· Fachbeitrag · Personalmanagement/Urlaub
BAG fragt EuGH zum Urlaubsverfall bei Krankheit und Erwerbsminderung
| Nach Auffassung des BAG verfallen nicht genommene Urlaubstage bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahrs. Was ist aber, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf den Verfall nicht hinweist oder ihn nicht dazu auffordert, den Urlaub zu nehmen? Gilt die 15-Monatsfrist auch bei unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers? Das BAG hat dem EuGH diese Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. |
Die bisherige EuGH-Rechtsprechung zum Urlaubsverfall
Das BAG hat im Anschluss an die Entscheidung des EuGH im November 2018 (Rs. C-684/16, Abruf-Nr. 205302) anerkannt, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann nach § 7 Abs. 3 BUrlG am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Das sei aber nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert habe, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn zusätzlich darauf hingewiesen habe, dass dieser andernfalls verfallen werde.
Bereits im Jahr 2011 hat der EuGH (Rs. C-214/10, Abruf-Nr. 113900) für den Fall, dass der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war, entschieden, dass nach § 7 Abs. 3 BUrlG gesetzliche Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres erlöschen.
BAG-Vorlage: 15-Monatsfrist auch bei fehlender Belehrung?
Der EuGH soll nun unionsrechtlich klären, ob der Urlaubsanspruch auch dann nach 15 Monaten verfällt, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheit ‒ den Arbeitnehmer auf den baldigen Verfall des Urlaubs hinzuweisen bzw. ihn aufzufordern, den Urlaub zu nehmen ‒ nicht erfüllt hat.
- In dem einen Fall war die Arbeitnehmerin seit einer Erkrankung im Jahr 2017 durchgehend arbeitsunfähig. Sie klagte auf Feststellung, dass ihr die restlichen nicht genommenen 14 Urlaubstage aus 2017 weiter zustünden (BAG, Beschluss vom 07.07.2020, Az. 9 AZR 401/19, Abruf-Nr. 216685; Vorinstanz: LAG Hamm, Urteil vom 24.07.2019, Az. 5 Sa 676/19; Abruf-Nr. 216956).
- In dem anderen Fall klagte ein als schwerbehindert anerkannter Arbeitnehmer, der seit Dezember 2014 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog, darauf, dass ihm aus 2014 noch 34 Urlaubstage zustünden (BAG, Beschluss vom 07.07.2020, Az. 9 AZR 245/19, Abruf-Nr. 216686; Vorinstanz: LAG Hessen, Urteil vom 07.03.2019, Az. 9 Sa 145/17, Abruf-Nr. 214086).
Das BAG wies den EuGH darauf hin, dass beide Arbeitnehmer ihren Urlaub vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zumindest teilweise hätten nehmen können.