· Fachbeitrag · Praxismanagement
Kollektive Markenbildung in der Zahnarztpraxis: Das Praxisteam als Teil der Corporate Identity
von Dr. Johannes Löw M.A., Zahnarzt und Wissenschaftskommunikator, Würzburg
| Mund-zu-Mund-Propaganda und ein guter Ruf sind sicherlich immer noch die beste Voraussetzung für eine gut frequentierte Praxis. Gerade bei Neugründungen wird es aber immer wichtiger, gezielt als individuelle Marke auf sich aufmerksam zu machen. Dabei sollte ein in sich stimmiges Praxiskonzept präsentiert werden, das sich abhebt und einen Wiedererkennungswert hat. Das Praxisteam ist ein aktiver Faktor bei der Schaffung dieser Corporate Identity. Nur mit ihm kann anhand von Leitlinien die Marke Zahnarztpraxis wirklich gelebt werden. Das Ziel: Alle ziehen an einem Strang. |
Die Philosophie
Der Schaffung einer praxiseigenen Identität muss immer die Festlegung einer grundlegenden Philosophie vorausgehen. Wichtig ist es, hier authentisch zu bleiben und sich nicht in irgendeine Rolle hinein zu pressen. Nur durch Glaubwürdigkeit können sich Patienten und Angestellte langfristig mit der Praxis identifizieren. Diese Praxiskultur ist die Grundlage für eine nachhaltige Kundenbindung und kann gerade in der Anfangsphase zusammen mit dem Praxisteam entwickelt werden. So kann sich während der Umsetzung auch jeder als Teil der neuen Marke fühlen. Umso mehr kreative Köpfe an der Ideensammlung beteiligt sind, umso besser.
Die umgesetzte Praxisphilosophie ist die Corporate Identity. Diese findet sich im Design, in der Kommunikation und im Verhalten nach innen und außen wieder. Die endgültige Festlegung dieser Leitlinien bleibt deswegen auch dem Praxisinhaber vorbehalten und muss verbindlich umgesetzt werden. Bei der Suche nach einer Philosophie sollte von folgenden Eigenschaften der Praxis ausgegangen werden:
- Besonderheiten
- Serviceleistungen
- Spezialitäten
- Vorzüge
- Stärken
MERKE | So grundlegende Eigenschaften wie Freundlichkeit und ein gepflegtes äußeres Erscheinungsbild sowie Sauberkeit und ein zeitgemäßer Qualitätsstandard der Behandlung sollten selbstverständlich sein. Es ist deshalb nicht sinnvoll, diese Basiseigenschaften in die Praxisphilosophie aufzunehmen. |
Auch eine spezielle und außergewöhnliche Behandlungsstrategie kann zur Philosophie werden, wenn diese den Praxisalltag besonders prägt. Natürlich können auch Philosophien miteinander kombiniert werden. Es sollten allerdings nicht zu viele sein, sonst leidet das Alleinstellungsmerkmal und die Praxis verschwimmt wieder im Einheitsbrei der Konkurrenz. Am besten sind kurze und knackige Slogans mit Wiedererkennungswert.
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Die praxisinterne Marktanalyse
Um eine Praxisphilosophie für sich zu finden, sollte eine Marktanalyse durchgeführt werden. Es ist wichtig, sich zu überlegen, wen man überhaupt ansprechen will bzw. kann. Wie ist der Standort der Praxis und wie ist diese regional eingebettet? In einem Kurort ist es sicherlich kontraproduktiv, zu versuchen, ausschließlich ein junges und dynamisches Publikum anzusprechen. Um zu wissen, wie man sich abheben kann, muss man außerdem wissen, was die Konkurrenz macht. Es ist wenig sinnvoll, mit demselben Slogan und dem absolut gleichen Spektrum zu werben wie die Praxis nebenan. Ein Blick auf die Homepage oder die lokale Presse kann hier sehr aufschlussreich sein.
PRAXISHINWEIS | Gerade bei der Marktanalyse kann das Praxisteam sehr gut behilflich sein. Oft kennen sich die Praxismitarbeiterinnen in der lokalen Dentalszene besser aus als ihr Chef. Sie stehen häufig in regem Kontakt zu den Angestellten aus anderen Praxen. Man kennt sich aus der Schule oder hat sogar schon zusammengearbeitet. |
Das Corporate Design
Die grafische Farb- und Formfindung muss auf der vorher festgelegten Philosophie beruhen. Die visuelle Kommunikation sollte also mit der Praxiskultur harmonieren. Auch hier gilt das Motto: Zwei Meinungen sind besser als eine. Denn das ausgewählte Design sollte sich im gesamten Praxisauftritt - von der Homepage bis zu den Briefbögen - wiederfinden.
PRAXISHINWEIS | Von dem Grafiker werden anhand der Philosophie mehrere Vorschläge zu Farbgebung und Logo vorgestellt. Auch bei dieser Entscheidungsfindung ist es hilfreich, das Praxisteam mit einzubeziehen. Über das äußere Erscheinungsbild sollte bei einer Teambesprechung diskutiert und abgestimmt werden. Das letzte Wort hat natürlich der Praxisinhaber. Bei sehr knappen Entscheidungen kann das Team aber einen wichtigen Impuls geben. In Geschmacksfragen können gerade Frauen den männlichen Chefs behilflich sein. |
Beachten Sie | Die Farbgebung und das Logo sollten eine möglichst große Bandbreite an Menschen ansprechen. Die Farben sollten angenehm gewählt werden. Auf die klassischen Warn- und Signalfarben ist generell zu verzichten.
Logo und Farbgebung sollten sich auch in der Arbeitskleidung wiederfinden. Das symbolisiert und fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl im Team und macht einen in sich stimmigen und professionellen Eindruck. Die anhand der Corporate Identity entworfene Arbeitskleidung sollte auch auf den Fotos der Homepage oder im Praxisschaukasten getragen werden.
Gesichter als Marke
Ohne den Faktor Mensch ist eine Zahnarztpraxis undenkbar. Viele Patienten verbinden mit dem Zahnarztbesuch etwas Negatives. Umso wichtiger ist ihnen dann ein persönliches, qualifiziertes Umfeld, auf das sie vertrauen können und das sie gewohnt sind. Deswegen reicht es nicht aus, nur ein Logo und Farben visuell zu kommunizieren. Das würde kalt und unpersönlich wirken. Die Gesichter des Praxisteams und der Behandler sind deswegen wichtig, um auf menschlicher Ebene langfristig zu punkten.
PRAXISHINWEIS | Ein konstantes Team zu bieten, ist für das „Gewohnheitstier“ Mensch sehr wichtig, um sich gut aufgehoben zu fühlen. Häufige Wechsel des Teams sollten daher vermieden werden. Nur durch eine konstante Personalpolitik ist ein Wiedererkennungswert gewährleistet. Die Patienten können sich über den Praxisinhaber, aber gerade auch über alteingesessene Mitarbeiter mit der Praxis identifizieren. Nur über ein eingespieltes Team kann die Corporate Identity zu einer wirklichen Marke reifen. |
Natürlich ist es nicht immer zu vermeiden, dass Mitarbeiterinnen ersetzt werden müssen oder einen gewissen Zeitraum fehlen. Gerade bei der Marke Zahnarztpraxis ist es dann wichtig, die geeignete Kandidatin auszuwählen. Die neue Mitarbeiterin muss zur Grundphilosophie der Praxis passen oder diese bereits verkörpern. Die Qualifikation sollte zum Praxiskonzept passen und die Corporate Identity untermauern. Bei der Auswahl kann das Praxisteam dem Inhaber beratend zur Seite stehen.
Schöne Fotos als Schlüssel
Um die Mitarbeiter im besten Licht zu präsentieren, sind schöne Fotos ein Muss. Hier sollten keinesfalls Kompromisse eingegangen werden. Im Zweifelsfall ist es ratsam, einen Fotografen direkt in die Praxis zu holen. Eine professionelle Kamera, das optimale Licht und eine gekonnte Nachbearbeitung wirken meistens Wunder. Fotografiert wird natürlich in der Arbeitskleidung, die auf das Design der Praxis und der Homepage abgestimmt ist.
PRAXISHINWEIS | Der Praxisschaukasten und die Homepage sind die Orte, an denen sich die Mitarbeiter präsentieren können. Neben dem Foto sollten hier die Ausbildung und die Qualifikation kommuniziert werden. Besonderes Augenmerk ist auf Spezialitäten und Besonderheiten zu legen. Ein kurzes persönliches Statement der Mitarbeiter zu ihrer Arbeit und den Aufgabenbereichen auf der Basis der Praxisphilosophie vereint alle in ihrem gemeinsamen Wirken, arbeitet aber gleichzeitig Kernkompetenzen heraus. Die Philosophie wird gelebt. |
Social Media
Auch in sozialen Netzwerken sollten Praxisinhaber mit einem Internetauftritt präsent sein. Es handelt sich nicht nur um eine kostenlose Kommunikationsform und eine Verbesserung des Google-Rankings. Hier hat das Praxisteam die Möglichkeit, Menschen direkt anzusprechen und langfristig zu binden. Die praxiseigene Fanpage - zum Beispiel auf Facebook - bietet vor allem bei jungen Patienten Chancen.
PRAXISHINWEIS | Gerade im Bereich Social Media können vor allem jüngere Mitarbeiterinnen eine wichtige Stütze sein. Sie kennen die Sprache im Netz und können nach Absprache mit dem Praxisinhaber über ihren Praxisalltag und Neuigkeiten kommunizieren. Die Praxis bekommt ein Gesicht. Dabei sollte auf lockere und ungezwungene Weise immer wieder die gelebte Praxisphilosophie und damit auch die Corporate Identity zur Geltung kommen. |
Kontrolle und Evaluierung
Am Anfang ist es sicherlich schwierig, eine Praxisphilosophie und die darauf aufbauende Corporate Identity umzusetzen. Deswegen ist es Aufgabe der Praxismanagerin, vor allem zu Beginn auf die Arbeitsfortschritte zu achten. Der Fehlermanager in der Praxissoftware sollte verstärkt genutzt werden. Engmaschige Teambesprechungen helfen dabei, die Marke Zahnarztpraxis möglichst schnell zum Leben zu erwecken.
PRAXISHINWEIS | Einmal im Jahr sollte der Erfolg der Praxisphilosophie und der Corporate Identity kontrolliert werden. Dies kann in Form einer Patientenumfrage geschehen, die im Rahmen des Qualitätsmanagements durchgeführt wird. Anhand der Ergebnisse können dann die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. |
FAZIT | Eine Zahnarztpraxis etabliert man sicherlich nicht von heute auf morgen als Marke. In der Anfangsphase ist Geduld gefragt. Die Corporate Identity muss verinnerlicht werden, um instinktiv gelebt werden zu können. Wird die Philosophie allerdings konsequent umgesetzt, wird die Praxis automatisch zur Marke. Diese klare Linie macht sich im Wettbewerb bezahlt. Die Charaktere und Gesichter des Praxisteams werden bei diesem Prozess zu einem festen Bestandteil der Marke Zahnarztpraxis. Das Team sorgt so langfristig für Glaubwürdigkeit und Patientenbindung. Das gibt den Praxisabläufen eine individuelle menschliche Note mit Wiedererkennungswert. Und eine Tatsache ist und bleibt gewiss: Ein funktionierendes Team, das nicht häufig wechselt, ist die beste Marketingstrategie. |
Weiterführende Hinweise
- „Kommunikation über Facebook: Erfahrungen von 360°zahn, Gemeinschaftspraxis in Düsseldorf“ in PPZ 11/2011, Seite 2
- „So finden Sie die Auszubildende oder neue Kollegin, die optimal zu Ihrer Praxis passt!“ in PPZ 02/2009, Seite 13