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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Elternzeit - nicht unbedingt nur ein freudiges Ereignis für den Praxisinhaber

    von Rechtsanwältin Susanne Schuster, LL.M. Medizinrecht, Kanzlei Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner, www.hfbp.de 

    | Graue Haare bekommen so manche Praxisinhaber, wenn sie daran denken, was mit der Elternzeit verbunden ist: der Ausfall verdienter Mitarbeiter und die Verpflichtung einer anschließenden Wiedereingliederung in den Betrieb der Praxis. Solche Ausfälle können erhebliche Auswirkungen insbesondere für kleinere Praxen haben. Der Praxisinhaber hat in der Regel für eine notwendige Ersatzkraft zu sorgen, gleichzeitig aber auch den Arbeitsplatz des in Elternzeit befindlichen Mitarbeiters vorzuhalten - ein Spagat. |

    Die Interessen des Praxisinhabers

    Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist die Elternzeit eine unbezahlte Freistellung eines Mitarbeiters von der Arbeit, damit er sein Kind betreuen und erziehen kann. Am Ende der Elternzeit hat der Mitarbeiter gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung - zu den gleichen Arbeitsbedingungen wie davor.

     

    Für den Praxisinhaber ist daher insbesondere von Interesse,

      • welche Zeiträume für die Elternzeit überhaupt in Betracht kommen,
      • welche Formalien bei der Beantragung von Elternzeit einzuhalten sind,
      • ob eine Teilzeitbeschäftigung von Mitarbeitern während der Elternzeit möglich ist und
      • welche Rechte ein in Elternzeit befindlicher Mitarbeiter hat, wenn er anschließend in den Praxisbetrieb zurückkehrt.

    Wer hat einen Anspruch auf Elternzeit?

    Einen Anspruch auf Elternzeit haben grundsätzlich beide erwerbstätigen Elternteile bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. Ein Anteil der Elternzeit von bis zu zwölf Monaten ist mit Zustimmung des Arbeitgebers auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres übertragbar. Eine Zustimmung darf der Praxisinhaber nicht beliebig versagen.

     

    Der Praxisalltag zeigt, dass meist nach wie vor die Mutter von diesem Anspruch Gebrauch macht. Üblicherweise wird die Elternzeit unmittelbar im Anschluss an den Mutterschutz genommen.

     

    PRAXISHINWEIS | Den Anspruch auf Elternzeit haben selbstverständlich auch neu eingestellte Mitarbeiter mit der Folge, dass diese innerhalb der ersten drei Lebensjahre ihres Kindes Elternzeit verlangen können (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.3.2003, Az. 2 AZR 627/01, Abruf-Nr. 031337).

     

    Die Idee, durch eine vertragliche Vereinbarung einen Verzicht auf den Elternzeitanspruch herbeizuführen, ist zwar verständlich; allerdings wäre eine solche Abrede unwirksam, würde sie doch das gesetzlich verankerte Recht auf Elternzeit aushebeln. Es existiert auch kein Recht des Arbeitgebers, die Gewährung von Elternzeit zu verweigern.

    Schriftlicher Antrag erforderlich

    Die Anmeldung der Elternzeit unterliegt bestimmten Vorgaben, die der beantragende Mitarbeiter einhalten muss. Dadurch soll die Planungssicherheit des Praxisinhabers geschützt werden.

     

    Die folgenden Punkte sollte der Mitarbeiter, der eine Elternzeit beim Praxisinhaber beantragen möchte, unbedingt beachten:

     

    • Der Mitarbeiter muss die Elternzeit rechtzeitig schriftlich gegenüber dem Praxisinhaber anzeigen - spätestens sieben Wochen vor Elternzeitbeginn.

     

    • Er hat anzugeben, welcher Zeitraum in den nächsten Jahren als Elternzeit in Anspruch genommen werden soll.

     

    • Er kann die Elternzeit auf bis zu zwei Zeitabschnitte aufteilen. Meldet er erstmals Elternzeit an, muss er mitteilen, für welchen Zeitraum innerhalb der ersten zwei Lebensjahre des Kindes er Elternzeit beansprucht. Verlangt der Mitarbeiter nur Elternzeit für das erste Lebensjahr des Kindes, ist eine Verlängerung der Elternzeit auf das zweite Lebensjahr nur noch mit Zustimmung des Praxisinhabers möglich.

     

    • Sofern der Mitarbeiter beabsichtigt, auch das dritte Lebensjahr des Kindes für Elternzeit in Anspruch zu nehmen, muss er acht Wochen vor dem gewünschten Beginn einen entsprechenden Antrag stellen. Von der Zustimmung des Praxisinhabers hängt dieser Anspruch jedoch nicht ab.

     

    • Der Mitarbeiter sollte den schriftlichen Antrag rechtzeitig stellen. Versäumt er die rechtzeitige Antragstellung, entfällt der Anspruch aber nicht, sondern der Beginn der Elternzeit verschiebt sich lediglich auf einen späteren Zeitpunkt.

     

    Sofern der Mitarbeiter den Antrag gestellt hat, sind die beantragten Zeiten bindend und nicht widerruflich. Möchte er im Nachhinein eine kürzere oder längere Elternzeit in Anspruch nehmen, so benötigt er die Zustimmung des Praxisinhabers. Diese darf jedoch nicht grundlos verweigert werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Antrag auf Elternzeit sollte auf keinen Fall vergessen werden. Praxisinhaber sollten ihre Mitarbeiter darauf hinweisen, den Antrag rechtzeitig und schriftlich bei ihm einzureichen. Bleibt der Mitarbeiter der Arbeit fern, ohne formell Elternzeit beantragt zu haben, können sich hieraus unangenehme arbeitsrechtliche Konsequenzen ergeben. Möglich sind zudem sozialversicherungsrechtliche Probleme.

     

    Befristetes Arbeitsverhältnis mit einer Ersatzkraft

    Sobald dem Praxisinhaber ein Antrag auf Elternzeit vorliegt, sollte er frühzeitig Vorkehrungen treffen und unter Umständen rechtzeitig - sofern er den Ausfall durch das restliche Personal nicht bewältigen können sollte - nach einer Ersatzkraft suchen. Empfehlenswert ist es, mit der Ersatzkraft von vornherein lediglich für die Dauer des Mutterschutzes und der Elternzeit einen befristeten Arbeitsvertrag einzugehen.

     

    Sofern der Elternzeit nehmende Mitarbeiter nach der Elternzeit wieder auf seinem alten Arbeitsplatz eingesetzt werden möchte, endet der befristete Arbeitsvertrag mit der Ersatzkraft automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Für den befristeten Arbeitsvertrag der Ersatzkraft existiert ein besonderes gesetzliches Kündigungsrecht, wonach der befristete Vertrag unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Wochen gekündigt werden kann, wenn die Elternzeit vorzeitig beendet werden soll.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Praxischef kann nicht verhindern, dass auch im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit einem Ersatzmitarbeiter Umstände eines besonderen Kündigungsschutzes entstehen können - zum Beispiel wenn die Ersatzkraft selbst schwanger wird. Allerdings endet der Vertrag in jedem Fall spätestens mit dem Ablauf der gesetzten Befristung.

     

    Rechtsfolgen der Elternzeit

    Die Inanspruchnahme von Elternzeit führt zu einer Befreiung des Mitarbeiters von der Arbeitspflicht, wobei ihm durch das Elterngeld eine wirtschaftliche Absicherung ermöglicht wird. Bei Krankheit hat der Mitarbeiter keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Der Anspruch auf Jahresurlaub wird für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit in dem entsprechenden Jahr um ein Zwölftel gekürzt, ebenso ein 13. Gehalt oder ein Weihnachtsgeld.

     

    Mitarbeiter in Elternzeit mit besonderem Kündigungsschutz

    Der Mitarbeiter genießt von der Anmeldung der Elternzeit an einen besonderen Kündigungsschutz für die gesamte Dauer der Elternzeit. Gekündigt werden kann ihm nur unter erschwerten Bedingungen - nach vorheriger Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Eine Kündigung ist somit praktisch frühestens am ersten Tag nach der Rückkehr aus der Elternzeit möglich.

     

    Aufhebungsvertrag ist möglich

    Daneben besteht immer die Möglichkeit, mit dem betreffenden Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Es ist hierbei jedoch darauf hinzuweisen, dass er sich vor dessen Unterzeichnung bei der Arbeitsagentur über die möglichen Folgen informieren sollte (Stichwort: Sperrfrist).

     

    Trotz Befreiung von der Arbeitspflicht ist der Mitarbeiter nicht gehalten, seine vollständige Zeit nur für die Betreuung und Erziehung des Kindes zu verwenden. Der Mitarbeiter ist berechtigt, bis zu einem bestimmten Umfang einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wie der folgende Abschnitt zeigt.

    Teilzeittätigkeit während der Elternzeit

    Nach einer Gesetzesänderung im letzten Jahr kann der Mitarbeiter bis zu 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt arbeiten, bleibt aber trotzdem (rechtlich) in Elternzeit. Sofern er auch vorher innerhalb dieser Grenzen gearbeitet hat, ist dies kein Problem. Eine gesonderte Vereinbarung zur Verringerung der Arbeitszeit anlässlich der Elternzeit ist dann überflüssig. War der Mitarbeiter zuvor in Vollzeit tätig, ist es möglich, eine Vereinbarung über die Verringerung der Arbeitszeit zu treffen. Wird man sich hierbei nicht einig, kann der in Elternzeit weilende Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen einseitig die Reduktion der Arbeitszeit verlangen.

     

    Eine solche einseitige Verringerung der Arbeitszeit kann der in Elternzeit weilende Mitarbeiter zweimal geltend machen. Eine einvernehmlich zwischen Chef und Mitarbeiter getroffene Vereinbarung über eine Teilzeittätigkeit wird hierbei nicht mitgezählt - nur arbeitnehmerseitig beanspruchte Arbeitszeitverringerungen erschöpfen das zweimal ausübbare Recht (Urteil des BAG vom 19.2.2013, Az. 9 AZR 461/11, Abruf-Nr. 130654).

     

    Zudem sind ihm Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber grundsätzlich erlaubt. Soll die Teilzeitbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen werden, müsste zuvor die Zustimmung des Praxisinhabers eingeholt werden - nur aus betrieblichen Gründen kann er sie verweigern. Zu Recht wird die Zustimmung aber beispielsweise verweigert, wenn die Teilzeittätigkeit in einer Konkurrenz-Praxis ausgeübt werden soll.

    Ende der Elternzeit und Wiedereingliederung

    Kehrt der Mitarbeiter aus der Elternzeit zurück, hat er grundsätzlich einen Anspruch auf seinen alten Arbeitsplatz - zu gleichen Bedingungen. Der Chef muss dem zurückkehrenden Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz also wieder zur Verfügung stellen.

     

    Viele Mitarbeiter wollen nach der Rückkehr aus der Elternzeit aufgrund der Kinderbetreuung nur noch in Teilzeit tätig werden. Ein Anspruch hierauf besteht jedoch nur, wenn der Praxisinhaber mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Werden 15 Arbeitnehmer oder weniger beschäftigt, besteht lediglich die Verpflichtung, den ursprünglichen Arbeitsplatz wieder anzubieten. Kann der Mitarbeiter eine volle Stelle nicht ausüben, muss er überlegen, ob er selbst unter Einhaltung der Kündigungsfristen zum Ende der Elternzeit kündigt oder mit dem Praxisinhaber einen Aufhebungsvertrag schließt.

     

    FAZIT | Die Elternzeit bleibt ein Spagat für den Praxisinhaber. Die gesetzlichen Vorgaben sind unbedingt einzuhalten. Der Praxischef sollte mit dem betreffenden Mitarbeiter sprechen und versuchen, eine für beide Seiten gute Lösung zu finden. Nehmen Sie mit dem bereits in Elternzeit befindlichen Mitarbeiter mindestens drei bis vier Monate vor dem Ende der Elternzeit Kontakt auf, um zu klären, ob er den ursprünglichen Arbeitsplatz überhaupt wieder aufnehmen möchte. Bösen Überraschungen kann oft durch ein klärendes Gespräch vorgebeugt werden!

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 12 | ID 42569307