· Fachbeitrag · Der praktische fall
Erwerb, Unterhalt und Übertragung einer Ferienimmobilie auf den Balearen ‒ Teil 2
von Prof. Dr. Dieter Endres, Heppenheim und Juan A. Ballester Mora, Palma
| Für Familie Knoche soll sich ein Traum erfüllen: Sie will eine Ferienfinca auf Mallorca erwerben. Im ersten Teil dieser zweiteiligen Beitragsserie wurde von den steuerlichen Fragestellungen in der Erwerbsphase sowie über die laufende Besteuerung und die Kosten bei Selbstnutzung berichtet (Endres/Ballester Mora, PIStB 20, 195 ). Dieser Musterfall einer typischen Immobilieninvestition auf den Balearen wird nun mit den Zukunftsszenarien „Veräußerung der Finca“ sowie „Erbfall und Schenkung“ fortgesetzt und endet mit einer kurzen Vergleichsbetrachtung zur Besteuerung eines Immobilien-Engagements in anderen Ländern. |
1. Der Traum geht weiter: Eine Finca auf Mallorca
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Der Düsseldorfer Orthopäde Christoph Knoche ‒ verheiratet, zwei Kinder ‒ plant nach einigen schönen Kurzurlauben auf den Balearen, ein Ferienhaus auf Mallorca zu erwerben. Dort will er pro Jahr (bei etwa vier bis sechs Aufenthalten) ungefähr drei Monate verbringen. Da passt es gut, dass der mallorquinische Immobilienmakler Fernando Angel ihm ein verlockendes Angebot unterbreiten kann. Der Kaufpreis ist angemessen und nach gründlicher Beratung durch eine auf deutsch-spanische Sachverhalte spezialisierte Steuerkanzlei stehen Frau und Herr Knoche kurz vor dem direkten Erwerb der schönen Finca in Santanyi, mit großzügigem Pool und unverbaubarer Meersicht. Vor der endgültigen Entscheidung für Viva la Vida will Familie Knoche aber noch die steuerlichen Langzeitperspektiven hinterfragen. |
2. Zukunftsszenario 1: Veräußerung der Finca
Die Knoches (bzw. die Knochen, wie die Familie von Freunden genannt wird) möchten ihren Mallorca-Traum durchaus langfristig ausleben. Allerdings hat der erfahrene Arzt während seiner langen Berufstätigkeit gelernt, dass sich die Lebensumstände im Zeitablauf ändern und neue Konstellationen zu einem Überdenken bisheriger Lebensgewohnheiten führen können. Gerade in einer Zeit, die von der Sorge über die Folgen der Corona-Pandemie geprägt ist, erscheinen Langzeitvorhersagen doch etwas wacklig. Das Zurück zur Normalität mag lange dauern. Rein aus Vorsorge will Christoph Knoche deshalb von seinem Steuerberater hören, wie die steuerliche Perspektive wäre, wenn die Finca nach einigen Jahren weiterverkauft würde. Dabei hofft der potenzielle Immobilienerwerber auf eine Wertsteigerung mit einem entsprechenden Verkaufsgewinn.
2.1 Besteuerung eines Veräußerungsgewinns in Spanien
Veräußert ein Steuerausländer seine spanische Ferienimmobilie, so unterliegt ein erzielter Veräußerungsgewinn der spanischen Einkommensteuer. Eine Spekulationsfrist, nach deren Ablauf ein Veräußerungsgeschäft steuerfrei wäre, ist dem spanischen Recht fremd. Steuerpflichtig ist die Differenz zwischen dem Verkaufspreis der Immobilie und den fortgeführten Anschaffungskosten. Diese entsprechen den ursprünglichen Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten zuzüglich werterhöhender Umbau- bzw. Modernisierungskosten, soweit diese über eine bloße Instandhaltung der Immobilie hinausgehen. Da die Steuerprüfungen sehr streng und gründlich sind, empfiehlt sich eine sorgfältige Aufbewahrung aller relevanten Rechnungen. Verkaufskosten (wie auch die unten erwähnte spanische Wertzuwachssteuer Plusvalia Municipal) sind bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage abzugsfähig. Der Steuersatz auf den so errechneten Veräußerungsgewinn beträgt 19 %.
Sollte der Käufer die Immobilie von einem nicht in Spanien ansässigen Verkäufer erwerben, ist er bei notarieller Beurkundung verpflichtet, 3 % vom Kaufpreis einzubehalten und an das spanische Finanzamt (mit Formular 211) abzuführen. Das spanische Finanzamt betrachtet diese 3 % als Anzahlung auf die Steuer, die der Verkäufer aufgrund des von ihm durch den Verkauf der spanischen Immobilie voraussichtlich zu erzielenden Nettogewinns zahlen muss.
PRAXISTIPP | Die Einbehaltungspflicht gilt selbst dann, wenn tatsächlich kein Gewinn aufseiten des Veräußerers entsteht. In diesem Falle muss er bei der Steuerbehörde eine Rückerstattung der abgeführten Anzahlung beantragen, was regelmäßig eine Steuerprüfung nach sich zieht. In jedem Fall ist der Immobilienverkäufer verpflichtet, innerhalb von vier Monaten nach der Übertragung eine Steuererklärung einzureichen. |
Neben der Einkommensteuerpflicht kann es bei Immobilienverkäufen durch Steuerausländer auch zum Anfall einer kommunalen Wertzuwachssteuer (umgangssprachlich: Plusvalia Municipal) kommen. Steuergegenstand der Plusvalia ist die Wertsteigerung eines erschlossenen (städtischen) Grundstücks seit der letzten beurkundeten Übertragung. Für ländliche Grundstücke entfällt eine Steuerpflicht.
Beachten Sie | Grundsätzlich sollte die Plusvalia nur zum Tragen kommen, wenn beim Verkauf eines städtischen Grundstücks tatsächlich ein Gewinn anfällt. Allerdings errechnet die zur Anwendung kommende Steuerberechnungsformel stets einen Gewinn, sodass es in den jüngsten Jahren zu etlichen Prozessen über die Zulässigkeit der Steuererhebung bei tatsächlichen Vermögensverlusten gekommen ist.
Die Plusvalia als Gemeindesteuer soll den (fiktiven) Wertzuwachs von Grund und Boden ‒ nicht der Aufbauten ‒ seit dem letzten Beurkundungsvorgang erfassen. Der Maximalzeitraum, für den die Wertsteigerung erfasst wird, beträgt 20 Jahre. Bemessungsgrundlage ist der im Katasterwert enthaltene Bodenwert (Suelo), wobei der beim letzten Eigentumswechsel erfasste Bodenwert mit einem von der Gemeinde festgelegten Indexfaktor auf das Übertragungsdatum hochgerechnet wird. Die so ermittelte Wertsteigerung unterliegt dann einem von der Gemeinde festgelegten Steuersatz. Die Steuerschuld kann ggf. von der Gemeinde noch gekürzt werden.
Die Plusvalia ist innerhalb von 30 Werktagen nach dem Verkauf im Wege der Selbstveranlagung an die Steuerbehörde zu zahlen.
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Besitzjahre (max. 20) × Indexfaktor × Katasterwert (Suelo) × Steuersatz
Abschätzung der Größenordnung in unserem Beispielsfall (Gemeinde Santanyi): 20 × 2 % × 200.000 EUR = 80.000 EUR (Bemessungsgrundlage) 80.000 EUR × 17 % Steuersatz = 13.600 EUR Wertzuwachssteuer |
PRAXISTIPP | Wie oben bereits erwähnt blieb in der bisherigen Rechtspraxis der tatsächliche Wert des Hauses und damit die Feststellung, ob der Verkäufer tatsächlich einen Gewinn oder gar einen Vermögensverlust erzielte, außer Betracht. Diese Handhabung ist verfassungsrechtlich umstritten ‒ ob ggf. mit Nachweisen über die tatsächliche Wertentwicklung der Erhebung der Plusvalia erfolgreich begegnet werden kann, ist wohl nur im konkreten Einzelfall zu beantworten. |
2.2 Besteuerung eines Veräußerungsgewinns in Deutschland
Veräußert ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger ein in Spanien belegenes Grundstück, so ist ein erzielter Veräußerungsgewinn in Deutschland ohnehin steuerfrei, wenn der Verkauf außerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist des § 23 Nr. 1 EStG erfolgt. Die Steuerfreiheit gilt auch für private Veräußerungsgeschäfte innerhalb der Spekulationsfrist, soweit die Nutzung der Finca ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken erfolgte oder die Finca im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (vgl. Frotscher/Geurts, EStG-Kommentar, § 23 EStG, Rz. 38; BFH 3.9.19, IX R 10/19, DB 20, 764 ).
Im Falle in Deutschland steuerpflichtiger Veräußerungen, wie z. B. bei einer Veräußerung fremdvermieteter Immobilien innerhalb der Spekulationsfrist, gilt nach dem DBA Deutschland/Spanien die Anrechnungsmethode, d. h., eine Doppelbesteuerung durch spanische und deutsche Veräußerungsgewinnsteuern ist durch Anwendung der Anrechnungsmethode in Deutschland zu beseitigen (Art. 22 Abs. 2 Buchst. b) Nr. vii DBA Deutschland/Spanien; vgl. OFD Rheinland 25.1.13, DB 13, 259).
2.3 Zusammenfassung der Steuerkonsequenzen im Beispielsfall
Christoph Knoche resümiert: Auf einen hypothetischen Veräußerungsgewinn, den seine Frau und er als gemeinsame Eigentümer künftig erzielen würden, müssten 19 % spanische Einkommensteuer und die kommunale Plusvalia abgeführt werden. In Deutschland würden keine zusätzlichen Veräußerungsgewinnsteuern erhoben. Sollten sich allerdings statt Wertsteigerungen Veräußerungsverluste ergeben, würden diese steuerlich „verpuffen“, d. h., nicht zur Verrechnung mit anderen Einkünften und damit zu Steuerentlastungen führen.
Das gefundene Ergebnis schreckt Knoche keinesfalls ab. Sollte sich der Wert ihrer Finca tatsächlich steigern, würde er sich nach zahlreichen schönen Aufenthalten auf der Balearen-Insel über einen erklecklichen Nachsteuergewinn sehr freuen und die Steuer von 19 % plus gemeindliche Plusvalia bereitwillig zahlen.
3. Zukunftsszenario 2: Erbfall und Schenkung
Familie Knoches Wunschvorstellung ist es, dass die in Mallorca belegene Finca ein regelmäßiger Treffpunkt für die Großfamilie wird und später auch auf die nächste Generation übergeht. Im Normalfall sollten die Miteigentumsanteile der Eltern zu einem späteren Zeitpunkt unentgeltlich an die beiden Kinder übertragen werden. Insofern sind die Eheleute sehr daran interessiert, welche Steuerpflichten bei einer Schenkung zu Lebzeiten oder bei Vererbung des spanischen Immobilienvermögens anfallen würden. Auch das Zusammenspiel zwischen spanischer Erbschaft- und Schenkungsteuer und deutschen Steuerpflichten hat für sie hohe Bedeutung, um Doppelbesteuerungen auszuschließen.
3.1 Steueraspekte von Erbfall und Schenkung in Spanien
Spanien räumt den autonomen Regionen ein beschränktes Gesetzgebungsrecht für die Erbschaft- und Schenkungsteuern (Impuesto sobre Sucesiones y Donaciones ‒ ISD) ein. Ihnen steht nicht nur das Steueraufkommen zu, sondern es werden ihnen auch materielle und administrative Kompetenzen übertragen. Im Vergleich zum staatlichen Recht haben die autonomen Regionen meist günstigere Regelungen, sodass der Steuerpflichtige regelmäßig für diese Bestimmungen optieren wird. Auch die balearische Regierung macht von ihrer Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch (zum spanischen Erbrecht vgl. Jülicher, in: Troll/Gebel/Gottschalk/Jülicher, ErbStG, § 21, Rn. 130 zu Spanien; Hellwege, in: Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Internationales Erbrecht, Baden-Baden 2019, Länderbericht Spanien, 831 ff.).
Die früher bestehende und viel gerügte Diskriminierung zwischen Steuerausländern mit Vermögen in Spanien und spanischen Ansässigen (so EuGH 3.9.14, C-127/12) wurde sowohl im staatlichen Recht mit einer Reform zum 1.1.15 als auch auf den Balearen beseitigt (vgl. Strunk/Plattes, PIStB 15, 13 ff.). Damit gehören die leidvollen Erfahrungen mit exorbitanten Steuerbelastungen im Erbfall der Vergangenheit an.
Der Umfang der Steuerpflicht eines Erben richtet sich nach der Höhe des ererbten Vermögens und dem Näheverhältnis zum Erblasser. Die Erbschaftsteuer beträgt auf den Balearen 1 % auf den Nettonachlasswert im Eltern-Kind-Verhältnis oder im Ehegattenverhältnis, wobei ein persönlicher Freibetrag von 25.000 EUR eingeräumt wird. Der 1 %-Satz gilt allerdings nur bis zu einer Bemessungsgrundlage von maximal 700.000 EUR, darüber hinaus greifen höhere Steuersätze.
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Nettonachlasswert | Eltern-Kind- oder Ehegatten-Verhältnis |
bis zu 700.000 EUR | Steuersatz 1 % |
700.001 ‒ 1.000.000 EUR | Steuer 7.000 EUR + 8 % auf Wert über 700.000 EUR |
1.000.001 ‒ 2.000.000 EUR | Steuer 31.000 EUR + 11 % auf Wert über 1.000.000 EUR |
2.000.001 ‒ 3.000.000 EUR | Steuer 141.000 EUR + 15 % auf Wert über 2.000.000 EUR |
über 3.000.001 EUR | Steuer 291.000 EUR + 20 % auf Wert über 3.000.000 EUR |
Für entfernte Verwandte oder nicht verwandte Erben liegen die Steuersätze höher. Die Erbschaftsteuern sind grundsätzlich binnen eines halben Jahres ab dem Todestag vom Erben zu zahlen, soweit nicht innerhalb von fünf Monaten nach dem Todesfall eine Fristverlängerung beantragt wurde.
Anders als in Deutschland weichen in Spanien die Regelungen zwischen Erbschaft und Schenkung voneinander ab. Auf den Balearen gilt für Schenkungen an Ehepartner und Kinder eine Flatrate von 7 % auf den Verkehrswert der Immobilie, unabhängig von der Höhe der Schenkung. Steuerpflichtiger ist der Beschenkte. Ein Freibetrag besteht nicht. Steuerplanerisch kann ein Nießbrauchsvorbehalt an der Immobilie genutzt werden, um den Wert der Schenkung zu mindern. Allerdings ist diesbezüglich Vorsicht geboten, denn es bedarf einer genauen Kalkulation der Steuerfolgen, die beim späteren Zusammenfall von Eigentum und Nutzungsrecht eintreten.
Beachten Sie | Es findet sich auch der Vorschlag (unter dem sog. Foralrecht), die Übertragung zu Lebzeiten als Folge eines Erbvertrags zur Abgleichung von Pflichtteilsansprüchen auszugestalten. Damit soll dieser Vorgang dem Erbfall gleichstellt werden, mit dem Ziel, den vorteilhaften 1 %-Steuersatz zum Zuge kommen zu lassen (so z. B. Stiff, Mallorca-Zeitung, März 2020, 21).
Grunderwerbsteuern fallen neben der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht an. Allerdings führt der Eigentumsübergang auf den Erben bzw. Beschenkten zu einem Tatbestand, der unter die Gemeindewertzuwachssteuer Plusvalia fällt. Diese entsteht beim Erben bzw. Beschenkten auf Basis des Katasterwerts (s. o. 2.1). Bei der Schenkung ist der Zusammenfall von Schenkungsteuer und Plusvalia noch nicht alles: Anders als in Deutschland, wo es das Institut der Buchwertfortführung gibt, wird in Spanien die Schenkung beim Schenker selbst wie ein Verkauf gewertet. Damit fällt auf die Differenz zwischen Verkehrswert und Anschaffungskosten eine Einkommensteuerpflicht von 19 % an. Die Dreifachbelastung der Schenkung mit Einkommensteuer, Schenkungsteuer und Plusvalia lässt diese Form der unentgeltlichen Vermögensübertragung (z. B. als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge) kaum attraktiv erscheinen, zumal die Belastungen im Erbfall zumindest bis zu einem Nachlasswert von 700.000 EUR deutlich geringer sind. Lediglich bei sehr hohen in Betracht stehenden Werten sollte über Schenkungen wegen des dann entstehenden Tarifvorteils von Schenkungsteuer zu Erbschaftsteuer nachgedacht werden.
3.2 Steueraspekte von Erbfall und Schenkung in Deutschland
Der Anfall von Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer richtet sich bei inländischen Erblassern, Schenkern oder Erwerbern nach den Vorschriften des ErbStG. Ob bei Erwerb von Todes wegen oder bei einer Schenkung unter Lebenden eine deutsche Steuer anfällt, wird bei der hier zur Diskussion stehenden Konstellation (kein Vorliegen eines Familienheims i. S. d. § 13 ErbStG) insbesondere davon abhängen, ob der steuerpflichtige Erwerb eventuelle Freibeträge übersteigt (§§ 14, 16, 17 ErbStG).
Zwischen Deutschland und Spanien gibt es kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei Erbschaft und Schenkung. Fällt allerdings bei der unentgeltlichen Übertragung einer Immobilie in Spanien aufseiten des deutschen Erwerbers zugleich spanische und deutsche Erbschaft- oder Schenkungsteuer an, so offeriert § 21 ErbStG eine Anrechnungmöglichkeit der spanischen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (einschließlich der Plusvalia) auf eine eventuelle auf das Auslandsvermögen entfallende deutsche Steuerschuld. Mit etwas Bürokratie kann somit zumindest im Erbfall eine materielle Doppelbesteuerung vermieden werden, während bei Schenkungen die spanische Einkommensteuer des Schenkers immer neben eventuelle deutsche Steuerpflichten des Beschenkten tritt.
3.3 Zusammenfassung der Steuerkonsequenzen im Beispielsfall
Die Finca in Santanyi soll im Miteigentum von Christoph Knoche (70 %) und seiner Ehefrau (30 %) stehen. Unterstellt man im Zeitablauf eine Konstanz des Marktwerts von 1,4 Mio. EUR, so würden künftige Schenkungen der jeweiligen Miteigentumsteile an die beiden Kinder eine spanische Steuer von 7 % auslösen, sodass insgesamt eine Schenkungsteuer von 98.000 EUR fällig wäre. Die Rechnung könnte sich ‒ je nach Wertentwicklung ‒ durch die Plusvalia und eine eventuelle Einkommensteuerpflicht der Schenker weiter verteuern. In Deutschland wäre die Schenkung zu Lebzeiten nur dann steuerfrei, wenn die Freibeträge des § 16 ErbStG nicht bereits durch andere Schenkungen aufgebraucht wären.
Zumindest aus steuerlicher Sicht erscheint daher der Erbfall günstiger. Insoweit errechnet sich beim Tod der Ehefrau eine spanische Erbschaftsteuer von 3.700 EUR (420.000 EUR Immobilienwert ./. Freibeträge von 50.000 EUR × Steuersatz von 1 %). Das Ableben von Christoph Knoche würde spanische Erbschaftsteuern von 9.300 EUR verursachen (980.000 EUR Immobilienwert ./. Freibeträge von 50.000 EUR × Steuersatz von 1 %). Abgaben von insg. 13.000 EUR betrachtet das Ehepaar Knoche als überschaubare Belastungen, zumal ggf. noch eine Anrechnung der spanischen Erbschaftsteuer auf die deutsche Steuerschuld möglich wäre.
Summa summarum kommen die Knoches zu der Einschätzung, dass es zumindest nach aktueller Rechtslage keine attraktive Alternative ist, schenkweise Übertragungen der Miteigentumsanteile an die Kinder zu planen. Zumindest versprechen ‒ anders als in Deutschland ‒ Schenkungen zu Lebzeiten keine Vorteile gegenüber einem späteren Erbfall. Jedenfalls hat das Ehepaar angesichts eines mit 1 % sehr moderaten Eingangstarifs der Erbschaftsteuer keine Angst vor spanischen konfiskatorischen Abgaben beim Generationenwechsel. Allerdings kann natürlich nie ausgeschlossen werden, dass eine künftige Erbschaftsteuerreform die Spielregeln verschärft und die Vorteilhaftigkeit des Erbfalls gegenüber der Schenkung relativiert.
4. Andere Länder, andere Sitten
4.1 Auf der Suche nach einem Steuerparadies
Obwohl Christoph Knoche mit den Ergebnissen seiner Mallorca-Recherchen durchaus zufrieden ist, richtet er an den Steuerexperten noch eine nicht einfache Abschlussfrage. Natürlich kann sich der Düsseldorfer Bald-Ruheständler ebenso ein Feriendomizil in anderen südeuropäischen Ländern oder in der Alpenregion (wie z. B. am Wörthersee) gut vorstellen. Auch eine schöne Immobilie auf Sylt oder am Tegernsee, soweit finanzierbar, hätte für Knoche viel Charme. Insgesamt geht seine Tendenz aber zu Mallorca, weil ihm insoweit die Mixtur aus Landschaft, Wetter, Sprache, Gastronomie und Erreichbarkeit am meisten zusagt. Ins Wanken könnte er allenfalls geraten, falls andere Ziele wesentlich günstigere Rahmenbedingungen (auch in steuerlicher Hinsicht) bieten würden. Um sein Entscheidungs-Tableau zu vervollständigen, befragt er seinen Berater, ob unter seinen möglichen Optionen Länder sind, die ein wesentlich günstigeres Steuerklima als Spanien aufweisen bzw. nicht nur ein Urlaubs-, sondern gleichzeitig ein wahres Steuerparadies sind?
4.2 Hinweise zur Immobilienbesteuerung an anderen Standorten
Das Beraterteam beginnt mit den obligatorischen Hinweisen, deren Korrektheit bereits bei der Analyse des Steuerklimas in Spanien evident wurde: Die Steuerbelastung ist immer einzelfallabhängig und von der Familiensituation, dem Wert der Immobilie, der Finanzierung, der Art und Dauer der Nutzung und weiteren individuellen Faktoren abhängig. Außerdem variieren die Belastungen je nach Belegenheit des Grundstücks auch innerhalb eines Landes. Insofern kann das Beraterteam zwar keine allgemeingültige Länder-Rangliste erstellen, vermag aber in Einzelpunkten durchaus einige Hinweise zur Positionierung Mallorcas im Standortvergleich zu geben.
Bezüglich des Immobilienerwerbs sind die Balearen mit einem Spitzensatz der Grunderwerbsteuer von 11 % (ab einem Transaktionswert von 1 Mio. EUR) fraglos eine der Regionen mit einer überdurchschnittlichen Belastung. Aber auch Italien mit 9 % (allerdings basierend auf dem Katasterwert als Bemessungsgrundlage) oder Portugal mit einem Spitzensatz von 8 % weisen hohe Grunderwerbsteuertarife auf. Ein Ferienhauskauf in Südfrankreich führt zu einer Grunderwerbsteuer von 5,8 %. In Deutschland besteht kein bundeseinheitlicher Grunderwerbsteuersatz, die Spannbreite der Ländertarife variiert zwischen 3,5 % und 6,5 %. Österreich mit einem Satz von 3,5 % auf den Wert des gekauften Grundstücks und die Schweiz mit einer Handänderungssteuer von max. 3,3 % auf den Transaktionspreis rangieren am unteren Ende der Skala der hier betrachteten Länder. Generell ist die Grunderwerbsteuer beim Immobilienerwerb länderübergreifend eine etablierte Steuer (ein internationaler Vergleich der Grunderwerbsteuer findet sich bei Wischott/Adrian, ifst Berlin, 2019). Neben der Grunderwerbsteuer fallen in manchen Ländern noch Stempelsteuern und andere Abgaben an, die den Kauf zusätzlich verteuern. Auch die Notariatsgebühren schwanken erheblich.
Der Eigentümer eines Ferienhauses wird in allen Domizilstaaten zu jährlichen Abgaben herangezogen:
- Dabei ist die Grundsteuererhebung das traditionell eingesetzte Mittel zur Sicherung der Finanzierung der Leistungen einer Gemeinde. Malta ist der einzige Staat in der EU, der keine Grundsteuer erhebt (vgl. Claus/Nehls/Scheffler, Grundsteuer in der Europäischen Union, ifst-Schrift 509, 2016, 9). Dabei gibt es eine große Vielfalt an Grundsteuerarten mit stark variierenden Belastungswirkungen. Bezieht man das Grundsteueraufkommen auf das Gesamtsteueraufkommen, so liegt Deutschland innerhalb der EU im unteren, Spanien im oberen Mittelfeld (ifst-Schrift 509, a. a. O., 32). Rückschlüsse auf die Individualbelastung sind aus diesen Statistiken aber kaum möglich, da abweichende Wirtschaftsstrukturen (z. B. eine hohe Bedeutung des Fremdenverkehrs) und unterschiedliche Finanzierungsformen der kommunalen Leistungen das Bild verzerren (so deckt in manchen Ländern die Grundsteuer auch weitere Abgaben wie z. B. die Müllentsorgung ab).
- Im Rahmen der Einkommensteuer kennen neben Spanien beispielsweise auch Italien, Frankreich und die Schweiz das Konzept eines fiktiven Einkommens auf die Selbstnutzung einer Ferienimmobilie, während in Deutschland oder Österreich nur durch Vermietung erzielte Einkommen zur Besteuerung herangezogen werden. Allerdings erheben viele deutsche Städte eine Zweitwohnsitzsteuer, die bis zu 15 % der jährlichen Nettokaltmiete betragen kann. Auch verschiedene Gemeinden in Österreich verlangen eine Zweitwohnsitzabgabe.
- Spanien gehört auch neben Frankreich und der Schweiz zu den wenigen Ländern, die Vermögensteuern auf den Wert der Ferienimmobilien erheben. Dabei beschränkt Frankreich seine Steuererhebung auf sehr werthaltige Immobilien.
Die Beendigung des ausländischen Immobilien-Engagements kann durch Veräußerung oder Schenkung bzw. im Erbfall erfolgen:
- Bei der entgeltlichen Übertragung des Immobilienvermögens fällt in Spanien eine 19%ige Veräußerungsgewinnsteuer nebst Plusvalia an. Österreich besteuert mit einem Basissteuersatz von 30 % (mit Optionsmöglichkeit zur Regelbesteuerung) und auch die Schweiz kennt eine Grundstücksgewinnsteuer. In Deutschland dagegen sind Veräußerungsgewinne außerhalb der Spekulationsfrist oder bei der Veräußerung von Immobilien, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden, steuerfrei. Insgesamt findet sich keine einheitliche Linie. In vielen Ländern hängen Höhe und Anfall einer Veräußerungsgewinnsteuer von Haltefristen ab (die allerdings stark variieren ‒ Italien stellt Veräußerungsgewinne nach fünf Jahren frei, Frankreich räumt erst nach 30 Jahren vollständige Steuerfreiheit ein).
- Auch die Unterschiede bei den Regelungen zu unentgeltlichen Übertragungen sind zwischen den einzelnen Ländern beträchtlich. Auf Mallorca sind die Steuersätze bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer im internationalen Vergleich eher günstig. Auch in Italien liegt der Spitzentarif der Erbschaftsteuer lediglich bei 8 %, bei Kindern und Ehegatten sogar nur bei 4 %. Österreich und Portugal verzichten ganz auf eine Besteuerung bei Erbschaft und Schenkung (allerdings unterliegt in Österreich die Vererbung und Schenkung von Grundbesitz dafür einer gestaffelten Grunderwerbsteuer). Frankreich verfügt dagegen über ein relativ rigides Erbschaftsteuersystem mit geringen Freibeträgen und hohen Spitzentarifen. Deutschland besteuert die Übertragung geringer Vermögen, die mit Abstand den Großteil der Erbschaften ausmachen, insbesondere aufgrund relativ hoher persönlicher Freibeträge niedrig, während sich bei der Übertragung großer Vermögen die Rangposition Deutschlands aufgrund der verhältnismäßig hohen tariflichen Steuersätze verschlechtert (so ZEW, Projektnummer 09/03, 2004, 28 f.; vgl. auch Stiftung Familienunternehmen, Länderindex Familienunternehmen, 7. Auflage 2019, Tabelle 20, 151 ‒ 152).
Das Beraterteam schließt seine Vergleichsbetrachtung mit dem Hinweis, dass es im Mittelmeerraum kein Steuerparadies gibt, das sich für die Anlage von Familie Knoche besonders aufdrängen würde. Dazu liefert es noch ein spanisches Sprichwort: „Buenos y malos martes, los hay en todas partes“ (Gute und schlechte Dienstage gibt es überall). Allerdings ist die Steuerbelastung in Mallorca weder beim Erwerb noch beim Unterhalt oder der Veräußerung einer Immobilie niedrig. Letztlich kann Herr Knoche mit einer spanischen Jahressteuerbelastung von ca. 4.800 EUR aber gut leben, zumal bei der nicht planbaren schlechtesten Konstellation, einem baldigen Erbfall, keine konfiskatorischen Risiken zu befürchten sind. Last but not least lernt Christoph Knoche bei seiner Länderanalyse, dass das in der Heimat viel gescholtene deutsche Steuerregime zumindest im Bereich der Immobilienbesteuerung durchaus wettbewerbsfähig erscheint.
FAZIT | Christoph Knoche ist beruhigt. Mit Ablauf der coronabedingten Reisebeschränkungen werden nach einer Sitzung im Familienrat die Ampeln auf Grün für erholsame Urlaubstage auf Mallorca gestellt. Letztlich prägen neben vielen sachlichen Gesichtspunkten auch emotionale Faktoren die Standortwahl. Gegen absehbare Steuerfallen hat sich der angehende Pensionär mit seinen Nachforschungen gewappnet. Allerdings: „Das Problem mit unserer Zeit ist, dass die Zukunft nicht mehr so ist, wie sie früher war“ (Paul Valery). In der derzeitigen Pandemie-Situation werden vielerorts perspektivisch auch Steuerhöhungen diskutiert, z. B. auch im Hinblick auf die spanische Erbschaftsteuer. Versicherungen gegen eventuelle künftige Steuerverschärfungen, die durch die Corona-Krise hervorgerufen oder zumindest mit ihr begründet werden, gibt es aber nirgendwo. |