlich ist die Steuer, die auf den fiktiven Veräußerungsgewinn entfällt, als Teil der (Gesamt-)Einkommensteuer innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids zu zahlen (§ 36 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 1 EStG). Dies stellt den Steuerpflichtigen in aller Regel vor finanzielle Probleme, da er keinen entsprechenden Liquiditätszufluss aus einer Veräußerung hat. Eine zeitlich unbegrenzte Stundung bis zur Veräußerung sehen die § 19 Abs. 3 und 49 Abs. 5 InvStG nicht vor. Über den Verweis in § 19 Abs. 3 S. 3 und § 49 Abs. 5 S. 3 InvStG ist bloß die rigide Stundungsvorschrift des § 6 Abs. 4 AStG anwendbar. Danach kann der Steuerpflichtige beantragen, die Wegzugsteuer in sieben gleichen Jahresraten zu entrichten. Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen (§ 6 Abs. 4 S. 4 AStG).

     

    Beachten Sie | Ausgehend von einer vergleichbaren Interessenlage ist das Ermessen der Finanzbehörde zur Stundungsgewährung prinzipiell auf null reduziert (so BT-Drucksache 19/28652, 50, zu § 6 Abs. 4 S. 1 AStG).

     

    In der Regel hängt die Stundung von der Leistung einer Sicherheit ab (§ 6 Abs. 4 S. 2 AStG). Das Verfahren hierfür richtet sich nach den §§ 241 ff. AO.

     

    Beachten Sie | Problematisch ist, dass die Investmentanteile nicht im Katalog des § 241 AO aufgeführt werden. Es steht mithin im Ermessen der Finanzverwaltung, die Anteile selbst als Sicherheit zu akzeptieren (§ 245 AO).

     

    Vorzeitig fällig wird die Steuer, soweit der Steuerpflichtige ein Ereignis des § 6 Abs. 4 S. 5 AStG verwirklicht. Zu einer anteiligen Fälligkeit führen insbesondere die Veräußerung der Investmentanteile (Nr. 4) und die Vereinnahmung wesentlicher Ausschüttungen oder einer Einlagenrückgewähr (Nr. 5). Letzteres modifizieren § 19 Abs. 3 S. 4 und § 49 Abs. 5 S. 4 InvStG im Hinblick auf die Besonderheiten des InvStG.

     

    Zur Aufrechterhaltung der Stundung (§ 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 2 AStG) hat der Steuerpflichtige auch die (anlassbezogenen sowie -unabhängigen) Mitwirkungspflichten des § 6 Abs. 5 AStG zu erfüllen. So hat er dem Finanzamt innerhalb einer Monatsfrist mitzuteilen, wenn er ein Ereignis i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 5 AStG verwirklicht hat (§ 6 Abs. 5 S. 1 u. 2 AStG). Zudem muss der Steuerpflichtige einmal jährlich seine aktuelle Anschrift mitteilen und bestätigen, dass ihm die Investmentanteile weiterhin zuzurechnen sind (§ 6 Abs. 5 S. 3 AStG).

     

    PRAXISTIPP | Ausgehend von einer jedenfalls nicht eindeutigen Rechtsprechung des EuGH wird in der Literatur (eingehend etwa Schönfeld/Erdem, StuW 22, 70) und im Ansatz in der BFH-Rechtsprechung (BFH 6.9.23, I R 35/20, BFH/NV 24, 302) vertreten, dass das derzeit geltende Ratenzahlungskonzept des § 6 AStG nicht mit den unionsrechtlichen Grundfreiheiten vereinbar ist. Die gleichen Zweifelsfragen stellen sich im Rahmen von § 19 Abs. 3 und § 49 Abs. 5 InvStG (ebenso Quilitzsch/Rötting/Hörnicke, IWB 25, 7 [16]). Bis zu einer Klärung dieser Frage durch den EuGH sollten gegen die nur eingeschränkte Stundungsmöglichkeit Rechtsbehelfe eingelegt werden.

     

    4. Rückkehrregelung

    Das Stundungskonzept mildert die Rechtsfolgen für den Steuerpflichtigen regelmäßig nur bedingt ab. Die Kombination von Ratenzahlung und Sicherheitsleistung bedeutet für ihn nicht selten eine hohe finanzielle Belastung. Praktisch relevant ist deshalb die sog. Rückkehrregelung des § 6 Abs. 3 AStG. Zunächst erklärt § 19 Abs. 3 S. 3 InvStG diese für anwendbar.

     

    Liegen die Voraussetzungen der Rückkehrregelung vor, entfällt die Wegzugsteuer rückwirkend (§ 6 Abs. 3 S. 1 AStG). Erforderlich ist dafür, dass die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen beruht und dieser innerhalb von sieben Jahren wieder unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland wird. Die Frist kann auf höchstens zwölf Jahre verlängert werden (§ 6 Abs. 3 S. 3 AStG). Für einen Entfall des Steueranspruchs dürfen die Anteile des Weiteren nicht veräußert, (unentgeltlich) übertragen oder in ein Betriebsvermögen eingelegt werden; es dürfen ebenfalls keine wesentlichen Gewinnausschüttungen oder eine wesentliche Einlagerückgewähr erfolgen und das deutsche Besteuerungsrecht muss mindestens in dem Umfang wiederbegründet werden, in dem es zum Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht bestand. Ausschüttungen und Einlagenrückgewähr modifizieren die §§ 19 Abs. 3 S. 4 und 49 Abs. 5 S. 4 InvStG im Hinblick auf die Besonderheiten des InvStG.

     

    MERKE | Bei (beabsichtigter) Inanspruchnahme der Rückkehrregelung kann die Steuer bis zu zwölf Jahre gestundet werden, ohne dass es der Zahlung von Jahresraten bedarf (§ 6 Abs. 4 S. 7 AStG).

     

    Für die Tatbestandsvarianten der unentgeltlichen Übertragung der Anteile und des sonstigen Ausschlusses des deutschen Besteuerungsrechts gilt Entsprechendes (§ 6 Abs. 3 S. 4 u. 5 AStG). Bei einer bloßen Beschränkung des Besteuerungsrechts greift die Rückkehrregelung hingegen nicht (Kühn/Lindermann/Dyckmans/Lang, DStR 25, 307 [312]).

     

    Auch § 49 Abs. 5 S. 3 InvStG ordnet erst einmal eine Anwendung von § 6 Abs. 3 AStG an. Jedoch modifiziert § 49 Abs. 5 S. 5 InvStG die Rechtsfolgen der Rückkehrregelung und macht sie aus Sicht des Steuerpflichtigen mit Ausnahme der abweichenden Stundungsmöglichkeit weitgehend uninteressant. Danach entfällt der Steueranspruch nämlich in Abweichung zu § 6 Abs. 3 S. 1 AStG nicht. Vielmehr ist der fiktive Veräußerungsgewinn lediglich zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, zu dem der Spezial-Investmentanteil tatsächlich veräußert wird oder nach § 52 Abs. 2 S. 1 InvStG als veräußert gilt. Das wird letztlich aber schon durch den Verweis in § 49 Abs. 5 S. 3 InvStG auf § 6 Abs. 1 S. 3 AStG (Step-up für deutsche Besteuerungszwecke) erreicht. Für den Steuerpflichtigen verbleibt es damit bei der Besteuerung von Wertzuwächsen ohne Liquiditätszufluss. Der Gesetzgeber rechtfertigt das mit dem vermeintlichen „erheblichen bürokratischen Aufwand“, der mit dem Entfall des Steueranspruchs verbunden sei (BT-Drs. 20/13419, 225).

     

    FAZIT | Die Vorschriften der §§ 19 Abs. 3 und 49 Abs. 5 InvStG markieren einen Paradigmenwechsel in der Besteuerung von (Spezial-)Investmentanteilen des Privatvermögens. Die fingierte Veräußerung ohne Liquiditätszufluss stellt für Anleger ein erhebliches steuerökonomisches Risiko dar. Das siebenjährige Ratenzahlungskonzept entschärft die finanzielle Belastung nur marginal, denn der Steuerpflichtige hat im Regelfall eine Sicherheit zu leisten, wobei zweifelhaft ist, ob die Anteile selbst als Sicherheit akzeptiert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass bei Spezial-Investmentanteilen (§ 49 Abs. 5 InvStG) selbst im Falle einer Rückkehr nach Deutschland dem Anleger die Inanspruchnahme von § 6 Abs. 3 AStG weitgehend versperrt wird. Die §§ 19 Abs. 3 und 49 Abs. 5 InvStG stellen insofern ein nicht zu unterschätzendes Hindernis für die internationale Mobilität von Anlegern dar. Umso wichtiger ist es für die Beratungspraxis, Investmentanteile frühzeitig in die Wegzugs-, Zuzugs- und internationale Nachfolgeplanung einzubeziehen.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2025 | Seite 125 | ID 50360341