· Rechtsprechung
BGH: Bewertungsportal jameda bleibt zulässig
von RA Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, kanzlei-am-aerztehaus.de
| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revisionen zweier Zahnärzte zurückgewiesen, die gegen ihre Darstellung auf dem Bewertungsportal jameda geklagt hatten (Urteile vom 12.10.2021, Az. VI ZR 488/19, VI ZR 489/19).Das Urteil betrifft auch Physiotherapeuten, da auch sie auf jameda gesucht werden können. |
Die Fälle
Die Internetplattform jameda verzeichnet monatlich mehr als 6 Mio. Besuche. Dort werden aus allgemein zugänglichen Daten u. a. für (Zahn-)Ärzte und Therapeuten Profile mit Namen, akademischem Grad, Fachrichtung, Kontaktdaten und Sprechzeiten erstellt. Nutzer des Portals können Ärzte und Therapeuten suchen, benoten und durch Textkommentare bewerten. Eine Zahnärztin und ein Zahnarzt gingen gegen die sog. „Basisprofile“ vor und versuchten gerichtlich durchzusetzen, dass ihre Daten gelöscht und sie künftig nicht mehr ohne ihre Einwilligung auf dem Portal geführt werden. Konkret wandten sie sich gegen verschiedene Unterschiede bei der Ausgestaltung zahlungspflichtiger „Gold-“/„Platin“-Profile einerseits und der Basisprofile andererseits (etwa gegen die Möglichkeit, auf bezahlten Profilen Bilder und Texte einzustellen) sowie gegen eine unterschiedliche Behandlung zahlender und nicht zahlender (Zahn-)Ärzte bei Serviceleistungen der jameda GmbH.
Die Entscheidung
Beide Klagen hatten teilweise Erfolg. Bestimmte Differenzierungen zwischen zahlenden und nicht zahlenden Kunden hielten auch die Gerichte für unzulässig. Dagegen scheiterte das Begehren, ein rechtskräftiges Urteil gegen jameda zur Unterlassung einer künftigen Aufnahme in das Portal zu erwirken. Wie immer nahmen die Gerichte auch diesmal die gebotene Einzelfallabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und den vom Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit geschützten Interessen der Portalbetreiberin vor und kamen zu dem Ergebnis, dass die jameda GmbH mit dem Portalbetrieb eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle ‒ solange sie ihre Stellung als „neutrale Informationsmittlerin“ wahre. Diese Grundsätze hat der BGH im Jahr 2018 aufgestellt. In den nun entschiedenen Fällen sahen die Gerichte die notwendige Transparenz für die Portalnutzer letztlich überwiegend gewahrt.
FAZIT | Die neuen BGH-Urteile werden für weitere Klarheit darüber sorgen, was auf Bewertungsportalen zulässig ist und was nicht. Die Nutzung kostenloser Basisprofile als „Werbeplattform“ für sog. Premiumkunden scheidet (weiterhin) aus ‒ Portalbetreiber dürfen zahlenden Kunden keine für Nutzer „verdeckten Vorteile“ einräumen. An der grundsätzlichen Zulässigkeit von Bewertungsportalen im Internet ändern die Urteile aber nichts. Gegen einzelne rechtswidrige Negativeinträge können sich Betroffene aber nach wie vor jederzeit erfolgreich und effektiv wehren (PP 06/2021, Seite 10 und PP 06/2016, Seite 15). |