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· Fachbeitrag · Einkommensteuer

Begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne nach § 34a EStG

| Bilanzierende Einzelunternehmer und Mitunternehmer an einer Personengesellschaft können unter bestimmten Voraussetzungen beantragen, dass nicht entnommene Gewinne nicht mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belastet werden, sondern nur mit einem Steuersatz von 28,25 % und 5,5 % Solidaritätszuschlag. In der Praxis wird von dieser Vergünstigung jedoch nur selten Gebrauch gemacht. Das liegt wohl daran, dass viele offene Praxisfragen existieren. Einige dieser Praxisfragen beantwortet der folgende Praxisbeitrag. |

 

Mitunternehmerschaft: Definition des Gewinns

Die sogenannte Thesaurierungsbesteuerung für nicht entnommene Gewinne aus Mitunternehmerschaftsanteilen setzt nach § 34a Abs. 1 S. 3 EStG voraus, dass der Mitunternehmer zu mehr als 10 % am Gewinn an der Mitunternehmerschaft beteiligt ist oder dass sein Gewinnanteil mehr als 10.000 EUR beträgt.

 

Frage: Doch welcher Gewinn ist hier gemeint?

 

Antwort: Nach Verwaltungsauffassung ist der steuerliche Gewinn gemeint, und dieser setzt sich aus dem Gewinn der Gesamthandsbilanz inklusive der Gewinne aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen zusammen. Einer hiervon abweichenden vertraglichen Gewinnverteilungsabrede kommt keine Bedeutung zu (BMF 11.8.08, IV C 6 - S 2290-a/07/10001, Rn. 9).

 

  • Beispiel

A, B und C sind Mitunternehmer an der ABC-KG. Die Beteiligung am Festkapital von 100.000 EUR sieht folgendermaßen aus: A 5 % (5.000 EUR), B 10 % (10.000 EUR) und C 85 % (85.000 EUR).

 

Der Steuerbilanzgewinn beträgt 70.000 EUR. A bekommt einen Vorabgewinn von 10.000 EUR und erzielt einen Sonderbilanzverlust von 4.000 EUR. C erzielt einen Ergänzungsbilanzgewinn von 4.000 EUR.

Schritt 1: Ermittlung des gesamten steuerlichen Gewinns

Gewinne und Verluste aus Gesamthandsbilanz, Ergänzungsbilanzen und Sonderbilanzen

Gewinn

70.000 EUR abzgl. Sonderbilanzverlust A 4.000 EUR zzgl. Ergänzungsbilanzgewinn C 4.000 EUR

70.000 EUR

Schritt 2: Ermittlung anteiliger Steuerbilanzgewinn je Mitunternehmer

A 5 %

B 10 %

C 85 %

Steuerbilanzgewinn aus Schritt 1

70.000 EUR

Vorabgewinn

‒ 10.000 EUR

10.000 EUR

‒ 60.000 EUR

3.000 EUR

6.000 EUR

51.000 EUR

Verlust Sonderbilanz A

4.000 EUR

‒ 4.000 EUR

Gewinn Ergänzungsbilanz C

‒ 4.000 EUR

4.000 EUR

0 EUR

9.000 EUR

6.000 EUR

55.000 EUR

Ausgangsgröße für § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG

70.000 EUR

Anteil am Steuerbilanzgewinn je Mitunternehmer

12,86 %

8,57 %

78,57 %

 

Je nach Gesellschafter ergeben sich anhand der Prozentsätze folgende steuerliche Konsequenzen:

 

  • Mitunternehmer A: A hat eine Antragsberechtigung nach § 34a EStG, dass sein Anteil am Steuerbilanzgewinn mehr als 10 % beträgt.

 

  • Mitunternehmer B: B kann keinen Antrag auf eine begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne nach § 34a EStG stellen, weil sein Anteil am Steuerbilanzgewinn nicht mehr als 10 % beträgt oder 10.000 EUR nicht übersteigt.

 

  • Mitunternehmer C: Die Antragsberechtigung für C ist gegeben, weil sein Anteil am Steuerbilanzgewinn mehr als 10 % beträgt oder den Betrag von 10.000 EUR übersteigt, Besonderheit bei Antragsrücknahme beachten.

 

Der Antrag auf begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne nach § 34a Abs. 1 EStG kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den nächsten Veranlagungszeitraum jederzeit ganz oder teilweise wieder zurückgenommen werden (§ 34a Abs. 1 Satz 4 EStG).

 

Frage: Muss die Antragsrücknahme zwingend in der Erstveranlagung des unmittelbar folgenden Veranlagungszeitraums erfolgen?

 

Antwort: Die Antwort lautet leider Ja. Die Finanzverwaltung akzeptiert den Antrag auf Rücknahme tatsächlich nur, wenn der Antrag auf Rücknahme bis zur Unanfechtbarkeit des ersten Steuerbescheids im nächsten Veranlagungsjahr erfolgt. Ein Antrag auf Rücknahme in einem Änderungsbescheid des nächsten Veranlagungszeitraums ist unzulässig. Rückendeckung für die Finanzverwaltung kam hier vom FG Düsseldorf (8.11.18, 12 K 1250/18 E,F).

 

  • Beispiel

Ein Mandant hat mit seiner Einkommensteuererklärung 2018 einen Antrag auf Anwendung der Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 EStG für nicht entnommene Gewinne in Höhe von 350.000 EUR aus seinem Einzelunternehmen gestellt. Der Einkommensteuerbescheid 2018 und der Bescheid über den nachversteuerungspflichtigen Betrag in Höhe von 350.000 EUR wurden am 10.12.2019 bekannt gegeben.

 

Bei Abgabe der Einkommensteuererklärung 2019 wurde kein weiterer Antrag auf Tarifbegünstigung für nicht entnommene Gewinne 2019 gestellt. Der Bescheid über den nachversteuerungspflichtigen Betrag in Höhe von nach wie vor 350.000 EUR und der Einkommensteuerbescheid 2019 werden am 6.10.2020 bekannt gegeben. Aufgrund einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft wird der Einkommensteuerbescheid 2019 am 4.11.2020 geändert. Da aus der Mitunternehmerschaft hohe Verluste mitgeteilt wurden und dadurch insgesamt ein rücktragsfähiger Verlust für 2019 entstand, beantragte der Mandant im Einspruchsverfahren die Rücknahme der Thesaurierungsbesteuerung für 2018.

 

Folge: Der Antrag auf Rücknahme der Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 EStG für den Veranlagungszeitraum 2018 hätte nur bis zur Unanfechtbarkeit des ersten Einkommensteuerbescheids 2019 gestellt werden können. Da der Antrag auf Rücknahme nicht zeitgemäß gestellt wurde, ist die Rücknahme nicht zulässig.

 

Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit § 34a EStG abziehbar?

Beauftragt ein Unternehmer seinen Steuerberater mit Vergleichsrechnungen zur Besteuerung nicht entnommener Gewinne mit und ohne § 34a EStG, lassen die Finanzämter die Steuerberatungskosten in diesem Zusammenhang nicht zum Abzug zu.

 

Frage: Handelt es sich bei den Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit § 34a EStG um steuerlich nicht abziehbare Aufwendungen?

 

Antwort: Leider ja. Abziehbar sind Steuerberatungskosten nur, wenn diese Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Das ist bei Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit § 34a EStG jedoch nicht gegeben. Denn es gilt folgender Grundsatz: Als Betriebsausgaben abziehbar sind nur Steuerberatungskosten, wenn sie die Einkünfteermittlung betreffen. Aufwendungen für die Beratung in Hinblick auf die Inanspruchnahme eines besonderen Einkommensteuersatzes für nicht entnommene Gewinne gehören aber gerade nicht zur Einkünfteermittlung, sondern betreffen lediglich Steuertariffragen. Folge: Es liegen nicht abziehbare Steuerberatungskosten nach § 12 Nr. 1 EStG vor.

 

Übertragung von Mitunternehmeranteilen

Bei einer unentgeltlichen Übertragung eines „ganzen“ Betriebs oder eines „ganzen“ Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG hat der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag nach § 34a Abs. 7 Satz 1 EStG fortzuführen. Dasselbe gilt, wenn ein „ganzer“ Betrieb oder ein „ganzer“ Mitunternehmeranteil zu Buchwerten in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG eingebracht wird. Der festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag geht auf den neuen Mitunternehmeranteil über (§ 34a Abs. 7 Satz 2 EStG).

 

Frage: Gelten für die Übertragung eines Teils eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils andere Grundsätze?

 

Antwort: Ja, es gelten völlig andere Grundsätze. Der nachversteuerungspflichtige Betrag nach § 34a Abs. 7 Satz 1 EStG verbleibt bei Übertragung eines Teils eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils in voller Höhe beim bisherigen Mitunternehmer (siehe auch BMF 11.8.08, Rn. 47). Entsprechendes gilt bei der Buchwerteinbringung eines Teils eines Mitunternehmeranteils oder eines Teilbetriebs nach § 34a Abs. 7 Satz 2 EStG.

 

Übertragung eines Gesellschaftsanteils unter Vorbehalt des Nießbrauchs

Aus der Sicht des Rechtsnachfolgers: Führt die Übertragung eines gesamten Mitunternehmeranteils unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs zur Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG, ist der nachversteuerungspflichtige Betrag nach § 34a Abs. 7 Satz 1 EStG durch den Rechtsnachfolger fortzuführen.

 

Frage: Gilt dieser Grundsatz auch, wenn dem Rechtsnachfolger keine entnahmefähigen laufenden Erträge (Früchte im Sinn von § 100 BGB) zustehen?

 

Antwort: Ja, auch wenn dem Rechtsnachfolger keine entnahmefähigen laufenden Erträge, sondern im Ergebnis nur ein Anteil an den stillen Reserven oder an sonstigen besonderen Gewinnen zusteht (z. B. außerordentliche Gewinne, Mehrgewinne wegen Abweichungen von Handels- und Steuerbilanz), hat der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag fortzuführen.

Quelle: Seite 203 | ID 46358884