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· Fachbeitrag · Prozesskostenhilfe

BSG: Keine PKH bei anderweitiger Vertretung

| Kann der Kläger durch eine Gewerkschaft oder einen Verband vor Gericht vertreten werden, erhält er keine PKH. Aber Vorsicht: Legt ein Sozialverband das Mandat nieder, kann der Kläger nicht automatisch PKH beanspruchen. Er muss genau darlegen, warum das Mandat beendet wurde. |

 

Sachverhalt

Das LSG hatte dem Kläger eine Rentennachzahlung versagt. Revision ließ es nicht zu. Der Kläger ließ durch seine bisherigen Bevollmächtigten zunächst nur PKH für das Beschwerdeverfahren beantragen. Dann widerrief er seine Vollmacht. Er beauftragte dann den Sozialverband VdK, den Rechtsstreit weiterzuführen. Dieser nahm den PKH-Antrag zurück, beantragte Wiedereinsetzung und legte gleichzeitig Beschwerde ein. Nach Akteneinsicht legte auch der VdK das Mandat nieder, ohne die Beschwerde zu begründen. Der Kläger stellte erneut einen PKH-Antrag. Diesen lehnte das BSG ab (7.1.16, B 13 R 260/13 B, Abruf-Nr. 146533).

 

Entscheidungsgründe

Kann der Kläger beanspruchen, dass ihn ein Sozialverband vor dem BSG vertritt, so stellt dieser Anspruch ein vermögenswertes Recht dar, das der Kläger ausschöpfen muss (§ 115 Abs. 3 S. 1 ZPO). PKH kann nur bewilligt werden, wenn der Verband keinen Rechtsschutz gewährt oder es für den Kläger unzumutbar ist, ihn zu nutzen. Dass der Verband hier das Mandat niedergelegt hat, bedeutet nicht zwangsläufig, dass er den Rechtsschutz abgelehnt hat. Dies könnte auch geschehen sein, weil der Verband keine Aussicht auf Erfolg gesehen hat, nachdem er den Sachverhalt geprüft hatte.

 

Ist es dem Kläger jedoch unzumutbar, sich durch den Verband vertreten zu lassen, muss er die triftigen Gründe dafür dem Gericht mitteilen. Dabei ist der gleiche Maßstab anzulegen, der gelten würde, wenn ein nicht auf PKH angewiesener Kläger seinen Anwalt wechseln will (OLG Saarbrücken 2.2.15, 9 WF 102/14). Derartige Gründe hatte der Kläger nicht genannt, obwohl das Gericht ihn hierzu aufgefordert hatte.

 

Relevanz für die Praxis

Ist der Mandant Verbands- oder Gewerkschaftsmitglied, wird er in der Regel keine PKH erhalten, wenn er einen Anwalt selbst auswählt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Verband den Rechtsschutz ablehnt oder es ihm unzumutbar ist, sich von ihnen vertreten zu lassen.

 

Will der Mandant trotzdem von Ihnen vertreten werden, ist er zunächst darüber zu belehren, dass er sich kostenlos durch einen Verband vertreten lassen kann und daher grundsätzlich keine PKH erhält. Ausnahmen sind nur bei triftigen Gründen möglich, die direkt mit dem PKH-Antrag dem Gericht dezidiert vorgetragen werden sollten. Der Bevollmächtigte sollte auch darauf achten, zu welchem Zeitpunkt er in das Verfahren tritt. Übernimmt er die Vertretung im laufenden Verfahren (Anwaltswechsel), sind die Gründe in der bisherigen Vertretung durch Gewerkschaft/Verband zu suchen und darzulegen. Will der Mandant von Beginn an den Anwalt selbst wählen, liegt in der Regel ein besonderer rechtlicher Vorteil zugrunde, den sich der Mandant dadurch verspricht. Danach sollte sich die Argumentation ausrichten (vgl. Grafik).

 

PRAXISHINWEIS | Dem Mandanten ist dringend zu raten, den Verband rechtzeitig vor einem Rechtsstreit zu informieren. Grund: PKH kann bereits abgelehnt werden, wenn es nur grundsätzlich möglich ist, sich durch einen Verband vertreten zu lassen, dieser aber nicht eintritt, weil der Mandant bei ihm zu spät Rechtsschutz beantragt hat (LSG Sachsen-Anhalt 22.10.15, L 4 AS 628/15 B, Abruf-Nr. 146534).

 

 

Musterformulierung / Begründung eines PKH-Antrag trotz anderer Vertretungsmöglichkeit

Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der Unterzeichner in den vergangenen ... Jahren über ... Mandate mit vergleichbaren (sozial-/arbeits)rechtlichen Problematiken bearbeitet hat und daher sowohl mit der Materie, der aktuellen Rechtsprechung als auch den Argumentationslinien der Gegenseite vertraut ist. Besonders komplex ist die Auseinandersetzung betreffend ....

 

Der Unterzeichner vertritt derzeit zahlreiche Kläger, die ebenfalls Gewerkschafts-/Verbandsmitglied sind und PKH unter meiner Beiordnung erhalten haben, da sie mit der gewerkschaftlichen Vertretung/Verbandsvertretung unzufrieden waren bzw. im Einzelfall konkrete Rechtsnachteile erlitten haben. Dies äußerte sich z. B. durch: ... (konkrete Gründe: Fristversäumnis, falsche Argumentation, fehlende Unterstützung, kaum Kommunikation und Rücksprache mit dem vertretenen Kläger).

 

Angesichts der existentiellen Bedeutung des Rechtsstreits legt der Kläger großen Wert auf eine akkurate und sorgfältige Prozessführung.

 

 

Weiterführender Hinweis

  • Keine PKH für Beschwerdeverfahren, SR 15, 186
Quelle: Ausgabe 03 / 2016 | Seite 47 | ID 43890681