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· Fachbeitrag · Krankengeld

Eine rückwirkende Krankschreibung „rettet“ das Krankengeld nicht

| Immer wieder entzündet sich Streit um das Krankengeld, wenn sich der Versicherte nicht rechtzeitig beim Arzt eine Anschluss-Krankschreibung besorgt. Die BSG-Rechtsprechung dazu hat sich nicht geändert. Und auch wenn ein Arzt rückwirkend krankschreibt, nützt dies nichts. Denn der Versicherte muss erklären, warum er die neue Bescheinigung nicht pünktlich besorgen konnte, so das LSG Mecklenburg-Vorpommern. |

 

Sachverhalt

Die Klägerin wurde nach einer vollstationären Behandlung im ortsansässigen Klinikum bis zum 21.4.16 (Donnerstag) teilstationär behandelt. Am gleichen Tag stellte die Klinik eine „Aufnahmebescheinigung/Mitteilung an den Arbeitgeber“ aus, die keine Angaben zur Entlassung als arbeitsfähig bzw. arbeitsunfähig enthielt. Am 25.4.16 (Montag) bestätigte ein Allgemeinmediziner rückwirkend eine Erstbescheinigung bezüglich Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 22.4.16 bis voraussichtlich zum 10.5.16.

 

Für die Krankenkasse kam die AU-Feststellung zu spät, denn diese hätte spätestens am 22.4.16 (Freitag) ausgestellt werden müssen. Dies wäre der nächste Werktag gewesen, nach dem die seitens der Klinik bestätigte Arbeitsunfähigkeit geendet hatte. Die Klägerin argumentierte, sie sei am 22.4.16 krankheitsbedingt bettlägerig gewesen und habe sich daher keine neue AU-Bescheinigung ausstellen lassen können. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren sprach ihr das SG Krankengeld zu. Die Berufung der beklagten Krankenkasse hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hob das Urteil auf und entschied, dass sich die Klägerin rechtzeitig um eine neue AU-Bescheinigung hätte kümmern müssen (13.10.21, L 6KR 8/18, Abruf-Nr. 227130).

 

Das LSG verwies in seiner Entscheidung darauf, dass die BSG-Rechtsprechung bezüglich der zeitabschnittsweisen Entstehung und Bewilligung von Krankengeld (zuletzt 29.10.20, B 3 KR 6/20 R) unverändert ist. Zwar hat der Gesetzgeber 2015 die Problematik von rechtzeitigen AU-Folgebescheinigungen entschärft, da diese nicht mehr spätestens am letzten Tag der attestierten Arbeitsunfähigkeit, sondern erst am darauffolgenden Werktag erneuert werden müssen (SR 15, 119). Ansonsten bleibt es jedoch bei einem nahtlosen Anschluss der Bescheinigungen. Nachdem die Klägerin am 21.4.16 aus der Klinik entlassen wurde, hätte sie sich spätestens am darauffolgenden Freitag (22.4.16) eine Folgebescheinigung ausstellen lassen müssen. Dies tat sie jedoch erst am darauffolgenden Montag (25.4.16). Zwar können Ärzte auch rückwirkend eine Arbeitsunfähigkeit feststellen. Eine solche Ausnahmesituation nach den BSG-Grundsätzen war hier jedoch weder zu erkennen noch erklärte die Klägerin die verspätete Bescheinigung.

 

Die Klägerin war ordnungsgemäß zum Termin geladen. Da sie nicht erschien, gab es auch in der Verhandlung keine weiteren Angaben von ihr, warum sie sich am 22.4.16 keine Folgebescheinigung beim Arzt besorgen konnte.

 

Relevanz für die Praxis

Lange war der Startschuss für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) geplant, bereits Anfang 2021 sollte sie aktiv sein (www.iww.de/s5837). Auch wenn die eAU zum 1.1.22 verpflichtend wurde, ist bereits eine zweite Übergangsregelung vereinbart worden. Dies für den Fall, dass einige Arztpraxen noch immer nicht über die technische Infrastruktur verfügen.

 

Gerade ältere Mandanten sind verunsichert, wenn sie auf der einen Seite stets von der geltenden eAU, andererseits von immer noch bestehenden Ausnahmen hören.

 

 

PRAXISTIPP | Warnen Sie Ihre Mandanten, die chronisch krank und ggf. schon länger im Krankengeldbezug stehen: Diese sollten sich von der Arztpraxis bestätigen lassen, dass bei ihnen die digitale Übermittlung an die Krankenkasse funktioniert. In einer Notiz sollten die Mandanten dokumentieren, welche medizinische Fachangestellte dies bestätigt hat (Tag, Zeit, Name).

 

Weiterführende Hinweise

  • Egal was Arzt sagt: Ablauftag der AU-Bescheinigung entscheidet, SR 21, 74
  • So ist der Zeitraum zwischen Krankengeldbezügen zu berechnen, SR 20, 166
Quelle: Ausgabe 02 / 2022 | Seite 24 | ID 47949795