· Fachbeitrag · Versicherungsrecht
Anforderungen an die Widerrufsbelehrung
| Häufig schließen Senioren Verträge ab, die das Widerrufsrecht nicht deutlich genug im Text hervorheben. Allerdings hat diese Pflicht auch Grenzen. Das OLG Dresden sagt: Eine Belehrung in Fettdruck ist ausreichend, auch wenn andere Über- und Nebenschriften fettgedruckt sind. Deshalb geht die Belehrung nicht im Gesamttext „unter“ (14.8.19, 4 U 1486/19, Abruf-Nr. 212984 ). |
1. Versicherer muss Widerrufsbelehrung deutlich hervorheben
Versicherer müssen in den Vertragsdokumenten hervorgehoben eine Widerrufsbelehrung aufführen. Ob dies im Einzelfall geschehen ist, beschäftigt häufig die Gerichte. Die Belehrung darf in den Unterlagen nicht „untergehen“. Sie muss drucktechnisch so deutlich hervorgehoben sein, dass sie dem Versicherungsnehmer nicht entgehen kann, selbst wenn dieser nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht (§ 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F.; BGH 27.4.16, IV ZR 372/15). Versicherer haben allerdings viele Möglichkeiten, um die Belehrung in den Dokumenten besonders kenntlich zu machen: große Schriftbilder, hervorgehobene Farben, eingerahmte Texte usw.
2. Der Fall des OLG Dresden
Hier war die Belehrung in einer fünfseitigen Police enthalten. Sie bestand aus einer Anlage K1, dem Versicherungsschein und vier sogenannten Anhängen, bestehend aus je einer einseitig bedruckten Seite). Der Kläger gab an, dass die Widerspruchsbelehrung in einem „Konvolut von Vertragsunterlagen“ mit großem Text- und Informationsumfang sowie zahlreichen kleingedruckten Hinweisen untergehe. Tatsächlich stand die Belehrung im Anhang Nr. 3 auf der vierten Seite, der Text nahm die Druckseite fast vollständig ein. Der komplette Absatz war ausschließlich im Fettdruck gehalten. Er fiel daher selbst bei flüchtigem Durchblättern des Versicherungsscheins deutlich auf. Nur weil auch Über- und Nebenschriften ebenfalls fettgedruckt waren, ist die Belehrung deshalb nicht weniger hervorgehoben.
3. Relevanz für die Praxis
Anwälte müssen häufig prüfen, ob Versicherungsverträge anfechtbar sind, weil die Belehrung nicht ausreichend hervorgehoben war. Fettgedruckte und eingerahmte Texte sind häufige Mittel, damit Belehrungen schon beim Durchblättern auffallen. Deshalb dürfen andere Textpassagen in der Police aber durchaus auch hervorgehoben sein ‒ z. B. Überschriften oder wichtige Textteile. Ob die Belehrung ausreichend hervorsticht, ist im Einzelfall zu beurteilen. Sie muss sich nicht auch die auf die Folgen einer falschen Belehrung gem. § 9 Abs. 1 S. 2 sowie § 152 Abs. 2 S. 2 VVG erstrecken. Weist die Belehrung jedoch über die Rechtsfolgen einer korrekten als gleichzeitig auch falschen Belehrung hin, besteht die Gefahr, dass sie inhaltlich überfrachtet und unübersichtlich wird (BGH 27.3.19, IV ZR 132/18, Abruf-Nr. 208232).
Weiterführender Hinweis
- Versicherer muss klar belehren - und zwar so, SR 18, 93