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· Fachbeitrag · Gestaltungsüberlegungen

§ 6b Abs. 10 EStG: Übertragung stiller Reserven von GmbH-Anteilen auf Gebäude

von StB Dipl.-Finw. (FH) Lars Mayer, Düsseldorf

| In PU 20, 11 (Abruf-Nr. 46225935 ) wurde bereits dargestellt, dass § 6b EStG personenbezogen anzuwenden ist, sodass Veräußerungsgewinne eines Betriebsvermögens durch Investitionen in einem anderen Betriebsvermögen des gleichen Steuerpflichtigen neutralisiert werden können. Zudem kann § 6b EStG auch bei der Betriebsveräußerung/-aufgabe angewendet werden. Nachfolgend wird gezeigt, wie Gewinne aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen des Betriebsvermögens auf neue Anschaffungskosten eines Gebäudes (insbesondere in einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG) übertragen werden können. |

1. Musterfall

Im Ausgangsfall bestehen bereits GmbH-Anteile des Betriebsvermögens sowie eine Bestandsimmobilie. Betrachtet wird eine klassische Ein-Mann-Betriebsaufspaltung, bei der die GmbH-Anteile im Rahmen eines „Share Deals“ an einen Dritten veräußert werden.

 

Der Anteilsverkauf würde zum Wegfall der personellen Verflechtung führen, sodass eine Zwangsentnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens in das Privatvermögen droht. Diese Zwangsentnahme wird verhindert, indem die Immobilie kurz vor dem Verkauf der GmbH-Anteile an eine neu gegründete gewerblich geprägte GmbH & Co. KG verkauft wird. Der dabei entstehende Veräußerungsgewinn wird durch § 6b EStG neutralisiert.

 

Für die GmbH-Anteile, den Boden und das Gebäude bestehen folgende Werte:

 

  • Werte für die GmbH-Anteile, den Boden und das Gebäude
Verkehrswert
Buchwert
Stille Reserven

GmbH-Anteil

400.000 EUR

50.000 EUR

350.000 EUR

Boden

300.000 EUR

100.000 EUR

200.000 EUR

Gebäude

500.000 EUR

200.000 EUR

300.000 EUR

 

2. Lösung des Musterfalls

2.1 Verkauf der Immobilie an die Schwester-GmbH & Co. KG

Durch notariellen Kaufvertrag wird die Immobilie zum Verkehrswert von 800.000 EUR auf die neu gegründete GmbH & Co. KG übertragen. Durch den Verkauf werden die stillen Reserven in dem Besitz-Einzelunternehmen aufgedeckt (200.000 EUR Boden und 300.000 EUR Gebäude).

 

Diese Veräußerungsgewinne werden im Besitz-Einzelunternehmen nach § 6b EStG neutralisiert. Da das Reinvestitionsobjekt die identische Immobilie im Gesamthandsvermögen der GmbH & Co. KG ist (BFH 9.11.17, IV R 19/14), wird als Gegenbuchung zum § 6b EStG-Aufwand direkt gegen Eigenkapital gebucht (R 6b.2 Abs. 8 EStR).

 

In der erwerbenden GmbH & Co. KG werden die Anschaffungskosten des Bodens und des Gebäudes um genau diesen Wert herabgesetzt. Auch diese Buchung erfolgt direkt gegen Eigenkapital. Danach werden in der GmbH & Co. KG die bisherigen Buchwerte des Bodens und des Gebäudes als verbleibende neue Anschaffungskosten ausgewiesen.

 

  • Auswirkungen im Einzelunternehmen
Einzel-Unternehmen
Kaufpreis
Alter Buchwert
Veräußerungsgewinn

Boden

300.000 EUR

100.000 EUR

200.000 EUR

Gebäude

500.000 EUR

200.000 EUR

300.000 EUR

 
  • Auswirkungen bei der GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
Zugang
Abzug § 6b EStG
Verbleibende AK

Boden

300.000 EUR

./. 200.000 EUR

100.000 EUR

Gebäude

500.000 EUR

./. 300.000 EUR

200.000 EUR

 

2.2 Verkauf der GmbH-Anteile

Die GmbH-Anteile werden an einen Dritten zum Verkehrswert von 400.000 EUR verkauft. Hierdurch ergibt sich innerbilanziell ein Veräußerungsgewinn von 350.000 EUR. Da dieser nach § 3 Nr. 40a EStG dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, sind somit nur 210.000 EUR (350.000 EUR x 0,6) steuerpflichtig.

 

Der Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils des Betriebsvermögens kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen (insbesondere: Vorbesitzzeit von sechs Jahren) auf neue Anschaffungskosten für ein Gebäude übertragen werden (§ 6b Abs. 10 S. 1 EStG).

 

MERKE | Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur der steuerpflichtige Teil des Veräußerungsgewinns (also 60 % bzw. 210.000 EUR) auf die Anschaffungskosten des Gebäudes übertragen werden muss (§ 6b Abs. 10 S. 2 EStG).

 

Da die nach Anwendung des § 6b Abs. 1 EStG (Übertragung stiller Reserven von Gebäude auf Gebäude) verbleibenden Anschaffungskosten lediglich 200.000 EUR betragen, kann nur ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn von 200.000 EUR durch § 6b Abs. 10 EStG neutralisiert werden.

 

  • Übertragung der stillen Reserven (von GmbH-Anteil auf Gebäude)
GmbH & Co. KG
Stpfl. 60 %
Verbl. AK
 § 6b EStG
Verbleiben

V-Gewinn

210.000 EUR

./. 200.000 EUR

10.000 EUR

Gebäude

200.000 EUR

./. 200.000 EUR

0 EUR

 

Die Übertragung nur eines Teils der stillen Reserven hat zur Folge, dass der nicht übertragene Teil des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns von 10.000 EUR auf 100 % hochgerechnet einem Betrag von 16.667 EUR entspricht.

 

  • Stille Reserven GmbH-Anteil (100 % und 60 %)
100 %
60 %

Veräußerungsgewinn

350.000 EUR

210.000 EUR

Übertragung § 6b EStG

./. 333.333 EUR

./. 200.000 EUR

Verbleibender Betrag

16.667 EUR

10.000 EUR

 

Der verbleibende 100 %-Gewinn von 16.667 EUR kann als Rest-Betriebsvermögen im Besitz-Einzelunternehmen in voller Höhe in eine steuerfreie Rücklage i. S. d. § 6b Abs. 10 EStG eingestellt werden.

 

Da die Immobilie an eine GmbH & Co. KG veräußert wird, werden im Sonderbetriebsvermögen bei der GmbH & Co. KG Anteile an der Komplementär-GmbH ausgewiesen. Der verbleibende Gewinn aus dem Verkauf der Anteile an der Betriebs-GmbH kann auf die Anschaffungskosten für die Anteile an der Komplementär-GmbH im Sonderbetriebsvermögen bei der GmbH & Co. KG übertragen werden, sodass kein zu versteuernder Gewinn verbleibt.

 

Beachten Sie | Die Anteile an der Komplementär-GmbH unterliegen ebenso wie die Anteile an der Betriebs-GmbH dem Teileinkünfteverfahren. Somit ist der Buchwert der Anteile an der Komplementärin um 100 % des Gewinns (also um 16.667 EUR) zu mindern, um den Veräußerungsgewinn zu neutralisieren.

3. Gestaltungsüberlegungen

3.1 Übertragung auf andere GmbH-Anteile

Die grundsätzliche Gestaltungsidee der Neutralisierung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf von GmbH-Anteilen durch Übertragung auf ein Gebäude in einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG lässt sich auf sämtliche anderen GmbH-Anteile des Betriebsvermögens übertragen.

 

Sofern rechtzeitig (sechs Jahre) vor einem Verkauf von GmbH-Anteilen des Privatvermögens der Plan reift, den Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der GmbH-Anteile auf Anschaffungskosten eines Gebäudes zu übertragen, können die GmbH-Anteile als Gestaltungsmaßnahme in ein Betriebsvermögen eingelegt werden.

 

Die Einlage erfolgt nach § 6 Abs. 1 Nr. 5b EStG zu Anschaffungskosten, sodass die im Privatvermögen entstandenen stillen Reserven im Betriebsvermögen fortgeführt werden. Soll die Einlage in das Gesamthandsvermögen einer GmbH & Co. KG erfolgen, muss der Vorgang unentgeltlich stattfinden und gegen das variable Kapitalkonto oder gegen eine gesamthänderisch gebundene Rücklage gebucht werden.

 

MERKE | Eine Verbuchung gegen Kapitalkonto I (Tausch gegen Gesellschaftsrechte) oder gegen das Verrechnungskonto (Verkauf gegen Geldforderung) würde noch im Privatvermögen im Rahmen des § 17 EStG zu einer Gewinnrealisation führen.

 

Die Übertragung der stillen Reserven aus den GmbH-Anteilen auf ein zu diesem Zweck in der gewerblich geprägten GmbH & Co. KG neu angeschafftes Gebäude geht mit dem zusätzlichen Nachteil einher, dass die Immobilie im Betriebsvermögen der GmbH & Co. KG steuerlich verstrickt ist. Bei einem späteren Verkauf sind also nicht nur die „alten“ stillen Reserven (aus dem GmbH-Anteil) zu versteuern, sondern auch spätere Wertsteigerungen und die zwischenzeitlich vorgenommene AfA.

 

3.2 § 34 Abs. 3 EStG

Wird der Gewinn aus dem Verkauf der GmbH-Anteile sofort versteuert, kann der besondere Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG wegen der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens insoweit nicht in Anspruch genommen werden. Demgegenüber ist die stille Reserve aus dem Grundstück des Besitz-Einzelunternehmens nach § 34 Abs. 3 EStG begünstigt.

 

PRAXISTIPP | Wird die stille Reserve aber erst auf ein Gebäude übertragen und dann kurze Zeit später durch Entnahme oder Veräußerung dieses Gebäudes aufgedeckt und versteuert, dürfte § 34 Abs. 3 EStG vorbehaltlich des § 42 AO anzuwenden sein. Ein Anwendungsfall des § 42 AO dürfte ohne Weiteres zumindest auf der Zeitschiene vermeidbar sein.

 

Diese Privatisierung der Immobilie kann einfach und kostengünstig durch Entprägung der GmbH & Co. KG erreicht werden.

 

Wäre im Ausgangssachverhalt sofort eine Versteuerung vorgenommen worden (einschließlich der stillen Reserven der Immobilie), hätte sich folgendes Ergebnis ergeben:

 

  • Abwandlung des Ausgangssachverhalts: sofortige Gewinnversteuerung
Steuerpflichtiger Gewinn
§ 34 Abs. 3 EStG

Boden

200.000 EUR

ja

Gebäude

300.000 EUR

ja

Anteil Betriebs-GmbH (60 %)

210.000 EUR

nein

 

Würde kurze Zeit nach der Übertragung der stillen Reserven auf das Gebäude und den Anteil an der Komplementär-GmbH der Kommanditist Geschäftsführer der GmbH & Co. KG werden, würde der Gewerbebetrieb der GmbH & Co. KG durch Wegfall der gewerblichen Prägung aufgegeben und es entstünde ein Aufgabegewinn.

 

Bei Annahme unveränderter stiller Reserven würde sich dann folgendes Ergebnis ergeben:

 

  • Abwandlung des Ausgangssachverhalts: Entprägung der GmbH & Co. KG
Steuerpflichtiger Gewinn
§ 34 Abs. 3 EStG

Boden

200.000 EUR

ja

Gebäude

500.000 EUR

ja

Anteil Kpl.-GmbH (60 %)

10.000 EUR

nein

 

Im Ergebnis würde ein steuerpflichtiger Gewinnanteil von 200.000 EUR von den GmbH-Anteilen auf das Gebäude „überschwappen“ und dort eine Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG ermöglichen.

 

FAZIT | Der steuerpflichtige Teil stiller Reserven in qualifizierten GmbH-Anteilen des Betriebsvermögens kann auf Gebäude eines anderen Betriebsvermögens (einschließlich Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG) übertragen werden.

 

War das entsprechende Gebäude bereits zuvor Betriebsvermögen, tritt keine zusätzliche Steuerverstrickung ein. Es wird lediglich der Rest-Buchwert (also das Rest-AfA-Volumen) sofort verbraucht, um den Veräußerungsgewinn zu neutralisieren. Dies wird dadurch möglich, dass

  • das „alte“ Gebäude an die GmbH & Co. KG übertragen wird,
  • für diese Übertragung § 6b Abs. 1 EStG angewendet wird und
  • danach der alte Buchwert zu neuen verbleibenden Anschaffungskosten wird.

 

Sind die GmbH-Anteile Privatvermögen, können sie sechs Jahre vor der geplanten Veräußerung zu Anschaffungskosten in ein Betriebsvermögen eingelegt werden, um diese Gestaltungsüberlegungen auszunutzen.

 

Wird ein neues Gebäude zur Aufnahme der stillen Reserven des GmbH-Anteils erworben, tritt der Nachteil ein, dass auch zukünftige Wertsteigerungen steuerverstrickt sind und die AfA bei Verkauf oder Entnahme nachversteuert wird.

 

Die spätere Aufdeckung der stillen Reserven des Gebäudes ermöglicht (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen) eine Inanspruchnahme des § 34 Abs. 3 EStG, was bei stillen Reserven aus GmbH-Anteilen nicht möglich ist.

 

Weiterführender Hinweis

  • § 6b-Rücklage: Vermietungsobjekt in gewerblich geprägter GmbH & Co. KG als Reinvestition (Mayer in: PU 20, 11)
Quelle: Seite 19 | ID 47018594