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Hartz IV: Widerspruch per einfacher E-Mail reicht nicht
| Wer gegen einen Hartz IV-Bescheid Widerspruch einlegen möchte, muss das schriftlich oder zur Niederschrift machen. Eine einfache E-Mail entspricht dieser gesetzlichen Form nicht, wie das LSG Niedersachsen-Bremen entschieden hat (4.11.21, L 11 AS 632/20, Abruf-Nr. 228799 ). |
Geklagt hatte ein Paar aus Lüneburg. Wegen schwankendem Einkommen wurden die Leistungen vom Jobcenter zunächst vorläufig bewilligt, mit Bescheiden im Dezember 2019 abschließend festgesetzt und Erstattungen geltend gemacht. Die Bescheide enthielten jeweils die Rechtsbehelfsbelehrung, dass innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids Widerspruch erhoben werden könne. Dieser sei „schriftlich oder zur Niederschrift bei der im Briefkopf genannten Stelle“ einzulegen.
Das Paar legte sodann mit einfacher E-Mail Widerspruch ein. Diesen wies das Jobcenter schriftlich zurück. Die Erhebung eines Widerspruchs per E-Mail entspreche nicht dem Formerfordernis im Sinne von § 84 Abs. 1 SGG. Mangels individueller Signatur könne nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob die E-Mail mit dem Widerspruch mit Wissen und Wollen des dort angegebenen Absenders versandt worden sei. Da der Widerspruch trotz entsprechender Hinweise nicht formgerecht nachgereicht wurde, sei er unzulässig und die Rechtsbehelfserhebung habe keinen Erfolg.
Die Kläger verwiesen dagegen darauf, dass sich aus den Bescheiden nicht ergebe, dass ein Widerspruch nicht per E-Mail erfolgen könne. Der lapidare Hinweis „schriftlich oder zur Niederschrift“ sage jedem, der normal bei Verstand sei, dass der Widerspruch per Fax, persönlich per Niederschrift oder auch per E-Mail einzulegen sei. Das SG hat die Klagen als unbegründet abgewiesen. Auch das LSG bestätigt die Rechtsauffassung des Jobcenters.
MERKE | Ein Widerspruch könne zwar auch in elektronischer Form eingereicht werden. Hierzu sei aber eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich: Durch den Hinweis auf die elektronische Form nach § 36a Abs. 2 SGB I in § 84 SGG sei deutlich, dass auch nach dem SGG nicht die einfache E-Mail ausreicht, sondern nur eine qualifizierte elektronische Signatur formgerecht ist. |
Beachten Sie | Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die den Bescheiden vom Dezember 2019 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrungen nicht den Hinweis auf § 84 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 36a Abs. 2 SGB I (Möglichkeit der Einlegung in elektronischer Form) enthielten. Da ein formgerechter Widerspruch nicht bis Dezember 2020, also innerhalb eines Jahres nach Zugang der Bescheide erfolgt sei, konnte der Senat offenlassen, ob wegen der fehlenden Belehrung die Monatsfrist nach § 84 Abs. 1 SGG oder die Jahresfrist nach § 66 Abs. 2 S. 1, Hs. 1 SGG gilt. Die Kläger hatten weiterhin nur auf den per einfacher E-Mail eingelegten Widerspruch verwiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Paar Beschwerde eingelegt.