· Fachbeitrag · Arbeitszeitbetrug
Fristlose Kündigung wegen Privatnutzung
| Kurze Aufenthalte zu Toilettengängen in der eigenen Wohnung eines älteren Außendienstmitarbeiters sind für sich genommen nicht ausreichend für eine fristlose Kündigung. |
Sachverhalt
Der ArbN war seit 1984 im Außendienst des ArbG, eines Netzbetreibers, beschäftigt. Er war aufgrund tariflicher Vorschriften ordentlich unkündbar. Ihm stand ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, dessen private Nutzung untersagt war. Ursprünglich wurden die Fahrten ausschließlich in einem Papierfahrtenbuch durch den ArbN eingetragen. 2019 rüstete der ArbG seine Fahrzeuge flächendeckend auf ein elektronisches Fahrtenbuch um. Über eine sog. Logbox wurden die Informationen auf eine Webplattform des Anbieters übermittelt. In einer Übergangsphase wurden Papier- und elektronisches Fahrtenbuch parallel genutzt. Aufgrund von Auswertungen des elektronischen Fahrtenbuchs warf der ArbG dem ArbN die unberechtigte Privatnutzung des Dienstfahrzeugs vor. Er kündigte nach Anhörung des Betriebsrats das Arbeitsverhältnis fristlos. Vor dem Arbeitsgericht Wuppertal war die Kündigungsschutzklage des ArbN erfolgreich.
Entscheidungsgründe
Auch vor dem LAG Düsseldorf (18.12.20, 6 Sa 522/20, Abruf-Nr. 219940) blieb die Berufung des ArbG erfolglos. Soweit der ArbG dem ArbN überzogene Pausen aufgrund von Standzeiten des Fahrzeugs nach der Pausenzeit vorgeworfen habe, könne er schon keinen Kündigungsgrund nachweisen. Der ArbN habe dies damit erklärt, dass er in dieser Zeit vorbereitend die Schrauben der Zählerplatten für die Montage nachgezogen habe. Dass diese lose und nachzuziehen waren, räume der ArbG ein. Wenn dies entgegen der Anweisung des ArbG nicht vor Ort beim Kunden geschehen sein sollte, rechtfertige dies keine fristlose Kündigung.
Soweit der ArbN unstreitig mit dem Dienstfahrzeug seine Wohnung aufgesucht habe, könne offenbleiben, ob ihm dies ein Vorgesetzter aufgrund einer Erkrankung für Toilettengänge gestattet habe. Es handele sich um Fälle, bei denen der ArbN zwar nicht direkt, aber jeweils nur mit einem sehr kurzen Umweg an seinem Haus vorbeigefahren sei. Angesichts der langen beanstandungsfreien Beschäftigungszeit und des zeitlich begrenzten Aufenthalts zu Hause falle die Interessenabwägung zulasten des ArbG aus. Soweit sich der ArbN laut der Aufzeichnung einmal zwei Stunden zu Hause aufgehalten haben solle, habe der ArbG dem Betriebsrat dies nicht mitgeteilt. Daher konnte er die Kündigung darauf nicht stützen.
Relevanz für die Praxis
Bei Ausspruch einer fristlosen Kündigung gilt es für den ArbG, gerade bei langjährigen älteren Mitarbeitern, Augenmaß zu bewahren. Nicht jede (unter Umständen abmahnfähige) Pflichtverletzung ist ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB.