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· Fachbeitrag · Einkommensteuer

Arbeitszimmer: Vorsicht bei gemeinschaftlichem Eigentum (oder Miete)

von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

| Gebäude stehen oft im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten oder Lebenspartnern bzw. die Mietverträge wurden gemeinschaftlich abgeschlossen. Nutzt nur ein Miteigentümer (oder Mieter) das Objekt oder einen Teil davon zu beruflichen Zwecken, kann der vollständige Werbungskostenabzug problematisch werden. SSP zeigt anhand unterschiedlicher Fallgestaltungen, welche Risiken drohen und wie Sie (nicht) handeln sollten. |

BFH-Entscheidung als Ausgangspunkt des Steuerproblems

Ausgangspunkt der Problematik ist eine BFH-Entscheidung aus dem Jahr 2017 mit folgender Aussage: Nutzen Sie als Miteigentümer alleine eine Wohnung (oder einen Teil davon) zu beruflichen Zwecken (z. B. Arbeitszimmer), können Sie die grundstücksorientierten Kosten nur entsprechend Ihres Miteigentumsanteils geltend machen. Zumindest dann, wenn die Darlehen zum Erwerb des Objekts gemeinsam aufgenommen wurden und Zins und Tilgung von einem gemeinschaftlichen Konto beglichen werden. Folglich sind in diesen Fällen die Kosten aufzuteilen (BFH, Urteil vom 06.12.2017, Az. VI R 41/15, Abruf-Nr. 200488). D. h. konkret:

 

  • Grundstücksorientierte Kosten wie Schuldzinsen, Gebäudeabschreibung, Grundsteuer, allgemeine Reparaturkosten und Versicherungsprämien sind anteilig entsprechend des Miteigentumsanteils zu berücksichtigen.

 

  • Nutzungsorientierte Kosten wie Strom, Wasser, Gas, Reinigung, Einrichtung und Renovierung des Arbeitszimmers sind vollständig zu berücksichtigen (auch bei Bezahlung von einem Gemeinschaftskonto).

Finanzverwaltung wendet BFH-Rechtsprechung an

Weil das Urteil im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht worden ist (BStBl 2018 II, 355), wird es von der Finanzverwaltung angewendet. Egal ist, ob es sich um gemeinschaftlich angemietete Objekte, Arbeitszimmer, außerhäusliche Arbeitszimmer, Arbeitswohnungen oder andere Gestaltungen handelt. Das Urteil betrifft sowohl Ehegatten als auch Lebenspartner und ist für die Frage entscheidend, in welchem Umfang Sie die grundstücks- bzw. nutzungsorientierten Kosten geltend machen können (wenn der Raum denn steuerlich ein Arbeitszimmer darstellt).

Sechs Fallgestaltungen mit jeweils drei Varianten denkbar

Für die Zuordnung und ggf. Aufteilung der grundstücksorientierten Kosten sind insgesamt sechs Fallgestaltungen mit je drei Varianten denkbar. Sie gelten gleichermaßen bei Ehegatten als auch bei Lebenspartnern, und stellen sich wie folgt dar:

 

  • 1. Arbeitszimmer steht im Alleineigentum des nutzenden Ehegatten

Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

  • a) Konto des nutzenden Ehegatten

100% Abzug

  • b) Gemeinschaftskonto der Ehegatten

100% Abzug

  • c) Konto des anderen Ehegatten

0 % Abzug*

* Nicht abziehbarer Drittaufwand

 

 

  • 2. Arbeitszimmer steht im Miteigentum von Ehegatten

Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

  • a) Konto des nutzenden Ehegatten

100% Abzug *

  • b) Gemeinschaftskonto der Ehegatten

Anteilig

  • c) Konto des anderen Ehegatten

0 %

* analog BFH, Beschluss vom 23.08.1999, Az. GrS 5/97, Abruf-Nr. 99900

 

 

  • Beispiel zu 2 b):

Anton und Bärbel besitzen ein gemeinsames Haus (je 50 Prozent). Die Wohnfläche beträgt 100 m², die Fläche des von Anton genutzten Arbeitszimmers 60 m². Die grundstücksorientierten Aufwendungen belaufen sich auf 3.000 Euro.

 

Lösung: Von den grundstücksorientierten Kosten entfallen 1.800 Euro aufs Arbeitszimmer (60/100 m²). Sie sind nur gedeckelt auf den Miteigentumsanteil, folglich in Höhe von 1.500 Euro (50 Prozent von 3.000 Euro), abziehbar (FinMin. Schleswig-Holstein, ESt-Kurzinfo vom 08.01.2020, Az. VI 308 ‒ S 2145-116).

 

 

  • 3. Arbeitszimmer steht im Alleineigentum des anderen Ehegatten

Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

  • a) Konto des nutzenden Ehegatten

100 % Abzug*

  • b) Gemeinschaftskonto der Ehegatten

0 % Abzug

  • c) Konto des anderen Ehegatten

0 % Abzug

*analog BFH, Beschluss vom 23.08.1999, Az. GrS 5/97

 

 

  • 4. Der das Arbeitszimmer Nutzende ist alleiniger Mieter

Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

  • a) Konto des nutzenden Ehegatten

100 % Abzug

  • b) Gemeinschaftskonto der Ehegatten

100 % Abzug

  • c) Konto des anderen Ehegatten

0 % Abzug

 
  • 5. Beide Ehegatten sind gemeinsame Mieter

Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

  • a) Konto des nutzenden Ehegatten

100 % Abzug

  • b) Gemeinschaftskonto der Ehegatten

Anteilig*

  • c) Konto des anderen Ehegatten

0 %

* Aufwendungen gedeckelt auf den rechnerischen Mietanteil, meist 50 %

 

 

  • 6. Der andere Ehegatte ist alleiniger Mieter

Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

  • a) Konto des nutzenden Ehegatten

100 % Abzug

  • b) Gemeinschaftskonto der Ehegatten

0 % Abzug

  • c) Konto des anderen Ehegatten

0 % Abzug

 

 

Wichtig | Vorstehende Zuordnung und / oder Aufteilung gilt lediglich für die grundstücksorientierten Aufwendungen. Bei den nutzungsorientierten Aufwendungen kommt es darauf an, wer sie tatsächlich getragen hat. Werden sie vom Konto der Person gezahlt, die das Arbeitszimmer nutzt, sind sie vollständig abzugsfähig. Ebenso bei Zahlungen von einem Gemeinschaftskonto.

Empfehlungen für die Praxis

Soll das Eigentums- oder Mietverhältnis erst begründet werden, sollte das diejenige Person tun, die das Arbeitszimmer später nutzt. Denn dann liegt alleiniges Eigentum (bzw. ein alleiniger Mietvertrag) vor. Zahlt der Eigentümer oder Mieter die Kosten von seinem oder einem Gemeinschaftskonto, sind die grundstückorientierten Aufwendungen zu 100 Prozent abziehbar.

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Ist das Eigentums- oder Mietverhältnis schon geschlossen worden, sollte der „Arbeitszimmer-Nutzer“ die grundstücksbezogenen Kosten alleine tragen (kein Gemeinschaftskonto!). In diesem Fall lässt sich u. E. die negative BFH-Rechtsprechung nicht anwenden, da der entschiedene Sachverhalt ein anderer ist. Die Aufwendungen wären deshalb zu 100 Prozent abzugsfähig (analog BFH, Urteil vom 23.08.1999, Az. GrS 5/97, Abruf-Nr. 99900).

 

Wichtig | Vorsicht ist geboten, wenn Sie

  • bei einem Mietverhältnis den Mieter wechseln; Sie stellen zivilrechtliche Vorteile (Kündigungsfrist bei langjährigen Mietverhältnissen) aufs Spiel.
  • bei Eigentumsfällen das Alleineigentum auf den „Arbeitszimmer-Nutzer“ übertragen. Hier fallen Notar- und Gerichtsgebühren an, die Übertragung könnte Grunderwerb- oder Schenkungsteuer auslösen und auch mit der finanzierenden Bank könnte es Probleme geben.
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Quelle: Seite 16 | ID 47030120