· Fachbeitrag · DRG-Abrechnung
OPS 8-980: Intensivmedizinische Versorgung auch auf IMC-Station möglich!
von RA Malte Brinkmann, armedis Rechtsanwälte, Seesen, armedis.de
| Der OPS 8-980 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung Basisprozedur) enthält diverse, strukturelle Mindestmerkmale, die erfüllt sein müssen, damit die Prozedur abgerechnet werden darf. U. a. wird seitens der Kostenträger gefordert, dass die intensivmedizinische Komplexbehandlung exakt nur auf einer Intensivstation und nicht auf einer Intermediate Care (IMC) erbracht und abgerechnet werden darf. Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) zu diesem Streitgegenstand ist bis dato nicht bekannt. Gleichwohl gibt es drei sozialgerichtliche Entscheidungen, die sich zu diesem Thema verhalten. |
Uneinigkeit der Gerichte in puncto IMC
In dem zugrunde liegenden jeweiligen Sachverhalt der eingangs erwähnten sozialgerichtlichen Entscheidungen wurde jeweils ein Patient auf der IMC-Station des behandelnden Krankenhauses aufgenommen und der OPS-Code 8-980 abgerechnet. Die Beurteilung der Sach- und schließlich Rechtslage durch die Sozialgerichte erfolgte jedoch nicht im Einklang. Während die Entscheidungen des Sozialgerichts (SG) Osnabrück (Urteil vom 13.01.2020, Az. S 46 KR 367/17) und des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) (Urteil vom 15.02.2019, Az. L 4 KR 326/17) den Krankenhausträgern Recht geben und eine Abrechenbarkeit der intensivmedizinischen Komplexbehandlung auf einer IMC bestätigen, negiert das LSG NRW einen entsprechenden Vergütungsanspruch (Urteil vom 21.11.2019, Az. L 5 KR 621/17).
Bezeichnung der behandelnden Fachabteilung irrelevant!
Das SG Osnabrück stellt in nicht zu beanstandender Art und Weise fest, dass der Wortlaut des Komplexcodes nicht ausdrücklich fordert, dass die Behandlung tatsächlich auf einer Intensivstation vorgenommen werden muss. Ein entsprechendes Erfordernis ergibt sich auch nicht nach der gebotenen streng am Wortlaut orientierten Auslegung (vgl. dazu BSG, Entscheidung vom 18.09.2008, Az. B 3 KR 15/07 R) daraus, dass in den Mindestmerkmalen zweimal ausdrücklich der Terminus technicus einer „Intensivstation“ verwendet wird. Die Bezeichnung einer Intensivstation sei vielmehr so zu verstehen, dass es sich bei einer Station, bei der die Mindestmerkmale erfüllt sind, um eine „Intensivstation“ im Sinne des OPS handelt, da auf dieser eine intensivmedizinische Versorgung nach der Abrechnungsbestimmung vorgenommen werden kann.
Das SG Osnabrück argumentiert in diesem Sinne: „Der OPS Kode legt selbst die Anforderungen für die Ausgestaltung der Station fest, für die eine Kodierung der auf ihr durchgeführten Behandlungen anwendbar ist. Der in diesem Zusammenhang im Kode verwendete Begriff „Intensivstation“ ist deshalb nicht technisch als eigenes Qualitätsmerkmal zu verstehen, sondern bezeichnet lediglich die Station, welche die in dem Kode aufgeführten Merkmale erfüllt.“ |
Zudem fordert der vierte Gliederungspunkt der streitgegenständlichen Prozedur zwar „eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation“, was jedoch nicht bedeutet, dass es sich bei einer Station, die die Mindestmerkmale erfüllt, um eine Intensivstation handeln muss, sondern es bezeichnet oder „definiert“ eine Station, auf der die ersten beiden Punkte der Mindestmerkmale erfüllt sind als „Intensivstation“ im Sinne des OPS 8-980. Der Wortlaut der Prozedur stellt hingegen nicht fest, dass die intensivmedizinischen Leistungen nur auf einer als Intensivstation terminologisierten Fachabteilung erbracht werden dürfen.
Das SG Osnabrück gibt hierzu zu bedenken: „Es kann nicht sein, dass eine im gewissen Rahmen willkürliche Stationsbezeichnung über die Kodierbarkeit eines Leistungsbezeichners entscheidet. Dieses hätte zur Konsequenz, dass Leistungserbringer gezwungen würden, die Bezeichnung ihrer Abteilungen hinsichtlich der Abrechnungsbestimmungen und nicht im Sinne eines optimierten Betriebsablaufs und einer optimalen Patienten*innen-Kommunikation auszugestalten.“ |
Das LSG Bayern bestätigt die Rechtsansicht des SG Osnabrück und insistiert darauf, dass die Anforderungen an die apparative und personelle Ausgestaltung der behandelnden Einheit, für die eine Anwendbarkeit der OPS 8-980 gegeben ist, in der Vergütungsregelung im Einzelnen festgelegt sind, hingegen deren Bezeichnung als Intensivstation nicht ausdrücklich gefordert wird.
Argumentation des LSG NRW nicht nachvollziehbar
Das LSG NRW beurteilt die Sach- und Rechtslage konträr, da nach seiner Ansicht eine intensivmedizinische Komplexbehandlung i. S. d. OPS-Codes 8-980 ausschließlich auf einer Intensivstation erfolgen kann. Hierbei rekurriert das Gericht auf die vom BSG im Urteil vom 28.02.2007 vorgenommene Definition einer intensivmedizinischen Behandlung (Az. B 3 KR 17/06 R). Das BSG macht im Rahmen dieser Entscheidungen jedoch keine Ausführungen dazu, dass eine intensivmedizinische Behandlung nur auf einer als Intensivstation bezeichneten Fachabteilung möglich wäre, sondern es verdeutlich lediglich, dass dort Patienten behandelt werden, deren vitale Lebensfunktionen erheblich gestört sind und sich daher deren Behandlung von einer solchen auf einer Normalstation wesentlich unterscheidet. Hieraus zieht das LSG NRW den nicht nachvollziehbaren Schluss, dass eine Abrechenbarkeit des intensivmedizinischen Komplexcodes ‒ obgleich dies nicht ausdrücklich vom Wortlaut gefordert wird ‒ nur auf einer Intensivstation möglich ist.
FAZIT | Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sowie der Abrechenbarkeit des streitgegenständlichen Codes dürfte neben der Wortlautauslegung des OPS-Codes 8-980 maßgeblich sein, ob ggf. bereits Strukturgutachten des MDK vorliegen, die das Vorliegen der Mindestmerkmale bestätigen. Gleiches gilt für entsprechende Vereinbarungen im Rahmen von Budget- und Entgeltverhandlungen, die festlegen können, dass das Krankenhaus die Mindestmerkmale zur Abrechnung des OPS 8-980 erfüllt. Darüber hinaus wäre es zielführend, wenn sich Leistungserbringer darüber Gedanken machten, ob die Station weiterhin als eine IMC-Station bezeichnet oder ‒ wie im Sachverhalt der o. g. Entscheidung des SG Osnabrück ‒ umbenannt werden sollte. Dort hatte das Krankenhaus ‒ womöglich aufgrund der Abrechnungsstreitigkeiten mit den Kostenträgern ‒ die Fachabteilung nicht mehr als IMC, sondern als „Intensivstation 3“ betitelt. Sollten Sie die Mindestmerkmale des OPS-Codes 8-980 erfüllen, wird die Abrechenbarkeit jedoch auch auf einer als IMC-Station betitelten Abteilung für möglich gehalten.
FAZIT | Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sowie der Abrechenbarkeit des streitgegenständlichen Codes dürfte neben der Wortlautauslegung des OPS-Codes 8-980 maßgeblich sein, ob ggf. bereits Strukturgutachten des MDK vorliegen, die das Vorliegen der Mindestmerkmale bestätigen. Gleiches gilt für entsprechende Vereinbarungen im Rahmen von Budget- und Entgeltverhandlungen, die festlegen können, dass das Krankenhaus die Mindestmerkmale zur Abrechnung des OPS 8-980 erfüllt. Darüber hinaus wäre es zielführend, wenn sich Leistungserbringer darüber Gedanken machten, ob die Station weiterhin als eine IMC-Station bezeichnet oder ‒ wie im Sachverhalt der o. g. Entscheidung des SG Osnabrück ‒ umbenannt werden sollte. Dort hatte das Krankenhaus ‒ womöglich aufgrund der Abrechnungsstreitigkeiten mit den Kostenträgern ‒ die Fachabteilung nicht mehr als IMC, sondern als „Intensivstation 3“ betitelt. Sollten Sie die Mindestmerkmale des OPS-Codes 8-980 erfüllen, wird die Abrechenbarkeit jedoch auch auf einer als IMC-Station betitelten Abteilung für möglich gehalten. |