· Fachbeitrag · Sozialversicherungspflicht
Pflegefachkräfte im ambulanten Pflegedienst ‒ selbstständig oder abhängig beschäftigt
| Pflegefachkräfte können je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen entweder selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt sein. Das belegen zwei aktuelle Urteile. |
Altenpflegerin in der ambulanten Intensivpflege
Das LSG Baden-Württemberg hat bei einer Altenpflegerin in der ambulanten Intensivpflege Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung bejaht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2020, Az. L 5 BA 1102/18, Abruf-Nr. 217817). Gewichtige Indizien sprachen für die Selbstständigkeit:
- Einzeleinsätze auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung: keine Verpflichtung zur Annahme einzelner Beauftragungen; keine Vorgaben hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer der Tätigkeit; keine arbeitnehmertypischen Regelungen, wie Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- Vertrag auch entsprechend gelebt: kein Weisungsrecht gegenüber Pflegerin; keine festen Arbeitszeiten; keine ständige Dienstbereitschaftspflicht; keine Teilnahme an Teambesprechungen; keine Eingliederung in die Betriebsorganisation; kein Aufenthalt am Betriebssitz, sondern eigenes Büro; keine Dienstkleidung; Verwendung eigener Arbeitsmittel; eigener Pkw
- Unternehmerrisiko und größere Freiheit und Flexibilität bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes
Pflegekraft bei einem ambulanten Pflegedienst
Das LSG Berlin-Brandenburg hat dagegen im Fall einer Pflegekraft bei einem ambulanten Pflegedienst auf Versicherungspflicht plädiert (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.04.2020, Az. L 1 KR 358/18, Abruf-Nr. 218214).
- Das LSG hat die Eingliederung in die Organisations- und Weisungsstruktur des Pflegedienstes bejaht. Die Pflegekraft sei funktionsgerecht dienend in eine fremde Arbeitsorganisation integriert. Dies zeigt sich insbesondere an den Übergabeprotokollen und an dem Umstand, dass in Notfällen neben dem Arzt auch die Pflegedienstleistung (das Qualitätsmanagement) zur Verfügung gestanden hätte, welche dann auch entschieden hätten. Auch nach außen hin gegenüber den Patienten und Kostenträgern trat alleine der Pflegedienst als Leistungserbringer auf. Der erste Kontakt der Patienten erfolgte ausschließlich über den Pflegedienst, ebenso die gesamte Organisation, Koordinierung, Überwachung und Abrechnung der Pflegeleistungen.
- Demgegenüber träten die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden ‒ geringer gewichtigen ‒ Indizien (u. a. keine Pflicht zur Teilnahme an Dienstbesprechungen und Fortbildungsveranstaltungen) zurück.
Quelle: Seite 42 | ID 46857045