· Fachbeitrag · Apothekervergütung
Codierungsziffern von 1 bis 9: Das sollten Sie wissen
von Apothekerin Anja Hapka, Essen
| Das Sonderkennzeichen 02567024 und die Codierungsziffern von 1 bis 9 kommen immer dann zur Anwendung, wenn von der regulären Abgaberangfolge gemäß Rahmenvertrag abgewichen werden muss. In der letzten Zeit gab es viele Diskussionen über Detailfragen im Alltag, z. B. wann ein Arzt telefonisch um Erlaubnis gefragt werden muss. AH bringt Sie auf den neuesten Stand. |
Der gesetzliche Hintergrund
Die Regelungen zu vereinbarten Sonderkennzeichen sind in der Arzneimittelabrechnungsvereinbarung nach § 300 Sozialgesetzbuch (SGB) V in den technischen Anlagen 1 und 3, in § 17 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sowie in § 14 Rahmenvertrag festgelegt.
Codierungsziffer 1
Die Codierungsziffer 1 steht dafür, dass die entsprechende Zeile auf dem Rezept entweder leer oder nicht betroffen ist. Nicht betroffen bedeutet hier inhaltlich, dass die jeweils geforderten Regelungen des Rahmenvertrags zu § 11 über den Vorrang der Rabattverträge, zu § 12 über die Abgabe preisgünstiger Fertigarzneimittel oder zu § 13 über die Abgabe preisgünstiger Importarzneimittel bei der Belieferung des Rezepts eingehalten werden konnten.
Codierungsziffer 2
Die Codierungsziffer 2 kommt immer dann zur Anwendung, wenn rabattbegünstigte Fertigarzneimittel nicht verfügbar sind. Das muss von der Apotheke durch einen Beleg nach § 2 Abs. 11 Rahmenvertrag nachgewiesen werden. Ist keine vorrangige Abgabe rabattbegünstigter Fertigarzneimittel möglich, so ist generell eines der vier preisgünstigsten Fertigarzneimittel abzugeben, das die Kriterien nach § 9 Rahmenvertrag erfüllt. Beim Preisvergleich sind stets sämtliche gesetzlichen Rabatte zu berücksichtigen.
Wichtig | Das ausgewählte Medikament darf dabei jedoch niemals teurer sein als das verordnete Arzneimittel selbst!
Codierungsziffer 3
Die Ziffer 3 wird immer dann benötigt, wenn entweder keines der vier preisgünstigsten Fertigarzneimittel nach § 12 oder kein preisgünstiges Importarzneimittel nach § 13 Rahmenvertrag verfügbar ist. Das ist beides ebenfalls von der Apotheke durch einen Beleg nach § 2 Abs. 11 Rahmenvertrag nachzuweisen. Sind die vier preisgünstigsten Präparate nicht lieferbar, so muss die Apotheke das nächst preisgünstige verfügbare Fertigarzneimittel abgeben.
Wichtig | Das ausgewählte Medikament darf dabei jedoch niemals teurer sein als das verordnete Arzneimittel selbst! Ist kein solches Arzneimittel verfügbar, so gibt man notgedrungen eines ab, das teurer als das ursprünglich vom Arzt verordnete ist. Das nennt man dann Überschreitung des vom Arzt gesetzten Preisankers. Das abzugebende Medikament muss jedoch immer möglichst günstig ausgewählt werden.
Telefonische Rücksprache mit dem Arzt ‒ ja oder nein?
Zuerst gab es ab Juli 2019 die Forderung, dass der verordnende Arzt immer telefonisch seine Zustimmung geben musste, wenn der Preisanker überschritten wurde. Anschließend wurde diese Regelung bei sämtlichen Kostenträgern abgeschafft, da sie sich für alle Beteiligten im Alltag als nicht praktikabel erwiesen hatte, nur um kurz darauf bei den Ersatzkassen wieder infrage gestellt zu werden. Bei diesen existierte nämlich ein Ergänzungsvertrag, der keine Berücksichtigung gefunden hatte. Im November 2019 konnte dann abschließend eine Übereinkunft erzielt werden, die heute noch Gültigkeit besitzt: Wenn der Preisanker überschritten wird, muss weder aus Gründen der Nichtverfügbarkeit noch aus Gründen der Akutversorgung telefonisch Rücksprache mit dem verordnenden Arzt gehalten werden, sondern nur noch bei Überschreitung des Preisankers aufgrund pharmazeutischer Bedenken. Diese Regelung gilt nun einheitlich für alle Kostenträger.
Nichtverfügbarkeit preisgünstiger Importarzneimittel
Nach § 13 Abs. 2 S. 3 Rahmenvertrag sind Apotheken zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln an Versicherte verpflichtet. Dies gilt gemäß S. 7 jedoch nicht für den Sprechstundenbedarf. Als preisgünstig gilt ein Importarzneimittel dann, wenn bei einem Abgabepreis bis zu einschließlich 100 Euro der Rabattverkaufspreis des Importarzneimittels mindestens 15 Prozent günstiger ist als der des Bezugsarzneimittels. Bei einem Abgabepreis von 100 bis 300 Euro muss der Preisabstand mindestens 15 Euro betragen und bei einem Abgabepreis von über 300 Euro muss der Preisabstand mindestens 5 Prozent betragen.
Außerdem gilt maximal der Festbetrag als preisgünstig. Nach der zweiten Änderungsvereinbarung sind Importarzneimittel ohne Mehrkosten für den Patienten solchen mit Festbetragsdifferenz vorzuziehen. Liegt ein Mehrfachvertrieb („Parallelarzneimittel“) vor, bestimmt man die Preisgünstigkeit eines Importarzneimittels anhand des Referenzarzneimittels mit dem niedrigsten Rabattverkaufspreis. Gemäß § 9 Abs. 3 Rahmenvertrag ist bei Importarzneimitteln unabhängig von der Angabe im Preis- und Produktverzeichnis die für das Referenzarzneimittel gemeldete Darreichungsform zur Auswahl heranzuziehen. Somit gilt Teil A der Anlage VII zum Abschnitt M der Arzneimittelrichtlinie des G-BA über austauschbare Arzneiformen nicht für Importarzneimittel!
MERKE | Nach § 11 S. 1 und § 13 Abs. 1 Rahmenvertrag hat eindeutig immer die Abgabe eines rabattbegünstigten Fertigarzneimittels Vorrang vor der Abgabe eines nicht rabattbegünstigten importierten Arzneimittels. |
Codierungsziffer 4
Die Codierungsziffer 4 kommt in Fällen zum Einsatz, in denen die Bedingungen für die Ziffern 2 und 3 gleichzeitig vorliegen. Das ist immer dann der Fall, wenn entweder kein rabattbegünstigtes und kein preisgünstiges Fertigarzneimittel oder aber kein rabattbegünstigtes Fertigarzneimittel und kein preisgünstiges Importarzneimittel verfügbar sind. Die Regelungen und die Vorgehensweise sind identisch zu denen der Codierungsziffern 2 und 3.
Codierungsziffern 5 und 6
Die Ziffern 5 und 6 werden gemäß § 14 Abs. 2 Rahmenvertrag in Fällen der Akutversorgung benutzt, d. h. immer dann, wenn der Patient nicht auf die Lieferung eines rabattbegünstigten oder preisgünstigen Fertigarzneimittels warten kann, ohne dass es dadurch zu negativen Auswirkungen für seine Gesundheit käme. Es handelt sich dabei jeweils um eine Einzelfallentscheidung durch das pharmazeutische Personal.
Hat die Apotheke im Falle einer notwendigen Akutversorgung kein rabattbegünstigtes Fertigarzneimittel auf Lager, darf sie eines der vier preisgünstigsten Fertigarzneimittel abgeben, das jedoch nicht teurer sein darf als das vom Arzt ursprünglich verordnete Präparat. In diesem Fall druckt sie die Codierungsziffer 5 auf das Rezept. Hat die Apotheke in dieser Situation weder ein rabattbegünstigtes noch eines der vier preisgünstigsten Fertigarzneimittel bzw. Importarzneimittel vorrätig, so darf sie das nächst günstige, direkt verfügbare Präparat abgeben, das nicht teurer ist als das vom Arzt ursprünglich verordnete Medikament. In diesem Fall druckt sie dann die Codierungsziffer 6 auf das Rezept. Ist kein solches Arzneimittel verfügbar, so gibt sie eines ab, das teurer ist als das ursprünglich vom Arzt verordnete und überschreitet damit den vom Arzt gesetzten Preisanker. Das Medikament muss auch hier wieder möglichst günstig ausgewählt werden.
Wichtig | Bei der Verwendung der Codierungsziffern 5 und 6 muss ausnahmslos eine handschriftliche Dokumentation auf dem Rezept die Akutversorgung individuell, d. h. ohne Pauschalaussagen, stichhaltig begründen. Diese Dokumentation muss stets mit Datum separat abgezeichnet werden.
MERKE | § 17 Rahmenvertrag beschäftigt sich ausführlich mit weiteren Sonderregelungen zum Thema Akutversorgung und Notdienst, vor allem auch in Bezug auf die Packungsgrößenverordnung. |
Codierungsziffer 7
Wenn aufgrund von Non-Compliance keines der Fertigarzneimittel nach § 11 bis § 14 Rahmenvertrag infrage kommt, besteht gemäß § 15 Rahmenvertrag die Möglichkeit der Abgabe eines sogenannten Wunscharzneimittels. Das Originalrezept wird mit dem Sonderkennzeichen 02567024 und der Codierungsziffer 7 bedruckt und wie üblich in die Abrechnung gegeben, da die Apotheke gemäß § 15 S. 6 Rahmenvertrag für die ihr durch die Abwicklung der Herstellerabschläge entstehenden Aufwendungen von der Krankenkasse eine Pauschale in Höhe von 0,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer je Verordnungsblatt erhält.
Der Patient bezahlt den Arzneimittelabgabepreis des Medikaments komplett und erhält nach § 15 S. 8 Rahmenvertrag von der Apotheke einen Kassenbon sowie eine Kopie des bedruckten Rezepts, um sich von seiner Krankenkasse einen Teil des bezahlten Geldes zurückerstatten zu lassen. Diese ist dazu berechtigt, bei der Rückerstattung eine Bearbeitungsgebühr zu verrechnen.
Die Codierungsziffern 8 und 9
Bestehen bei der Abgabe eines Medikaments nach den Regelungen des Rahmenvertrags pharmazeutische Bedenken, kommen nach § 14 Abs. 3 Rahmenvertrag die Codierungsziffern 8 und 9 zum Einsatz.
Sind rabattbegünstigte Fertigarzneimittel verfügbar, bestehen jedoch gegen alle diese pharmazeutische Bedenken, so ist eines der vier preisgünstigsten Fertigarzneimittel abzugeben, das nicht teurer ist als das ursprünglich vom Arzt verordnete Arzneimittel. In diesem Fall muss die Apotheke die Codierungsziffer 8 auf das Rezept drucken. Sind rabattbegünstigte sowie preisgünstige Fertigarzneimittel bzw. Importarzneimittel verfügbar, bestehen jedoch gegen alle diese pharmazeutische Bedenken, so ist das nächst preisgünstige verfügbare Fertigarzneimittel abzugeben, gegen das die pharmazeutischen Bedenken nicht bestehen und das nicht teurer ist als das ursprünglich vom Arzt verordnete Medikament. In diesem Fall druckt die Apotheke die Codierungsziffer 9 auf das Rezept.
Wichtig | Die Codierungsziffern 8 und 9 zu den pharmazeutischen Bedenken müssen ebenso wie die Ziffern 5 und 6 zur Akutversorgung immer handschriftlich auf dem Rezept fallbezogen begründet werden. Auch diese Dokumentation ist auf der Verordnung mit Datumsangabe von allen Beteiligten separat abzuzeichnen. Bei einer Preisankerüberschreitung muss die telefonische Zustimmung des Arztes für diese Abgabe eingeholt werden und die gehaltene Rücksprache muss zusätzlich zu der Begründung der pharmazeutischen Bedenken auf dem Rezept mit Datum und Abzeichnung dokumentiert werden.
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