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· Fachbeitrag · Betriebsklima

Diese Punkte machen aus Sicht der ZFA einen guten Chef bzw. eine gute Chefin aus!

von Ute Thelen, Fachwirtin für Zahnärztliches Praxismanagement, Sassenberg

| Was macht einen guten Chef bzw. eine gute Chefin aus und welche Möglichkeiten habe ich als Praxismitarbeiterin, darauf Einfluss zu nehmen? |

Welche Zutaten werden für eine „gute Mischung“ benötigt?

Ohne zufriedene Patienten kann eine Praxis heute kaum noch überleben. Aber zufriedene Kunden bekommen wir nur über zufriedene Mitarbeiterinnen. Denn die Mitarbeiterinnen sind das Aushängeschild jeder Praxis. Jede Mitarbeiterin hat eine Funktion als „PR-Manager“ für die Praxis. Durch persönliche Beziehungen zwischen Patienten und Mitarbeiterinnen, Aufbau von Vertrauen, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und widerspruchsfreiem Verhalten wird ein optimales Verhältnis zum Patienten aufgebaut.

 

Leider sieht die Realität oft anders aus: Kürzlich wurde der Ausbildungsreport 2016 vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) veröffentlicht (siehe PPZ Nr. 10/2015, Seite 10). Die Ausbildung zur ZFA landet in der Zufriedenheitsskala wiederum auf einem der letzten Plätze. Das muss doch irgendwie zu ändern sein! Aber welche realistischen Eigenschaften würden wir Mitarbeiterinnen an unseren Chefs und Chefinnen am meisten schätzen? Was ist uns ZFA’s wirklich wichtig? Was wirkt sich wie auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus? Wie schön wäre es doch, wenn man sich nach dem Rezept „Man nehme ...“ einen Chef „backen“ könnte? Hier ist ein fiktives Beispiel:

 

  • Das Rezept für einen guten Chef bzw. eine gute Chefin

Man nehme:

  • 500 g Wertschätzung
  • 200 g klare Zielvorgaben und Führungskompetenz
  • 250 ml Vertrauen und Delegation
  • 1 Prise fachliche Kompetenz
  • 3 gehäufte Esslöffel transparente Entscheidungen unter Einbindung der Mitarbeiterinnen
  • 1 Teelöffel Unterstützung für die fortbildungswillige ZFA
  • 1 abgeriebene Scheibe Verantwortung abgeben
  • 1 Messerspitze gute Laune und Humor
  • 1 Körnchen Einfühlungsvermögen
  • Überbacken mit viel Lob für die gut geleistete Arbeit der Mitarbeiterinnen
  • Das fertige Gericht wird mit einem Strauß Gelassenheit und entspannter Arbeitsatmosphäre serviert.
 

Lob für gute Arbeit

Oft wird vom Chef nur kritisiert, wenn etwas nicht funktioniert, und gute Arbeit wird als selbstverständlich angesehen. Das ist in diesem Beispiel anders:

 

  • Beispiel

Montagmittag, kurz vor der Mittagspause. Viele Schmerzpatienten sind ohne Termin in die Praxis gekommen. Aus einer geplanten Füllung wurde eine endodontische Behandlung und einige ungeplante Prothesenreparaturen mussten für das zahntechnische Labor vorbereitet werden. Das Team hat es trotzdem geschafft, dass alle Patienten, wenn auch mit ein wenig Verspätung (trotz Pufferzeiten für Schmerzpatienten und Telefonate), versorgt wurden. Jetzt noch schnell den Thermodesinfektor einräumen und Leistungen eingeben, dann können die Mitarbeiterinnen die wohlverdiente Mittagspause genießen. Da kommt der Praxisinhaber in den Aufbereitungsraum und bedankt sich bei seinen Mitarbeiterinnen für die gute Arbeit und lobt vor allem die Selbstständigkeit, die sie bei der Vorbereitung der Zimmer und bei den Prothesenreparaturen an den Tag gelegt haben.

 

Jeder von uns weiß, wie motivierend ein Lob wirkt! Es freuen sich die Auszubildende genauso wie die Mitarbeiterin an der Anmeldung mit 30-jähriger Berufserfahrung. Aber auch Kritik ist wichtig! Sie sollte immer zeitnah, aber nur respektvoll und nicht vor dem Patienten „überbracht“ werden.

Arbeitszeiten einhalten

Das folgende Beispiel verdeutlich, worum es geht:

 

  • Beispiel

Donnerstagabend 18:30 Uhr, letzter Patient. Geplant ist eine Vorsorgeuntersuchung mit Bissflügelaufnahmen. Beim Patienten wird an allen 6-ern Karies festgestellt. Der Patient wünscht sich eine sofortige Behandlung, damit er nicht nochmal wiederkommen muss. Der Zahnarzt erklärt dem Patienten, dass seine Mitarbeiterinnen bereits seit 8:00 Uhr mit einer kurzen Mittagspause tätig seien und sie jetzt den wohlverdienten Feierabend genießen sollten. Da kein Zahn Schmerzen bereitet, bittet er den Patienten, sich einen neuen Termin geben zu lassen.

 

Starre hierarchische Strukturen gehören der Vergangenheit an. Ein Chef muss heute in der Lage sein, sich in die Lage seiner Mitarbeiterinnen zu versetzen und sehen, dass sie auch ein Anspruch auf Freizeit haben.

Fortbildung unterstützen

Dazu wiederum ein Beispiel:

 

  • Beispiel

Die Kollegin ist seit Jahren in der Prophylaxe engagiert, hat jede Menge Kurse zu diesem Thema absolviert. Ihr größter Wunsch ist es, die Fortbildung zur ZMP zu besuchen. Der Praxisinhaber und die Mitarbeiterin vereinbaren einen Fortbildungsvertrag mit Bindung und Rückzahlungsklausel, bezahlte Freistellung der Mitarbeiterin und die volle Kostenübernahme durch den Praxisinhaber.

 

Hier hat der Praxisinhaber das Potenzial seiner Mitarbeiterin erkannt und wird ihre Stärken fördern. Er kann davon ausgehen, dass er damit eine loyale Mitarbeiterin gewinnt. Nicht nur durch die vertragliche Bindungsklausel wird seine Praxis sehr lange von dieser Fortbildung profitieren.

Entscheidungen mittragen

Urlaubsplanung: Der Praxisinhaber bittet im Herbst alle Mitarbeiterinnen, ihre Urlaubswünsche für das kommende Jahr aufzuschreiben. Gemeinsam mit der Praxismanagerin versucht er, diese Wünsche zu koordinieren und das Ergebnis oder auch Überschneidungen mit den Mitarbeiterinnen besprechen.

 

Neue Praxisstruktur: Durch die Erweiterung der Praxis durch den angestellten Zahnarzt muss über neues Personal nachgedacht werden. Die Praxis wird nun durchgängig das ganze Jahr geöffnet sein - und dies an jedem Tag von 8:00 bis 19:00 Uhr. Der Chef bittet die Mitarbeiterinnen um ihre Meinung, wie viele Kolleginnen wohl gebraucht werden.

 

Durch das Einbinden der Mitarbeiterinnen in bestimmte Entscheidungen fühlen sich Mitarbeiterinnen respektiert und ernstgenommen. Nichts ist demotivierender als ein fertig präsentierter Urlaubsplan ohne Änderungsmöglichkeiten oder kurzfristig von neuen Öffnungszeiten überrascht zu werden. Der goldene Mittelweg zwischen der Sichtweise der Mitarbeiterinnen und derjenigen des Praxisinhabers ist eine gute wirtschaftliche Entscheidung. Schätzungen durch den Praxisinhaber allein führen nach meiner Erfahrung zu einer notorischen Unterbesetzung. Schätzungen der Mitarbeiterinnen gehen vermutlich eher in die entgegengesetzte Richtung. Der Praxisinhaber behält das Heft trotzdem in der Hand, auch wenn er mal sein Team um Rat fragt.

Gelassenheit und Zuverlässigkeit in Krisensituationen

Besonders in „brenzligen“ Situationen zeigt sich, ob sich der Chef in seine Mitarbeiterinnen hineinversetzen kann und ob er „hinter“ ihnen steht.

 

  • Beispiel

Ein Privatpatient hat einen 120-Minuten-Termin für eine Präparation mit dem nagelneuen CEREC-System. Die Krone wird hier in einer Sitzung direkt in der Praxis fertiggestellt. Der Praxisinhaber präpariert und scannt den präparierten Zahn und den Gegenkiefer ein. Anschließend überträgt die CEREC-Software die Daten an die CEREC-Fräseinheit. Leider streikt in diesem Moment unser W-LAN -  und nichts geht mehr. Dem Patienten wird das Problem erklärt, er wird provisorisch versorgt und muss anders als versprochen zu einem späteren Zeitpunkt seine Krone eingesetzt bekommen. Der Praxisinhaber bleibt trotzdem gelassen und keiner bekommt seinen Ärger zu spüren. „Es gibt immer Dinge, die ich nicht ändern kann, warum soll ich mich darüber aufregen“, war seine Aussage dazu.

 

Humor hat er auch noch - besser geht’s nicht.

 

FAZIT | Dies sind lediglich einige Beispiele dafür, was einen guten Chef bzw. eine gute Chefin ausmacht. Viele weitere sind denkbar. Überlegen Sie, wie es in Ihrer Praxis läuft und wo es noch „Verbesserungspotenzial“ gäbe. Aber selbstverständlich hängt ein gutes Betriebsklima immer von beiden Seiten ab. Welche Vorstellungen ein Zahnarzt und Praxisinhaber von einer guten ZFA hat, konnten Sie in der letzten Ausgabe von „PPZ Praxisteam professionell“ lesen.

Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 1 | ID 44362856