· Nachricht · § 34 EStG
Kapitalabfindungen aus früheren Riesterverträgen ohne vertragliches Kapitalwahlrecht
| Kapitalabfindungen aus früheren Riesterverträgen, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kein vertragliches Kapitalwahlrecht vorgesehen haben sind ermäßigt und nicht voll zu besteuern. |
Sachverhalt
Streitig war, ob die Kapitalabfindung einer Riester-Kleinbetragsrente i. S. d. § 93 Abs. 3 EStG gem. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern ist. Konkret ging es um einen Betrag i. H. v. rund 7.000 EUR, der auf einer Einmalzahlung als Kapitalabfindung für eine Riester-Rente beruhte (§ 22 Nr. 5 S. 2 Buchst. c EStG). Das FA versagte die begehrte ermäßigte Besteuerung und setzte die Kapitalabfindung für die Riesterrente bei den sonstigen Einkünften in voller Höhe an.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruch bekam der Steuerpflichtige vor dem FG Recht. Dieses entschied, dass die Kapitalabfindung als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern ist. Die Kapitalabfindung stellt nach Auffassung des FG eine „Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten“ dar. Als „Vergütung“ in diesem Sinne kommen alle Vorteile von wirtschaftlichem Wert in Betracht, die der Steuerpflichtige im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart erzielt. Die „Tätigkeit“ besteht bei Alterseinkünften in der früheren Leistung von Beiträgen. Die Voraussetzung der Mehrjährigkeit ist ebenfalls erfüllt, da die früheren Beitragszahlungen des Steuerpflichtigen sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckten und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassten.
Im Streitfall waren die Einkünfte auch außerordentlich, da die Geltendmachung der Kapitalabfindung nicht vertragsgemäß war, weil sie in dem im Jahr 2003 abgeschlossenen Vertrag keine Rechtsgrundlage gehabt hat.
Für Riester-Renten wäre eine Kapitalabfindung bis zur Änderung des § 93 Abs. 3 EStG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz ‒ AltZertG) mit Wirkung zum 1.1.2005 zulagenschädlich gewesen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des vorliegenden Riestervertrags war eine solche Abfindungsmöglichkeit auch für Kleinbetragsrenten untypisch. Allein der Umstand, dass Versicherer im Hinblick auf die später geschaffene Möglichkeit einer zulagenunschädlichen Kapitalabfindung versucht haben, die Versicherten in möglichst großer Zahl zur Annahme dieser Abfindung zu bewegen, macht einen solchen Ablauf keineswegs typisch. Die Abfindung stand nicht im Belieben der Versicherer, sondern hat in jedem Einzelfall einen Entschluss des Versicherten zur Annahme dieser Abfindung vorausgesetzt. Dieses einer lebenslangen Ergänzung zur Basisversorgung widersprechende Verhalten ist nicht typisch.
Fundstelle
- FG Nürnberg 11.7.18, 5 K 1130/17; Rev. eingelegt, BFH X R 24/18, iww.de/astw, Abruf-Nr. 206984