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· Fachbeitrag · Arbeitsrecht

Änderungen beim Mutterschutz: Das gilt ab 2018

von Dr. Guido Mareck, stv. Direktor des Arbeitsgerichts Dortmund

| Ende März verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzes. Die bisherigen Regelungen zum Mutterschutz stammen im Wesentlichen aus dem Jahr 1952. Bis auf zwei Neuerungen soll die Reform des Mutterschutzgesetzes ab dem 1.1.2018 gelten. Nach der Reform profitieren künftig mehr Mütter vom neuen Mutterschutzgesetz. Zusätzlich wird der mutterschutzrechtliche Arbeitsschutz verstärkt. |

 

Diese Ausnahmen sollen schon vor dem 1.1.2018 gelten

Bis auf zwei Regelungen sollen die Neuerungen am 1.1.2018 in Kraft treten. Die beiden Ausnahmen betreffen die Regelungen zur verlängerten Schutzfrist nach der Geburt eines behinderten Kindes und dem Kündigungsschutz nach einer Fehlgeburt. Diese treten bereits nach Verkündung des Gesetzes in Kraft. Danach gilt:

 

  • Mütter von Kindern mit Behinderung werden künftig vier Wochen länger - und damit insgesamt zwölf Wochen - Mutterschutz nach der Geburt erhalten, um sich um ihre Kinder zu kümmern.
  • Zudem wird ein Kündigungsschutz für Frauen nach einer nach der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgten Fehlgeburt neu eingeführt.

 

Dieser Personenkreis profitiert künftig vom neuen Gesetz

Das neue MuSchG weitet in erster Linie den geschützten Personenkreis aus.

 

  • Welche Frauen sind vom neuen MuSchG betroffen?

Frauen in betrieblicher Berufsbildung und Praktikantinnen nach § 26 BBiG.

ja

Frauen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind.

ja

Frauen, die als Entwicklungshelferinnen tätig sind.

ja

Frauen, die als Freiwillige nach dem BFDG beschäftigt sind.

ja

Frauen, die als Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft, Diakonissen oder Angehörige einer ähnlichen Gemeinschaft auf einer Planstelle oder aufgrund eines Gestellungsvertrags für diese tätig werden, auch während der Zeit ihrer dortigen außerschulischen Ausbildung; Frauen, die in Heimarbeit beschäftigt sind.

ja

Arbeitnehmerähnliche Selbstständige

ja

Schülerinnen und Studentinnen dann, wenn die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder die Schülerinnen oder Studentinnen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung ein verpflichtend vorgegebenes Praktikum ableisten.

ja

Beamtinnen und Richterinnen (es gelten gesonderte Verordnungen)

nein

Soldatinnen

nein

 

 

Bisher betraf es Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen oder in Heimarbeit tätig sind. Zukünftig fallen auch Frauen unter das Gesetz, die in unterschiedlichen Vertragskonstellationen zu Arbeitgebern oder Auftraggebern stehen. Zudem werden Einrichtungen und Institutionen, die keine Arbeitnehmer beschäftigen, aber in Rechtsbeziehungen zu „Nicht-Arbeitnehmern“ stehen - soweit diese im neuen MuSchG aufgeführt sind - mit den neuen Vorschriften konfrontiert.

 

Lockerungen beim Verbot der Sonntags- und Nachtarbeit

Früher kam es insbesondere bei Ärztinnen häufiger vor, dass Arbeitsverbote ausgesprochen wurden, obwohl die Schwangere arbeiten wollte. Das soll es mit dem neuen MuSchG nicht mehr geben. Auch die Möglichkeit der Sonntags- und Feiertagsarbeit soll erweitert werden, wenn die Betroffene das selbst möchte. Dem Familienministerium zufolge wird für die Arbeit nach 20 Uhr bis 22 Uhr ein behördliches Genehmigungsverfahren eingeführt. Unter anderem muss die Frau sich ausdrücklich bereit erklären, nach 20 Uhr zu arbeiten. Während die Behörde den vollständigen Antrag prüft, kann der Arbeitgeber die Frau grundsätzlich weiterbeschäftigen. Lehnt die Behörde den Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt er als genehmigt.

 

Die neuen Arbeitgeber-Pflichten

Die bisher im MuSchArbV geregelten Arbeitgeber-Pflichten, wie der Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen ausgestaltet sind, sollen künftig im MuSchG selbst zu finden sein. Danach sollen Beschäftigungsverbote aus betrieblichen Gründen nur noch ausgesprochen werden können, wenn alle anderen Maßnahmen versagen. Der Gesetzgeber setzt hierfür Kernwörter ein, so zum Beispiel die Vermeidung „unverantwortbarer Gefährdungen“. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er zunächst verpflichtet werden soll, jeden konkreten Arbeitsplatz hinsichtlich des Vorliegens „unverantwortbarer Gefährdungen“ einzuschätzen.

 

  • (1) Der Arbeitgeber hat bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren oder stillenden Frau alle aufgrund der Gefährdungsbeurteilung nach § 9 erforderlichen Maßnahmen für den Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit sowie der ihres Kindes zu treffen. Soweit es nach den Vorschriften dieses Gesetzes verantwortbar ist, ist der Frau auch während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit die Fortführung ihrer Tätigkeiten zu ermöglichen. Nachteile aufgrund der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Stillzeit sollen vermieden oder ausgeglichen werden.
  • (2) Der Arbeitgeber hat die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird. Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. Eine unverantwortbare Gefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes nicht beeinträchtigt wird.

...

 

Da der Gefährdungsbegriff im Arbeitsschutz so bisher unbekannt war, sollen die Empfehlungen von der Bundesregierung im Einvernehmen mit den Bundesländern erarbeitet werden. Diese sollen Vollzugsbehörden und Arbeitgeber die Umsetzung erleichtern und mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verfügung stehen.

 

Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er bei Vorliegen dieser Gefährdungen im

  • 1. Schritt die Arbeitsbedingungen durch Schutzmaßnahmen umgestalten muss. Wenn dieses nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, dann folgt der
  • 2. Schritt: Die Schwangere muss an einem anderen geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz eingesetzt werden. Ist dieses nicht möglich, gilt:
  • 3. Schritt: Erst nach Verneinung aller zwingend vorzunehmenden Maßnahmen greift das betriebliche Beschäftigungsverbot.

 

PRAXISHINWEIS | So wie es derzeit aussieht, bleiben die Kernbereiche Zuschusspflicht zum Mutterschaftsgeld in den Schutzfristen vor und nach der Geburt sowie Entgeltfortzahlung während eines Beschäftigungsverbots unverändert. Auch das System der Rückerstattungen dieser finanziellen Aufwendungen durch das AAG-Umlageverfahren bleibt so, wie es ist.

 

Checkliste / Beschäftigungsverbote bei Schwangeren

  • Liegt ein Zeugnis eines Arztes oder einer Hebamme über den voraussichtlichen Entbindungstermin gegen Kostenübernahme vor?
  • Schwangerschaft der Aufsichtsbehörde melden. Die staatlichen Aufsichtsbehörden haben in den Bundesländern unterschiedliche Namen: Gewerbeaufsicht, Amt für Arbeitsschutz oder Umweltamt etc. Namen und Kontaktadressen finden Sie zum Beispiel auf der Internetseite der Landesregierung oder des Landesministeriums für Arbeit, Familie und Soziales.
  • Wurde eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt? Hier müssen die Mitarbeiterin und auch der Betriebsrat informiert werden.
  • Arbeitsplatz und -bedingungen checken. Notfalls müssen diese angepasst und geändert werden. Gegebenenfalls kommt auch ein anderer Arbeitsplatz in Betracht. Schwangere gegebenenfalls von der Arbeit freistellen.
  • Beschäftigungsverbote beachten!
  • Schutzfristen anhand des voraussichtlichen Entbindungstermins herausfinden.
  • Mutterschutzlohn und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld abrechnen.
  • Erstattung im U2-Verfahren beantragen.
  • Aushangpflicht bei MuSchG beachten.
 
Quelle: Seite 558 | ID 44731645