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Die Geschäftsführer des Vereins und seine organ- und arbeitsrechtliche Stellung
von Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn
| „Professionalisierung“ lautet ein Stichwort, wenn es für ehrenamtliche Vorstände darum geht, ihr Haftungsrisiko zu senken. Eine Maßnahme ist, einen Geschäftsführer zu bestellen, der sich „um die laufenden Geschäfte“ kümmert und den Vorstand im Wortsinn „entlastet“. VB zeigt Ihnen, was Sie hier insbesondere aus arbeitsrechtlicher Sicht beachten sollten. |
Der vereinsrechtliche Hintergrund
Das Vereinsrecht sieht nur die Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) und den Vorstand (§ 26 BGB) als zwingende Organe vor. Die Bestellung eines Geschäftsführers ist also freiwillig. Soll der Geschäftsführer in der Satzung als Organ verankert werden, müssen Sie entscheiden, auf welcher rechtlichen Grundlage er Ihren Verein vertreten kann. Sie haben zwei Optionen:
- Sie können den Geschäftsführer als sog. „Besonderen Vertreter“ im Sinne von § 30 BGB bestellen. Seine Vertretungsbefugnisse leiten sich dann direkt aus der Satzung ab.
- Sie können den Geschäftsführer aber auch im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht dazu ermächtigen, Ihren Verein zu vertreten.
Je nachdem, wie Sie sich entscheiden, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Stellung des Geschäftsführers.
Bestellung ohne Satzungsgrundlage
Wenn Sie einen Geschäftsführer bestellen möchten und dies nur in einer Geschäftsordnung vorsehen, wird keine Organstellung begründet (LAG Hamm, Beschluss vom 07.05.2020, Az. 2 Ta 457/19, Abruf-Nr. 217383). Dem Geschäftsführer müssten Sie dann für sein Handeln eine Vollmacht erteilen. Sie müssen diese Vollmacht jedoch sachlich beschränken, weil eine „Generalvollmacht“ im Vereinsrecht nicht möglich ist. Ansonsten entstünde eine Position, die einem Vorstandsmitglied gleicht. Für die Bestellung von Vorstandmitgliedern ist aber die Mitgliederversammlung zuständig.
PRAXISTIPP | Eine solche Vollmacht kann „formlos“ erteilt werden. Sie können diese auch auf dem Vereinsbriefbogen erteilen. |
Muster / Formlose Bevollmächtigung des Geschäftsführers |
Hiermit bevollmächtigen wir Frau Maria Musterfrau zum Erwerb eines Druckers für die Vereinsgeschäftsstelle. |
Würde Frau Musterfrau hier nicht nur den Drucker, sondern auch einen neuen Rechner samt Bildschirm kaufen, würde sie ohne Vertretungsmacht handeln und dafür persönlich haften (§ 179 BGB).
Bestellung mit Satzungsgrundlage (Organstellung)
Soll der Geschäftsführer hingegen seine Vertretungsbefugnis direkt aus der Satzung ableiten und als Organ des Vereins angesehen werden, bedarf es einer Satzungsregelung (§ 30 BGB). Vertretungsorgan im Verein ist üblicherweise der Vorstand. Der Besondere Vertreter kann auch Organ des Vereinssein, wenn er als solches in der Satzung erwähnt ist.
Muster / Satzungsregelung zur Geschäftsführer-Bestellung |
Der Vorstand kann eine Geschäftsführung bestellen, die die Stellung eines Besonderen Vertreters im Sinne von § 30 BGB haben kann. Die Geschäftsführung kann eine angemessene Vergütung erhalten. |
Sie würden hier einen Vorstandsbeschluss fassen, um die Geschäftsführung zu bestellen. Der Hinweis auf die angemessene Vergütung erfolgt zur Klarstellung. Wie auch bei Ihnen als Vorstand, muss die Bestellung „angenommen“ werden, da niemand zur Besorgung fremder Angelegenheiten gezwungen werden kann.
In der Satzung müssen Sie auch regeln, wofür der Geschäftsführer als Besonderer Vertreter zuständig und vertretungsberechtigt sein soll. Sie können die Vertretungsbefugnis auch beschränken (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17.12.2012, Az. 3 W 93/12, Abruf-Nr. 131727).
Muster / Beschränkung der Vertretungsbefugnis in der Satzung |
Der Besondere Vertreter ist nicht berechtigt, Rechtsgeschäfte über wiederkehrende Leistungen, Dauerschuldverhältnisse und Beträge von über 2.000 Euro abzuschließen. |
Sie können aber auch vorsehen, dass Sie berechtigt sind, für einzelne Projekte Besondere Vertreter zu bestellen (BayObLG, Beschluss vom 23.12.1998, Az. 3 Z BR 257/98).
Muster / Projektbezogene Bestellung Besonderer Vertreter |
Der Vorstand ist berechtigt, für einzelne Projekte Besondere Vertreter (§ 30 BGB) zu bestellen. Diese sind für das betreffende Projekt vertretungsberechtigt und können eine angemessene Vergütung erhalten. |
Mit dieser Organstellung ist der Besondere Vertreter, wie der Vorstand, nach § 64 BGB ins Vereinsregister einzutragen (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17.12.2012, Az. 3 W 93/12, Abruf-Nr. 131727).
Die arbeitsrechtliche Stellung
Neben dieser Organstellung kann der Geschäftsführer entweder in einem Arbeits- oder einem Dienstverhältnis zum Verein stehen. Auch als Organ kann ein Besonderer Vertreter, Arbeitnehmer des Vereins sein (LAG Hessen, Urteil vom 11.11.1991, Az. 16 Sa 745/91). Es handelt sich also um zwei Rechtsverhältnisse, die begründet, aber auch gesondert beendet werden müssen (BGH, Urteil vom 11.10.2010, Az. II ZR 266/08, Abruf-Nr. 110023).
Arbeitsverhältnis oder freies Dienstverhältnis?
Ein Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn der Besondere Vertreter verpflichtet ist, weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu leisten (§ 611a BGB). Hier wird es insbesondere auf das Weisungsrecht (des Vorstands) gegenüber dem Besonderen Vertreter ankommen.
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In der Geschäftsordnung des Vorstands ist vorgesehen, dass die Geschäftsführung dem Vorstand und in der Regel der Mitgliederversammlung gegenüber verantwortlich ist. Weisungsberechtigt gegenüber der Geschäftsführung ist ausschließlich der amtierende Vorsitzende. Folge: Hier wird man aufgrund der Weisungsgebundenheit von einem Arbeitsverhältnis ausgehen können (LAG Hessen, Urteil vom 11.11.1991, Az. 16 Sa 745/91). |
Unabhängig davon ein, ob das Rechtsverhältnis als freies Dienstverhältnis oder Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist, greift in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren die Fiktion von § 5 Abs 1 S. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Danach gelten in Betrieben einer juristischen Person, also auch eines Vereins, Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Satzung allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung des Vereins berufen sind (BAG, Beschluss vom 08.09.2015, Az. 9 AZB 21/15, Abruf-Nr. 180055). Besondere Vertreter eines Vereins gelten nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG jedoch nur dann nicht als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG, wenn ihre Vertretungsmacht auf der Satzung beruht (LAG Hamm, Beschluss vom 07.05.2020, Az. 2 Ta 457/19, Abruf-Nr. 217383). Das ist nur der Fall, wenn die Satzung die Bestellung ausdrücklich zulässt (BAG, Beschluss vom 05.05.1997, Az. 5 AZB 35/96).
Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, hat der Geschäftsführer auch die weiteren Arbeitnehmerrechte wie z. B. Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes.
Die Beendigung der Geschäftsführung
Da das Organ- und das Anstellungsverhältnis nach dem Trennungsgrundsatz in ihrem Bestand voneinander unabhängig sind (BGH, Urteil vom 11.10.2010, Az. II ZR 266/08, Abruf-Nr. 110023), muss sowohl das Organ- als auch das zugrundeliegende Anstellungsverhältnis beendet werden.
Die Organstellung kann sowohl vom Verein (Widerruf der Bestellung) als auch vom Besonderen Vertreter (Niederlegung des Amtes) beendet werden.
Niederlegung des Amtes
Die Amtsniederlegung ist, wie auch beim Vorstand, jederzeit möglich. Kündigt der Besondere Vertreter seinen Anstellungsvertrag, soll damit im Zweifel auch die Organstellung beendet werden. Beide Optionen sollten Sie in Ihrer Satzung berücksichtigen.
Muster / Beendigung von Geschäftsführung und Organstellung |
Der Geschäftsführer kann von seinem Amt mittels schriftlicher Erklärung gegenüber dem Vorstand zurücktreten. Hierbei ist die Kündigungsfrist zu berücksichtigen, die sich aus seinem Anstellungsvertrag ergibt. Der Anstellungsvertrag ist mit gesonderter Erklärung zu kündigen. |
Widerruf der Bestellung
Da das Bestellungsorgan auch das Organ ist, das für die Beendigung zuständig ist, widerruft der Vorstand die Bestellung des Geschäftsführers.
PRAXISTIPP | Wenn Sie in Ihrer Satzung vorgesehen haben, dass der Besondere Vertreter von der Mitgliederversammlung bestellt werden muss, kann nur die Mitgliederversammlung diese Bestellung widerrufen. |
Beendigung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sieht in § 14 Abs. 1 Nr. 1 vor, dass die Vorschriften des allgemeinen Kündigungsschutzes für die Mitglieder des gesetzlichen Vertretungsorgans nicht gelten. Das gilt auch für den Besonderen Vertreter nach § 30 BGB.
Da die Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG eine Organstellung voraussetzt, die jederzeit durch Niederlegung beendet werden kann, könnte der Besondere Vertreter sich so den Kündigungsschutz „selbst verschaffen“, indem er von seinem Amt zurücktritt. Deshalb ist in der obigen Satzungsklausel für den Rücktritt eine Frist vorgesehen, die sich an der Kündigungsfrist des zugrundeliegenden Vertrags orientiert.
Angemessenheit der Vergütung
Bei der Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern bei gemeinnützigen Organisationen bestehen keine Besonderheiten. Gehaltszahlungen an einen Geschäftsführer können auch dann noch als angemessen und damit verhältnismäßig im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO angesehen werden, wenn sie den Gehältern entsprechen, die nicht steuerbegünstigte Unternehmen für eine vergleichbare Tätigkeit zahlen.
FAZIT | Die Bestellung eines Geschäftsführers kann als Besonderer Vertreter oder im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung erfolgen. In beiden Varianten müssen Sie sowohl hinsichtlich der Vertragsgestaltung als auch der Formulierung der Satzung darauf achten, dass Sie Ihr Ziel (Besonderer Vertreter oder nur Bevollmächtigung je Rechtsgeschäft) auch tatsächlich erreichen. |