· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Selbstzahlerleistungen: Wann gilt welcher Umsatzsteuersatz? Und was gilt ab 1. Juli 2015?
von Steuerberater Björn Ziegler, Kanzlei LZS Steuerberater, Würzburg
| Erbringen Sie in Ihrer Praxis Selbstzahlerleistungen, müssen Sie immer prüfen, ob - und gegebenenfalls in welcher Höhe - Sie Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen müssen. Der nachfolgende Beitrag zeigt Schritt für Schritt, wie Sie die Prüfung angehen und welcher Steuersatz jeweils anzusetzen ist. |
Liegt ein Rezept vor oder nicht?
Bevor Sie sich über 7 Prozent oder 19 Prozent den Kopf zerbrechen, sollten Sie prüfen, ob für die gewünschte Leistung ein Privatrezept eines Arztes oder Heilpraktikers vorliegt oder nicht:
- Liegt für Ihre Behandlung eine Verordnung vor, ist sie umsatzsteuerfrei. Es handelt sich um eine steuerfreie Heilbehandlung (§ 4 Nr. 14 UStG).
- Liegt für Ihre Behandlung keine Verordnung vor, müssen Sie derzeit davon ausgehen, dass Umsatzsteuer anfällt. Das gilt nach Ansicht der Finanzbehörden auch für alle Folgebehandlungen ohne Anschlussrezept. Ein Musterverfahren gegen diesen Verordnungszwang läuft und es bestehen gute Aussichten auf Erfolg (lesen Sie dazu ausführlich PP 12/2014, Seite 3). Nur wenn Sie unter die Kleinunternehmerregelung fallen, müssen Sie keine Umsatzsteuer abführen.
PRAXISHINWEIS | Als Kleinunternehmer gelten Sie, wenn Ihre umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen im Vorjahr 17.500 Euro nicht überstiegen haben (und im laufenden Jahr 50.000 Euro nicht übersteigen werden). Um Ihren Status zu prüfen, müssen Sie Ihre Vorjahreseinnahmen aus Behandlungen ohne Rezept, Sportkursen, Verkauf von Trainingsgeräten, Kissen etc. zusammen zählen. Übersteigen diese Einnahmen die Summe von 17.500 Euro, müssen Sie Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Fragen Sie hierzu am besten Ihren Steuerberater. |
Umsatzsteuerregelung bis 30. Juni 2015
Sind Sie grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, richtet sich der Umsatzsteuersatz auf Ihre Selbstzahlerleistungen bis zur Jahresmitte 2015 danach, ob die Leistung als „Heilbad“ anzusehen ist. Die Finanzverwaltung hat die Abgrenzung bisher sehr pauschal vorgenommen. Typische physiotherapeutische Leistungen gelten demnach als Heilbad und werden mit 7 Prozent Umsatzsteuer belastet. Nur reine Wellnessleistungen gelten nicht als Heilbäder, weswegen hierfür 19 Prozent Umsatzsteuer abzuführen sind - so das Bayerische Landesamt für Steuern (S-7170 1.1-10/51 St 33 Erlass vom 25.10.2011).
Daraus kann man ableiten, dass folgende Leistungen bis 30. Juni 2015 ermäßigt mit 7 Prozent besteuert werden:
- Alle im Heilmittelkatalog enthaltenen Leistungen und
- die in der Anlage zur Heilmittelrichtlinie unter Buchstabe a) genannten Angebote, die grundsätzlich als Heilmittel anerkannt, aber nicht verordnungsfähig sind: Hippotherapie, Isokinetische Muskelrehabilitation, Höhlentherapie, Musik- und Tanztherapie, Magnetfeldtherapie ohne Verwendung implantierter Spulen, Fußreflexzonenmassage, Akupunktmassage, Atlas-Therapie nach Arlen, Mototherapie, Zilgrei-Methode, Atemtherapie nach Middendorf, Konduktive Förderung nach Petö.
19 Prozent Umsatzsteuer fallen auf alle Wellnessleistungen an. In der Anlage zur Heilmittelrichtlinie sind unter Buchstabe c) hier ausdrücklich aufgelistet:
- Massage des ganzen Körpers (Ganz- bzw. Vollmassagen)
- Massage mittels Gerät/Unterwassermassage, mittels automatischer Düsen
- Teil- und Wannenbäder, soweit sie nicht nach den Vorgaben des Heilmittelkatalogs verordnungsfähig sind
- Sauna, römisch-irische und russisch-römische Bäder
- Schwimmen und Baden, auch in Thermal- und Warmwasserbädern
- Maßnahmen, die der Veränderung der Körperform (zum Beispiel Bodybuilding) oder dem Fitness-Training dienen
- Maßnahmen, die ausschließlich der Anreizung, Verstärkung und Befriedigung des Sexualtriebs dienen sollen
Umsatzsteuerregelung ab 1. Juli 2015
Für Leistungen, die ab 1. Juli 2015 erbracht werden, gibt es eine Änderung. Das Bundesfinanzministerium hat beschlossen, dass der ermäßigte Steuersatz nur noch gilt, wenn die Selbstzahlerleistung nach dem Heilmittelkatalog verordnungsfähig ist. Ab Juli 2015 gilt daher Folgendes:
- Liegt eine Verordnung vor, ist eine Leistung wie oben beschrieben immer umsatzsteuerfrei.
- Liegt keine Verordnung vor, sind
- Leistungen des Heilmittelkatalogs mit 7 Prozent zu besteuern und
- auf die in der Anlage zur Heilmittelrichtlinie unter Buchstabe a) genannten Angebote fallen zukünftig immer 19 Prozent statt der bis 30. Juni 2015 geltenden 7 Prozent Umsatzsteuer an. Reine Wellnessleistungen bleiben unverändert mit 19 Prozent umsatzsteuerpflichtig.
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bis 30. Juni 2015 | ab 1. Juli 2015 | |
Mit Verordnung | keine Umsatzsteuer | keine Umsatzsteuer |
Ohne Verordnung | ||
| 7 % | 7 % |
| 7 % | 19 % |
| 19 % | 19 % |
*Falls Sie unter die Kleinunternehmerregelung fallen, ist keine Umsatzsteuer abzuführen.