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16.11.2016 · IWW-Abrufnummer 189958

Arbeitsgericht Leipzig: Urteil vom 23.07.2015 – 8 Ca 532/15

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Aktenzeichen:    8 Ca 532/15     
Verkündet am 23. Juli 2015

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

S.

- Klägerin -
 
Prozessbev.:    R.
 
gegen

M.

- Beklagte -
 
Prozessbev.:    R.

hat das Arbeitsgericht Leipzig, 8. Kammer, durch die Richterin am Arbeitsgericht         K.            als Vorsitzende  sowie die ehrenamtlichen Richter Herr G.      und Herr W.           aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2015
für Recht erkannt:
  1. Es wird festgestellt, dass das  Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom 28.01.2015 nicht zum 31.05.2015 beendet worden ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 28.07.2014 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
  3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  4. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu ¼ und die Beklagte zu ¾ zu tragen.
  5. Der Streitwert wird auf 18.935,55 € festgesetzt.
Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine ordentliche Arbeitgeberkündigung, die Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses und die Entfernung einer Abmahnung.

Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte vertreibt Kraftfahrzeuge und bietet ihren Kunden sämtlichen Service im Zusammenhang mit deren Kraftfahrzeugen an. Die Beklagte unterhält unter anderem eine Niederlassung in Leipzig. Die Beklagte gehört zum Konzern der D.         AG.

Die        geborene, geschiedene Klägerin ist seit dem 01.10.2004 bei der Beklagten tätig. Nach dem Arbeitsvertrag vom 26.04.2006/28.04.2006 Ziffer 1. wird die Klägerin ab 01.05.2006 als Laden- und Gebrauchtfahrzeugverkäuferin für Pkw innerhalb des Pkw-Verkaufs eingesetzt. Ferner heißt es in der Ziffer 1:

"Die Firma behält sich vor, Einzelheiten des Verkaufsgeschäftes zu regeln, insbesondere das Verkaufsgebiet, in denen sie tätig sind, festzulegen oder zu ändern oder nach eigenem Ermessen durch weitere oder andere Mitarbeiter bearbeiten zu lassen. Ein Anspruch auf alleinige Bearbeitung besteht nicht. Bei Gebietsänderungen werden ihre berechtigten Interessen berücksichtigt. Die Firma ist berechtigt, ihnen auch andere, ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende Aufgaben zu übertragen oder sie an einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen. Ihre Arbeitszeit richtet sich nach den Erfordernissen ihrer Arbeitsaufgabe" (Anlage B 1, Blatt 78 der Akte).

Die Klägerin erzielte 2010 ein Jahresbruttoeinkommen von 64.938,74 EUR und 2011 von 62.921,52 EUR. Sie war vor ihrer Arbeitsunfähigkeit ab 16.12.2011 in einer Verkäufergemeinschaft integriert und hat vom Absatz der aktiven Gebrauchtfahrzeugverkäufe in Höhe von 11,93% eines jeden Verkaufs partizipiert, wenn sie an dem Tag, an dem der Verkaufsabschluss erfolgte, im Laden anwesend war.

Die Klägerin war vom 16.12.2011 arbeitsunfähig und wurde am 02.04.2013 wieder eingegliedert. Die Beklagte führte nach § 84 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement durch (BEM).

Seit 02.04.2013 wird die Klägerin im Internetverkaufsteam (im Nachfolgenden: IVT) eingesetzt. 2014 erhielt sie ein Bruttojahreseinkommen in Höhe von 45.445,40 € brutto, was einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 3.787,11 € entspricht.

Die Vergütung der Klägerin nach dem Arbeitsvertrag richtet sich für das Fixgehalt und die monatliche Garantieprovision nach der Gesamtbetriebsvereinbarung "Vergütung Verkäufer" vom 06. Dezember 2011.

Die Klägerin erhielt ihr ursprüngliches Arbeitsentgelt weiter, jedoch die im Bereich IVT tätigen Arbeitnehmer erhalten, weil sie keine eigenen Verkaufsgeschäfte abschließen, keine Vergütung nach dieser Vereinbarung. Arbeitnehmer im IVT mit einem Angestelltenvertrag als kaufmännische Angestellte werden gemäß der Vergütungsgruppe 4 des bei der Beklagten anwendbaren Tarifvertrages, was ein Tarifgehalt in Höhe von € 2.240,00 (brutto) pro Monat ergibt und unter Umständen bei einer guten Leistungsbeurteilung noch mit einer Zulage in Höhe von € 148,00 (brutto) pro Monat vergütet.

Die Klägerin erhielt eine Abmahnung mit Schreiben vom 28.07.2014. Wegen des Inhaltes der Abmahnung wird auf Blatt 30 der Akte verwiesen. Die Klägerin widersprach der Abmahnung mit Schreiben vom 25.08.2014 (Blatt 31 der Akte).

Die Beklagte bot der Klägerin mehrmals 2014 die Änderung des Arbeitsverhältnisses unter Aufrechterhaltung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit einer geringeren Vergütung an. Die Klägerin lehnte die Änderungsangebote ab.

Die Beklagte informierte mit Schreiben vom 16.01.2015 den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung und begehrte die Zustimmung zur Versetzung. Auf das Anhörungsschreiben wird im Hinblick auf den Inhalt auf die Anlage B 13 (Blatt 116 - 125 der Akte) Bezug genommen. Es gab auch mündliche Informationen durch die Beklagte gegenüber dem Betriebsrat. Das Anhörungsschreiben ist dem Betriebsrat nach dem 16.01.2015 - jedoch noch vor dem 21.01.2015 zugegangen. Er führte am 21.01.2015 eine Betriebsratssitzung durch. Mit Schreiben vom 21.01.2015 widersprach der Betriebsrat der Kündigung. Wegen des Inhaltes des Widerspruches wird auf Blatt 162 der Akte verwiesen.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 28.01.2015 unter Berücksichtigung eines Änderungsangebotes das Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin. Wegen des Inhaltes der Änderungskündigung wird auf Blatt 28 und 29 der Akte Bezug genommen. Die Änderungskündigung ist der Klägerin am 29.01.2015 zugegangen. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt an. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Leipzig am 12.02.2015.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Änderungskündigung unwirksam sei. Die Herabsetzung der Vergütung mit dem Änderungsangebot sei nicht gerechtfertigt. Die Beklagte habe keinen Kündigungsgrund nachgewiesen. Außerdem sei der Betriebsrat unzureichend informiert worden. Die Beklagte habe falsche Angaben vorgenommen. Sie habe gegenüber dem Betriebsrat behauptet, dass sie die Weiterbeschäftigung zu den ursprünglich vereinbarten Arbeitsaufgaben abgelehnt habe. Dies sei unzutreffend. Sie habe nur einen Teil der Aufgabe abgelehnt. Außerdem habe die Beklagte den Betriebsrat verdreht und nicht ausreichend über das BEM informiert. Darüber hinaus sei das Änderungsangebot unverhältnismäßig. Daher habe sie es nicht unter Vorbehalt angenommen.

Die Abmahnung sei aus der Personalakte zu entfernen, weil sie zwar zu spät gekommen sei, jedoch die Reaktion unverhältnismäßig sei.

Die Klägerin beantragt:

1.    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom 28.01.2015 weder beendet noch geändert wird.

2.    Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zur Rechtskraft einer Entscheidung zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den 31.05.2015 hinaus als Verkäuferin im Internetvertriebsteam weiter zu beschäftigen.

3.    Die Beklagte wird verurteilt, die der Klägerin erteilte Abmahnung vom 28.07.2014 ersatzlos aus von der Beklagten geführten Personalakte über die Klägerin zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Änderungskündigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sei. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Er sei ausreichend über die Sozialdaten, die Kündigungsgründe und sämtliche Umstände schriftlich und mündlich informiert worden. Es sei unzutreffend, dass falsche Angaben im Hinblick auf die Ablehnung der Klägerin über die vereinbarte Arbeitsaufgabe erfolgt seien. Auch sei ausreichend über die betriebliche Eingliederungsmaßnahme informiert worden. Die Kündigung sei aus krankheitsbedingten Gründen erfolgt. Die Klägerin sei dauerhaft für die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsaufgabe als Laden- und Gebrauchtwagenverkäuferin für Pkw teilweise nicht mehr aus gesundheitlichen Gründen geeignet. Die Klägerin habe mehrmals den Einsatz mit der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsaufgabe aufgrund gesundheitlicher Gründe und aufgrund ihrer Erkrankung im Jahr 2011 bis 2013 abgelehnt. Aus Fürsorgepflichten habe die Beklagte daher einen leidensgerechten Arbeitsplatz gesucht. Die Versetzung im Rahmen der Wiedereingliederung sei nicht dauerhaft gewesen, sondern zeitlich befristet. Dies sei der Klägerin im Gespräch am 27.02.2013 ausreichend mitgeteilt worden. Die Stelle im IVT, die die Klägerin erhalten habe, sei nur zeitlich befristet gewesen. Die Klägerin habe die Stelleninhaberin nur vertreten sollen. Die Beklagte habe jedoch durch zur Verfügung stellen eines anderen Arbeitsplatzes diesen Arbeitsplatz freigemacht und deshalb mehrfach vor Ausspruch der Änderungskündigung der Klägerin die Stelle angeboten. Die Aufrechterhaltung der Tätigkeit im IVT mit der aus Fürsorgegründen zeitlich befristeten Vergütung der Klägerin nach der Tätigkeit Laden- und Gebrauchtwagenverkäuferin für Pkw sei der Beklagten auf Dauer nicht zuzumuten, weil die Entgeltstruktur aufgrund von Betriebsvereinbarungen anders sei. In dem Bereich IVT werde nicht die Vergütungsstruktur für Verkäufer angewendet, sondern die nach Tarifvertrag. Die Beklagte habe mit der Änderungskündigung sich entgeltgerecht versucht zu verhalten. Der Klägerin sei der freie leidensgerechte Arbeitsplatz angeboten worden. Dieser sei ihr auch zumutbar, denn er entspreche ihrer gesundheitlichen Eignung und auch die ausgeübten Tätigkeiten seien mit der im Bereich IVT und nach dem Tarifvertrag anzusetzenden Vergütungsgruppe ausreichend. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Klägerin ledig sei und keine Unterhaltsverpflichtungen habe. Zwar habe sie eine lange Betriebszugehörigkeit, jedoch sei das Verhalten der Klägerin - Ablehnung der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsaufgabe - zu berücksichtigen und der Umstand, dass sich die Beklagte um eine leidensgerechte Beschäftigung bemüht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Die Änderungskündigung der Beklagten vom 29.01.2015 ist nach § 1 Abs. 2 KSchG in Verbindung mit § 2 KSchG sozialwidrig. Eine negative Gesundheitsprognose liegt nicht vor. Die Abmahnung vom 28.07.2014 ist aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen, weil sie unverhältnismäßig ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses mit einer Beschäftigung als Verkäuferin im Internetvertriebssystem, weil ein derartiger vertraglicher Anspruch auf Beschäftigung nicht besteht und die Weisung der Beklagten zur Ausübung dieser Tätigkeit unwirksam ist.

1. Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Klägerin ist mehr als 6 Monate beschäftigt und bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer.

2. Die Änderungskündigung der Beklagten vom 28.01.2015 ist nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß zur Kündigung beteiligt. Ihm sind keine falschen Angaben zur Ablehnung der Klägerin und verdrehte Umstände für das BEM mitgeteilt worden. Aus der Sicht der Beklagten hat sie entsprechend der subjektiven Determinierung den Betriebsrat im Anhörungsschreiben ausreichend  informiert.

3. Die Änderungskündigung der Beklagten ist auf ihre Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2, 2 KSchG zu prüfen. Die Klägerin hat das Änderungsangebot der Beklagten nicht angenommen, so dass es sich um eine Beendigungskündigung handelt. Dies ist jedoch nach dem Maßstab einer Änderungskündigung zu prüfen. Die Änderungskündigung der Beklagten vom 28.01.2015 ist sozial ungerechtfertigt, weil Kündigungsgründe nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 KSchG nicht vorliegen.

Eine Änderungskündigung ist dann sozial gerechtfertigt, wenn der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen personenbedingte Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG entgegenstehen. Dementsprechend sind auch die zu § 1 KSchG entwickelten allgemeinen Grundsätze der Sozialwidrigkeit maßgebend. In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob die angebotenen geänderten Arbeitsbedingungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (Hess. LAG, Urteil v. 01.07.2014 - 13 Sa 925/12, in juris Rn. 88).
Vorliegend handelt es sich um eine personenbedingte Kündigung in Form einer dauerhaften Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind krankheitsbedingte Kündigungen auf ihre Wirksamkeit hin 3-stufig zu prüfen (BAG, Urteil v. 19.04.2007 - 2 AZR 239/06, in juris). Es ist zunächst eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes des erkrankten Arbeitnehmers erforderlich. Bezogen auf den Kündigungszeitpunkt und die bisher ausgeübte Tätigkeit müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis einer weiteren langanhaltenden Erkrankung bzw. einer Nichtbehebbarkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigung rechtfertigen. In der zweiten Stufe müssen darauf beruhende erhebliche Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen vorliegen und in der dritten Stufe ist im Rahmen der Interessenabwägung festzustellen, ob die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Für eine Änderungskündigung kann nichts anderes gelten (Hess. LAG, Urteil v. 01.07.2014 - 13 Sa 925/12, in juris Rn. 91; BAG, Urteil v. 20.11.2014 - 2 AZR 664/13, in juris Rn. 13).

Die Kammer geht davon aus, dass eine negative Gesundheitsprognose bezüglich der Klägerin aufgrund ihrer eigenen Angaben nicht gegeben ist. Die Beklagte ist der Auffassung, dass aufgrund der Erklärungen der Klägerin im Gespräch am 27.02.2013, dass sie ihre bisherige arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zukünftig nicht mehr erbringen kann, mit der Begründung, dass sie der direkte Kundenkontakt - gerade auch in konfrontativer Situation - zu stark belaste und von ihr nicht mehr geleistet werden kann, davon auszugehen ist, dass eine dauerhafte Unmöglichkeit der Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung mit der Tätigkeit Laden- und Gebrauchtwagenverkäuferin für Pkw gegeben sei. Würde man der Klägerin diese Tätigkeiten wieder übertragen, die zum Tätigkeitsbild als Laden- und Gebrauchtwagenverkäufer gehören, würde wie 2011 bis 2013 dies zu gesundheitlichen Belastungen führen.

Nach Auffassung der Kammer durfte sich die Arbeitgeberin nicht auf die Einlassungen der Klägerin ohne erneute Überprüfung ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung beschränken, selbst wenn durch Zeugeneinvernahme ihre Version des Gespräches am 27.02.2013 bestätigt werden würde. Zwischen der Beendigung des BEM und dem  Zugang der Kündigung liegen ca. 1,5 Jahre. Es ist eine Gesundung der Klägerin eingetreten, jedenfalls arbeitsunfähig war die Klägerin wegen dem ursprünglichen Krankheitsbild nicht. Die Annahme der Beklagten, im Falle zukünftiger Erkrankungen  würde die Klägerin sofort wieder erkranken, teilt die Kammer nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Erkrankung der Klägerin im Zeitraum 2011 bis 2013 nicht mit einer körperlichen Beeinträchtigung wie einer Zwangshaltung zu vergleichen. Psychische Erkrankungen sind anders gelagert und betreffen die gesamte Person. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war die Klägerin nicht wegen psychischer gesundheitlicher Probleme arbeitsunfähig. Zwar hat die Klägerin konfliktbeladene Situationen während ihrer Tätigkeit im Internetvertriebssystem aufgrund fehlender Kundenkontakte nicht erfahren, dies führt jedoch nicht zu der Annahme der Beklagten, dass bei erneuter Aufnahme der vereinbarten Tätigkeiten als Laden- und Gebrauchtwagenverkäuferin für Pkw derartige krankheitsbedingte Beeinträchtigungen eintreten werden. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung versichert, dass sie in der Lage ist, die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsaufgabe auszuüben. Sie hält sich für optimal einsetzbar, schränkt jedoch lediglich ein, dass bei vollständiger Übertragung von Leasingtätigkeiten im Ladenbereich gesundheitliche Beeinträchtigung nicht auszuschließen sind. Da die Beklagte im Rahmen der Verhandlung versichert hat, dass kein überwiegender Anteil von Leasingaufgaben, sondern höchstens 20 % im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit anfallen, spielt die Einschränkung der Klägerin keine Rolle. Es fehlt an den für die negative Gesundheitsprognose für die Zukunft konkreten objektiven Umständen, die den Schluss zulassen, dass die Klägerin dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsaufgabe auszuüben. Auf die weiteren Prüfungen im Rahmen der Änderungskündigung kommt es nicht mehr an, weil bereits die Sozialwidrigkeit der Kündigung durch Nichterfüllung der ersten Stufe feststeht. Das Arbeitsverhältnis wird nicht durch die Änderungskündigung der Beklagten zum 31.05.2015 beendet.

4. Die Abmahnung der Beklagten vom 28.07.2015 ist aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nach den §§ 1004, 242 BGB (Hessisches LAG, Urteil vom 22.6.2010 -12 Sa 829/09, in Juris, Rn. 17).

Eine Abmahnung setzt zwar einen objektiven Pflichtverstoß und kein vorwerfbares Verhalten voraus. Jedoch ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vom Abmahnenden dabei insofern zu beachten, als ein vertretbares Verhältnis zwischen dem Fehlverhalten und einer Sanktion durch eine Abmahnung zu fordern ist. Die Ausübung eines Rechts ist dann unzulässig, wenn sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere, weniger schwerwiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebenso Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären (Hessisches LAG, Urteil vom 22.06.2010 - 12 Sa 829/09, in Juris, Rn. 18).

Zutreffend und unstreitig ist, dass die Klägerin am 18.07.2014 13 Minuten zu spät gekommen ist. Darin ist eine schuldhafte Arbeitspflichtverletzung zu sehen.

Eine Abmahnung muss jedoch auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (LAG Bremen, Urteil v. 08.09.1982, 2 Sa 1/82). Bei Geringfügigkeit des Fehlverhaltens (zu spät kommen nur um wenige Minuten) kann der Arbeitgeber von einer schriftlichen Abmahnung Abstand nehmen. Für ein derartiges geringfügiges Verhalten ist eine Ermahnung ausreichend, eine Verhaltensänderung zu bewirken.

Die Beklagte hat die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt.

Die Abmahnung ist daher aus der Personalakte der Klägerin  zu entfernen.

5. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses zu der von ihr beantragten Tätigkeit.

Die Klägerin hat diese Tätigkeit nicht im Rahmen einer arbeitsvertraglich vereinbarten Regelung der Parteien ausgeübt. Die Behauptung der Klägerin, einer inhaltlichen Konkretisierung auf diese Arbeitsaufgabe, wird nicht gefolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss ein Zeit- und Umstandsmoment vorliegen.

Die Ausübung der Tätigkeit von ca. 1,5 Jahren reicht für das Zeitmoment nicht aus. Darüber hinaus gibt es keine ausreichenden Umstände für das Verhalten der Beklagten, dass mit der Klägerin diese Tätigkeit dauerhaft im Rahmen einer Änderung der Arbeitsaufgabe vereinbart worden ist. Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung liegt nicht vor, weil kein schriftlicher Änderungsvertrag über eine geänderte Arbeitsaufgabe  abgeschlossen worden ist. Es wird auf das Schriftformerfordernis nach Ziffer 16. des Arbeitsvertrages vom 26.04.2006/28.04.2006 verwiesen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass das Schriftformerfordernis abgedungen worden ist. Die Ausübung der Tätigkeit im IVT erfolgte im Rahmen einer Versetzung der Beklagten. Die Parteien streiten darüber, ob diese Versetzung wirksam ist. Nach Auffassung der Kammer ist diese Versetzung unwirksam, weil eine Zustimmung des Betriebsrates zu einer vorübergehenden Versetzung gemäß § 99 BetrVG nicht vorliegt. Die Klägerin kann nicht im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses eine ihrer Ansicht nach unwirksame Weisung im Rahmen ihres Weiterbeschäftigungsantrages durchsetzen.  Der Antrag auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses war somit abzuweisen. Außerdem hat die Klägerin betont, dass sie der Lage ist, ihre arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsaufgabe auszuüben.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 ZPO. Jeweils nach dem Unterliegen und Obsiegen der Parteien waren die Kosten des Verfahrens verhältnismäßig zu teilen. Die Klägerin ist im Hinblick auf den Weiterbeschäftigungsantrag unterlegen und die Beklagte im Hinblick auf die Kündigung und die Abmahnung.

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 GKG und § 3 ZPO. Für die Kündigung wurde ein Vierteljahreseinkommen, für den Weiterbeschäftigungsantrag ein weiteres Bruttomonatseinkommen und für die Abmahnung ein weiteres Bruttomonatseinkommen berücksichtigt.

Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin und der Beklagten Berufung eingelegt werden,   
- wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist;
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
- in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die
  Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.
Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim
Sächsischen Landesarbeitsgericht,
Zwickauer Straße 54, 09112 Chemnitz
eingelegt werden.
Sie ist gleichzeitig oder innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.
Die elektronische  Form wird durch eine qualifiziert signierte elektronische  Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der  Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über den elektronischen Rechtsverkehr in Sachsen (SächsERVerkVO) vom 16. Juli 2010 (SächsGVBl. S. 190) in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de. Die Einlegung des Rechtsbehelfs/Rechtsmittels durch eine einfache E-Mail wahrt dagegen die Form nicht.
Berufungsschrift und Berufungsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Sie können auch von einem Vertreter einer Gewerkschaft oder von einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von einem Zusammenschluss solcher Verbände unterzeichnet werden, wenn diese kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt ist und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Satz 2 des Absatzes gilt entsprechend für Bevollmächtigte, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der in Satz 2 des Absatzes genannten Organisation stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Mitglieder der in Satz 2 des Absatzes genannten Organisationen können sich durch einen Vertreter eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung vertreten lassen. Satz 3 des Absatzes gilt entsprechend.
Die Berufungsbegründung und weitere Schriftsätze sollen dem Sächsischen Landesarbeitsgericht in fünffacher Fertigung vorgelegt werden. Dies gilt nicht bei Einreichung in elektronischer Form.

gez.
Richterin am Arbeitsgericht