· Fachbeitrag · Gehaltsstatistik
Chefarztvergütung im Fokus: Ergebnisse des Kienbaum-Vergütungsreports 2019
von Thomas Thurm und Patrick Koll, Kienbaum Consultants International GmbH, kienbaum.de
| Die Grundvergütung der Chefärzte ist von 2018 auf 2019 um durchschnittlich 2,9 Prozent gestiegen, die der Ärzte insgesamt um 3,2 Prozent. Die Gehälter der nichtmedizinischen Führungskräfte in Krankenhäusern sind um 3,1 Prozent gestiegen. Chefärzte erhalten nach wie vor das höchste Gehalt in Kliniken: Ihr Jahresgesamtgehalt liegt bei durchschnittlich 300.000 Euro im Vergleich zu 292.000 Euro im Vorjahr. Dies sind Ergebnisse des Kienbaum-Vergütungsreports 2019 „Ärzte, Führungskräfte und Spezialisten in Krankenhäusern“, in den die Daten von 119 Krankenhäusern mit Vergütungsinformationen zu 615 nichtärztlichen Funktionen und 2.203 Ärzten eingeflossen sind. |
Chefärzte verdienen am besten
Chefärzte gehören zu den Topverdienern in Krankenhäusern. Ihre durchschnittliche Jahresgesamtvergütung beträgt mit 300.000 Euro ca. das 1,5-fache der Klinik-Geschäftsführer, die durchschnittlich 210.000 Euro verdienen. Damit liegen sie auch deutlich vor den kaufmännischen Direktoren (144.000 Euro) und Oberärzten (136.000 Euro). Im Vergleich zu anderen Branchen ist die Vergütung in Krankenhäusern jedoch deutlich niedriger. Geschäftsführer eines Wirtschaftsunternehmens erhalten teilweise mehr als doppelt so hohe Jahreseinkommen.
Einflussfaktoren der Chefarztvergütung
Die Spannbreite der Jahresgesamtvergütung von Chefärzten ist beträchtlich: Sie realisieren Einkommen von unter 82.000 Euro bis über 773.000 Euro. Für die Höhe der Chefarztvergütung sind verschiedene Merkmale des Krankenhauses und des jeweiligen Positionsinhabers ausschlaggebend. Vergütungsrelevante Faktoren sind neben Größe und Standort der Klinik, die Positionszugehörigkeit, Fachrichtung und Reputation des Chefarztes:
Größe und Standort des Krankenhauses
Ein Chefarzt in einem Krankenhaus mit bis zu 250 Beschäftigten verdient durchschnittlich 228.000 Euro und damit nur ca. 58 Prozent von dem, was sein Kollege in einem Haus mit mehr als 2.000 Beschäftigten erhält. Dieser kommt auf durchschnittlich 396.000 Euro. Große Vergütungsunterschiede bestehen nach wie vor zwischen den alten und neuen Bundesländern. Chefärzte in den neuen Bundesländern verdienen durchschnittlich 16 Prozent weniger als Ihre Kollegen aus den alten Bundesländern. Diese Unterschiede sind zum Teil darin begründet, dass in den neuen Bundesländern den Chefärzten wesentlich seltener ein Liquidationsrecht vertraglich eingeräumt wird und die Höhe der Privatliquidationen geringer ausfällt. In den letzten Jahren ist aber eine Annäherung der Einkommen festzustellen.
Positionszugehörigkeit des Chefarztes
Chefärzte, die bis zu drei Jahren in dieser Position tätig sind, erhalten eine Jahresgesamtvergütung von durchschnittlich 265.000 Euro, Kollegen, die seit über 20 Jahren als Chefarzt tätig sind, dagegen 447.000 Euro. Der enorme Unterschied ist dabei nicht allein auf den Erfahrungszuwachs, der sich typischerweise auch in der Gehaltsentwicklung niederschlägt, zurückzuführen, sondern auch darauf, dass in älteren Dienstverträgen das Privatliquidationsrecht ‒ verbunden mit teils enormen Einkommenspotenzialen - noch deutlich stärker verbreitet war.
Fachrichtung und Vergütungshöhe
Die Fachrichtung hat einen hohen Einfluss auf die Vergütungshöhe. So verdienen bei den Chefärzten die Internisten und Radiologen am besten: Durchschnittlich 372.000 Euro bzw. 360.000 Euro. Dabei ist die Spanne bei den Radiologen mit einer Jahresgesamtvergütung von 155.000 Euro (unteres Quartil) bis 433.000 Euro (oberes Quartil) am größten. Die Gynäkologie oder die Pädiatrie sind dagegen weniger lukrative Fachabteilungen. Hier erhalten Chefärzte durchschnittlich 257.000 Euro bzw. 208.000 Euro.
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Abteilung | unteres Quartil | Median | oberes Quartil | Durchschnitt |
Anästhesie/Intensivmedizin | 161 | 198 | 336 | 296 |
Chirurgie | 181 | 254 | 346 | 331 |
Geriatrie | 131 | 163 | 215 | 177 |
Gynäkologie | 174 | 222 | 268 | 257 |
Innere Medizin | 191 | 260 | 448 | 372 |
Neurologie/Psychiatrie | 164 | 205 | 296 | 234 |
Orthopädie | 177 | 203 | 394 | 313 |
Pädiatrie | 162 | 198 | 238 | 208 |
Radiologie | 155 | 251 | 433 | 360 |
Urologie | 150 | 226 | 331 | 256 |
sonstige Abteilungen | 162 | 206 | 336 | 282 |
Insgesamt | 186 | 248 | 345 | 300 |
Variable Vergütung von Chefärzten
Wie in der Privatwirtschaft wird auch in Krankenhäusern und Kliniken vermehrt eine variable Vergütung ausgezahlt, jedoch längst nicht im gleichen Umfang. Während in Industrieunternehmen rund 95 Prozent der Geschäftsführer eine erfolgsabhängige Vergütung erhalten, sind es in Krankenhäusern rund 78 Prozent. Unter den Chefärzten ist eine variable Vergütung aber durchweg üblich: 96 Prozent erhalten variable Anteile. Und auch was die Höhe der variablen Vergütung betrifft, sind die Chefärzte in Krankenhäusern vorne: Der variable Anteil an der Jahresgesamtvergütung ist mit durchschnittlich 39 Prozent mehr als doppelt so hoch wie der von Geschäftsführern in Krankenhäusern (18 Prozent) und kommt auf eine durchschnittliche Höhe von 143.000 Euro. Geschäftsführer von Wirtschaftsunternehmen erhalten im Vergleich dazu 30 Prozent ihrer Gesamtvergütung als variablen Anteil.
Für die Gestaltung der variablen Vergütung von Chefärzten lassen sich drei Hauptformen unterscheiden: Das Liquidationsrecht, die Beteiligungsvergütung und die Bonusvereinbarung.
Liquidationsrecht
Für die Einräumung des Liquidationsrechts muss der Chefarzt in aller Regel einen Vorteilsausgleich an das Krankenhaus leisten, dieser liegt 2019 im Durchschnitt bei 37 Prozent der Liquidationseinnahmen. Zusätzlich werden die Mitarbeiter der Chefarztabteilung häufig über eine Poolverpflichtung an diesen Einnahmen beteiligt. Die Verbreitung des Liquidationsrechts beläuft sich bei den Chefärzten auf 35 Prozent.
Beteiligungsvergütung
Die Beteiligungsvergütung sehen 21 Prozent der Chefarztverträge vor. Hierbei erhält der Chefarzt einen vertraglich fixierten Anteil an den Einnahmen des Krankenhauses aus der gesonderten Berechnung z. B. wahlärztlicher Leistungen. Die Beteiligungsvergütung erreicht im Durchschnitt einen Wert von 117.000 Euro. Sie liegt damit über der Bonusvereinbarung (81.000 Euro), erreicht aber nur 64 Prozent der Durchschnittseinkünfte aus der Ausübung des Liquidationsrechts.
Bonusvereinbarungen
Eine Bonusvereinbarung sehen derzeit 23 Prozent der Chefarztverträge vor. Während die Einnahmen aus der Ausübung des Liquidationsrechts oder Beteiligungsvergütung im Wesentlichen auf der Abrechnung wahlärztlicher Leistungen basieren, ist bei der Bonusvereinbarung die variable Vergütung von unterschiedlichen Kriterien abhängig. Die zu erreichenden Ziele können entweder
- quantitativ (z. B. Fallzahlen, Patientenbelegung, Betriebsergebnis) oder
- qualitativ (z. B. Qualität erbrachter Leistungen oder Patientenzufriedenheit) sein.
PRAXISTIPP | Zu empfehlen sind Bonusvereinbarungen, die einen ausgewogenen Mix aus quantitativen und qualitativen Kriterien enthalten. So können Zielvereinbarungen als ein wirksames Instrument zur Steuerung der Krankenhäuser eingesetzt werden, ohne dass dabei die fachliche Leistungsqualität oder die Mitarbeiterführung zu kurz kommen. |
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unteres Quartil | Median | oberes Quartil | Durchschnitt | |
Liquidationsrecht* | 27 | 95 | 210 | 183 |
Beteiligungsvergütung | 28 | 93 | 166 | 117 |
Bonusvereinbarung | 23 | 44 | 102 | 81 |
Kombinationen | 13 | 31 | 75 | 59 |
Insgesamt | 24 | 69 | 180 | 143 |
* nach Abzug von Kostenerstattung, Vorteilsausgleich und Poolverpflichtung
Liquidationsrecht als Auslaufmodell
Die Ausgestaltung der variablen Vergütung hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert: Hatte vor 15 Jahren noch die überwiegende Mehrheit der Chefärzte (92 Prozent) ein Liquidationsrecht, so liegt dieser Prozentsatz bei den Verträgen, die nicht älter als drei Jahre sind, inzwischen bei nur noch 29 Prozent. Gleichzeitig hat sich die Verbreitung der Bonusvereinbarung seit 1995 von unter 5 Prozent auf fast 50 Prozent bei Neuverträgen erhöht.
Die absolute Höhe der variablen Vergütung ist im Zuge dieser Entwicklung abnehmend, wie ein Vergleich nach Vertragsalter zeigt: Im Durchschnitt erzielten die Chefärzte mit alten Verträgen im Jahr 2019 ca. 250.000 Euro mehr aus ihrer variablen Vergütung als die Kollegen mit neuen Verträgen.
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Alter des Chefarztvertrags | Variable Vergütung | |||
unteres Quartil | Median | oberes Quartil | Durchschnitt | |
unter 1 Jahr | 13 | 40 | 71 | 58 |
1‒3 Jahre | 16 | 46 | 109 | 68 |
3‒5 Jahre | 25 | 69 | 116 | 82 |
5‒10 Jahre | 29 | 115 | 196 | 170 |
10‒15 Jahre | 39 | 131 | 216 | 189 |
über 15 Jahre | 72 | 309 | 497 | 381 |
Insgesamt | 24 | 69 | 180 | 143 |
Nebentätigkeiten
Neben der variablen Vergütung besteht für Chefärzte die Möglichkeit, ihre Jahresgesamtvergütung durch Einkommen aus Nebentätigkeiten zu erhöhen. Voraussetzung dafür ist eine Nebentätigkeitserlaubnis, die allerdings die überwiegende Zahl der Positionsinhaber besitzt. Zu den vereinbarten Nebentätigkeiten gehören z. B. die ambulante Beratung und Behandlung sowie nichtstationäre Gutachtertätigkeiten. Die Höhe der Einkommen aus Nebentätigkeiten schwankt enorm. Es werden hier Werte von wenigen Tausend Euro z. B. in der Geriatrie bis zu Beträgen von rund 184.000 Euro in der Radiologie im Jahr erreicht.
Weiterführende Hinweise
- Dieser Artikel basiert ‒ soweit nicht anders ausgewiesen ‒ auf dem Kienbaum-Vergütungsreport „Ärzte, Führungskräfte und Spezialisten 2019“. Neben der Vergütung von nichtärztlichen Führungs- und Fachkräften wird ausführlich die Vergütungssituation von Chefärzten beschrieben. An der Auswertung beteiligten sich 119 Krankenhäuser. In die Auswertung konnten wir die Vergütungsinformationen von 615 nichtärztlichen Funktionen sowie 2.203 Ärzten einbeziehen.
- Die Studie ist zum Preis von 800 Euro (zzgl. MwSt.) zu beziehen bei der Kienbaum Vergütungsberatung, Edmund-Rumpler-Straße 5, 51149 Köln, Tel. 040 32 57 79-33, kienbaum.de.
- Unter iww.de/cb finden Sie alle Kienbaum-Vergütungsreporte seit dem Jahr 2005. Geben Sie einfach „Kienbaum“ in den Suchschlitz ein und Sie erhalten alle Beiträge auf einen Blick.
- Beteiligungsvergütung: Beachten Sie stets das zulässige Leistungsspektrum Ihrer Abteilung! (CB 10/2019, Seite 17)
- Liquidationsrecht oder Beteiligung ‒ was ist für den Chefarzt günstiger? (CB 01/2011, Seite 1)
- Zielvereinbarungen für Chefärzte gefährden die medizinische Unabhängigkeit! (CB 02/2013, Seite 2)