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  • · Fachbeitrag · Haftungsrecht

    Neues Patientenrechtegesetz: Was ändert sich für Therapeuten?

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Rainer Hellweg, Kanzlei Schroeder-Printzen Kaufmann & Kollegen, Hannover, www.spkt.de

    | Am 1. Januar 2013 sollte das Patientenrechtegesetz in Kraft treten. Da es jedoch Ende 2012 nicht mehr den Bundesrat passiert hat, wird sich das Inkrafttreten wohl auf den 1. März oder 1. April 2013 verschieben. Im zu verabschiedenden Gesetz finden sich zwar größtenteils Rechtssätze, die auch schon vorher nach ständiger Rechtsprechung der Gerichte bestehende Rechtslage waren. Es sind jedoch auch einige Neuerungen enthalten, die für die tägliche Praxis von Therapeuten relevant werden können. PP erläutert die für Sie wichtigsten. |

    Information über mögliche Behandlungsfehler

    Da sich die Neuregelungen nach dem Gesetzeswortlaut auf alle /„medizinisch Behandelnden“ beziehen, werden sowohl (Zahn-)Ärzte und Psychotherapeuten als auch Hebammen, Masseure und medizinische Bademeister, Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten und andere Therapeuten erfasst. Neu ins Gesetz eingefügt werden soll eine Informationspflicht bezüglich möglicher Behandlungsfehler. Hierzu ist im Gesetzesentwurf formuliert:

     

    • Formulierung im Gesetzentwurf

    „Sind für den Behandelnden Umstände erkennbar, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, hat er den Patienten darüber auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren zu informieren.“

    Es war schon bisher geltendes Recht, dass der Patient zur Abwehr konkret drohender gesundheitlicher Gefahren vom Therapeuten oder Arzt über eine mögliche Fehlbehandlung informiert werden musste. Neu ist jedoch, dass der Behandelnde auf Nachfrage des Patienten einen möglichen Behandlungsfehler einräumen muss.

     

    Nach der Gesetzesbegründung soll dies die Transparenz im Verhältnis zum Patienten fördern. Wie weit der Anspruch der Patienten konkret reichen soll, bleibt allerdings unklar. Ob von Behandlerseite lediglich auf das in der Patientenakte Dokumentierte hingewiesen werden muss oder ob eine Verpflichtung besteht, darüber hinaus mögliche Schlussfolgerungen aufzuzeigen, bleibt der Rechtsprechung überlassen.

     

    PRAXISHINWEIS | In jedem Fall sollte der behandelnde Therapeut eine erfolgte Auskunft gegenüber dem Patienten dokumentieren, damit diese in einem Prozess belegt werden kann. Hierbei sollte in der Karteikarte bzw. Dokumentation schriftlich festgehalten werden, was genau dem Patienten mitgeteilt wurde.

    EDV muss Dokumentations-Änderungen kenntlich machen

    Eine Neuerung bezüglich der Patientendokumentation bringt folgende Formulierung im Gesetz: „Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt.“ In der Begründung des Gesetzesentwurfs wird betont: Im Falle einer elektronisch geführten Patientenakte muss die eingesetzte Softwarekonstruktion gewährleisten, dass nachträgliche Änderungen erkennbar werden. Hiermit sollten sich alle Therapeuten befassen, die per EDV dokumentieren!

     

    BEACHTEN SIE | Welche Schlussfolgerungen aus dem neuen Gesetz hierzu konkret zu ziehen und welche Anforderungen künftig an die Dokumentations-Software zu stellen sind, ist unklar und unter Medizinjuristen umstritten - PP hält Sie wie gewohnt auf dem Laufenden.

    Verliert die Dokumentation den Beweiswert im Prozess?

    Patientenvertreter argumentieren teilweise, die Beweissicherungspflicht liege allein beim Behandler. Er müsse im Fall eines Haftungsprozesses nachweisen, dass die elektronische Dokumentation nicht nachträglich geändert worden sei. Dies geht nach Ansicht der Patientenvertreter so weit, dass ein Zweifel des Patienten an der Manipulationssicherheit schon ausreicht, um die gesamte Behandlungsdokumentation als Beweismittel unbrauchbar zu machen. Gelinge dem Therapeuten nicht der Beweis, dass die Software sicher vor versteckten Manipulationen sei, verliere die Behandlungsdokumentation gänzlich ihren Beweiswert.

     

    Dies wäre eine fatale Konsequenz für den Therapeuten, da dann alle dokumentierten Behandlungsmaßnahmen durch andere Beweismittel wie etwa Zeugen belegt werden müssten. Angesichts einer Verfahrensdauer von häufig mehreren Jahren wird sich jedoch kaum jemand im Nachhinein noch an Details erinnern können. Sollten einzelne Behandlungsschritte nicht mehr nachweisbar sein, würde das Gericht im Zweifel einen Behandlungsfehler annehmen.

     

    Beurteilung durch Gerichte offen

    Ob wirklich von einer Beweissicherungspflicht mit derart weitreichenden Konsequenzen auszugehen ist, wird von anderen Medizinjuristen bestritten. Sie meinen, ein bloßes Bestreiten der Patienten im Hinblick auf eine manipulationssichere EDV reiche nicht aus, um die gesamte Behandlungsdokumentation als Beweismittel gänzlich auszuschließen. Wie die Gerichte sich hierzu künftig positionieren, kann kaum vorhergesagt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Die möglichen Konsequenzen in Haftungsprozessen sollten für jeden per EDV dokumentierenden Therapeuten Anlass sein, die verwendete EDV darauf zu überprüfen, ob sie manipulationssicher ist und über einen speziellen Änderungsmodus verfügt. Falls dies ab dem 1. Januar 2013 noch nicht gewährleistet ist, sollte alsbald Abhilfe geschaffen werden.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 12 | ID 37134940