· Fachbeitrag · Keine Einkünfteberichtigung
§ 1 AStG: Auch wirtschaftliche Gründe aus der Gesellschafterstellung sind zu berücksichtigen
von VRiFG a. D. RA a. D. / StB Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe
| Der EuGH hat in seinem Urteil vom 31.5.18 erneut zur Einkünfteberichtigung bei Geschäftsbeziehungen im Konzern Stellung genommen. Hiernach ist eine Einkünfteberichtigungsvorschrift bei fremdunüblichen Geschäftsbeziehungen zwischen Nahestehenden wie § 1 AStG zwar grundsätzlich europarechtskonform. Allerdings hat der EuGH entschieden, dass wirtschaftliche Gründe, die in der Gesellschafterstellung des Steuerpflichtigen liegen, ein Abweichen vom Fremdvergleich rechtfertigen können. Aus Sicht der Steuerpflichtigen bieten sich insoweit neue Möglichkeiten, Verrechnungspreiskorrekturen durch die Finanzbehörden anzufechten (EuGH 31.5.18, C-382/16 Hornbach-Baumarkt, DStR 18, 1221). |
Sachverhalt
Die Hornbach-Baumarkt AG ist eine in Deutschland ansässige AG. Im Jahr 2003 war die AG über ihre Tochtergesellschaft Hornbach International GmbH und deren niederländische Tochtergesellschaft Hornbach Holding BV mittelbar zu 100 % am Kapital der Hornbach Real Estate Groningen BV und der Hornbach Real Estate Wateringen BV, zweier Gesellschaften mit Sitz in den Niederlanden, beteiligt. Diese ausländischen Gesellschaften hatten ein negatives Eigenkapital. Am 25.9.02 gab die AG als Konzernobergesellschaft für diese verlustträchtigen Tochtergesellschaften Patronatserklärungen gegenüber Banken ab, ohne hierfür ein Entgelt (Haftungsvergütung) einzufordern. Da das FA davon ausging, dass voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Umständen eine Vergütung für diese Patronatserklärung vereinbart hätten, nahm es Einkünftekorrekturen um rund 37.700 EUR für die abgegebenen Garantien vor. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Das FG Rheinland-Pfalz setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage nach der Vereinbarkeit der Regelung des § 1 AStG mit Art. 49 AEUV vor. Es wies zusätzlich darauf hin, dass es dem gebietsansässigen Steuerpflichtigen nicht möglich sei, wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des Geschäfts zu fremdunüblichen Bedingungen nachzuweisen, die in der Gesellschafterstellung des Steuerpflichtigen liegen (FG Rheinland-Pfalz 28.6.16, 1 K 1472/13, EFG 16, 1678).
Anmerkungen
Der Streit, ob die Regelung des § 1 Abs. 1 AStG mit dem AEUV bzw. dem EGV vereinbar ist oder nicht, ist fast schon so alt wie das AStG. Der BFH hat in seinem Beschluss vom 21.6.01 (I B 141/00, PIStB 01, 260) entschieden, es sei ernstlich zweifelhaft, ob § 1 Abs. 1 AStG mit den unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten vereinbar sei. Dagegen hieß es dann im Beschluss vom 5.2.14 (X B 138/13, BFH/NV 14, 720), dass einiges dafür spreche, dass die Regelung des § 1 Abs. 1 AStG den Anforderungen genügt, die der EuGH (21.1.10, C-311/08 SGI) an die Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls stellt. Schließlich führt der BFH im Urteil vom 25.6.14 (I R 88/12, BFH/NV 15, 57) aus, dass gegen eine Einkünfteberichtigung nach § 1 Abs. 1 AStG unter gewissen Voraussetzungen keine unionsrechtlichen Bedenken bestehen würden. Nunmehr war der EuGH gezwungen, sich aufgrund der Vorlage des FG Rheinland-Pfalz im Fall Hornbach mit der Vereinbarkeit des § 1 AStG und der Niederlassungsfreiheit zu befassen. Das Urteil lautet „Ja, aber“ und wird die Beteiligten letztlich wohl nicht zufriedenstellen.
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