· Fachbeitrag · Mietrecht
Senioren als Wohnraummieter
von RA Axel Wetekamp, RiAG a.D., München
| Senioren als Wohnraummieter sehen sich oftmals Problemen ausgesetzt, die bei anderen Mietergruppen nicht auftreten. Ihre spezielle Situation verschafft ihnen aber auch Möglichkeiten, über die andere nicht verfügen. Mit einigen dieser Besonderheiten beschäftigt sich der folgende Beitrag. |
1. Nutzung von Gemeinschaftsflächen
Verbietet eine Vereinbarung generell das Abstellen von Kinderwagen im Hausflur oder auf sonstigen Gemeinschaftsflächen, ist sie unwirksam (LG Hamburg WuM 92, 188). Dies beruht darauf, dass Kinder und die für sie erforderlichen Gegenstände von der Rechtsprechung gegenüber anderen Regelungsgegenständen privilegiert werden. So wird es als unzumutbar angesehen, Kinderwagen - falls kein Aufzug vorhanden ist - in eine Etagenwohnung zu transportieren oder unter freiem Himmel abzustellen. Bei einem Rollator, also einer Gehhilfe für ältere und gehbehinderte Mieter, gilt das Gleiche. Auch ihr Abstellen im Treppenhaus kann nicht generell verboten werden (LG Hannover WuM 06, 189 und NZM 07, 245). Das LG ging allerdings davon aus, dass im Unterschied zu einem vollwertigen Kinderwagen ein Rollator zusammengelegt werden kann und so weniger Platz benötigt (Derleder, NZM 06, 893).
2. Senioren als Tierhalter
Die Haustierhaltung in der Wohnung bedeutet gerade für ältere Menschen, einen Ersatz für fehlende menschliche Kontakte. Für sie ist es besonders wichtig, die hier geltenden mietrechtlichen Grundsätze zu kennen.
- Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein formularvertraglicher völliger Ausschluss der Tierhaltung („Hunde und Katzen“) nicht zulässig und verstößt gegen § 307 BGB (BGH 20.3.13, VIII ZR 168/12, NZM 13, 378). Dies gilt auch, wenn Kleintiere (z.B. Ziervögel, Hamster, Aquariumfische, Schildkröten) von der Verbotsklausel ausgenommen werden (BGH NJW 93, 1061).
- Dasselbe gilt, wenn die Zustimmung zur Tierhaltung durch die Klausel in das „freie Ermessen“ des Vermieters gestellt wird (BGH 25.9.12, VIII ZR 329/11, NZM 13, 380). Tatsächlich müssen die Gründe, aus denen unter Ermessensgebrauch die Tierhaltung verweigert werden kann, in der Vertragsklausel genannt werden. Andernfalls ist sie insgesamt unwirksam.
- Eine Zustimmungsvereinbarung darf für die Zustimmung des Vermieters im Übrigen nicht Schriftform verlangen. Ist dies der Fall, ist die Vereinbarung als Vertragsklausel unwirksam (LG Freiburg WuM 97, 175). Weiter muss die Vereinbarung Ziervögel, Zierfische und andere Kleintiere (s.o.) immer ausnehmen, da deren Haltung nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nicht zustimmungsbedürftig ist.
- Die Grenzziehung hinsichtlich des Ermessens ist bereits vor dem Einwand des Rechtsmissbrauchs anzusetzen, der z.B. gegeben wäre, wenn einem Blinden ohne triftigen Grund ein Blindenhund verweigert wird oder für den Mieter die Haltung eines Haustieres aus psychischen oder physischen Gründen unbedingt erforderlich ist. Mit Blank (NZM 98, 9) wird man davon ausgehen müssen, dass im Fall des Zustimmungserfordernisses (BGH NZM 08, 78) eine Interessenabwägung zwischen den Interessen von Vermieter und Mieter stattfinden muss (so auch Wetekamp, Mietsachen, 4. Aufl., Kap. 1, Rn. 114 und BGH 25.9.12, a.a.O.). Bei dieser Interessenabwägung sind folgende Umstände zu berücksichtigen:
Checkliste / Punkte für die Interessenabwägung bei Tierhaltung
- Art des zu haltenden Tieres,
- Zahl der Tiere, die gehalten werden sollen,
- Größe der Mietwohnung,
- Art und Größe des Hauses bzw. der Wohnanlage,
- Anzahl und Art der bisher im Haus gehaltenen Tiere,
- Altersstruktur der Hausbewohner (ältere Menschen, Familien mit Kindern),
- besondere Bedürfnislage beim Mieter (z.B. Blindenhund, Schutzhund, Hund als Gefährte alter Menschen),
- Verhalten des Vermieters in anderen Fällen.
- Kleintiere müssen in jedem Fall vom Zustimmungserfordernis ausgenommen werden (s.o.). Gemeint sind „übliche Kleintiere“ während z.B. Ratten, auch „klein“, wohl nicht mehr zu den üblichen Haustieren zählen (LG Essen WuM 91, 340). Dasselbe gilt für die Haltung gefährlicher Tiere, die immer vertragswidrig ist (Blank, NZM 98, 6). Hierzu gehören als Kleintiere z.B. giftige Spinnen, Skorpione und Schlangen. Hinzu kommt, dass sich die Haltung auch der Kleintiere auf einen zuträglichen Umfang beschränken muss und andernfalls vertragswidriger Gebrauch vorliegen kann.
- Nimmt eine Vertragsklausel nur Ziervögel und Zierfische vom Zustimmungserfordernis aus, ist die vertragliche Vereinbarung unwirksam (BGH 14.11.07, VIII ZR 340/06, NZM 08, 78).
- Die erteilte Erlaubnis steht unter dem stillschweigenden Vorbehalt gleich bleibender Verhältnisse. Dies bedeutet, dass der Widerruf der Tierhaltungserlaubnis aus wichtigem Grund möglich sein muss. Sinnvoll ist, dies bereits bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere, wenn von einem Haustier, das vertragsgemäß angeschafft wurde, konkrete Gefährdungen, unzumutbare Belästigungen oder Störungen ausgehen (LG München I WuM 93, 669; LG Berlin GE 93, 97).
3. Erlaubnis zur Untervermietung
Ist der Ehepartner verstorben und haben die Kinder die Wohnung verlassen und einen eigenen Hausstand gegründet, stellt sich die Frage, ob sich der verbleibende Mieter die große Wohnung wirtschaftlich noch leisten kann. Sind Senioren in einem Wohnumfeld aufgrund langjähriger Mietdauer verwurzelt, wollen sie oftmals die angestammten Mieträume nicht aufgeben. Ein Ausweg kann die Untervermietung eines Teils der Mieträume sein. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass der Mieter in der Wohnung seinen Lebensmittelpunkt hat (BGH 23.11.05, VIII ZR 4/05, NZM 06, 220). So kann er z.B. die Woche überwiegend in einer Senioreneinrichtung verbringen. Die Rechtsprechung verlangt für die Untervermietung ein berechtigtes Interesse des Mieters z.B.
- Arbeitslosigkeit des Mieters,
- Verkleinerung der Familie,
- Pflegebedürftigkeit des Mieters oder
- Aufnahme in Not geratener Angehöriger.
Nicht berücksichtigt wird ein Interesse nur in Person des Untermieters, wie Aufnahme von Flüchtlingen aus humanitären Gründen (LG Berlin WuM 94, 326). Der Anspruch entfällt bei wichtigem Grund in der Person des Untermieters, Überbelegung oder bevorstehender Beendigung des Mietverhältnisses. Wichtige Gründe in der Person des Untermieters, auf dessen namentliche Benennung der Vermieter einen Anspruch hat, können sein
- frühere bekannte Vertragsverletzungen durch den Untermieter,
- beabsichtigte Nutzungsänderungen oder erhebliche Veränderungen der genutzten Räume.
Beachten Sie | Eine fehlende Solvenz des Untermieters ist kein Ablehnungsgrund, da dieser dem Vermieter nicht für die Miete haftet.
Der Vermieter kann die Zustimmung von der Zahlung eines Untermietzuschlags nach § 553 Abs. 2 BGB abhängig machen, falls die Untervermietung ihm nur so zumutbar ist. Ist der Mieter damit nicht einverstanden, gilt die Erlaubnis als verweigert. Die Höhe des Zuschlags orientiert sich an der zusätzlichen Abnutzung der Räume. Möglich ist auch, die Miete, die auf den flächenmäßigen Anteil der durch den Untermieter genutzten Räume entfällt, zugrunde zu legen. Klagt der Mieter auf Erteilung der Untervermietungserlaubnis, kann der Vermieter Widerklage auf Zustimmung des Mieters zur Erhebung des Untermietzuschlags erheben.
Während bei unerlaubter Untervermietung der ganzen Wohnung die Unterlassungsklage nach § 541 BGB und die fristlose Kündigung nach § 543 BGB in Betracht kommt, wobei in beiden Fällen die vorausgehende Abmahnung des Mieters und Fortsetzung des Verstoßes erforderlich ist, gilt bei einem berechtigten Interesse des Mieters nach § 553 BGB und fehlender Erlaubnis, dass die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt ist (BayObLG 26.10.90 ZMR 91, 64). Möglich ist hier aber die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB (BayObLG 26.4.95, WuM 95, 378). Wichtig ist, dass der Kündigungsgrund der Überbelegung nach § 543 BGB verbleiben kann.
Weiterführender Hinweis
- Zu Rechten und Pflichten von Mietern und Vermietern im Zusammenhang mit barrierefreien Wohnen, Wetekamp, SR 13, 12