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· Fachbeitrag · Planungsleistungen

Montage- und Werkstattplanung: Wann Sie sie unter welchen Bedingungen erstellen können

| Es kommt immer öfter vor, dass Planungsbüros jeglicher Couleur von ihren Auftraggebern angefragt werden, die Montage- und Werkstattplanung (M+W-Planung) ersatzweise für die ausführenden Unternehmen zumindest in Teilen mitzuübernehmen. Lernen Sie die Gründe dafür kennen und erfahren Sie, unter welchen Umständen dies für Ihr Büro sinnvoll, wirtschaftlich tragbar und in Bezug auf das Haftungsrisiko vertretbar ist. |

Die Gründe für solche Anfragen

Es sind vor allem zwei Anlässe, wann Sie um die Erarbeitung der M+W-Planung gebeten werden.

 

  • Das ausführende Unternehmen will die Leistungen schlicht und einfach nicht erbringen.
  • Es zeigt sich im Ablauf, dass die Leistungen mangelhaft oder verzögert erbracht werden und die weiteren Termine gefährden.

 

In beiden Fällen stellt sich für Ihr Büro die ‒ kurzfristig zu klärende ‒ Frage, ob Sie durch die Übernahme der M+W-Planung als Ersatzvornahme dazu beitragen wollen oder können, die Projektabwicklung in Bezug auf die Projekttermine zu fördern.

Ausgangslage und Zuständigkeiten müssen klar sein

Zunächst ist festzuhalten, dass die M+W-Planung nach VOB/B eine Leistung der ausführenden Unternehmen ist. Diese Leistung sollte präzise im Bauvertrag beschrieben sein.

 

Mit anderen Worten: In den Ausführungsverträgen ist zu regeln, welchen Spielregeln sich die ausführenden Unternehmen stellen müssen. Vor allem geht es darum, den Unternehmen keinen Freifahrtschein auszustellen, wie sie die M+W-Planung aufstellen sollen. Denn so laufen Sie Gefahr, dass diese die M+W-Planung für sich selbst verändern, ohne die Planungsvorgaben der koordinierten Ausführungsplanung zu respektieren.

 

PRAXISTIPP | Die abschließende Koordinierung der Ausführungsplanung im Planungsteam (u. a. Kollisionsfreiheit und zutreffende Dimensionierung) muss abgeschlossen sein, bevor die M+W-Planung erstellt wird. Daraus folgt, dass die M+W-Planung die fertig gestellte Ausführungsplanung nur dann ändern darf, wenn das Planungsteam dem zugestimmmt hat. Das liegt daran, dass die Koordinierung der Lph 5 noch einmal fällig wäre, wenn die M+W-Planung geändert wird. Das sollte aber unter allen Umständen vermieden werden.

 

 

Mangelrügen müssen fachtechnisch belastbar sein

Stellt sich heraus, dass die M+W-Planung mangelhaft ist, muss stets intern geprüft werden, ob die eigene Ausführungsplanung des Planungsteams da-ran schuldlos ist, weil sie vollständig und fachtechnisch einwandfrei ist. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, macht eine Ersatzvornahme Sinn und ist durchhaltbar.

 

Produktneutrale Ausschreibung als Merkmal bei öffentlichen Aufträgen

Dabei ist noch folgende Einzelheit zu beachten: Bei öffentlichen Aufträgen (und tatsächlich nur dort) muss die Ausführungsplanung und Ausschreibung nach den vergaberechtlichen Vorschriften zunächst in der Regel produktneutral erfolgen.

 

Das bedeutet, dass in der Ausschreibung zugelassene und nicht als Nebenangebote gewertete produktspezifische Eigenschaften noch als Grundleistung 5e) „Fortschreibung der Ausführungsplanung aufgrund der gewerkeorientierten Bearbeitung während der Objektausführung“ zu bearbeiten sind. Mit anderen Worten: Es gehört noch zu den Grundleistungen der Lph 5e), die Ausführungsplanung hinsichtlich der gewerkeorientierten Bearbeitung fortzuschreiben. Nebenangebote oder Nachtragsangebote und die M+W-Planung sind davon nicht betroffen.

 

Erst im Anschluss daran setzt die M+W-Planung des ausführenden Unternehmers ein. Diesen Sachverhalt muss der Objektplaner bei einer Ersatzvornahme fachtechnisch berücksichtigen.

 

PRAXISTIPP | Bei einer Ersatzvornahme ist also zu beachten, dass die bereits im Leistungsbild enthaltenen beauftragten Grundleistungen nicht von der Ersatzvornahme betroffen sind und auch nicht noch einmal Bestandteil der Ersatzvornahmekosten sein dürfen. Bei einer späteren Abrechnung der Kosten der Ersatzvornahme (= Erstellung der M+W-Planung durch den Objektplaner) muss auf diese Schnittstellenabgrenzung geachtet werden.

 

Weitere Schnittstelle zu angrenzenden Gewerken: Gewerkebezug

Als weitere Schnittstelle ist zu berücksichtigen, dass in der Grundleistung 5f) nur diejenigen Montagepläne als zu überprüfende geregelt sind, bei denen es sich um Konstruktionen handelt, die vom Objektplaner unmittelbar geplant wurden. Bei den anderen M+W-Plänen handelt es sich ohnehin um Besondere Leistungen.

 

  • Beispiel

Werden baukonstruktive Einbauten nicht vom Objektplaner, sondern von einem Dritten (z. B. Innenarchitekten, Lieferanten) geplant, ist dies gesondert zu regeln ‒ auch hinsichtlich der Grundleistung 5f). Es handelt sich dabei also nicht um eine Ersatzvornahme. Denn diese kann nur das betroffene Gewerk umfassen.

 

(Teil-)Kündigung der M+W-Planung als Mittel der Wahl

Stellt sich heraus, dass der Unternehmer die M+W-Planung gar nicht, unzureichend oder mangelhaft erbringt und damit erhebliche Verzögerungen bei der Abwicklung zu erwarten sind, muss der Bauherr handeln. Er muss entscheiden, ob

  • es in diesem Projektstadium am sinnvollsten ist, die Teilleistung M+W-Planung zu kündigen und dem Planer zu übertragen oder
  • er die dadurch entstehenden weitreichenden Verzögerungen duldet.

 

Die gleiche Entscheidung müssen Sie als Planer treffen. Denn Sie leiden ja ebenfalls darunter, wenn der ausführende Betrieb bei der M+W-Planung schwächelt. Sie müssen also entscheiden, ob Sie dem Auftraggeber empfehlen, diese Teilleistung zu rügen und dann ggf. teilzukündigen. Die rein fachtechnischen Vorbereitungen müssen von Ihnen kommen. Die Rechtsfragen muss der Bauherr regeln. Nach VOB/B stehen dem Auftraggeber

  • Mängelrügen und Fristsetzungen zur kurzfristigen Mängelbeseitigung,
  • Schadenersatzandrohungen,
  • eine Kündigungs- bzw. Teilkündigungsandrohung und ‒ bei fruchtlosem Ablauf von gesetzten Nachfristen ‒ schließlich
  • die Kündigung bzw. Teilkündigung zur Verfügung.

 

PRAXISTIPP | Da es sich auf die Projektabwicklung oft sehr nachteilig auswirkt, wenn der Vertrag komplett gekündigt wird, setzt es sich in der Praxis immer mehr durch, dass nur die Teilleistung „M+W-Planung“ gekündigt wird. Das hat den Vorteil, dass hier nur der Teil der Leistung gekündigt wird, der sich für eine Ersatzvornahme besonders gut eignet. Die Bauausführung bleibt in der Verantwortung des Unternehmers. Die Teilkündigung ermöglicht es dem Bauherrn, den Objektplaner mit der M+W-Planung unmittelbar zu beauftragen, einen nachhaltigen Terminverzug möglichst zu vermeiden und das so anfallende zusätzliche Honorar beim ausführenden Unternehmer als Schadenersatz von dessen Schlussrechnung (auf der Grundlage der o. g. Teilkündigung) abzusetzen.

 

Folgen der Übernahme der M+W-Planung seriös kalkulieren

Für Planungsbüros bringt die Übernahme der M+W-Planung folgende Konsequenzen mit sich:

 

  • Sie müssen sofort mehr Personal einsetzen, auch auf der Baustelle. Sie müssen sich in die Arbeitsvorbereitung des ausführenden Betriebs einarbeiten und eng mit ihm zusammenarbeiten.

 

  • Der Umfang Ihres Haftungsrisikos verändert (erhöht) sich. Stimmen Sie sich ggf. mit Ihrer Versicherung ab.

 

  • Treffen Sie sowohl eine Leistungs- als auch eine Honorarvereinbarung mit dem Bauherrn. Am besten für alle Beteiligten ist es, wenn Sie ein Zeithonorar vereinbaren.

 

  • Legen Sie für diese Leistungen einen eigenständigen Stundensatz fest. Denn diese Leistungen sind nicht Gegenstand Ihres ursprünglichen Planungsvertrags. Sie erfordern ‒ u. a. wegen der sofortigen Bereitstellung qualifizierten Personals ‒ einen speziellen (höheren) Stundensatz.

 

  • Wenn Sie die M+W-Planung übernehmen, hat das positive Auswirkungen auf die als Grundleistung zu erbringende Bauüberwachung. Ihr Bauüberwachungsaufwand und das Risiko, Mängel zu übersehen, sinkt, weil Ihre M+W-Planung unmittelbar koordiniert ist.

Freie Honorarvereinbarung ist möglich und sinnvoll

Die Erstellung der M+W-Planung durch Sie als Objektplaner ist keine Grundleistung. Sie können die Leistung ohne weiteres im Zeithonorar abrechnen. Aufgrund des nur schwer abschätzbaren Aufwands, der auch von der Art und Qualität der Zusammenarbeit mit dem ausführenden Unternehmer abhängt, ist eine Pauschale nicht sinnvoll.

 

Auch die Stundensätze, die im Planungsvertrag vereinbart sind, müssen nicht zwingend übernommen werden (s. o.). Da der ausführende Unternehmer die mangelhafte Ausführung verantworten muss, muss er auch mit den Umständen entsprechenden Kosten rechnen.

 

PRAXISTIPP | Ausführende Auftragnehmer, die sich entsprechenden Schadenersatzforderungen gegenübersehen (= u. a. Ihr Honorar für die M+W-Planung), können übrigens nicht einwenden, Sie hätten das Honorar nach den Grundsätzen der HOAI abrechnen müssen. Denn die M+W-Planung ist ja keine Grundleistung. Folglich muss Ihr Bauherr als Ihr Auftraggeber auch gar nicht befürchten, dass der ausführende Unternehmer insoweit gegen die Höhe des Rechnungsabzugs qualifizierte Einwände erhebt.

 

Diese Fallstricke müssen Sie vermeiden

Sie müssen aber darauf achten, dass Sie die M+W-Planung als Ersatzvornahme inhaltlich scharf abgrenzen von zwei Grundleistungen im Leistungsbild Gebäude; nämlich von der Erstellung der Ausführungsplanung (inkl. Fortschreibung nach Grundleistung 5e) sowie der Prüfung der M+W-Planung.

 

Das müssen Sie in Ihren Stundenaufstellungen (durch entsprechende textliche Beschreibungen) klar herausarbeiten (= differenzieren). Es muss möglich sein, aus Ihren Stundenaufzeichnungen zu erkennen, ob ggf. Überschneidungen mit Grundleistungen enthalten sind oder ob es sich ausschließlich um die Leistungen der Ersatzvornahme handelt.

 

FAZIT | Bei der Ersatzvornahme der M+W-Planung durch Ihr Büro muss die Schnittstelle klar definiert sein. Das Honorar muss kein „HOAI-Honorar“ sein.

 
Quelle: Seite 8 | ID 46369978