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· Fachbeitrag · Arbeitszeit

Umkleide- und Waschzeiten als Arbeitszeiten?

Umkleidezeiten sind als Arbeitszeit zu vergüten, wenn das Umziehen fremdnützig im Interesse des ArbG erfolgt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Dienstkleidung zwingend zu tragen und eine private Nutzung ausgeschlossen ist. Waschzeiten sind nur zu vergüten, wenn sie hygienisch zwingend notwendig sind (LAG Düsseldorf 3.8.15, 9 Sa 425/15, Abruf-Nr. 145172).

Sachverhalt

Beim ArbG handelt es sich um ein städtisches Verkehrsunternehmen. Dort ist der ArbN seit 1996 als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) Anwendung. In diesem Tarifwerk ist unter anderem eine Kleiderordnung geregelt. Diese besagt, dass die Dienstkleidung nur im Dienst getragen werden darf.

 

Daneben besteht beim ArbG eine Betriebsvereinbarung. Diese schreibt vor, dass die zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung während der Arbeitszeit zu tragen ist. Privat darf sie nicht genutzt werden. Die mit dem Firmenlogo versehene Arbeitskleidung wird vom ArbG im Betrieb zur Verfügung gestellt und dort auch gewaschen.

 

Der ArbN ist der Ansicht, das An- und Ablegen der Dienstkleidung gehöre zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Die gestellte Arbeitskleidung verbleibe im Betrieb. Daneben sei den Mitarbeitern untersagt, diese Kleidung sowohl im privaten Bereich als auch auf dem Weg von und zur Arbeitsstelle zu tragen. Dies sei im Übrigen unzumutbar, weil die Kleidung nach der Arbeit öl- und fettverschmiert sei.

 

Der ArbN behauptet, die Umkleidezeit betrage vor und nach der Arbeit jeweils fünf Minuten. Bei Arbeitsende werde der Umkleidevorgang durch das Duschen unterbrochen, weshalb am Arbeitsende insgesamt 15 Minuten anzusetzen seien. Daraus ergäbe sich für die Zeit von März 2014 bis Oktober 2014 ein Anspruch in Höhe von 750,08 EUR brutto für zu vergütende Umkleide- und Waschzeiten.

 

Dem widerspricht der ArbG. Die Zeiten seien nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu werten. Der ArbN sei nicht verpflichtet, die Dienstkleidung erst im Betrieb anzulegen. Dies sei nur ein Angebot. Er dürfe sie bereits zu Hause und auf dem Weg zur Arbeit tragen.

 

Entscheidungsgründe

Das Arbeitsgericht Oberhausen hat die Umkleide- und Waschzeiten als Arbeitszeit eingestuft und der Zahlungsklage stattgegeben. Vor der 9. Kammer des LAG kam es auf Grundlage der vorläufigen Einschätzung zu einem Vergleich.

 

Die Kammer hat darauf hingewiesen, dass zwischen den Umkleidezeiten und den Zeiten zum Duschen zu differenzieren sei:

 

  • Umkleidezeiten
  • Zu den Umkleidezeiten liege gesicherte Rechtsprechung des BAG vor. Diese seien zu vergüten, wenn das Umziehen fremdnützig im Interesse des ArbG erfolge. Dies setze voraus, dass die Dienstkleidung während der Arbeitszeit aufgrund einer Weisung des ArbG zu tragen und die private Nutzung ausgeschlossen sei. Diese Voraussetzungen könnten hier erfüllt sein, denn die Dienstkleidung bestehend aus Bund- oder Latzhose, Jacke und/oder Weste sowie T-Shirt oder Poloshirt - alle mit dem Logo des ArbG versehen - sei auf dessen Weisung im Betrieb zu tragen. Eine Betriebsvereinbarung schließe zudem nach ihrem Wortlaut wohl jede private Nutzung aus.

 

  • Waschzeiten
  • Zur Frage von Waschzeiten liege keine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Maßgeblich könne sein, ob das Duschen fremdnützig sei. Die Abgrenzung, ab welchem Grad einer Verschmutzung der ArbG das Duschen als Arbeitszeit zu vergüten habe, sei schwierig. Dabei spiele immer auch eine individuelle Wertung mit. Möglicherweise zu vergüten seien Waschzeiten, die hygienisch zwingend notwendig seien. Dies sei hier wohl nicht gegeben. Die Arbeit erfolge ja in der vom ArbG gestellten Dienstkleidung, die zudem von ihm gewaschen werde und im Betrieb verbleibe. Fraglich sei außerdem, ob nicht zehn Minuten für das Duschen zu lang seien.

 

Vor diesem Hintergrund haben die Parteien sich verständigt, die Umkleidezeiten (je 5 Minuten zu Arbeitsbeginn und Arbeitsende) zu vergüten, nicht hingegen die Zeit für das Duschen (10 Minuten am Arbeitsende). Für den Zeitraum März bis Oktober 2014 würden somit 375,04 EUR anfallen. Zudem soll abgeklärt werden, ob die getroffene Verständigung auf die anderen Mitarbeiter der Kfz-Werkstatt übertragen werden kann.

 

Praxishinweis

Der ArbG sollte, um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, im Rahmen einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat die Zahlung der Umkleide- und Waschzeiten mitregeln. In Betrieben ohne Betriebsrat ist dies über eine arbeitsvertragliche Einheitsregelung ebenfalls möglich. Einen klagbaren Anspruch des ArbN dürfte es in der Regel nur für Umkleidezeiten bei (echter) Dienstkleidung geben.

 

Weiterführende Hinweise

  • Betriebsvereinbarung gibt Anspruch auf Arbeitszeitgutschrift bei Naturkatastrophen: LAG Düsseldorf in AA 15, 86
  • Mützenpflicht für männliche Piloten?: BAG in AA 15, 5
  • Was gilt bei fehlender Vereinbarung über die Länge der Arbeitszeit?: BAG in AA 15, 96
  • Dienstreisen: Reisezeit oder Arbeitszeit? Laskawy in AA 13, 209
Quelle: Seite 147 | ID 43555512