· Nachricht · Kostenerstattung
Erstattungsprobleme bei Laborkosten: Was gilt?
von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg
| Immer wieder nehmen private Krankenversicherungen (PKVen) Leistungskürzungen bei den nach § 9 der GOZ berechneten zahntechnischen Laborkosten vor. Zwei Sachverhalte sind zu unterscheiden. |
1. Der Patient hat einen Tarif abgeschlossen, der vertraglich eine Sachkostenliste oder ein Preis- und Leistungsverzeichnis beinhaltet.
Liegt dem Versicherungstarif des Patienten bei Abschluss des Vertrages ein vertraglich vereinbartes Leistungsverzeichnis zugrunde, so kann die PKV die zahntechnischen Laborkosten auch auf der Grundlage dieses Verzeichnisses abrechnen. Derartige Leistungsverzeichnisse orientieren sich hinsichtlich dem Umfang der Leistungen und der Höhe der Vergütung in der Regel an dem in der GKV geltenden BEL. Es beruht auf einer im Jahre 1991 in der GKV eingeführten Budgetierung der Kosten für zahntechnische Leistungen, sodass nicht alle bei Privatpatienten möglichen und nach § 9 GOZ berechenbaren Leistungen und Preise in diesem gesetzlichen Leistungsverzeichnis enthalten sind.
2. Versicherungsverträge ohne ausdrückliche Erstattungsbeschränkungen
Enthält der Versicherungstarif keine Beschränkungen zur Erstattung zahntechnischer Laborkosten, was überwiegend der Fall ist, sind von der PKV in der Regel die nach § 9 GOZ berechneten angemessenen zahntechnischen Laborkosten für die medizinisch notwendige Versorgung zu erstatten. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Angemessenheit von Laborkosten für den Einzelfall zu ermitteln ist, das heißt: Bei der Preisbildung sind Art, Ausführung und Aufwand der vom Zahnarzt in Auftrag gegebenen Arbeit zu berücksichtigen. Mangels ausdrücklicher Leistungsbeschränkung im Versicherungsvertrag sind diese nach § 9 GOZ berechneten Kosten zu erstatten.
Einige PKVen nehmen aber auch ohne vertragliche Vereinbarung Kürzungen bei den zahntechnischen Laborkosten vor. Begründet werden sie in der Regel mit dem Argument, die berechneten zahntechnischen Laborkosten seien „nicht angemessen“ bzw. „überstiegen das angemessene Maß“. Dabei wird entweder auf ein hausintern erstelltes Verzeichnis verwiesen, das die angemessenen Laborkosten enthalten soll. Oder es wird auf das BEL verwiesen, das angeblich auch für die zahntechnische Versorgung von Privatpatienten gilt.
Kürzt die PKV ihre Leistungen unter Hinweis auf eines dieser Verzeichnisse, so ist dies nicht vertragsgemäß. Beide Preis- und Leitungsverzeichnisse können vom Versicherer mangels vertraglicher Vereinbarung nicht als Abrechnungsgrundlage der gemäß § 9 GOZ individuell kalkulierten und berechneten Laborkosten herangezogen werden.** Das Leistungskürzungsrecht der PKV bildet in diesem Fall ebenfalls keine rechtliche Grundlage für Erstattungskürzungen, denn nach § 5 Abs. 2 MB/KK bzw. § 5 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) erstreckt es sich nur auf den medizinischen Umfang einer Behandlung, nicht aber auf die Höhe der Heilbehandlungsaufwendungen, wozu auch die zahntechnischen Laborkosten gehören.***
**vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urteil v. 07.05.96, Az. 4 U 43/95; Urteil des LG München I vom 27.08.96, Az. 20 S 15617/94; LG München vom 19.09.00, Az. 32 S 14623/98; LG Dortmund, Urteil v. 05.05.94, Az. 2 O 188/92; LG Stuttgart, Urteil v. 25.01.95, Az. 18 0 483/94; OLG Stuttgart, Urteil vom 13.05.96, Az. 7 U 40/95; OLG Celle, Urteil vom 10.01.00, Az. 1 U 100/98, Landgericht Köln in ständiger Rechtsprechung, u.a. Urteil vom 09.08.2006, Az. 23S 51/05 u. v. 08.01.2003, Az. 23 O 13/00; Landgericht Frankfurt vom 22.07.2004, AZ. 2/23 O 299/01, OLG Frankfurt, Urteil vom 22.09.2010, Az. 3 U 15/10 u.v.a.
***Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.03.2003, Az. IV ZR 278/01 (Versicherungsrecht 2003, 581); Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 22.09.2010, Az. 3 U 15/10 in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichthofs.