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· Fachbeitrag · AGG

Stadt muss schwerbehinderten Kandidaten zum Vorstellungsgespräch einladen - sonst droht Ärger

| Lädt ein öffentlicher ArbG einen schwerbehinderten Bewerber nicht zum Vorstellungsgespräch ein, kann dies eine Benachteiligung vermuten lassen. Dies folgt aus der in § 82 SGB IX normierten besonderen Förderungspflicht der öffentlichen ArbG bezüglich der Berufstätigkeit schwerbehinderter Menschen. Ein Zentralheizungs- und Lüftungsbauer und geprüfter Umweltschutztechniker ist nicht offensichtlich fachlich ungeeignet im Sinne des § 82 S. 3 SGB IX für eine Stelle des „Leiter des Sachgebiets Betriebstechnik“. |

 

Sachverhalt

Die beklagte Stadt suchte einen „Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik“. In der Ausschreibung hieß es u. a.: „Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; …“.

 

Der mit einem Behinderungsgrad von 50 schwerbehinderte Kandidat bewarb sich. Er ist ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich „Alternative Energien“. Er fügte seinem Bewerbungsschreiben einen ausführlichen Lebenslauf bei. Die Stadt lud den Kandidaten nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber.

 

Der Kandidat verlangte von der Stadt eine Entschädigung, da sie ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert habe. Sie habe ihn nach § 82 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen. Bereits dies lasse vermuten, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Die ArbG argumentierte, sie habe ihn nicht einladen müssen, da er für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei.

 

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt und verurteilte die ArbG, dem Kandidaten eine Entschädigung von drei Bruttomonatsverdiensten zu zahlen. Das LAG reduzierte die Summe auf einen Bruttomonatsverdienst. Hiergegen wendet sich die Stadt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision blieb vor dem 8. Senat des BAG (11.8.16, 8 AZR 375/15, Abruf-Nr. 188160) erfolglos. Weil die Stadt den Kandidaten nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe, habe sie die Vermutung begründet, dass er wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde. Sie war von ihrer Pflicht, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, auch nicht nach § 82 S. 3 SGB IX befreit. Auf der Grundlage der Angaben des Kandidaten in seiner Bewerbung durfte sie nicht davon ausgehen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehle.

Quelle: Seite 150 | ID 44231561