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· Fachbeitrag · Altersversorgung

Sechs wichtige Änderungen bei der bAV durch die Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie

von Dr. Claudia Veh, SLPM Schweizer Leben PensionsManagement GmbH, Garching b. München

| Für Mitarbeiter, die zwischen den Mitgliedstaaten zu- und abwandern, als auch für solche, die innerhalb Deutschlands den Arbeitgeber wechseln, sollen Mobilitätshindernisse abgebaut werden, die sich aus Regeln zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) ergeben. Das haben die EU-Mobilitäts-Richtlinie und das deutsche Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie zum Ziel. ASR stellt Ihnen die sechs wichtigen Änderungen für die bAV vor. |

Anwartschaften früher unverfallbar

Die Unverfallbarkeitsfristen für den Erwerb von Anwartschaften gelten als zu lang. Deshalb wird das Mindestalter für den Erwerb eines unverfallbaren Anspruchs für Zusagen ab 2018 von 25 auf 21 Jahre gesenkt, die Mindestzusagedauer von 5 auf 3 Jahre (§§ 1b, 2, 2a BetrAVG).

 

Eine Übergangsvorschrift sorgt dafür, dass Anwartschaften von Mitarbeitern, die vor 2018 eine Zusage auf bAV erhalten haben, nicht später unverfallbar werden, als wenn ihnen die Zusage erst ab 2018 erteilt worden wäre.

 

  • Beispiel zur Übergangsregelung

Ein am 15. Februar 1999 geborener Mitarbeiter erhält am 1. Januar 2017 eine Zusage auf bAV. Diese Anwartschaft würde am 15. Februar 2024 unverfallbar werden (Vollendung des 25. Lebensjahrs und 5 Jahre Zusagedauer). Durch die Übergangsvorschrift in § 30f BetrAVG wird die Anwartschaft bereits am 31. Dezember 2020 unverfallbar (Vollendung des 21. Lebensjahres und 3 Jahre Zusagedauer).

 

Benachteiligungsverbot für ausgeschiedene Mitarbeiter

Neu ist auch ein Benachteiligungsverbot. Danach dürfen sich künftig die unverfallbaren Anwartschaften von ausgeschiedenen nicht schlechter als die von nicht ausgeschiedenen Mitarbeitern entwickeln. Als Arbeitgeber können Sie eine solche Benachteiligung mit folgenden Gestaltungen ausschließen:

 

  • Durch eine Festbetragszusage (nominales Anrecht).
  • Die Anwartschaft enthält eine Verzinsung, die auch ausgeschiedenen Mitarbeitern zugute kommt.
  • Bei einem versicherungsförmigen Durchführungsweg (Direktversicherung, Pensionskasse, -fonds) kommen die Erträge, die auch die Überschussanteile umfassen, auch dem ausgeschiedenen Mitarbeiter zugute.
  • Die Anwartschaft wird - alternativ - wie folgt angepasst:
  •  
    • Jährlich um ein Prozent
    • Wie die Anwartschaften bzw. die Nettolöhne vergleichbarer nicht ausgeschiedener Arbeitnehmer
    • Wie die laufenden Leistungen an Rentner oder
    • Entsprechend dem Verbraucherpreisindex für Deutschland

 

Wichtig | Das Benachteiligungsverbot gilt nur für Beschäftigungszeiträume nach dem 1. Januar 2018 und nur, wenn das Versorgungssystem nicht bereits vor dem 20. Mai 2014 für neue Mitarbeiter geschlossen war. Das Benachteiligungsverbot gilt nicht für vom Pensionssicherungsverein (PSV) zu sichernde Anwartschaften (§ 7 BetrAVG). Sprich: Der PSV passt die Anwartschaften nicht an.

Abfindung bei grenzüberschreitendem AG-Wechsel

Wollen Sie eine Kleinstanwartschaft - das sind 2016 monatlich 29,05 Euro (West) bzw. 25,20 Euro (Ost) - bei vorzeitigem Ausscheiden des Mitarbeiters bzw. bei Eintritt eines Leistungsfalls abfinden, müssen Sie künftig die Zustimmung des Mitarbeiters einholen (§ 3 Abs. 2 BetrAVG).

 

Wichtig | Der deutsche Gesetzgeber will hier unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand vermeiden. Er nutzt daher die in der Richtlinie vorgesehene Möglichkeit und beschränkt das Zustimmungserfordernis für Kleinstanwartschaften auf grenzüberschreitende Arbeitgeberwechsel.

 

Der Abfindung zustimmen müssen daher Mitarbeiter nur, wenn

  • sie innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auswandern und
  • dies innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihrem ehemaligen Arbeitgeber mitteilen.

Erweiterte Auskunftspflichten

Ihre Informationspflichten als Arbeitgeber werden erweitert: Klargestellt wird z. B., dass sich die Auskunft über die Anwartschaften nach § 4a BetrAVG nicht nur auf den aktuellen Stand bezieht. Sie bezieht auch darauf, wie hoch die Betriebsrente zum Rentenbeginn voraussichtlich sein wird, wenn der Beschäftigte betriebstreu bleibt und weiterhin Anwartschaften erwirbt.

Rentenanpassung bei Direktversicherung und Pensionskasse

Die „Escape-Klausel“ (§ 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG) sieht bislang vor, dass ein Arbeitgeber mit einer bAV in den Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionskasse der Anpassungsprüfungspflicht des § 16 Abs. 1 BetrAVG genügt, wenn sämtliche Überschüsse ab Rentenbeginn leistungserhöhend verwendet werden.

 

Voraussetzung hierfür ist aber, dass den Verträgen kein höherer Rechnungszins als der gesetzlich geregelte Höchstzinssatz im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a VAG (derzeit: 1,25 %) zugrunde liegt. Rechnet z. B. eine regulierte Pensionskasse mit einem höheren Rechnungszins, kann der Arbeitgeber die Anpassungsprüfungspflicht nicht dadurch erfüllen, dass sämtliche Überschüsse leistungserhöhend verwendet werden.

 

Diese Restriktion bezüglich des Rechnungszinses wird nun gestrichen, was die Arbeitgeber spürbar entlastet, vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen BAG-Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 30.9.2014, Az. 3 AZR 613/12, Abruf-Nr. 146365). Damit gilt die Anpassungsprüfungspflicht bereits dann als erfüllt, wenn die bAV über eine Direktversicherung oder Pensionskasse organisiert wird und alle auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der Betriebsrenten verwendet werden.

 

Wichtig | Diese Änderung ist bereits am 31. Dezember 2015 in Kraft getreten. Arbeitgeber mit Direktversicherung und Pensionskasse können unabhängig vom zugrunde liegenden Rechnungszins der Versorgung ab dem 31. Dezember 2015 die Escape-Klausel des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nutzen.

Neue Altersgrenzen im Steuerrecht

Die Senkung der Unverfallbarkeitsfristen und des Mindestalters für die Unverfallbarkeit wirken sich auch auf das steuerliche Mindestalter aus. Das betrifft sowohl den Betriebsausgabenabzug der Zuwendungen des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse nach § 4d EStG als auch die Bildung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG. Diese hängen künftig davon ab, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zusage das 23. Lebensjahr vollendet hat.

 

Zeitpunkt der Zusage
Mindestalter § 4d EStG
Mindestalter § 6a EStG
  • bis zum 31. Dezember 2000

30. Lebensjahr

30. Lebensjahr

  • bis zum 31. Dezember 2008

28. Lebensjahr

28. Lebensjahr

  • bis zum 31. Dezember 2017

27. Lebensjahr

27. Lebensjahr

  • ab dem 1. Januar 2018

23. Lebensjahr

23. Lebensjahr

 

Flexibilisierung von Pensionsfonds

Künftig soll ein Pensionsfonds für Beitragszusagen mit Mindestleistungen in der Rentenphase nicht zwingend versicherungsförmige Garantie gewähren müssen, sofern

  • eine lebenslang zu zahlende Rente vorgesehen ist,
  • die zuständigen Tarifparteien zustimmen und
  • der Arbeitgeber für eine zu Beginn der Rentenphase festzulegende Mindestrente einsteht.

 

Wichtig | Diese Änderung ist bereits am 31. Dezember 2015 in Kraft getreten.

 

PRAXISHINWEIS | Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie (veröffentlicht am 30.12.2015, Abruf-Nr. 146345) tritt - abgesehen von den beiden Ausnahmen zur Rentenanpassung und zur Flexibilisierung von Pensionsfonds - zum 1. Januar 2018 in Kraft. Arbeitgeber sollten sich frühzeitig darauf einstellen.

 
Quelle: Seite 14 | ID 43856516