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03.09.2009 | Praxisorganisation

Komplementäres oder rollierendes System - was ist besser?

Ein Erfahrungsbericht

Heute ist mein erster Tag nach drei Wochen Praxisurlaub. Das Telefon klingelt ununterbrochen. Zu den Schmerzpatienten gesellen sich die Bruchreparaturen und die bestellten Patienten. Da mein Chef als Zahnersatz-Gutachter tätig ist, ist auch eine Patientin zum Gutachten um 8.45 Uhr einbestellt. Leider sind die für das Gutachten erforderlichen Röntgenaufnahmen weder geschickt noch per Mail gesendet worden. Die Patientin hat sie auch nicht mitgebracht.  

 

Ich rufe also in der Praxis an und trage mein Anliegen vor: Sind aktuelle Bilder erstellt worden? Wenn ja, wann sind sie an den Gutachter versandt worden? Meine Gesprächspartnerin antwortet nicht sofort, sagt dann aber resolut: „Dafür bin ich nicht zuständig, das macht meine Kollegin!“ Leider musste ich mit der Patientin einen neuen Termin vereinbaren. Die Röntgenaufnahmen werden uns jetzt per Mail zugeschickt. Die für den Versand der Röntgenbilder verantwortliche Kollegin hatte zum Zeitpunkt des Gutachtenauftrags durch die Krankenkasse Urlaub.  

Wie kann es dazu kommen, dass mir jemand sagt: „Dafür bin ich nicht zuständig“? Müsste mir nicht jeder aus der Praxis weiterhelfen können? Nach welchem System wird dort gearbeitet? Offensichtlich liegt hier ein komplementäres System vor. Was heißt das?  

 

Komplementäres System

In einem komplementären System werden die Stärken der Kolleginnen frühzeitig erkannt und sie werden dementsprechend in einem klar definierten Aufgabenbereich eingesetzt. Täglich erledigen sie die gleiche Arbeit - und das fast immer fehlerfrei, sehr kompetent und mit voller Verantwortung. Durch den klar definierten Aufgabenbereich werden Konflikte vermieden, weil niemand die Grenzen seiner Kompetenzen überschreitet. Die regelmäßige Teilnahme der Kolleginnen an Fortbildungen in ihren spezifischen Bereichen ist die Voraussetzung für eine gute Arbeit.  

 

Beispiel

Die Zahnarztpraxis Dr. Bleier beschäftigt eine ZMV, die den kompletten Verwaltungs- und Rezeptionsbereich abdeckt, eine ZMP, die alle Prophylaxe-Patienten betreut, und eine ZMF, die den Assistenzbereich einschließlich Röntgen, Abformungen, Provisorienherstellung usw. abdeckt. Die Praxis bildet eine Auszubildende aus, die hauptsächlich im Bereich der Behandlungsassistenz beschäftigt ist. Alle Mitarbeiterinnen arbeiten in Vollzeit und sind echte Spezialistinnen auf ihrem Gebiet.  

Rollierendes System

Den Gegensatz bildet das rollierende System, auch Rotationssystem genannt. Hier werden in einem bestimmten Rhythmus die Aufgabenbereiche gewechselt. Jede Kollegin ist in der Lage, eine andere sofort und ohne Einarbeitungszeit zu vertreten. Es findet eine intensive Kommunikation statt. Alle können sowohl auf die Fragen der Patienten als auch auf die Fragen des Chefs bzw. der Chefin antworten. Durch verschiedene Sichtweisen auf dieselbe Arbeit kann ein besseres Arbeitsergebnis erzielt werden, es können aber auch Konflikte entstehen. Die Arbeit ist zwar abwechslungsreich, aber durchaus nicht fehlerfrei. Die Kolleginnen besuchen Fortbildungen in verschiedenen Bereichen, und die Verantwortung ist nicht klar definiert.  

 

Beispiel

In der Praxis Dr. Tewes arbeitet jede Mitarbeiterin vier Wochen lang in einem Arbeitsfeld und wechselt dann. Die Reihenfolge ist festgelegt, so dass sich alle Mitarbeiterinnen darauf einstellen und vorbereiten können - jeweils vier Wochen Rezeption, Behandlungsassistenz, Prophylaxe, Hygiene und Labor. Es ist schriftlich niedergelegt, welche Einzelaufgaben zu dem jeweiligen Bereich gehören. So muss zum Beispiel die Behandlungsassistenz die Materialbestellung übernehmen, und die aktuelle Rezeptionsmitarbeiterin macht das Recall und die komplette Abrechnung.  

Die Vor- und Nachteile beider Systeme