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· Fachbeitrag · Haftung

Arglistiges Verhalten des Versicherungsmaklers ist Versicherungsnehmer zuzurechnen

| Nimmt ein Makler in einem Versicherungsantrag falsche Daten auf und ändert sie nicht, obwohl der Versicherungsnehmer (VN) ihn darauf hinweist, und unternimmt er ansonsten auch nichts, den Versicherer entsprechend zu informieren, handelt er arglistig. Dieses arglistige Verhalten des Maklers ist dem VN zuzurechnen, weswegen der Versicherer den Vertrag zu Recht anfechten und eine Entschädigungszahlung im Schadensfall verweigern darf. Zu diesem Ergebnis ist das LG Saarbrücken gelangt. WVM stellt Ihnen das Urteil vor. |

Makler gibt falsches Baujahr an

Ein Versicherungsmakler vermittelte im Jahr 2010 für ein Ehepaar eine Wohngebäudeversicherung. Im Antrag gab er für das Gebäude das Baujahr 1998 an. Tatsächlich war es aber im Jahr 1958 gebaut und in den Jahren 1998 bis 2000 umfangreich saniert worden. Der Ehemann unterschrieb den Antrag mit der vom Makler erfassten falschen Angabe, ohne den Antrag inhaltlich noch einmal zu prüfen.

 

Mit Erhalt des Versicherungsscheins fiel dem Ehepaar der Fehler auf. Darüber informierte die Ehefrau den Makler. Seine Reaktion: Wegen der Renovierungsarbeiten, beginnend 1998, habe das jedoch seine Richtigkeit.

 

In den Jahren 2015 und 2016 gab es am Wohngebäude Wasserschäden. Der Versicherer verweigerte die Schadenzahlung und focht den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Zu Recht, entschied das OLG Saarbrücken (Urteil vom 15.05.2019, Az. 5 U 60/18, Abruf-Nr. 213797).

Untätigkeit des Maklers begründet Arglist

Die Gesamtheit der Umstände, dass der Makler über das maßgebliche versicherungsrechtliche Alter des Wohngebäudes nicht aufgeklärt hat, begründet sein arglistiges Verhalten gegenüber dem Versicherer. Ausschlaggebend war, dass er

  • den Antrag falsch ausgefüllt und nicht korrigiert abgesandt oder
  • dies zumindest nicht verhindert hat und
  • nach Kenntnis der falschen Angaben durch Information der Ehefrau nach Vertragsschluss nicht entsprechend reagiert hat.

 

Arglist des Maklers ist VN zuzurechnen

Arglist verlange grundsätzlich auch keine Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht, so das OLG. Vielmehr sei ausreichend, dass der Handelnde bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Dies lasse nur den Schluss zu, so das OLG, dass

  • es dem Makler letztlich auf einen schnellen Vertragsschluss ohne vollständige Aufklärung der VN ankam und
  • er dabei zumindest billigend in Kauf nahm, dass die falsche Angabe für die VN nachteilige Folgen haben könnte.

 

Die Arglist des Maklers ist ‒ so das OLG ‒ dem Antragsteller und seiner Ehefrau als VN zuzurechnen.

 

PRAXISTIPP | Das OLG weist in seinem Urteil aber auch darauf hin, dass jeder einzelne der vorstehenden Umstände der Annahme von Arglist wohl entgegenstünde. Erst die Gesamtheit der Umstände begründet das arglistige Verhalten des Maklers.

 

Antragsteller: Verantwortung ja ‒ Arglist nein

Ob der Makler als Sachwalter und damit als Vertrauensperson der VN als Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB als Voraussetzung für eine Anfechtung anzusehen ist, entschied das OLG im konkreten Fall nicht.

 

Relevant sei vielmehr gewesen, dass der Ehemann den Antrag ungelesen bzw. ungeprüft unterschrieben habe. Bei einer Überprüfung hätte er die falsche Angabe zum Baujahr des Wohngebäudes erkennen und infolgedessen dafür sorgen können, dass die Willenserklärung des Versicherers einwandfrei zustande gekommen wäre.

 

Unerheblich sei, dass der Makler die Stellen im Antrag vorgekennzeichnet hatte, an denen der Antragsteller zu unterzeichnen hatte. Denn das enthebe den Antragsteller nicht von seiner Verantwortung zu überprüfen, welche Erklärung er unterschrieb.

 

Für diese Fahrlässigkeit trage der Ehemann ‒ und letztlich auch seine Ehefrau als VN ‒ die Verantwortung. Ein arglistiges Verhalten war dem Antragsteller allerdings selbst nicht nachzuweisen. Denn sowohl das Nichtbemerken des falschen Baujahres des Wohngebäudes als auch das Vertrauen auf die Auskunft des Maklers steht der Annahme entgegen, dass die VN bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers durch falsche Angaben einwirken wollten.

 

Weiterführende Hinweise

  • Beitrag „Keine Deckung in der landwirtschaftlichen Betriebshaftpflichtversicherung, Makler haftet“, WVM 7/2019, Seite 7 → Abruf-Nr. 45966711
  • Beitrag „Maklerhaftung auch für unversicherbare Risiken? Vorsicht bei falschen Versprechen!“, WVM 5/2019, Seite 5 → Abruf-Nr. 45778346
  • Beitrag „Berufsunfähigkeit und Arglistanfechtung durch Versicherer: Diese Details müssen Sie kennen“, WVM 11/2017, Seite 15 → Abruf-Nr. 44867809
Quelle: Seite 5 | ID 46334734