· Fachbeitrag · Strafrecht
„Wunderheiler“ freigesprochen: „Heilungen“ waren kein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Rainer Hellweg, armedis Rechtsanwälte, Hannover (www.armedis.de)
| Die Tätigkeit eines reinen „Wunderheilers“ ist von der Berufsfreiheit geschützt und auch ohne Erlaubnis grundsätzlich nicht verboten. Dies hat das Amtsgericht Gießen mit aktuellem Urteil vom 12. Juni 2014 entschieden (Az. 507 Cs 402 Js 6823/11). |
Der Sachverhalt
In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall ging es um einen „Wunderheiler“, der Patienten durch Pendeln, Handauflegen und Fernheilung per Telefon behandelte. Seine Behandlungen kosteten zwischen 60 und 1.000 Euro. Zwar gab er vor, mittels seiner geistigen Kräfte auch gravierende Erkrankungen wie etwa Krebs, Alzheimer oder HIV heilen zu können. Auf der anderen Seite riet er seinen Patienten stets ausdrücklich dazu, einen Schulmediziner zu konsultieren.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht Gießen sprach den angeklagten „Wunderheiler“ frei. Dieser habe keinen Verstoß gegen die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz begangen, da er gar keine Heilkunde im Sinne des Gesetzes ausgeübt habe. Voraussetzung hierfür sei nämlich, dass die Tätigkeit neben Heilung auch „nennenswerte gesundheitliche Schädigungen“ verursachen könne. Eine Gesundheitsgefahr habe der Wunderheiler aber nicht verursacht. Eine strafrechtlich relevante Täuschung habe er deshalb nicht begangen, weil er nie gegenüber den Patienten fälschlicherweise angegeben habe, Arzt oder geprüfter und zugelassener Heilpraktiker zu sein. Vielmehr habe er seinen Patienten stets zu einer schulmedizinischen Behandlung geraten.
Vorsicht beim „Anpreisen“ gegenüber den Patienten
Das Gericht hob aber hervor, dass solche Fälle anders zu entscheiden sein könnten, wenn „Wunderheiler“ die von ihnen angebotene Therapie mit dem Anschein der Wissenschaftlichkeit ausschmücken würden. Wenn etwa gegenüber den Patienten eine Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der Überlebensdauer dadurch in Aussicht gestellt wird, dass eine wissenschaftlich erwiesene Wirksamkeit eines Medikaments oder einer Behandlungsmethode vorgetäuscht wird, kann dies einen strafrechtlich relevanten Betrug begründen.
FAZIT | Auch für Therapeuten gilt: Die medizinische Studienlage darf im Gespräch gegenüber dem Patienten nicht beschönigt werden. Der Therapeut sollte sich auf sein Fachgebiet beschränken und den Patienten nicht etwa ärztliche Ratschläge erteilen. Er sollte sich gegenüber den Patienten nicht als Arzt gerieren, sondern eine ärztliche Konsultation empfehlen, wenn dies angezeigt ist. |