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· Fachbeitrag · Arbeitsrecht

Erst allgemein, dann präzise: Zeugnistext bleibt trotzdem vollstreckbar

von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe, B. A., Leipzig

| Arbeitszeugnisse zu vollstrecken, birgt Tücken. Schnell ist ein Titel zu unbestimmt und so für die Vollstreckung wertlos. Das LAG Frankfurt zeigt nun: Enthält ein Titel zwei voneinander abweichende Angaben zur Leistungsbeschreibung, davon eine in Klammern gesetzt, bleibt er dennoch vollstreckbar. |

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten sich vor dem ArbG vergleichsweise über ein zu erteilendes Arbeitszeugnis geeinigt, u. a. mit folgender Vereinbarung: „Der Beklagte erteilt dem Kläger unter dem Beendigungsdatum ... ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer mindestens befriedigenden Gesamtbewertung der Leistung und des Verhaltens des Klägers (Leistungsbeurteilung „stets zu meiner Zufriedenheit“, Verhaltensbeurteilung „einwandfrei“) sowie einer Abschiedsformel ...“ Das vom beklagten Arbeitgeber erteilte Zeugnis wich jedoch hiervon ab, und enthielt nur die Formulierung „zu unserer Zufriedenheit“ und keinen Hinweis auf „einwandfreies“ Verhalten.

 

Entscheidungsgründe

Das LAG bejahte, dass der Kläger ein Zeugnis verlangen kann, das seine Leistungen mit den in Klammern gesetzten Angaben „stets zu meiner Zufriedenheit“ und sein Verhalten mit „einwandfrei“ beurteilt (8.10.19, 8 Ta 319/19, Abruf-Nr. 214929). Auch wenn dem Klammertext voranstehend „mit einer mindestens befriedigenden Gesamtbewertung der Leistung und des Verhaltens des Klägers“ formuliert wurde, ist der Vergleich vollstreckbar. Die in Klammern gesetzten Formulierungen zur Leistung sind bestimmt und damit vollstreckbar. Mehr hatte der Kläger mit seinem Zwangsmittelantrag auch nicht verlangt.

 

 

Relevanz für die Praxis

Wird ein Zeugnistext vollständig protokolliert bzw. in den Titel aufgenommen, lassen sich Auseinandersetzungen über Einzelheiten, Notenstufen und Formulierungen im qualifizierten Zeugnistext von vornherein vermeiden. Denn dem Arbeitgeber bleibt dann keinerlei Gestaltungsspielraum, wie er bestimmte (Leistungs-)Merkmale auswählt, beschreibt oder gewichtet. Häufig machen Gläubiger den Fehler, den Arbeitgeber zu einem Zeugnis zu verpflichten, dessen Inhalt einer bestimmten Notenstufe entspricht. Bereits dies macht den Titel für die Vollstreckung wertlos (vgl. BAG 14.2.17, 9 AZB 49/16).

 

Entscheidend ist auch, einen Zeugnistext engmaschig mit dem Mandanten zu erstellen, um alle wesentlichen Punkte zu berücksichtigen.

 

Beachten Sie | Erstellt der Arbeitgeber trotzdem ein vom Vergleich abweichendes Zeugnis, können Sie Zwangsmittel gegen ihn beantragen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn das Rechtsschutzbedürfnis fortbesteht.

 

In einem Fall vor dem LAG Köln erstellte der Arbeitgeber das korrigierte Zeugnis (falsche Postleitzahl) erst im Beschwerderechtszug gegen die Festsetzung des Zwangsgelds (30.9.20, 11 Ta 135/20, Abruf-Nr. 219033). Die Höhe des Zwangsgelds orientiert sich allein daran, welche Summe notwendig ist, um den Willen des Schuldners zu überwinden. Ein Zwangsgeld von 2.000 EUR ist übermäßig, wenn sich der Arbeitgeber, wie im Fall des LAG Köln, im Zeugnis lediglich bei einer Postleitzahl verschrieben hat.

 

 

Weiterführende Hinweise

  • So vollstrecken Sie aus einem Schiedsvergleich, VE 20, 66
  • Schuldner muss sich an vorformulierten Zeugnistext halten, VE 18, 62
  • So setzen Sie einen titulierten Zeugnisanspruch schnell durch, VE 16, 165
Quelle: Seite 27 | ID 47035221