· Fachbeitrag · Wiedereingliederung
Der Wiedereinstieg junger Mütter ins Praxisteam nach der Babypause - so gelingt er!
von Angelika Schreiber, Hockenheim
| Die eigene Erwerbstätigkeit gehört für die meisten Frauen in Deutschland zum aktuellen Lebensmodell. Doch eine Schwangerschaft verändert Vieles, z. B. muss die Tätigkeit als Teammitglied in einer Zahnarztpraxis unterbrochen werden. Wie geht es nach der Elternzeit weiter? Mit welchen Vorarbeiten gelingt es, den Wiedereinstieg problemlos zu bewältigen? |
Zurück ins Berufsleben
Vieles spricht für den schnellen beruflichen Wiedereinstieg: Man ist finanziell unabhängiger, die Familie wird wirtschaftlich abgesichert und der Partner entsprechend entlastet. Zudem werden bei kürzerer Familienpause mehr Rentenansprüche zur Alterssicherung erworben - ein Umstand, der zunehmend wichtiger wird. Neben diesen allgemeinen Beweggründen spielen vermehrt persönliche Motivationsfaktoren eine Rolle: Durch eine schnelle Rückkehr in den Beruf bieten sich oftmals Chancen zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung, die nicht nur Aufstiegsmöglichkeiten zur Folge haben, sondern in erster Linie das Selbstbewusstsein stärken.
Wiedereinstieg innerhalb eines Jahres?
Nach einer Studie des Bundesfamilienministeriums kehren 62 Prozent der Frauen mit einem Kind bereits innerhalb eines Jahres in den Beruf zurück - dabei steht das durch den Job vermittelte Selbstwertgefühl im Vordergrund. Es fällt auf, dass viele Mütter erneut aussteigen - doch warum? Ein Jahr Elternzeit mit Windeln wechseln, Babyschwimmen und Krabbelgruppe steigert nicht unbedingt das Selbstwertgefühl. Damit einher gehen Selbstzweifel und Unsicherheit, die die Rückkehr ins Berufsleben nicht fördern.
Selbstbewusstsein geht verloren
Je länger die Erwerbstätigkeit ruht, umso geringer ist das Selbstbewusstsein. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten schwindet, Kleinigkeiten werden zum Problem: Neue Geräte (z. B. ein neues Röntgengerät oder ein neuer Drucker), andere Materialien oder geänderte Behandlungsabläufe führen dazu, dass der Zeitdruck steigt, die Mitarbeiterin unsicherer wird, ihre Souveränität verliert und letztendlich unzufriedener wird.
Mut fassen und sich den Aufgaben stellen!
Man fühlt sich den Anforderungen nicht mehr gewachsen, auch wenn es sich um Aufgaben handelt, die man früher spielend bewältigte. Viele Aussteigerinnen fühlen sich vom Chef überfordert und von den Kollegen im Stich gelassen. Was hilft? Erinnern Sie sich doch einmal an Ihren Start ins Berufsleben! In diesen Tagen war auch alles neu und fremd. Fassen Sie neuen Mut und Vertrauen in das eigene Können und stellen sich den Herausforderungen!
Wiedereinstieg in Teilzeit
Betrachtet man die Kita-Öffnungszeiten, die Anforderungen an die Kinder in der Schule und die Bedingungen am Arbeitsmarkt, wird schnell klar, dass eine Vollzeitstelle häufig keine Option ist. Der Wiedereinstieg in die Praxistätigkeit erfolgt daher meist in Teilzeit. Dabei klagen viele Frauen, der Chef habe kein Verständnis für ihre besondere Situation, die auch gewisse Einschränkungen mit sich bringt, z. B. ist man nicht immer verfügbar. Noch problematischer ist die Lage für alleinerziehende Mütter: Sie sind bereits aus wirtschaftlichen Gründen und trotz aller organisatorischer Hindernisse in der Regel auf eine Vollzeitbeschäftigung angewiesen.
Wiedereingliederung gezielt vorbereiten
Wegen wachsenden Fachkräftemangels sollten Zahnarztpraxen nicht auf junge Mütter verzichten. Gut ausgebildet und mit den Abläufen der Praxis vertraut, verkürzt sich die Einarbeitungszeit beim Wiedereinstieg erheblich gegenüber neu eingestellten Mitarbeiterinnen. Um wieder schneller ins Team zu finden, sollte die Rückkehr bereits während der Schwangerschaft geplant werden: Betriebsausflüge und Weihnachtsfeiern bieten sich an, um Kontakt zu halten. In dieser Phase sollte die junge Mutter regelmäßig Informationen aus der Praxis erhalten - vielleicht eine Art Newsletter. Geburtstagsgrüße erhöhen die Vorfreude auf den Wiedereinstieg und werden ganz sicher als Zeichen besonderer Wertschätzung empfunden.
Fortbildung während der Familienphase
Beim Wiedereinstieg gilt es Hürden zu meistern, wobei die ganze Familie gefragt ist. Vielleicht lassen sich mithilfe familiärer Kinderbetreuung schon während der Elternzeit Hospitationen absolvieren, um sich gezielt mit Neuerungen der Praxis vertraut zu machen? Die Familienphase eignet sich auch zur Teilnahme an Fortbildungen - z. B. um den Röntgenschein zu aktualisieren. Sie schaffen für Mutter wie Praxischef erhebliche Anreize zur baldigen Rückkehr in den Beruf. Der Abschluss einer höheren Qualifikation kann auch als Chance auf einen anspruchsvolleren Arbeitsplatz gesehen werden.
Rückkehrgespräche frühzeitig führen
Zum Wiedereinstieg in die Zahnarztpraxis können bereits vor Arbeitsbeginn Rückkehrgespräche geführt werden, da Umfang, Inhalt und Tätigkeits-bereiche neu festgelegt werden müssen. Beim Wiedereinstiegsgespräch sollten konkrete Ziele vereinbart werden, damit die Einarbeitungsphase geplant, umgesetzt und bewertet werden kann. Je nach Größe der Praxis bietet sich eine Patenschaft (Mentoring) zur Begleitung des Wiedereinstiegs an.
Flexible Arbeitszeitmodelle erörtern
Flexible Arbeitszeiten erleichtern die Rückkehr in den Beruf. Neben Teilzeit ist auch Job-Sharing eine Alternative - hierbei teilen sich zwei Mitarbeiterinnen eine Stelle oder Aufgabenbereich. Auch Teilzeitmodelle im Schichtbetrieb können familiären Bedürfnissen gerecht werden, die sich von denen kinderloser Mitarbeiterinnen deutlich unterscheiden. Prüfen Sie auch, ob eine Teilzeitstelle mit unterschiedlicher Wochenarbeitszeit eine Option ist.
Urlaub und Freistellung
Mütter mit schulpflichtigen Kindern sollten ihren Urlaub in den Schulferien nehmen dürfen. Zudem kann Sonderurlaub als unbezahlte Freistellung gewährt werden, wenn familiäre Gründe dies erfordern. Eltern haben z. B. einen Freistellungsanspruch, wenn ihr Kind erkrankt und sie die Betreuung übernehmen müssen - vorausgesetzt, das Kind ist unter 12 Jahre alt und es liegt ein „Betreuungsschein“ vor. Maximal 10 Tage Freistellung pro Jahr sind möglich, bei Alleinerziehenden 20 Tage. Außerdem kann die Einrichtung einer Spielecke für Kleinkinder - in vielen Zahnarztpraxen durchaus möglich - im „Notfall“ hilfreich sein. Das sorgt für mehr Gelassenheit bei der Mitarbeiterin und dem Praxischef, der mit weniger „plötzlichen“ Ausfällen zu rechnen hat.
Das Umdenken beginnt
In Zeiten des Fachkräftemangels denken inzwischen viele Zahnärzte um und kommen ihren Mitarbeiterinnen entgegen - zu Recht, denn in der Familienphase entwickeln Frauen ausgeprägte soziale Kompetenzen, die auch für die Praxis von Vorteil sein können. Allerdings bleibt die Mehrbelastung der jungen Mutter durch Haushalt, Kinder und Familie nicht ohne Folgen für die berufliche Tätigkeit. Durch den zusätzlichen Stress wirken manche Mütter im Job manchmal müde und sind mitunter öfter krank.
Die Ansprüche reduzieren
Werden stattdessen im häuslichen Bereich aufgrund der hohen Belastung Abstriche gemacht - sei es bei der Kinderbetreuung, bei der Sauberkeit oder der Versorgung der Familie -, wirken sich die Defizite auf Dauer negativ aus, da die unbefriedigende Situation nicht den selbst gesetzten Maßstäben entspricht. Auf lange Sicht leidet als Folge möglicherweise auch die Qualität der beruflichen Tätigkeit.
Mut zum Delegieren!
Sinnvoll ist es daher, häusliche und familiäre Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. Hier kommen neben dem Partner weitere Familienangehörige, Freunde, Nachbarn oder Dienstleister infrage. Auf diese Weise lassen sich neue berufliche Perspektiven gestalten, ohne Raubbau an der eigenen Gesundheit zu treiben. Doch auch Praxischefs sollten wissen: Stehen entsprechende Freunde und Familienangehörige seiner Mitarbeiterin nicht unterstützend zur Verfügung, sind diesem Modell Grenzen gesetzt. Dann sollte der Praxisinhaber von Fall zu Fall „ein Auge zudrücken“ und sich daran erinnern, dass er zu Beginn der eigenen Familiengründung vielleicht auch selbst mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte.
FAZIT | Wer nach einer Familienphase wieder in die Zahnarztpraxis einsteigt, bringt neu gewonnene Kompetenzen mit: Dazu gehören neben Kommunikations-, Organisations- und Konfliktfähigkeit auch Flexibilität, Lernfähigkeit und Durchsetzungskraft. Der Blick für die Bedürfnisse der Patienten, aber auch die der Kolleginnen wird geschärft. Herausfordernde Situationen können souveräner gemeistert und Stresssituationen besser bewältigt werden. Diese persönliche Weiterentwicklung kommt - aus einer neuen Perspektive betrachtet - nicht nur den Patienten, sondern auch der gesamten Zahnarztpraxis zugute. |