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· Fachbeitrag · Senioren als Mieter

Beendigung des Mietverhältnisses: Zerrüttungskündigung und Tod des Mieters

von RA Axel Wetekamp, RiAG a.D., München

| Außerhalb der klassischen Beendigungsformen treten bei älteren Mietern die Beendigung des Mietverhältnisses durch Tod und eine fristlose Kündigung aufgrund psychischer Erkrankungen hinzu. Der folgende Beitrag zeigt, was bei diesen Beendigungsformen zu beachten ist. |

1. Zerrüttungskündigung auch ohne Verschulden

§ 543 Abs. 1 BGB enthält den Tatbestand der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (Zerrüttungskündigung) in der Fassung der Mietrechtsreform 2001. Die Vorschrift entspricht insoweit nicht dem früheren § 554a BGB, als jetzt ein schuldhaftes Handeln einer Vertragspartei nicht zwingend vorausgesetzt wird. Hierdurch werden die Fälle erfasst, bei denen bei entsprechenden Voraussetzungen eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses auch möglich sein muss, wenn der Gekündigte nicht schuldhaft gehandelt hat (BGH 8.12.04, VIII ZR 218/03, WuM 05, 125).

 

Derartige Fälle tauchen in der Gerichtspraxis immer wieder auf, wenn betagte Mieter unter Demenzerscheinungen oder Psychosen leiden. Das Gesetz gibt damit eine Lösung für Fälle, in denen diese Mieter z.B. durch

  • laute Geräuschentwicklung zur Nachtzeit,
  • Belästigung ihrer Mitmieter oder
  • Vermüllung

 

eine Auflösung des Mietverhältnisses unumgänglich machen, ein Verschulden aber offenkundig nicht vorliegt.

 

a) Einzelfallabwägung

Bei den Umständen des Einzelfalls, nach denen dem Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, ist als ein Gesichtspunkt unter anderen auch ein eventuell vorliegendes Verschulden der Vertragsparteien zu berücksichtigen.

 

Beachten Sie | Die Anforderungen an die Unzumutbarkeit bei nicht schuldhaftem Verhalten des Störers sind allerdings höher als bei einer schuldhaften Vertragsverletzung (z.B. Störung des Hausfriedens).

 

b) Beiderseitige Kündigungsmöglichkeit

§ 543 Abs. 1 BGB gibt sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter die Möglichkeit, das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund aufzulösen. Auch wenn beide Seiten gleichermaßen die Zerrüttung zu vertreten haben, ist die fristlose Kündigung durch eine der Parteien möglich (OLG Düsseldorf ZMR 90, 57). Die Andere kann dann aber einen Schadenersatzanspruch aus Vertragsverletzung haben.

c) Unterlassungsanspruch

Bei geringeren Vertragsverletzungen, die nicht zur Kündigung berechtigen, kommt ein Anspruch auf Unterlassung in Betracht, der hinsichtlich des Vermieters auf § 541 BGB zu stützen ist, hinsichtlich des Mieters auf § 535 BGB. Bei zu langer Verzögerung verwirkt das Kündigungsrecht (BGH WuM 88, 125). Dies gilt auch für eine Kündigung durch den Mieter wegen eines länger zurückliegenden Verhaltens des Vermieters (OLG Düsseldorf ZMR 99, 243)

2. Eintrittsrecht bei Tod des Mieters

Grundsätzlich geht ein Mietverhältnis bei Tod des Mieters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über und wird mit diesem fortgesetzt, § 564 S. 1 BGB. Ausnahme ist, dass Personen, mit denen der Mieter einen gemeinsamen Haushalt führte, in das Mietverhältnis eintreten.

 

  • Ehegatte: Nach § 563 Abs. 1 S. 1 BGB tritt beim Tod des Mieters zunächst der Ehegatte (der nicht selbst Mieter ist) in das Mietverhältnis ein.

 

  • Lebenspartner: Dasselbe gilt für den Lebenspartner, insbesondere im Falle der eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz vom 16.2.01 (§ 563 Abs. 1 S. 2 BGB). Dieses Gesetz gilt für gleichgeschlechtliche Partnerschaften.

 

  • Für nicht eheliche heterosexuelle Partnerschaften gilt eine Gleichbehandlung mit Ehegatten bereits seit BGH NJW 93, 999. Eine Lebenspartnerschaft ist nach BGH (a.a.O.) eine auf Dauer angelegte Partnerschaft, die keine weiteren Bindungen gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Füreinanderstehen begründet und die über eine reine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht.

 

  • Kinder: Subsidiär treten die Kinder des Mieters, die in dem gemeinsamen Haushalt leben, nach § 563 Abs. 2 BGB in das Mietverhältnis ein, falls nicht der Ehegatte eintritt. Der Lebenspartner schließt die Kinder nicht aus, gegebenenfalls treten Kinder und Lebenspartner gemeinsam ein.

 

  • Andere Angehörige: Nach § 563 Abs. 2 Satz 3 BGB treten andere Familienangehörige, die mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führen, ein, falls nicht der Ehegatte oder der Lebenspartner eintreten.

 

  • Haushaltsgenossen: Nach § 563 Abs. 4 BGB treten andere Personen, mit denen der Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führt, in das Mietverhältnis ein. Hier soll z.B. an das dauerhafte Zusammenleben betagter Menschen als Alternative zum Altenheim gedacht sein.

3. Kündigungsmöglichkeit bei Tod des Mieters

Beim Tod des Mieters endet das Mietverhältnis nicht, es sei denn, der Vertrag ist für die Lebenszeit des Mieters abgeschlossen (§ 544 S. 2 BGB). Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Erbe nach § 1922 BGB auch in den mit dem Erblasser geschlossenen Mietvertrag ein.

 

Nachdem der Vermieter mit dem Erben oft das Mietverhältnis nicht fortsetzen will und diese andererseits oft auch gar kein Interesse an der Fortsetzung haben, räumt das Gesetz sowohl Erben als auch Vermietern das Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung ein (§§ 564, 580 BGB). Das Sonderkündigungsrecht gilt für alle Arten von Wohnraummietverhältnissen.

 

Checkliste / Das ist im Zusammenhang mit dem Sonderkündigungsrecht zu beachten

  • Mehrere Mieter: Stirbt einer von mehreren Mietern, ist das Kündigungsrecht nach §§ 564, 580 BGB grundsätzlich nicht gegeben. Palandt/Weidenkaff, BGB (§ 564 BGB, Rn. 6) nimmt an, dass ein Kündigungsrecht der - verbleibenden - Mieter besteht, wenn es gemeinsam ausgeübt wird. Im Gesetz findet diese Auffassung keine Stütze.
  • Erbschein als Legitimation: Die Vorlage eines Erbscheins nach den §§ 2353 ff. BGB ist für die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Erben nicht erforderlich.
  • Kündigung durch Scheinerben: Wegen der für den Erbschein geltenden Vermutung der Richtigkeit (§ 2365 BGB) und dessen öffentlichen Glaubens (§ 2366 BGB) wirkt eine Kündigung durch den Scheinerben, der durch Erbschein legitimiert ist, aber für und gegen den wahren Erben.
  • Kündigung an Scheinerben: Ebenso bleibt die Vermieterkündigung, die dem Scheinerben gegenüber abgegeben worden ist, bei späterem Auffinden einer anderen testamentarischen Verfügung dem wahren Erben gegenüber wirksam (v. Seldeneck, GE 87, 655).
  • Personenmehrheit auf Erben- und Vermieterseite: Wie bei einer Mehrheit von Mietern oder Vermietern ist die Erklärung der Kündigung nur von allen Erben allen Vermietern gegenüber und umgekehrt zulässig.
  • Berechtigtes Interesse: Für die Kündigung des Vermieters gegenüber dem Erben nach § 564 BGB ist ein berechtigtes Interesse i.S. des § 573 BGB nicht erforderlich (§ 573d Abs. 1 BGB).
  • Zeitmietverhältnis: Dasselbe gilt, wenn das Mietverhältnis mit dem verstorbenen Mieter auf bestimmte Zeit eingegangen worden war (§ 575a Abs. 1 BGB). Hat der Erbe seinen Lebensmittelpunkt nämlich nicht in der Wohnung des verstorbenen Mieters, ist er in Hinblick auf den Verlust der Wohnung nicht schutzbedürftig.
  • Vermieter wohnt im selben Gebäude: Handelt es sich um ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, besteht nach § 573a BGB ein Kündigungsrecht des Vermieters, ohne dass es eines berechtigten Interesses i.S. des § 573 BGB bedürfte. Nach § 573d Abs. 2 S. 2 BGB findet im Fall der Kündigung des Vermieters gegenüber dem Erben zusätzlich die Verlängerung der Kündigungsfrist um drei Monate nach § 573a Abs. 1 S. 2 BGB nicht statt.
  • Kündigungsfrist: Die gesetzliche Kündigungsfrist richtet sich nach § 573d Abs. 2 BGB und ist für beide Parteien dieselbe, auch bei Wohnraum also immer drei Monate.
  • Verlängerungsmöglichkeit: Nachdem es sich um eine außerordentliche befristete Kündigung handelt, sind die verlängerten Kündigungsfristen des § 573c Abs. 1 S. 2 BGB nicht anwendbar. Im Rahmen des § 564 BGB kann eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart werden.
  • Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist (§ 564 S. 2 BGB).
  • Fristbeginn: Der erste zulässige Termin ergibt sich für die Kündigungserklärung aus dem Zeitpunkt, an dem Vermieter oder Erbe vom Tod des Mieters bzw. von der Person des Erben Kenntnis erhielten und davon, dass ein Eintritt in das Mietverhältnis oder dessen Fortsetzung nach §§ 563, 563a BGB nicht erfolgt ist (§ 564 S. 2 BGB).
  • Solange der Vermieter unverschuldet keine Kenntnis vom Tod des Mieters hatte, beginnt die Kündigungsfrist nicht zu laufen (LG Berlin GE 94, 1267).
 

Weiterführender Hinweis

  • Zum Kündigungsschutz für Senioren, Wetekamp, SR 14, 18
  • Zur Kündigung für Hilfs- und Pflegepersonen, Wetekamp, SR 13, 54
Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 106 | ID 42721391