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· Fachbeitrag · Gemeinnützigkeit

Mitgliedsbeitrag: Wann sind hohe Beiträge gemeinnützigkeitsschädlich?

| Ab welcher Höhe sind Mitgliedsbeiträge gemeinnützigkeitsschädlich? Gelten für einen Laufverein andere Regeln und Betragsgrenzen als für einen kostenintensiveren Golf-, Segel- oder Motorsportclub? Mit dieser Frage muss sich der BFH befassen. VB bringt Sie auf den Stand der Dinge. |

Ausgangslage: Es fehlt an verbindlichen Vorgaben

Das Thema ist deshalb umstritten, weil es keine verbindlichen Vorgaben gibt. Weder im Gesetz (§ 52 Abs. 1 AO) noch in der Rechtsprechung.

 

Das steht in der AO

Der Gesetzgeber verlangt als grundlegende Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit die „Förderung der Allgemeinheit“. Nach § 52 Abs. 1 AO ist das nicht der Fall, wenn der Kreis der geförderten Personen fest abgeschlossen ist oder dauernd nur klein sein kann. Finanzielle Hürden für den Zugang zieht der Gesetzgeber hier aber nicht in Betracht.

 

Das sagt der BFH

Der BFH sieht das anders. Ein Verstoß gegen die Förderung der Allgemeinheit liegt auch dann vor, wenn ein Verein den Kreis der Mitglieder durch hohe Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträge (einschl. Umlagen) klein hält (u. a. BFH-Urteil vom 23.07.2003, Az. I R 41/03, Abruf-Nr. 032594).

 

Eine konkrete Betragsgrenze hat der BFH nicht gezogen. Er betont vielmehr, dass der Verein die Kosten für die Schaffung und Erhaltung der Einrichtungen im Wesentlichen aus den Aufnahmegebühren, Mitgliedsbeiträgen und Spenden decken können muss. Darin sieht er den Maßstab dafür, ob die Beitragszahlungen angemessen sind. Die gesetzliche Regelung in § 52 Abs. 1 AO soll lediglich sicherstellen, dass die Förderung exklusiver Kreise oder die Bestrebungen von Außenseitern mit einseitigen oder extremen Sonderinteressen nicht gemeinnützig sein kann (BFH, Urteil vom 13.12.1978, Az. I R 39/78).

 

Wichtig | Die einschlägigen Urteile ergingen immer zugunsten der klagenden Vereine. Es gab also keinen Fall, wo der BFH die erlaubte Grenze als überschritten ansah.

 

Die Auffassung der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung geht über die Vorgaben der Rechtsprechung hinaus. Sie nennt konkrete Beträge, bei deren Überschreitung die Gemeinnützigkeit fehlt (AEAO, Ziffer 1.1 zu § 52):

 

  • Mitgliedsbeiträge und -umlagen dürfen zusammen im Durchschnitt nicht höher sein 1.023 Euro pro Jahr.
  • Für Aufnahmegebühren gilt eine Obergrenze von durchschnittlich 1.534 Euro pro Jahr und Mitglied.

FG Berlin erweitert den Spielraum für die Beitragshöhe

Das FG Berlin-Brandenburg vertritt die Auffassung, dass die Förderung der Allgemeinheit nur erfordert, dass grundsätzlich jedermann freien Zutritt zum Verein hat und keine Verpflichtungen bestehen dürfen, deren Höhe eine Repräsentation der Allgemeinheit im Mitgliederbestand nicht mehr gewährleistet. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass nicht nur Breitensport gemeinnützig ist, sondern auch „kostspielige“ Sportarten wie Segeln, Motorsport, Fliegen oder Golf. Diese Sportarten erforderten einen erheblichen finanziellen Einsatz, weil dafür teure Sportgeräte (Boote, Flugzeuge, Autos) oder große Anlagen (z. B. ein Golfplatz) benötigt werden.

 

Da sich ein Durchschnittsverdiener keine dieser Sportarten leisten kann, wenn die Sportvereine nicht umfangreich auf Sponsoren zurückgreifen können, kann es nicht auf die absolute Höhe der Beiträge ankommen, so das FG. Entscheidend ist vielmehr, ob die Verpflichtung des Mitglieds zur Zahlung ‒ von Aufnahmegebühren, laufenden Beiträge oder Investitionsumlagen ‒ in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufwendungen und Leistungen des Vereins steht (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.10.2020, Az. 8 K 8260/16, Abruf-Nr. 220019)

 

FG plädiert für flexible Obergrenzen

Das FG widerspricht damit den von der Finanzverwaltung eingeführten pauschalen Obergrenzen für Beiträge und Aufnahmegebühren. Nach seiner Auffassung könnte z. B. bei einem Laufsportverein schon ein Beitrag bis 1.000 Euro gemeinnützigkeitsschädlich sein, wenn er in keinem Verhältnis zu den Aufwendungen steht, die dem Verein für seine Sportangebote entstehen. Umgekehrt wäre bei einem Golfclub auch ein Jahresbeitrag von weit über 1.023 Euro unschädlich, wenn das Beitragsaufkommen nur in etwa dem entspricht, was der Verein für die Anschaffung und Unterhaltung der Anlagen braucht. Das müsste zumindest dann gelten, wenn die Anlagen nicht größer oder luxuriöser ausgestaltet sind, als für die Ausübung des Sports erforderlich.

 

Höhe der Mitgliedsbeträge und Auslastung der Anlage hängt zusammen

Da die durchschnittliche Beitragshöhe von der Zahl der Mitglieder abhängt, muss für die Berechnung aber eine Mitgliederzahl unterlegt werden, die zu einer hinreichenden Auslastung der Anlage führt. Gemeinnützigkeitsschädlich wäre es also, wenn der Verein die Exklusivität seiner Angebote durch „viel Platz“ für seine Mitglieder herstellt. Gemeinnützigkeitsschädlich wären erst Beiträge, die sichtlich dazu dienen, die Exklusivität des Vereins zu sichern. Diese Exklusivität wäre aber nur anzunehmen, wenn der Verein die Beiträge nicht mehr nur in eine „durchschnittliche“ Ausstattung der Sportanlagen investiert, sondern deren Kosten unangemessen hoch sind oder durch luxuriöse Zusatzangebote ergänzt werden (z. B. Clubhäuser, Sauna etc.).

 

Wichtig | Das FG hat die Revision ausdrücklich zugelassen. Die Finanzverwaltung hat sie eingelegt. Das Verfahren wird beim BFGH unter dem Az. V R 43/20 geführt. Es steht zu hoffen, dass der BFH sich in seiner Entscheidung näher mit der Frage nach einer Beitragsobergrenze beschäftigt.

Quelle: Seite 14 | ID 47089374