· Fachbeitrag · Steuerberatungs-GmbH
Was passiert mit dem Dienstvertrag des GmbH-Geschäftsführers, nachdem er abberufen wurde?
von RAin Ina Jähne, Hannover, www.roemermann.com
| Der BGH (3.7.18, II ZR 452/17) musste sich mit einem Fall beschäftigen, in dem eine GmbH ihrem abberufenen Geschäftsführer weiterhin Bezüge zahlen sollte, weil nach dessen Abberufung nicht die Gesellschafterversammlung, sondern der neue Geschäftsführer die Kündigung des Dienstvertrags veranlasst hatte. Das Problem ist eins zu eins auf Steuerberater-GmbHs übertragbar, die in ihren Satzungen keine Sonderregelungen für die Zuständigkeit für Änderung und Beendigung von Dienstverträgen mit GmbH-Geschäftsführern enthalten. |
Bestellung und Abberufung, Dienstvertrag
Der GmbH-Geschäftsführer wird in den meisten Fällen durch Beschluss der Gesellschafter bestellt. Diese Stellung kann befristet oder unbefristet übertragen werden. Der GmbH-Geschäftsführer kann jederzeit von der Gesellschafterversammlung abberufen werden. Organschaftliche Stellung und Anstellungsverhältnis sind rechtlich getrennt. Beide Rechtsverhältnisse folgen damit eigenen rechtlichen Regeln. Das heißt, wird zwar der Anstellungsvertrag gekündigt, erfolgt aber keine Abberufung, bleibt die Person GmbH-Geschäftsführer. Wird die Bestellung der Person widerrufen, bedeutet das nicht gleichzeitig das Ende des Anstellungsvertrags und auch der Vergütungsanspruch bleibt bis zu einer Kündigung des Dienstverhältnisses erhalten.
Zwar ist der Anstellungsvertrag ein Dienstvertrag. Jedoch werden einzelne arbeitsrechtliche Vorschriften (z. B. Kündigungsfristen nach § 622 BGB) darauf angewendet. Und so kann es passieren, dass dem abberufenen Gesellschafter noch weiterhin Bezüge gezahlt werden müssen, weil die Kündigung des Anstellungsvertrags (noch) nicht wirksam ist. Allerdings ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, den Fortbestand des Anstellungsvertrags an die Bestellung als Geschäftsführer zu koppeln, indem der Widerruf der Bestellung zugleich als ordentliche oder außerordentliche Kündigung zu gelten hat.
Problematisch ist ferner, ob, wann und unter welchen Voraussetzungen sich der Dienstvertrag des Ex-Geschäftsführers in einen Anstellungsvertrag „umwandelt“. Mit diesem Problem hat sich der BGH (3.7.18, II ZR 452/17) jüngst befasst.
Die Entscheidung des BGH
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Ein Rechtsanwalt stritt sich mit einer Rechtsanwalts-GmbH, bei der er zunächst als Geschäftsführer bestellt war, dann jedoch abberufen wurde. Die GmbH war von einer dreigliedrigen GbR gegründet worden, an der auch der Rechtsanwalt beteiligt war. Für eine gewisse Zeit erhielt der Rechtsanwalt noch Zahlungen aus dem Anstellungsvertrag bei der GmbH. |
Die Zahlungen wurden jedoch eingestellt. Die GmbH behauptete, dass sich der Rechtsanwalt mit den anderen beiden Gesellschaftern der GbR darauf geeinigt habe. Der Kläger bestritt diese Abrede. Ohnehin hätte eine solche Abrede wirksam nur der Geschäftsführer der GmbH mit ihm schließen können. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung habe mit seiner Abberufung geendet. |
Der BGH (3.7.18, a. a. O.) hat noch einmal klargestellt, dass zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers allein die Gesellschafterversammlung befugt ist ‒ falls es nicht eine abweichende Satzungsbestimmung gibt. Es handelt sich dabei um die Annexkompetenz im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 46 Nr. 5 GmbHG, wonach die Gesellschafterversammlung für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie deren Entlastung zuständig ist.
Darin ändert sich auch dann nichts, wenn es im Vorfeld zu einer Entscheidung über die Änderung oder Beendigung des Dienstvertrags bereits eine Abberufung als Geschäftsführer gegeben hat. Der BGH begründet dies damit, dass Änderungen des Dienstvertrags von Geschäftsführern dem Grundsatz nach geeignet sind, in erheblicher Weise die Entscheidungen der Gesellschafter über die Organstellung zu beeinflussen und durch diese Kompetenzzuweisung auch der Gefahr kollegialer Rücksichtnahmen durch den (aktuellen) Geschäftsführer begegnet werden soll.
Es hatte ‒ so der BGH ‒ überhaupt keinen Einfluss auf die Kompetenz der Gesellschafterversammlung, dass die Abberufung bereits mehrere Monate zurücklag. Für die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung komme es nicht auf einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung bzw. Abberufung und Kündigung oder Änderung an. Eine Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers soll erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers fallen, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt habe. Erst bzw. nur in dieser Konstellation ist nämlich nach Auffassung des BGH sichergestellt, dass der die Kündigung aussprechende Geschäftsführer die Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung nicht mehr einengt oder unterläuft.
Konsequenzen aus dieser Entscheidung
Dem Grunde nach ist die Entscheidung zunächst einmal konsequent und bewegt sich im Rahmen dessen, was seit vielen Jahren gelebte Praxis ist, nämlich die gedankliche Erweiterung des § 46 Nr. 5 GmbHG auf all das, was vertraglich in Bezug zu Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers steht.
Neu ist, dass der Bezug zur Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers ‒ jedenfalls auf zeitlicher Ebene ‒ nicht eingeschränkt wird. Denkbar ist, dass aus dieser Entscheidung ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit erwächst, weil möglicherweise noch viele Monate oder gar Jahre nach Abberufung eines Geschäftsführers und Weiterbeschäftigung dieser Person auf der Grundlage des Dienstvertrags, die Gesellschafterversammlung für die Änderung oder Beendigung des Dienstvertrags zuständig bleibt.
Unklar bleibt schließlich, wann von einer „Umwandlung“ eines Geschäftsführer-Dienstvertrags in einen gewöhnlichen Arbeitsvertrag auszugehen ist. Auch die Antwort auf diese Frage bleibt der BGH leider schuldig. Fest steht mit der Entscheidung des BGH jedenfalls, dass dies nicht allein aufgrund eines Zeitmoments nach Abberufung der Fall ist und schon gar nicht aufgrund der Abberufung selbst. Erforderlich ist vielmehr das Hinzutreten weiterer Umstände, bspw. einer ausdrücklichen dahingehenden Vereinbarung oder einer entsprechenden Klausel im Dienstvertrag selbst (Haase, GmbHR 18, 1009, 1011). Schließlich führt selbst der Verlust des Amtes im Rahmen einer Umwandlung nicht per se dazu, dass sich das mit der aufnehmenden Gesellschaft fortgeführte Vertragsverhältnis des Geschäftsführers mit der durch Umwandlung erloschenen GmbH automatisch in ein Arbeitsverhältnis mit der aufnehmenden Gesellschaft umwandelt (LG Zweibrücken 23.5.07, 6 HK.O 86/02).
Wie geht es weiter?
Die weitere Diskussion wird zeigen, ob sich ein fortbestehender Dienstvertrag nach Jahren einer als Arbeitsverhältnis gelebten tatsächlichen Praxis (konkludent) in einen Arbeitsvertrag umzuwandeln vermag. Andernfalls dauert er wohl zeitlich unbegrenzt fort mit der Folge, dass die Gesellschafterversammlung zuständig bleibt. Es ist also stets grundsätzlich zu prüfen, wie es sich ‒ insbesondere im Fall der Beendigung ‒ mit den Zuständigkeiten verhält. Eine von einem nicht zuständigen Organ ausgesprochene Kündigung aus wichtigem Grund kann bereits an dieser formalen Hürde scheitern und im schlimmsten Fall ist nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 1 BGB eine „Reparatur“ dieses Formmangels nicht mehr möglich. Relevant ist dies auch in der Konstellation, in der der Geschäftsführer zunächst ordnungsgemäß durch die Gesellschafterversammlung abberufen und das Dienstverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt wird. Stellt sich dann heraus, dass aufgrund neuer Aspekte Nachkündigungen erfolgen sollen und diese dann nur noch von der Geschäftsführung ausgesprochen werden, ohne dass ihnen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zugrunde liegen und fehlt dann für die erste ‒ noch formal ordnungsgemäß ausgesprochene Kündigung ‒ tatsächlich der wichtige Grund, so scheitern auch die Nachkündigungen wegen des Verstoßes gegen die formalen Anforderungen.
PRAXISTIPP | Die Fehlerquellen beschränken sich aber nicht nur auf den Bereich der Beendigung des Dienstvertrags. Auch beim Abschluss nach erfolgter Bestellung ist dringend darauf zu achten, dass der Dienstvertrag mit dem formal zuständigen Organ abgeschlossen wird ‒ fehlt eine abweichende Satzungsbestimmung, ist das die Gesellschafterversammlung. Denn Verträge, die nicht mit dem zuständigen Organ abgeschlossen werden, führen zu dem „fehlerhaften Dienstverhältnis“, mit der Folge, dass für die Zukunft jederzeit eine Beendigung mit sofortiger Wirkung möglich ist (BGH 3.7.00, II ZR 282/98). Dies gilt gleichermaßen für Ergänzungen des Dienstvertrags, zum Beispiel eine Versorgungszusage (Lunk, ArbRB 18, 301). |