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  • · Fachbeitrag · Neuerungen im Investmentsteuerbereich

    Die Besteuerung von Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen - Teil 2

    von Christian Kahlenberg M.Sc., Europa-Universität Viadrina

    | In der Mai-Ausgabe der PIStB wurde die Neuregelung hinsichtlich der Besteuerung von Dividenden aus Streubeteiligung eingehend besprochen (vgl. Hagemann/Kahlenberg, PIStB 13, 120 ). Diese „Kompromisslösung“ zwischen Bundestag und Bundesrat sieht aber neben der Steuerpflicht von Streubesitzdividenden zusätzlich in Artikel 2 (BT-Drs. 17/12465, 4) eine Ausweitung für den Investmentsteuerbereich vor. Der vorliegende Beitrag fasst die seit dem 1.3.13 geltenden Neuregelungen zusammen. |

    1. Vorbemerkung

    § 2 InvStG fingiert, dass ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge beim Anleger zu Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. In der Folge gelten für Körperschaften als Anleger die Begünstigungsregelungen nach § 8b Abs. 1 KStG als Ausfluss des (eingeschränkten) Transparenzprinzips; jedoch nur soweit den Berichts- und Veröffentlichungspflichten umfassend nachgekommen wird (§ 5 InvStG). Bedingt durch die Neuerungen im Rahmen der Direktanlage wird das InvStG für Investmentfonds, die Aktien im Streubesitz halten, an die Neuregelung angepasst, um insoweit einen Gleichlauf der verschiedenen Gesetze zu erreichen.

     

    Wichtig | Ist der Anlegerkreis aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung ausschließlich auf juristische Personen begrenzt, handelt es sich gemäß § 2 Abs. 3 InvG um Spezialfonds, andernfalls ist von einem Publikumsfonds auszugehen. Hinsichtlich der Neuerungen ist eine strikte Trennung zwischen diesen Arten des Sondervermögens erforderlich, da - wie nachfolgend erörtert wird - die Rechtsfolgen in Abhängigkeit vom zugrunde liegenden Sondervermögen differieren.

    2. Neuregelungen bei Publikumsfonds

    Anders als im Bereich der Direktbeteiligung werden Beteiligungsquoten im Rahmen der investmentsteuerrechtlichen Neuregelung ausgeklammert. Denn Publikums-Investmentvermögen zeichnen sich grundsätzlich durch eine hohe Anlegerzahl aus, da keine gesetzlichen Restriktionen bezüglich der Anlegerzahl gelten. Aus diesem Grund geht auch der Gesetzgeber richtigerweise davon aus, dass Publikumsfonds typischerweise Streubesitzbeteiligungen halten. Daher ist es nachvollziehbar, dass hier - im Gegensatz zur Direktanlage - keine Anforderungen an eine (durchgerechnete) Mindestbeteiligungshöhe gestellt werden. Außerdem wird über § 64 Abs. 2 S. 1 InvG verhindert, dass Publikumsinvestmentvermögen mehr als 10 % der Stimmrechte aus Aktien einer Gesellschaft erwerben (Ausstellergrenze).

     

    2.1 Ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Dividendenerträge

    Bislang galten für ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge die Begünstigungsvorschriften nach § 8b Abs. 1 KStG, sofern eine Körperschaft als Anleger gegeben war. Durch § 2 Abs. 2 S. 1 InvStG n.F. entfällt diese Steuerbefreiung für über das Publikums-Investmentvermögen vereinnahmte Dividendenerträge. Sofern es sich bei natürlichen Personen um betriebliche Anleger handelt, findet hingegen das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 EStG Anwendung.

     

    Ferner verbleibt es gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 InvStG n.F. (i.V.m. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 sowie S. 2 EStG) bei Veräußerungsgewinnen, welche vom Sondervermögen (Fonds) erzielt und anschließend an den Anleger ausgeschüttet werden, bei den allgemeinen Begünstigungsregelungen gemäß § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 2 KStG.

     

    MERKE | Bei thesaurierendem Sondervermögen bedarf es keiner gesonderten Regelung, da diese Gewinne nicht als ausschüttungsgleiche Erträge gelten.

     

    Abschließend ordnet § 2 Abs. 2 S. 3 InvStG n.F. an, dass Spezial-Sondervermögen einer gesonderten Regelung unterliegen.

     

    2.2 Auswirkungen bei Veräußerung von Fondsanteilen

    Als zentrale Vorschrift zur Umsetzung der Begünstigungsvorschriften gemäß § 3 Nr. 40 EStG respektive § 8b Abs. 1 KStG gewährleistet § 8 InvStG die transparente Behandlung von Investmentfonds. Da nunmehr für Publikums-Investmentvermögen die Befreiung nach § 8b Abs. 1 KStG künftig entfällt, ist die Anpassung der Vorschriften zur Ermittlung des sog. Aktiengewinns zwangsläufig.

     

    Beachten Sie | Der positive Aktiengewinn (§ 8 Abs. 1 InvStG) ist als Prozentsatz vom Rücknahmepreis zu verstehen, soweit relevante Positionen im Sinne von § 8b Abs. 2 KStG den Rücknahmepreis beeinflusst haben. Allerdings sind die bereits der Zuflussfiktion unterlegenen Dividenden, die mangels Ausschüttung noch im Rücknahmepreis repräsentiert sind, ausgenommen (vgl. Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, § 8 InvStG, Rn. 2 sowie Hammer in Blümich, § 8 InvStG, Rn. 4). Der negative Aktiengewinn i.S.v. § 8 Abs. 2 InvStG stellt dabei das genaue Spiegelbild zu § 8 Abs. 1 InvStG dar (s. dazu ausführlich, Bickert/Schick, BB 06, 1999).

     

    Künftig begrenzt sich der sog. Aktiengewinn für Körperschaften als Anleger auf realisierte und nicht realisierte (Kurs-)Wertsteigerungen. Demnach entfällt die Steuerbefreiung für vereinnahmte - noch nicht der Zuflussfiktion unterliegenden - Dividenden im Rahmen der Veräußerung von Fondsanteilen bei der Ermittlung des Aktiengewinns (§ 8 Abs. 1 S. 1, 2 InvStG n.F.). Ausnahmen gelten nur für Spezial-Sondervermögen (§ 8 Abs. 1 S. 3 i.V.m. §§ 15 Abs. 1a und 16 Abs. 3 InvStG n.F.).

     

    Hingegen sind für die betrieblichen Anleger weiterhin realisierte und nicht realisierte Wertsteigerungen sowie Erträge („Dividenden“), welche dem Anleger mangels Zufluss noch nicht zugerechnet worden sind, für die Ermittlung des sog. Aktiengewinns maßgeblich (vgl. Bacmeister/Reislhuber in: Haase, InvStG, § 8, Rn. 336).

    3. Neureglungen für Spezialfonds

    Für Spezialfonds wurde eine Sonderregelung eingeführt (§ 15 Abs. 1a InvStG). Dividendenerträge einer Körperschaft, welche über inländische und ausländische Spezialfonds erzielt werden, können weiterhin den Begünstigungsvorschriften nach § 8b Abs. 1 KStG unterfallen.

     

    3.1 Anforderung an Art und Umfang der Beteiligung

    Nach § 15 Abs. 1a S. 1 InvStG n.F. ist zukünftig die Anwendung des § 8b 
Abs. 1, 5 KStG vorgesehen, sofern die folgenden - in § 15 Abs. 1a S. 2 InvStG n.F. genannten - Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Das sind:

     

    • Im Zeitpunkt der Dividendenausschüttung ist eine Mindestbeteiligung von 10 % am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Gesellschaft über das Investmentvermögen gegeben und

     

    • die mittelbare (dem Anleger zuzurechnende) Beteiligungsquote auf Anlegerebene beträgt gleichermaßen 10 % des Grund- oder Stammkapitals am Fondsgeschäftsjahresende.

     

    PRAXISHINWEIS | In zeitlicher Hinsicht muss auf Fondsebene die qualifizierte Beteiligung am Tag des Dividendenabschlags vorliegen. Auf Anlegerebene ist hingegen die Mindestbeteiligung von 10 % am Schluss des Fondsgeschäftsjahresendes nachzuweisen (§ 15 Abs. 1a S. 4 InvStG n.F.). In der Praxis dürften beide Zeiträume jedoch grundsätzlich auseinander fallen, weshalb bei einer, durch den Fonds veranlassten Beteiligungsreduktion die Versagung der Steuerbefreiung möglich ist, auf welche der Anleger keinen Einfluss ausüben kann (vgl. Haisch/Helios, DB 13, 729).

     

    Ferner regelt § 15 Abs. 1a S. 4 InvStG n.F., dass im Gesamthandsvermögen gehaltene Investmentanteile bei Mitunternehmerschaften den einzelnen Mitunternehmern anteilig zuzurechnen sind. Mithin ist auch eine Zusammenrechnung von Beteiligungen auf Ebene des Mitunternehmers möglich, um die erforderliche Beteiligungsquote zu erreichen.

     

    MERKE | Für die Ermittlung der maßgeblichen Beteiligungshöhe sind mittel- und unmittelbare Beteiligungen bei Mitunternehmerschaften, welche über ein Sondervermögen gehalten werden, zusammenzurechnen. Hält der Anleger die Beteiligung hingegen direkt oder über verschiedene Sondervermögen, werden diese für die Ermittlung der maßgeblichen Beteiligungsquote isoliert betrachtet (§ 15 Abs. 1a S. 5f. InvStG n.F.). Damit wird der eigentliche Regelungszweck, Erträge aus qualifizierten Beteiligungen steuerfrei zu stellen, teilweise verfehlt (gl. A. Haisch/Helios, DB 13, 729).

     

    Dennoch können über Spezialsondervermögen erzielte Dividendenerträge steuerfrei gestellt werden, soweit der Anleger - zusätzlich - eine unmittelbare (bei Direktanlage) Beteiligung von 10 % an der jeweiligen Zielgesellschaft besitzt (§ 15 Abs. 1a S. 7 InvStG n.F.). Diese qualifizierte Beteiligung ist der Investmentgesellschaft spätestens am Ende des Fondsgeschäftsjahres nachzuweisen. Hierbei gilt auch eine mittelbare Beteiligung über eine Mitunternehmerschaft als unmittelbar (§ 15 Abs. 1a S. 7 letzter Halbs. InvStG n.F.).

     

    3.2 Entleihung von Wertpapieren und Investmentanteilen

    Im Falle von entliehenen Wertpapieren oder Investmentanteilen ordnet § 15 Abs. 1a S. 8 InvStG n.F. an, dass eine Zurechnung der Investmentanteile für Zwecke der Ermittlung der für die Steuerbefreiung maßgeblichen Beteiligungshöhe zum Verleiher erfolgt. Hierbei ist ein analoger Regelungszweck zu § 8b Abs. 4 S. 3 KStG n.F. ersichtlich, nämlich Gestaltungen vorzubeugen, welche zum Ziel haben, mithilfe einer Leihe von Wertpapieren oder Investmentanteilen die maßgeblichen Beteiligungsschwellen von 10 % zu überschreiten.

     

    3.3 Geplante Änderungen durch das AIFM-StAnpG

    Neben den Neuerungen im InvStG sollte auch der Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz beachtet werden (kurz: AIFM-StAnpG). Die Vorschriften sollen grundsätzlich ab dem 22.7.13 anwendbar sein (§ 22 Abs. 1 S. 1 AIFM-StAnpG). Hiernach wird zwischen Altfonds und neu aufgelegten Spezialfonds zu unterscheiden sein. Für bestehende Spezialfonds gelten die bisherigen Regelungen unverändert fort, sodass bei (durchgerechneten) Beteiligungen von mindestens 10 % weiterhin die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG in Betracht kommt (siehe Abschnitt 3.1).

     

    Neu aufgelegte Spezialfonds gelten jedoch nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen als steuerbefreite Investmentfonds, nämlich wenn u.a. die Beteiligungsquote an einer Kapitalgesellschaft 10 % nicht überschreitet 
(§ 1 Abs. 1b Nr. 7 AIFM-StAnpG). Folgerichtig verbleibt auf Anlegerebene die reguläre Steuerpflicht bei Streubesitzbeteiligung. Andernfalls resultiert auf Fondsebene eine Besteuerung bereits als Personen- oder Kapitalinvestitionsgesellschaft (ausführlich zu den Änderungen siehe z.B. Haisch/Helios, BB 13, 23 oder Guerts/Faller, DB 12, 2898)

    4. (Noch) offene Rechtsfragen bei Erstattungsanträgen

    Für Altfälle sieht der neu eingefügte § 32 Abs. 5 KStG n.F. einen Erstattungsantrag für bisher einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer vor (ausführlich Hagemann/Kahlenberg, PIStB 13, 120). Auch für den Bereich institutioneller Anleger, welche über spezielle Anlagevehikel investieren, ergeben sich Fragen hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Erstattungsanspruchs. Auch hier verbleiben Konstellationen, die weiterhin ungeregelt sind. Als Beispiele führt Linn (vgl. Linn, IStR 13, 237) folgende - nicht explizit geregelte - Fälle auf:

     

    • 1. Ausschüttungen an gebietsfremde Lebens- und Krankenversicherungen,
    • 2. Ausschüttungen an gebietsfremde Pensionsfonds und
    • 3. Ausschüttungen an ausländische Investmentfonds.

     

    Da Ausschüttungen an gebietsfremde institutionelle Anleger von außerordentlicher praktischen Relevanz sind, wäre es begrüßenswert, wenn für diesen Bereich alsbald eine gesetzliche Grundlage für Erstattungsverfahren nachgeholt wird, um auch hier unverzüglich für Rechtssicherheit zu sorgen.

    5. Änderungen im Rahmen der Bekanntmachungspflichten

    Über die Anpassung in § 5 InvStG werden die Änderungen für Bekanntmachungs- und Veröffentlichungspflichten übernommen. Insbesondere § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. c) Doppelbuchst. mm) InvStG n.F. regelt die komplizierte Berücksichtigung begünstigter und nicht begünstigter Dividendenerträge. Diese Regelung gewährleistet im Ergebnis, dass diejenigen Dividendenerträge auf Anlegerebene unter die Steuerbegünstigung nach § 8b Abs. 1 KStG fallen, welche auf Fondsebene bis zum 1.3.13 vereinnahmt wurden und daher den alten Rechtsfolgen unterfallen.

    6. Zeitlicher Anwendungsbereich

    Grundsätzlich gelten die Neuregelungen im Rahmen des Investmentsteuergesetzes seit dem 1.3.13 (§ 18 Abs. 22 S. 1 InvStG n.F.). Die Wirkung der Bekanntmachungs- und Veröffentlichungspflichten, welche ebenfalls seit dem 1.3.13 gelten, regelt § 18 Abs. 22 S. 2 InvStG n.F. Für ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche inländische und ausländische Erträge, welche den Anlegern in Form von Körperschaften bis zum 28.2.2013 zugeflossen sind oder als zugeflossen gelten, trifft § 18 Abs. 22 S. 3 InvStG Regelungen für den Vertrauensschutzes gegenüber dem Anleger, infolgedessen es bei den bisherigen steuerbegünstigten Regelungen (§ 2 Abs. 2 S. 1 InvStG a.F. i.V.m. § 8b Abs. 1 KStG) verbleibt. Gleiches gilt für die Ermittlung des Aktiengewinns (§ 18 Abs. 22 S. 4 InvStG n.F.).

     

    FAZIT |  

    Konsequenterweise wird die Steuerpflicht von Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen auch bei der Anlage über Sondervermögen (Fondsanlage) nachvollzogen. Dieser Gleichschritt ist notwendig, um die transparente Behandlung zwischen Fonds- und Direktanlage zu gewährleisten. Gleichzeitig sind die Ausnahmen für sog. Spezialfonds begrüßenswert und folgerichtig, da insbesondere in diesem Bereich Beteiligungen über die Streubesitzgrenzen hinausgehen können.

     

    Dennoch verbleiben einzelne Schwächen hinsichtlich der Erstattungsberechtigung bei Ausschüttung an ausländische Investitionsvehikel. Auch die Benachteiligung bei mittelbar über Investmentvermögen gehaltene Beteiligungen ist zu kritisieren. Der Gesetzgeber ist daher angehalten, an dieser Stelle zeitnah für Rechtssicherheit und Entlastung zu sorgen.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 153 | ID 39542350