· Fachbeitrag · Finanzierung einer Unternehmenstransaktion
Wann hilft ein Verkäuferdarlehen?
von Nicolas Rädecke, Hamburg
| „Wir bauen eine Mauer und die Mexikaner werden sie bezahlen!“ So ähnlich klingen zum Teil Versprechen, die man über Verkäuferdarlehen lesen kann: Kaufen Sie ein Unternehmen ohne Eigenkapital und nur mit dem Geld des Verkäufers. Auch wenn es grundsätzlich Anwendungsfälle dafür geben mag, so wird die extreme Darstellung dem Verkäuferdarlehen nicht gerecht und überdeckt die Vorteile, die ein solches jedem Kauf eines Unternehmens geben kann. |
1. Deckung der Finanzierungslücke
Nicht nur bei kleinen Transaktionen kann sich aus mehreren Gründen eine Finanzierungslücke ergeben. Fehlendes Eigenkapital des Käufers wird seit Jahren als einer der Hauptgründe für das Scheitern von Transaktionen genannt. Häufig ist es auch eine ‒ aus Sicht des Käufers und der Bank ‒ überhöhte Kaufpreisvorstellung des Verkäufers. Für beides kann ein Verkäuferdarlehen eine Lösung sein.
2. Definition eines Verkäuferdarlehens
Bei einem Verkäuferdarlehen werden Teile des Kaufpreises in ein Darlehen umgewandelt. Dieser wird erst bei Fälligkeit des Darlehens an den Verkäufer gezahlt. Der Betrag wird vom Verkäufer faktisch gestundet. Der Käufer zahlt den Betrag zu einem späteren Zeitpunkt, wenn durch die weitere Entwicklung die Liquidität des gekauften Unternehmens weniger belastet ist als direkt nach der Transaktion.
2.1 Grundkonditionen
Die Konditionen für ein Verkäuferdarlehen hängen von einigen grundlegenden Faktoren ab. Im ersten Schritt ist die exakte Stellung des Darlehensgebers festzuhalten. Wird er als regulärer Darlehensgeber betrachtet, oder wird, wie es Banken häufig erwarten, das Darlehen mit einem Rangrücktritt belegt? Je nach Ausgestaltung der Nachrangigkeit wird das Verkäuferdarlehen wirtschaftlich häufig auch dem Eigenkapital zugerechnet. Diese Einordnung als Eigenkapital wird von Banken i. d. R. erwartet, wirkt sich aber auch positiv auf das Bankenrating aus.
2.2 Höhe
Die Höhe des Darlehens hängt ebenfalls davon ab, ob dieses als Hauptfinanzierung dienen soll oder als Ergänzung. Wenn das Verkäuferdarlehen als Ergänzung zu einer Bankfinanzierung eingebracht wird, beläuft es sich normalerweise auf etwa 10 ‒ 20 % des Kaufpreises.
2.3 Laufzeit und Amortisationen
Die Laufzeit eines Verkäuferdarlehens beträgt i. d. R. fünf bis zehn Jahre. Die Rückzahlung hängt üblicherweise von der Tilgung eines höherrangigen Bankdarlehens ab und wird endfällig vereinbart. Akquisitionsdarlehen von einer Bank sehen vertraglich vor, dass freie Liquidität, die nicht operativ genutzt wird, nur zur Zins- und Tilgungsleistung auf das Bankdarlehen genutzt werden darf. Erst wenn dieses wesentlich getilgt ist, darf der Cashflow auf andere Verbindlichkeiten oder als Ergebnisverwendung verwendet werden. In vielen Fällen wird jedoch vereinbart, dass bereits nach drei oder vier Jahren mit der Tilgung des Darlehens begonnen werden kann. Hier sollte das Gespräch mit der finanzierenden Bank gesucht werden.
2.4 Verzinsung
Neben dem Umfang und der Laufzeit des Darlehens bietet besonders die Regelung der Verzinsung Gestaltungsspielräume. Die nachrangige und endfällige Struktur führt üblicherweise zu einem höheren Zins. Die letztliche Zinshöhe kann dabei auch als Kaufvertragsbestandteil betrachtet werden mit der Folge der Vereinbarung einer weiteren Kaufpreisstundung. Bei einem niedrigeren Zins kann stattdessen ein höherer Kaufpreis der Transaktion fällig werden.
2.5 Sicherheiten
Sicherheiten sind aus Sicht des Darlehensgebers wünschenswert, im Falle eines nachrangigen Darlehens wird dieses üblicherweise unbesichert gegeben. Auch das spiegelt sich in der Verzinsung wider. Rechtliche Sicherheiten können in Formen von Change of Control-Regelungen und Informationsrechten eingeräumt werden. Diese schützen den Verkäufer davor, dass das Unternehmen weiterverkauft wird und bietet ihm die Möglichkeit, den Geschäftsverlauf zu verfolgen und bei negativer Entwicklung einzugreifen. Bei Kauf durch eine natürliche Person kann auch über eine Todesfallrisikopolice nachgedacht werden. Die fälligen Kosten trägt in der Regel der Verkäufer.
PRAXISTIPP | Die konkrete Ausgestaltung eines Verkäuferdarlehens hängt letztlich von den Interessen und der Verhandlungsposition der Vertragsparteien ab. Diese Konditionen variieren je nach Ausgangslage und je nachdem, ob eine finanzierende Bank in die Transaktion involviert ist oder nicht. Zum Teil wird auch vereinbart, dass das Darlehen mit möglichen Gewährleistungsansprüchen des Käufers aufgerechnet werden kann. Beide Seiten sparen sich damit gegebenenfalls ein Treuhänderkonto. |
3. Anwendungsfälle
Ein Verkäuferdarlehen kann theoretisch die einzige Finanzierungsquelle für eine Akquisition sein. Die typischen Anwendungsfälle liegen allerdings in dem Ersatz von Eigen- oder Fremdmitteln zur Schließung der Finanzierungslücke.
3.1 Kaufpreisfinanzierung
Wie bereits betrachtet, gehört es regelmäßig zu einem der drei Hauptgründe für das Scheitern eines Unternehmensverkaufs, dass entweder der Verkäufer einen zu hohen Kaufpreis fordert oder, dass der Käufer Schwierigkeiten hat, die Transaktion zu finanzieren.
In beiden Fällen kann ein Verkäuferdarlehen helfen. Es kann fehlendes Eigenkapital des Käufers ersetzen oder auch eine Finanzierungslücke, die durch eine zu niedrige Bankfinanzierung entsteht. Wenn das Darlehen dann nachrangig strukturiert wird, betrachten es Banken meistens als eigenkapitalähnlich und rechnen es nicht auf die Verschuldungsquote an. Dieses kann die Finanzierungszusage der Bank deutlich vereinfachen.
Die Lücke kann auch durch eine unterschiedliche Kaufpreisbewertung entstehen. Der Käufer hat in der Regel den Anreiz weniger zu bezahlen, als der Verkäufer für sein Unternehmen erzielen möchte. Neben anderen Komponenten, wie dem Earn out ist auch das Verkäuferdarlehen in bestimmten Konstellationen geeignet, die Lücke zu schließen. Insbesondere sei hier eine unterschiedliche Risikoeinschätzung der nächsten Jahre zu nennen. Treten die Risiken nicht so ein, wie vom Käufer befürchtet, dürfte das Unternehmen besser dastehen und ein Verkäuferdarlehen leichter rückführbar sein.
3.2 Stärkung der Vertrauensbasis
Die Beteiligung des Verkäufers an der Transaktion durch Vergabe eines Verkäuferdarlehens kann ein ganz wichtiges Signal nach außen darstellen. Regelmäßig fragen sich Kaufinteressenten, warum der oder die bisherigen Gesellschafter das Unternehmen verkaufen wollen. Hier und da kommen Zweifel beim Käufer auf, ob er möglicherweise etwas übersieht, was die Transaktion in einem anderen Licht erscheinen lassen würde? Dieses Risiko kann man mit solider Due Diligence minimieren, es hilft aber ebenfalls, wenn sich ein gutes Vertrauensverhältnis zum Verkäufer ergibt. Und wie kann dieses besser manifestiert werden als durch das Signal des Verkäufers, dass er bereit ist, weiterhin in das Unternehmen zu investieren? Der Verkäufer kann das Potenzial des Unternehmens mit am besten beurteilen. Wenn er also bereit ist, weiter Geld in das Unternehmen zu investieren, dann sollte dies das Vertrauen des Käufers bestärken.
Die weitere finanzielle Einbindung des Verkäufers nach der Übertragung stärkt auch sein Interesse, den Verkauf zu einem Erfolg zu machen. Je mehr sein Zutun die Rückzahlung des Darlehens ermöglicht oder beschleunigt, desto mehr ist er motiviert, das Geschäft weiter mitzuentwickeln.
4. Vor- und Nachteile aus Sicht beider Parteien
Übersicht / Vor- und Nachteile eines Verkäuferdarlehens | ||
Vorteile | Nachteile | |
Käufer |
|
|
Verkäufer |
|
|
Hervorzuheben sind neben den bereits besprochenen Vor- und Nachteilen folgende Punkte, die es zu beachten gilt.
4.1 Aufwendigere Verhandlungen für den Käufer
Bei einem Unternehmensverkauf sitzen immer mehrere Parteien mit am Tisch und müssen von der Transaktion überzeugt sein. Der Verkäufer sitzt zwar schon mit am Tisch, aber in der Regel auf der anderen Seite. Durch das Verkäuferdarlehen gehört er auch mit zu der Käuferseite. Dies kann die Transaktion erschweren, besonders, da nur zum Teil Interessenkongruenz besteht. Mit seinem Darlehen sichert der Verkäufer gegebenenfalls die Transaktion, er ist aber weniger geneigt, in den Rangrücktritt gegenüber der Bank zu treten und damit auch auf Sicherheiten zu verzichten.
4.2 Vorsicht vor Liquiditätslücken beim Verkäufer
Mit dem Verkäuferdarlehen verzichtet der Verkäufer auf einen Teil seiner Liquidität zum Transaktionszeitpunkt. Das allein reduziert seine freie Liquidität. Hinzu kommt allerdings, dass der Kaufpreis bereits verdient ist und der Veräußerungsgewinn gegebenenfalls der Besteuerung unterliegt. Der Verkäufer sollte sich darüber im Klaren sein und das Darlehen nur in einer Höhe gewähren, die ihn nicht überfordern.
4.3 Kapitalanlagemöglichkeit für den Verkäufer
In Zeiten höherer Zinsen und attraktiver Anlagealternativen wurde häufig gegen ein Verkäuferdarlehen argumentiert. In der heutigen Niedrigzinsphase und bei höherem Anlagerisiko wird eine Unternehmensfinanzierung durchaus zu einem attraktiven Investment, besonders wenn der Verkäufer/Investor das Unternehmen so gut kennt. Zum einen legt er sein Geld in einem aus seiner Sicht zukunftsträchtigen Investment an und sichert es damit. Zum anderen kann er durch die Verzinsung noch etwas über den Kaufpreis hinaus verdienen. Je nach Kaufpreishöhe vermeidet er auch Negativzinsen auf dem Bankkonto.
5. Abgrenzung
Es gibt neben dem Verkäuferdarlehen weitere Möglichkeiten, mit denen der Verkäufer weiter involviert werden kann. Die gängigsten sind der Earn out und die Rückbeteiligung.
5.1 Variablen Kaufpreisgestaltung
Bei der variablen Kaufpreisgestaltung (Earn out) wird ein Teil des Kaufpreises vom Erreichen bestimmter Ziele abhängig gemacht. Dieses betrifft sowohl die absolute Höhe als auch den Zahlungszeitpunkt. Übliche Bezugsgrößen sind das operative Ergebnis (EBIT oder EBITDA) und Zeiträume von einem bis drei Jahren. Hierbei kann es absolute Ziele geben, die nur bei Erreichen gewertet werden oder auch proportionale Ziele. Danach steigt bzw. fällt die Höhe der Earn-out-Zahlung entsprechend der Zielerreichung. Über- oder Unterschreitungen des Zielwerts führen zu prozentualen Abschlägen bei der Earn-out-Zahlung. Die Messbarkeit der Zielerreichung sollte so einfach wie möglich strukturiert werden, um später Diskussionen zu vermeiden.
Für den Verkäufer bietet sich die Chance, bei besserer Geschäftsentwicklung daran zu partizipieren. Allerdings verliert er den Einfluss auf das Unternehmen und damit die Zielerreichung. Der Earn out wird trotzdem häufig als Lösung gesehen, wenn beide Parteien beim Kaufpreis und der zugrunde liegenden Planung zu weit auseinanderliegen.
5.2 Rückbeteiligung
Bei der Rückbeteiligung (Roll-Over) beteiligt sich der Verkäufer aus seinem Verkaufserlös wieder an dem verkauften Unternehmen. Damit behält er Einblick als auch gewisse Kontrollrechte und kann ebenfalls von der Entwicklung des Unternehmens profitieren. Die Mitkontrolle ist der wesentliche Vorteil gegenüber dem Earn out, die höhere Komplexität allerdings ein Nachteil. Üblicherweise werden Vorkaufsrechte eingeräumt, nach denen der Käufer auch die verbleibenden Anteile vom ursprünglichen Verkäufer erwerben kann.
FAZIT | Ein Verkäuferdarlehen kann eine Transaktion um einiges beschleunigen, sichern und attraktiver für alle Seiten machen. Wenn nicht die Bank von vornherein ein Verkäuferdarlehen fordert, was insgesamt bei kleineren Transaktionen zu beobachten ist, dann sollten es trotzdem sowohl Käufer als auch Verkäufer für sich überlegen. Die Attraktivität hängt neben wirtschaftlichen Notwendigkeiten auch davon ab, wie weit durch das Darlehen andere Ziele wie die Einbindung des Verkäufers nach Transaktion positiv beeinflusst werden. |
Weiterführende Hinweise
- „Mitwirkung des Verkäufers bei der Finanzierung des Kaufpreises“ von RA und Dipl.-Betriebswirt (FH) Günter Seefelder, Abruf-Nr. 47025391
- „Kaufpreis mit staatlichen Fördermitteln strukturieren und erfolgreich finanzieren“ von Kai Schimmelfeder, PU 01/2020, Seite 27; Abruf-Nr. 46084530
- „Eigenkapitallösungen aus Förderprogrammen: So kann der Kaufpreis finanziert werden“ von Kai Schimmelfeder, PU 04/2020, Seite 125, Abruf-Nr. 46744311