· Fachbeitrag · Mietrecht, Teil 4
Mietvertrag über Apothekenräume: Vertragsänderungen und Schlussbestimmungen
von RA Dr. Valentin Saalfrank und Niklas Grunwald, Kanzlei Dr. Saalfrank, Köln
| Im Handel erhältliche Formulare eignen sich nur bedingt als Grundlage für ein Apothekenraummietverhältnis, weil sie den apothekenspezifischen Aspekten i. d. R. nicht Rechnung tragen. Besser ist es, selbst einen Vertrag aufzusetzen. AH erläutert Ihnen anhand eines Mustervertrags, was Sie in diesem Zusammenhang wissen und beachten sollten. Dieser vierte und letzte Beitrag zum Apothekenmietvertrag enthält u. a. Musterformulierungen zu Vertragsänderungen und Schlussbestimmungen. Zudem werden weitere Komplexe aufgezeigt, die im Vertrag geregelt werden können. |
Apothekenbetriebserlaubnis
Die Apotheke darf ohne Betriebserlaubnis nach § 1 Apothekengesetz (ApoG) nicht betrieben werden. Andererseits ist die Wirksamkeit des Mietvertrags grundsätzlich nicht von der Erlaubniserteilung abhängig, weil die Befugnis zum Betrieb der Apotheke in den Verantwortungsbereich des Mieters fällt. Folglich sollte sich der Mieter eine Möglichkeit vorbehalten, aus dem Mietvertrag ausscheiden zu können, sofern ihm die Betriebserlaubnis tatsächlich nicht erteilt wird. Anderenfalls kann er über Jahre hinweg verpflichtet sein, die Miete zu zahlen, ohne die Apotheke betreiben zu können.
Den Interessen des Vermieters im Hinblick auf eine gewisse Planungssicherheit wird dadurch Rechnung getragen, dass der Mieter bei nicht erteilter Betriebserlaubnis das Mietverhältnis nur mit einer vertraglich zu vereinbarenden Frist kündigen kann.
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Dem Vermieter ist bekannt, dass die Aufnahme des Apothekenbetriebs in den Räumen des Vermieters davon abhängig ist, ob die zuständige Aufsichtsbehörde dem Mieter eine Apothekenbetriebserlaubnis gemäß § 1 ApoG erteilt. Der Mieter wird die für die Erteilung der Erlaubnis erforderlichen Schritte rechtzeitig unternehmen und die notwendigen Unterlagen unverzüglich bei der Aufsichtsbehörde einreichen.
Beide Parteien können das Mietverhältnis mit einer Frist von … Monaten kündigen, wenn der Antrag auf Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis bestandskräftig abgelehnt worden ist. |
Empfangsbevollmächtigungen bei mehreren (Ver-)Mietern
Ist der Mietvertrag mit mehreren Mietern/Vermietern geschlossen, so sind Erklärungen gegenüber allen Vertragspartnern abzugeben. Im Einzelfall kann dies ‒ z. B. wenn nicht sämtliche aktuellen Anschriften der Vermieter bekannt sind ‒ insbesondere die fristgerechte Ausübung der Kündigung äußerst erschweren. Es empfiehlt sich daher die hier verwendete Empfangsvollmacht.
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Herr/Frau ........... wird hiermit bevollmächtigt, für sämtliche Mieter (bzw. Vermieter) rechtsverbindliche Erklärungen des Vermieters (bzw. Mieters) einschließlich solcher, die auf die Beendigung des Mietvertrags gerichtet sind, wie z. B. Kündigungs- und Rücktrittserklärungen, entgegenzunehmen. |
Schriftform
Das sogenannte Schriftformerfordernis verlangt neben der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch beide Parteien, dass die Urkunde den wesentlichen Vertragsinhalt ausweist. Unverzichtbar ist insbesondere die Bezeichnung des Mietobjekts, der Vertragsparteien, der Vertragsdauer sowie der gegenseitigen Verpflichtungen. Es ist nicht unbedingt erforderlich, aber empfehlenswert, Anlagen ‒ wie z. B. Grundrisse oder Inventarlisten ‒ körperlich mit dem Hauptvertrag zu verbinden, wenn Anlagen und Vertrag jeweils aufeinander verweisen.
Spätere Vertragsänderungen
Spätere Vertragsänderungen sollten schriftlich getroffen werden. Solche Nachträge führen dazu, dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel verschiedener Vertragsurkunden ergibt. Die Rechtsprechung fordert daher zur Wahrung der für die Schriftform notwendigen Urkundeneinheit, dass die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht wird. Dazu bedarf es nicht zwingend der körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss. Fehlt es daran, ist die Schriftform nicht gewahrt.
Zwar hat eine Schriftformklausel für Nachträge im Mietvertrag nach aktueller Rechtsprechung nur Appellfunktion und keine Bindungswirkung. Vertragsänderungen können also trotzdem mündlich vereinbart werden. Nichtsdestotrotz sollten beide Parteien genauestens darauf achten, jede Änderung schriftlich festzuhalten und eventuell sogar den Vertrag inklusive Änderungen neu aufzusetzen sowie zu unterzeichnen. Eine mündliche Änderung kann nämlich für beide Seiten zu gravierenden und unerwünschten Folgen führen.
Zum einen bestehen erhebliche Beweisprobleme. Zum anderen führt eine Vertragsänderung bzw. -ergänzung, die unter Nichteinhaltung der Schriftform erfolgt, dazu, dass der Mietvertrag insgesamt nicht mehr dem Schriftformerfordernis genügt und aus einem als befristet vereinbarten Vertrag ein unbefristeter wird. Dies ist problematisch, weil ein unbefristeter Vertrag nach Ablauf eines Jahres jederzeit unter Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Fristen ordentlich gekündigt werden kann. Damit solche Probleme nicht auftreten, sollten beide Parteien bei Vertragsänderungen Vorsicht walten lassen.
Doppelte Schriftformklauseln
Um eine mündliche Absprache zu verhindern, sind vielfach sogenannte doppelte Schriftformklauseln vereinbart worden. Diese sehen vor, dass auch Änderungen im Hinblick auf die Schriftformklausel nur in schriftlicher Form erfolgen dürfen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch entschieden, dass auch solche Klauseln eine mündliche oder konkludente Änderung der Vertragsabsprachen nicht verhindern können (BGH, Beschluss vom 25.01.2017, Az. XII ZR 69/16, Abruf-Nr. 191967).
Individuell vereinbarte qualifizierte Schriftformklausel
Alternativ können die Parteien eine qualifizierte Schriftformklausel nur individuell wirksam vereinbaren. Eine solche Klausel muss aber im Einzelnen ausgehandelt und wirklich zur Disposition gestellt werden. Die Rechtsprechung setzt hier sehr enge Grenzen, deren Einhaltung im Nachhinein oftmals schwer nachweisbar ist. Somit gilt auch hier, dass beide Parteien nur wirklich sicher sein können, wenn sie jede Änderung schriftlich festhalten.
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Andere als die in diesem Vertrag getroffenen Vereinbarungen bestehen nicht. Nebenabreden sind nicht getroffen. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags sollen schriftlich getroffen werden. |
Salvatorische Klausel
Durch die sogenannte salvatorische Klausel verpflichten sich die Vertragsparteien, eine unbewusst unwirksam getroffene Regelung durch eine wirksame zu ersetzen.
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Sollte eine Bestimmung dieses Vertrags unwirksam sein oder werden, wird die Rechtswirksamkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, die unwirksame Bestimmung durch eine wirksame zu ersetzen, deren Zweck dem der weggefallenen Bestimmung möglichst nahekommt. |
Unterschriften
Schließlich müssen beide Parteien den mit Ort und Datum versehenen Vertrag unterschreiben.
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(Ort) ........................................, (Datum) ....................
........................................... ...................................... Unterschrift(en) Vermieter Unterschrift(en) Mieter |
Sinnvolle ergänzende Regelungen
Die dargestellten Regelungen beinhalten die wesentlichen Aspekte, die in einem Apotheken-Mietvertrag fixiert werden sollten. Daneben sind ‒ abhängig vom jeweiligen Einzelfall ‒ weitere Vereinbarungen möglich bzw. sinnvoll. Oft sind beispielsweise noch folgende Regelungen/Aspekte zusätzlich von Bedeutung:
Regelung zur Umsatzsteueroption
Die folgende Regelung basiert auf der Option (Wahlmöglichkeit) des Vermieters zur Umsatzsteuer nach § 9 Umsatzsteuergesetz (UStG). D. h., er ordnet die Vermietung dem umsatzsteuerpflichtigen Bereich zu. Auf diese Weise kann sich der Vermieter die Vorsteuer erstatten lassen, die beim Bau, beim mehrwertsteuerpflichtigen Erwerb oder bei der Unterhaltung der Mietsache angefallen ist.
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Der Mieter ist verpflichtet, den Mietgegenstand ausschließlich für die Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze zu verwenden und in den Mieträumen keine umsatzsteuerfreien Geschäfte durchzuführen. Er hat dem Vermieter allen Schaden zu ersetzen, der dem Vermieter dadurch entsteht, dass ein Verstoß gegen diese Verpflichtung zu einer Korrektur des Vorsteuerabzugs des Vermieters führt.
Der Vermieter ist zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, wenn der Mieter den Mietgegenstand nicht mehr ausschließlich für die Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze verwendet. |
Ein derartiges Optionsrecht besteht allerdings nur dann, wenn der Mieter den Mietgegenstand (von einer Bagatellgrenze in Höhe von 5 Prozent abgesehen) ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die der Umsatzsteuer unterliegen. Ggf. muss der Vermieter ansonsten die ihm auf die Herstellungskosten des Objekts gezahlte und als Vorsteuer errechnete Mehrwertsteuer an das Finanzamt nachzahlen.
PRAXISTIPP | Um die Option zur Umsatzsteuer nutzen zu können, muss der Mieter dazu verpflichtet werden, nur umsatzsteuerpflichtige Geschäfte mit der Mietsache ‒ also der Apotheke ‒ vorzunehmen. Verstößt der Mieter gegen diese Verpflichtung, ist ein Schadenersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter vorzusehen. Aus Sicht des Vermieters ist es auch sinnvoll, für diesen Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht zu haben. |
Nachfolgeregelungen
Dem Mieter ist es gestattet, den Mietvertrag im Fall des Verkaufs der Apotheke auf seinen Rechtsnachfolger zu übertragen. Der Vermieter kann der Übertragung widersprechen, wenn in der Person des Rechtsnachfolgers wichtige Gründe vorliegen, die gegen eine Übertragung des Vertrags sprechen.
PRAXISTIPP | Veräußerlich ist ein Apothekenbetrieb nur, wenn der Erwerber ein Nutzungsrecht an den Apothekenräumen erhält. Deshalb sind Regelungen zum Eintritt des Erwerbers in den bestehenden Mietvertrag für die Veräußerungsfähigkeit der Apotheke sehr wichtig. Idealerweise sollten hier vertragliche Bestimmungen angestrebt werden, die es dem Apotheker ermöglichen, das Mietverhältnis „automatisch“ auf einen Nachfolger zu übertragen. Selbstverständlich ist dies aber nicht, da eine Übertragung des Mietverhältnisses für den Vermieter von wesentlicher Bedeutung ist und er zukünftig einen anderen Vertragspartner hat. |
Sofern eine solche Regelung nicht vom Vermieter akzeptiert wird, sollten die Einspruchsmöglichkeiten seitens des Vermieters gegen einen Nachmieter möglichst beschränkt sein und keinesfalls die Übertragung des Mietverhältnisses von einer ins Belieben des Vermieters gestellten Zustimmung abhängig machen. Diese Regelungen werden insbesondere dann bedeutsam, wenn das Mietverhältnis für längere Zeit befristet eingegangen wurde, sodass der Vermieter die Möglichkeit hätte, z. B. den Verkauf der Apotheke zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, indem er einen vorgeschlagenen Nachfolger nicht in das Mietverhältnis aufnimmt.
Alternativ kann auch vereinbart werden, dass der Mieter in bestimmten Fällen (insbesondere Verkauf) die Räume untervermieten kann. Auch eine Kombination beider Regelungen ist möglich, indem die Räume zunächst unterzuvermieten sind und der Untermieter nach Ablauf einer gewissen „Bewährungszeit“ in den Mietvertrag mit dem Hauptvermieter eintreten kann. Bis zu diesem Zeitpunkt haftet der Mieter weiter vollumfänglich für alle Verbindlichkeiten, die sich aus dem Mietvertrag ergeben.
Fazit: Einzelfallbetrachtung erforderlich
Werden in einem Mietvertrag die apothekenspezifischen Besonderheiten nicht hinreichend berücksichtigt, kann dies schlimmstenfalls die Existenz bedrohen. Der hier vorgestellte Entwurf sorgt im Wesentlichen vor, er kann jedoch naturgemäß nicht der Fülle möglicher Bedürfnisse und rechtlicher Konstruktionen im Einzelfall Rechnung tragen und ist daher nicht als abschließend zu betrachten. Im konkreten Fall kann es erforderlich sein, weitere Klauseln vorzusehen. Wie die Erfahrung zeigt, weisen zahlreiche Mietverträge in der Praxis deutliche Defizite auf. Es ist deshalb zu empfehlen, bestehende Mietverträge unter den dargestellten Gesichtspunkten zu überprüfen und ggf. frühzeitig auf eine Änderung hinzuwirken, wenn z. B. ein Verkauf der Apotheke in einigen Jahren beabsichtigt ist. Bei neu abzuschließenden oder zu verlängernden Verträgen sollten die Grundsätze dann von vornherein berücksichtigt werden.
Weiterführender Hinweis
- Mit Abschluss der Beitragsserie steht Ihnen der gesamte Mustervertrag einschließlich aller Anmerkungen als zusammenhängendes Dokument nun auch auf ah.iww.de als Download in der Rubrik Recht unter „Musterverträge und -schreiben“ zur Verfügung.